„Wir können ferner nur hoffen, daß es den Menschen in der Zukunft gelingt, neue, heute noch nicht bekannte Techniken der Energiedarbietung zu entwickeln.“
Esso-Vorstand Eckart Edye (1977)
In diesem Teil werde ich die Hoffnung darauf ein wenig nähren... durch die
Berichterstattung über das Synergetische
Modell.
Zu Beginn möchte ich die Begriffe Entropie und Synergie,
die bereits in Teil A im Kapitel Evolution
und Synergie erwähnt wurden, etwas näher beleuchten.
In einem Technik-Lexikon fand ich unter dem Stichwort Entropie (der Begriff wurde 1865 von Rudolf Clausius in die Wärmelehre eingeführt) den folgenden Eintrag:
Entropie:
gr., Verwandlungswert, ein wichtiger Begriff der Wärmetheorie. Die Entropie hat für jeden bestimmten Zustand eines Körpers einen bestimmten Wert. Für nicht umkehrbare Zustände wächst die Entropie, da aber alle Naturvorgänge nicht umkehrbar sind (nach Clausius), strebt die Entropie der Welt einem Maximum zu. Dies läßt sich auch so deuten, ,daß ständig Zustände geringer Wahrscheinlichkeit in solche größerer Wahrscheinlichkeit übergeführt werden’.
Während in einem
,einfachen' Lexikon folgendes stand:
Entropie:
gr., Grundbegriff der Physik; in der Wärmelehre: Zustandsgröße eines Körpers oder abgeschlossenen Körpersystems, von der die Richtung des Ablaufes eines Naturvorgangs abhängt.
Als Beispiel für
die entropische Wirkung wird manchmal ein Sandhaufen herangezogen, der im
Laufe der Zeit - und dies sei der
entropische Einfluß von Wind und Wetter und Gravitation und spielender
Kinder usw. - immer flacher wird, bis er in seinem ,Endzustand’ eben
kein Sandhaufen mehr ist, sondern eine weit verteilte Sandfläche. Der Zustand ,größter
Wahrscheinlichkeit’ (= hohe Entropie) sei damit erreicht.
Ein Ordnungszustand erniedrigt folglich die Entropie, vermindert die Diffusions- und Dissapationsvorgänge, und reduziert das ,Streben nach maximaler Gleichverteilung aller Zustände’ ganz gewaltig. Es verwundert daher nicht, wenn Albert Durocq z.B. die Hypothese aufstellt, daß das ganze Universum im Grunde genauso wie das Leben funktioniert, also bemüht ist, die Entropie zu vermindern und den Gegenzufall über den Zufall siegen zu lassen (1). Die pessimistisch-illusionäre Betrachtungsweise der ,Entropen’ wird hingegen kritisiert, ja sogar endgültig zurückgewiesen. Womit nebenbei auch von dem Begriff ,Perpetuum Mobile’ der Fluch genommen wird - da sich nun das gesamte Universum als ein solches, sich ewiglich von ganz allein bewegendes Etwas herausgestellt hat.
Das Leben wird in seinem Wachstumsprozeß ,gegenentropisch’ genannt (2), der Mensch als kreatives Wesen gar als ,anti-entropisches’ oder ,negentropisches’ System bezeichnet (3). Es finden sich aber auch Bezeichnungen wie ,Ektropie’ oder ,Negentropie’ als Begriffe für die zunehmende Ordnung (4). Es ist bemerkenswert, daß der Nobelpreisträger Erwin Schrödinger den Begriff der ,negativen Entropie’ bereits in seinem 1944 erschienenem Werk Was ist Leben? (im Original: What is Life?) eingeführt hat und damit seiner Zeit sehr weit voraus war. (5)
Der Philosoph Oliver L. Reiser schreibt:
„Aber innerhalb des beobachtbaren Universums sind (...) sowohl Entropie
als auch das Gegenteil, Negentropie, echte natürliche Verhaltensweisen (...).
Entsprechend John G. Bennett habe ich den Begriff Syntropie für Negentropie oder Anti-Entropie eingesetzt:
ENTROPIE: Das Todesprinzip
Das zweite Gesetz der Thermodynamik - wachsende Entropie - ist der
Ausdruck, den die Physiker für den ,Todestrieb’ geprägt haben; es ist die
Doktrin, die besagt, daß sich das Universum schließlich verbraucht und den Tod
(Wärmetod) erleidet; sie spricht von dem Verlust freier Energie, von der
Zunahme an Chaos und Unwissenheit.
SYNTROPIE (NEGENTROPIE): Das Lebensprinzip
Negentropie ist die Grundlage des Wissens, von Information, von
Ordnung, Struktur und Organisation, der Entwicklung zu höheren
Formen, des ,grenzenlosen Lebens’. "Das Leben nährt sich an negativer Entropie" sagt
Schrödinger." (6)
Mag sein, daß den
Lebensprozessen in der heutigen Physik bereits eine Ausnahmestellung
zugebilligt wird - auf ,unbelebte’ Vorgänge bezogen gilt dies
aber noch lange nicht. Die ,Thermodynamischen Grundsätze’ sind
als die Schergen der Entropie noch immer unantastbar. Schon ihre Infragestellung
gilt häufig als schwerst zu ahndendes
Ketzertum.
Lewis Mumford schreibt dessen ungeachtet in seinem Buch Mythos der Maschine: "Lassen wir uns von den noch fortlebenden mechanistischen Illusionen nicht täuschen. Von der Empfängnis und der Schwangerschaft bis zum Tod haben alle Lebensfunktionen ihre vorgeschriebene Zeit; nur die destruktiven Prozesse sind schnell, nur die Entropie kommt ohne Mühe" (7). Und er öffnet die Tür für die Synergie indem er erklärt: "Vor allem haben nur Organismen, die sich selbst reproduzieren und erneuern können, die Probe der Zeit bestanden, indem sie Kontinuität bewahrten, schöpferische Kraft bewiesen und zeitweilig die Entropie umkehrten." (8)
Wenn dies alles also auch für den Menschen gilt, warum dann nicht ebenfalls für dessen Produkte? Oder zumindest für jene Produkte, die sich nach anti-entropischen Abläufen in der Natur orientieren? Auf das - wie wir später sehen werden - in diesem Zusammenhang besonders wichtige ,Wirbelgeschehen’ bezogen schreibt Wilhelm M. Bauer:
„Da sich (hier) die Entropieerzeugung, wie die Erzeugung von Reibungswärme, in bescheidenen Grenzen hält, steht der Entropievernichtung keine entsprechende Entropieerzeugung gegenüber. Auch der Mittelwert der Entropie des ganzen Wirbelsystems nimmt daher während der Beschleunigung eines Hurrikans entgegen dem 2. Hauptsatz (der Thermodynamik) ab.“
Am Ende seiner
Arbeit stellt er sogar fest:
„Wirbel besitzen eine gewisse Eigengesetzlichkeit, sodaß sie sich unter bestimmten Voraussetzungen, einmal angeregt, unabhängig von äußeren Einflüssen selbst verstärken. (...) Dabei wird die Wärme (der durchfließenden Substanz, Anm.) direkt in kinetische Energie verwandelt - ein Vorgang, der zu der Erzeugung von Reibungswärme invers ist und im Gegensatz zu anderen bekannten Bewegungsvorgängen Entropie vernichtet, also nicht nur dissipationsfrei abläuft, sondern eine der Dissipationserzeugung entgegengesetzte Wirkung besitzt.“ (9)
Auf das Synergetische Modell bezogen könnte
dies bedeuten, daß dort ein jedes der innen hinauffließenden
Wassermoleküle
als mikroskopischer Motor der makroskopischen Gesamtrotation einen
Teil seiner kinetischen Energie zuführt! Wir werden dies noch
ausführlicher betrachten,
sobald wir zu den technischen Details kommen.
Wenn Entropie - im übertragenen Sinne - also Lethargie bedeutet, so gilt es, als Gegensatz hierzu die physikalische Entsprechung der Ekstase zu finden. Und vielleicht vermag der Begriff Synergie ja diese Ausdruckslücke zu füllen?!
Synergie ist ein Gefährte des Wortes Energie. Das Präfix en in Energie bedeutet aussondern. Das Präfix syn in Synergie (wie in: Synthese) bedeutet mit, zusammen, integrieren. Synergie verhält sich zu Energie wie Integration zu Differenzierung. Der Begriff synergetisch beschreibt daher die "Verhaltensweise ganzer Systeme, die nicht durch das Verhalten eines der Teile des Systems voraus bestimmt werden kann." (10)