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Elektro- und Solarfluggeräte

2022 (E)


Personentragende Fluggeräte


Auch in diesem Jahr beginnt die Übersicht mit dem Volocopter, als einem der interessantesten Flugtaxis, gefolgt von meinen weiteren Favoriten. In Bezug auf die anderen erfolgreichen Entwicklungen, so wurden die Fortschritte bei den Unternehmen Ampaire, Eve sowie Hyundai mit in die Jahresübersicht 2019 aufgenommen, die der Firma Archer in die Übersicht 2020, und EHang in die des Jahres 2021.

Volocopter

Volocopter


Im Februar 2022 treffen die Firma Volocopter und die Aviation Capital Group LLC (ACG) eine grundsätzliche Vereinbarung, um Finanzierungslösungen zu entwickeln, die den Verkauf von Volocopters Flugzeugfamilie mit bis zu 1 Mrd. $ unterstützen. Die Auslieferungen sollen beginnen, sobald die Flugtaxis von Behörden wie der Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit (EASA) oder der Federal Aviation Administration (FAA) für den kommerziellen Einsatz zugelassen werden. Für Volocopter-Kunden bietet diese Vereinbarung die Möglichkeit, Fluggeräte über Finanzierungsmodelle zu leasen, wie es in der Luftfahrtindustrie üblich ist.

Ebenfalls im Februar werden von Skyports Infrastructure und Volocopter zwei Absichtserklärungen mit JTC, dem Betreiber des Seletar Aerospace Park, sowie mit dem Singapore Economic Development Board (EDB) unterzeichnet, um zu untersuchen, wie der Park – Singapurs Zentrum für Luft- und Raumfahrtindustrie – als möglicher Hub mit eigenem AAM-Ökosystem das Wachstum der entstehenden Advanced Air Mobility (AAM) Industrie in Singapur stärken kann.

Im März erhält das die Firma in einer Finanzierungsrunde E von Investoren 153 Mio. €. Angeführt wird die neue Finanzierungsrunde wiederum von dem südkoreanischen Investor WP Investment, mit dabei sind wieder Honeywell und Atlantia, neu hinzu kommen Whysol Investments, btov Partners u.a. Die Bewertung des Unternehmen steigt dadurch  auf 1,7 Mrd. $. Das neue Kapital soll die Zertifizierung und die Markteinführung beschleunigen. Hierzu wird als neuer Geschäftsführer Dirk Hoke verpflichtet, der frühere Chef von Airbus Defence & Space.

Zudem planen Volocopter und WP Investment die Gründung eines Joint Ventures, um die urbane Luftmobilität in die Städte Südkoreas zu bringen.

Volocopter-Lärmtest

Volocopter-Lärmtest

Ebenfalls im März laufen auf dem Flugplatz Pontoise nahe Paris Tests mit dem Flugtaxi, das während der Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 zum Einsatz kommen soll. Die für das einwöchige Projekt zuständigen städtischen Verkehrsbetriebe RATP messen in Zusammenarbeit mit der Zivilluftfahrtbehörde und Lärmschutzexperten die Geräuschemissionen beim Betrieb. Dabei werden mehrere bemannte Testflüge mit dem 2X absolviert (die eigentlich schon im September 2021 erfolgen sollten). In zwei bis drei Jahren wollen die Partner elektrische Flugtaxis und UAM allgemein kommerziell in Frankreich etablieren.

Bei dem etwa 35 km nordwestlich von Paris liegenden Flugplatz Pontoise handelt es sich um keinen regulären Flughafen, sondern um ein spezielles Testfeld, das sich mit den Herausforderungen der neuen Mobilitätsform befaßt. Es ist Teil der Re.Invent Initiative von Groupe ADP, RATP Group und Choose Paris Region. Hier erfolgen im September auch Flugtestkampagnen zur Konfliktvermeidung im Luftraum, bei denen gemeinsam mit den Firmen Pipistrel und M3 Systems (BOREAL-Starrflügler) sowie der ADP-Tochtergesellschaft Hologarde drei unterschiedliche realitätsnahe Ausweichmanöver simuliert werden.

Im Mai 2022 wird mit Microsoft eine erweiterte Partnerschaft vereinbart, um gemeinsam die VoloIQ Aerospace Cloud für den künftigen autonomen Betrieb der Flugtaxis zu entwickeln. VoloIQ ist modular aufgebaut und umfaßt neben Flugüberwachung und Flugplanung auch Aspekte wie Buchungssysteme, Betriebsnetzplanung und Fahrzeugerfassung und -analyse.

Ebenfalls im Mai absolviert das viersitzige Starrflügel-Passagierflugzeug VoloConnect seinen Erstflug. Den aktuellen Planungen zufolge soll der VoloConnect 2026 in Betrieb genommen werden, während der VoloCity bereits im Jahr 2024 auf den Markt kommen soll. Nähere Details zu diesen Fluggeräten finden sich in der Übersicht des Vorjahres. Der VoloConnect wird im Oktober umbenannt und heißt nun VoloRegion, da er für schnellere Verbindungen über längere Strecken (Innenstadt – Vororte) konzipiert ist. Erste öffentliche Flüge sind für 2023 vorgesehen.

In Zusammenarbeit mit dem Institute of Technical Education (ITE) wird im Juli in Singapur Volocopters erste Langzeitausstellung eröffnet, die den kommerziellen Flugtaxibetrieb in Asien präsentieren wird.

Im Oktober hebt am Flughafen Rom-Fiumicino erstmals ein Multikopter von einem Vertiport ab, den der Flugtaxi-Entwickler dort testweise in Betrieb genommen hat. Dabei fliegt der Testpilot mit einem Volocopter 2X fünf Minuten lang mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h in 40 m Höhe entlang einer Gruppe von Zuschauern. Der Vertiport entspricht den von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) ausgearbeiteten Spezifikationen für Vertiports, die diese im März dieses Jahres vorgestellt hat (s.u.).


VoloDrone

Im zweiten Signing der Finanzierungsrunde E im Oktober erhält die Firma weitere 182 Mio. € von Investoren wie NEOM und GLy Capital Management aus Hong Kong, das von der Geely Holding unterstützt wird.

Im November 2022 nehmen Volocopter, Skyports und die Groupe ADP Frankreichs ersten vollintegrierten Vertiport auf dem Flugfeld Pontoise-Cormeille in Betrieb. Nun können fortgeschrittene Tests aller kritischen Technologien und Passagierabläufe an einem Ort durchgeführt werden.

Im gleichen Monat wird an nationalen Erprobungszentrum für unbemannte Luftfahrtsysteme des DLR auf dem Flughafen Magdeburg-Cochstedt erfolgreich eine zweiwöchige Test-Kampagne für die Multirotor-Schwerlastdrohne VoloDrone abgeschlossen. Zu den Testprogrammen gehörten auch öffentliche Testflüge im Rahmen der Very Large Demonstration (VLD) des CORUS-XUAM-Projekts, das sich auf die Harmonisierung digitaler Schnittstellen für das bemannte und unbemannte Luftverkehrsmanagement konzentriert.


Auch die Firma Lilium aus München verzeichnet in diesem Jahr beträchtliche Fortschritte. Im März 2022 unterzeichnet sie die Absichtserklärung über eine Partnerschaft mit der NetJets Inc., dem größten privaten Luftfahrtunternehmen der Welt, und der FlightSafety International, einem Unternehmen für professionelle Luftfahrtausbildung, das Schulungen für den vollelektrischen Lilium-Senkrechtstarter entwickeln wird.

Lilium-Jet 2022

Lilium-Jet
(2022)

Die Vereinbarung räumt der NetJets das Recht ein, 150 Flugzeuge von Lilium zu kaufen. Außerdem will das Luftfahrtunternehmen den Flugtaxi-Hersteller dabei unterstützen, seine Flugzeuge an einzelne Kunden zu verkaufen sowie Geschäftsoptionen für ein Flugnetz in Florida sowie in anderen Regionen der USA und in Europa zu erkunden.

Im März wird allerdings bekannt, daß Lilium die Markteinführung seines Flugtaxis auf 2025 verschiebt. Ursprünglich waren der erste kommerzielle Betrieb und damit auch erste Einnahmen für 2024 geplant. Als Gründe werden die Auswirkungen der COVID-Krise und Detailgespräche mit den Zulassungsbehörden genannt. Im April werden die Vorschläge zur Einhaltung der Vorschriften (Means of Compliance, MoC) bei der European Union Aviation Safety Agency (EASA) eingereicht.

Im kommenden Jahr sollen zu Zertifizierungszwecken die erste ‚Handvoll’ Flugtaxis gebaut werden. Anschließend sollen in den folgenden 15 – 18 Monaten letzte Tests durchgeführt werden, bevor die für 2025 angestrebte Zulassung und anschließende Serienproduktion erfolgt.

Ebenfalls im April werden im ATLAS Flight Test Center in Villacarrillo in Spanien die Flugtests mit dem Technologie-Demonstrator Phoenix 2 (PHX2) der fünften Generation wieder aufgenommen, der etwas kleiner ist als das geplante Passagierflugzeug Lilium Jet. Der Demonstrator war Ende Januar dorthin überführt worden. Lilium plant außerdem die Einführung eines weiteren Demonstrationsflugzeugs, dem Phoenix 3, das im Sommer dieses Jahres in Spanien zum Erstflug eintreffen soll, was sich aber verzögert.

Im Mai wird eine Kooperation mit dem Lithium-Produzenten Livent vereinbart, um dessen Hochleistungsbatterien für den Antrieb von Liliums Fluggeräten zu optimieren. Zudem wird die bestehende Partnerschaft mit der Firma Honeywell erweitert, die nun zusammen mit dem japanischen Automobilzulieferer DENSO den Elektromotor für den Lilium Jet produzieren soll, den eine Luftkühlung statt der herkömmlichen Flüssigkeitskühlung einfacher und wartungsfreundlicher macht.

An dem Hochleistungssystem arbeiten die Teams von Lilium, DENSO und Honeywell seit fast zwei Jahren. Die ersten Prototypen sind so konzipiert, daß sie bei einem Gewicht von etwas mehr als 4 kg durch eine besondere Lagerung eine Leistung von über 100 kW erreichen.

Ebenfalls im Mai gibt die Firma 37 neue Patentanmeldungen bekannt, die vom Europäischen Patentamt (EPA) veröffentlicht wurden. Die Patente sind Teil einer Reihe von 50 Patenten, die Lilium im Laufe des Vorjahres angemeldet hatte, und decken die Bereiche Energie, Antrieb, Strukturen und Innenausstattung, Avionik und Elektrik ab, wobei sich mehr als 70 % der Patente auf Energie und Antrieb konzentrieren. Außerdem wird die Firma Aernnova ausgewählt, um der Entwicklung und Herstellung der Klappenstruktur des Antriebssystems mitzuarbeiten.

Lilium-Vertiport Grafik

Lilium-Vertiport
(Grafik)

Im Juni demonstriert die Phoenix 2 erstmals den nahtlosen Übergang vom vertikalen in den horizontalen Flug. Dieser Übergang wird über den gesamten Hauptflügel vollzogen, wobei das Flugzeug während des gesamten Tests stabil bleibt. Lilium wird seine Flugtestkampagne den ganzen Sommer über fortsetzen und den Flugbereich weiter ausdehnen, einschließlich des Übergangs der vorderen Canards und Hochgeschwindigkeitsflügen.

Zeitgleich wird die Astronics Corp. mit dem Design, der Entwicklung und dem Bau des Stromverteilungssystems des Lilium Jet beauftragt. Außerdem entscheidet sich die Firma für das Start-Up Zenlabs als Batteriezellenlieferanten, in das Lilium im Vorjahr investiert hatte. Daneben wird mit der CUSTOMCELLS zusammengearbeitet, die hochspezialisierten Lithium-Ionen-Batteriezellen herstellt.

Im Juli folgen eine strategische Partnerschaft mit der Bristow Group Inc., in deren Rahmen Bristow die Option hat, 50 Lilium Jets zu erwerben und darüber hinaus Wartungsdienstleistungen für das Startnetz des Lilium Jets in Florida und anderen zukünftigen Märkten in den USA und Europa anzubieten – sowie eine Vereinbarung mit der AAP Aviation Group AS zum Aufbau eines eVTOL-Netzes in Skandinavien, in deren die AAP Aviation beabsichtigt, 40 Lilium Jets zu erwerben und mit Lilium zusammenzuarbeiten, um Landeplätze in den skandinavischen Ländern, beginnend mit Norwegen, zu entwickeln.

Eine ähnliche Vereinbarung wird mit der ASL Group unterzeichnet, die den Kauf von sechs Lilium-Jets beabsichtigt und mit Lilium zusammenarbeiten wird, um ein Netz von Landeplätzen in den Benelux-Ländern aufzubauen. Und im Rahmen einer Vereinbarung mit der Helity Copter Airlines zum Aufbau eines eVTOL-Netzes in Andalusien ist der Erwerb von fünf Lilium Jets vorgesehen.

Außerdem wird im Juli die Firma Diehl Aviation ausgewählt, um bei der Gestaltung und Entwicklung der Kabine des Lilium Jets mitzuarbeiten und als Integrator und Hersteller von Innenraumkomponenten zu fungieren.

Im September wird eine Partnerschaft mit der GlobeAir angekündigt, die den Kauf von zwölf Lilium Jets beabsichtigt, um an der Côte d’Azur in Südfrankreich und in Italien Premium- und Business-eVTOL-Flüge anzubieten. Darüber hinaus wird in diesem Monat ein Video veröffentlicht, auf dem zu sehen ist, wie der Prototyp Phoenix 2 den vollständigen Übergang vom Senkrechtstart in den Horizontalflug sowohl auf den Hauptflügeln als auch auf den Canards schafft.

Aus aerodynamischer Sicht bedeutet der erfolgreicher Übergang, daß die Luftströmung über den Abdeckklappen der Antriebsbänke von einer turbulenten und ungebundenen zu einer glatten und an der Oberfläche haftenden Strömung wechselt, wodurch ein Flügelauftrieb erzeugt wird. Dies geschieht bei einer bestimmten Kombination aus Klappenwinkel und Fluggeschwindigkeit, und man kann den Effekt im Video dank des Gitters aus kleinen ‚Büscheln‘ entlang der Klappen visuell erkennen. Diese kleinen Fadenstücke werden in einem turbulenten Luftstrom wild umher geschleudert, legen sich aber sofort flach in die Luftströmung, sobald sie sich an den Antriebsbänken festsetzen.

Dieser Effekt ist auf dem gesamten Hauptflügel des Phoenix 2 zu sehen, wobei das Antriebssystem bei einer Fluggeschwindigkeit von etwa 120 km/h mehr oder weniger vollständig nach vorne gerichtet ist. Bei dieser Geschwindigkeit sind die Antriebsbänke an den kleineren vorderen Canard-Flügeln jedoch immer noch nach unten geneigt, was zu Turbulenzen in der Luftströmung und einem entsprechenden Effizienzverlust führt. Als das Flugzeug später auf etwa 180 km/h beschleunigt, ist die Luftströmung über den Triebwerksbänken eindeutig glatt und fest anliegend, was auf einen erfolgreichen vollständigen Übergang hindeutet.

Im Oktober wird eine Absichtserklärung mit der SAUDIA, der nationalen Fluggesellschaft Saudi-Arabiens, unterzeichnet, die die Entwicklung und den Betrieb eines eVTOL-Netzes in Saudi-Arabien sowie den Kauf von 100 Lilium Jets umfaßt.

Ende November 2022 gibt Lilium den erfolgreichen Abschluß einer Kapitalerhöhung in Höhe von 119 Mio. $ durch bestehende Aktionäre, neue Investoren und strategische Partner bekannt. Zu den Teilnehmern gehören Honeywell, Aciturri, LGT und der mit ihr verbundene Impact Investor Lightrock, Tencent, B. Riley Securities u.a. Im Dezember folgt ein Vertrag mit eVolare, einer Tochtergesellschaft von Volare Aviation, einem der größten Hubschrauber- und Privatjet-Betreiber im Vereinigten Königreich. Diese Partnerschaft umfaßt eine feste Zusage für zehn Lilium Pioneer Edition Jets, mit einer Option auf den Kauf von weiteren zehn Exemplaren.


Als drittes Unternehmen folgt die US-Amerikanische Firma Joby Aviation Inc., die im Januar 2022 ihren zweiten Vorserienprototypen vorstellt, der bereits für das Flugtestprogramm des Unternehmens zugelassen ist. Der neue Prototyp S4 mit der Kennung N542BJ geht an die US-Luftwaffe, wo er im Rahmen von Jobys Vertrag mit dem Agility-Prime-Programm umgehend seine ersten Flüge absolviert.

Joby-Prototyp 1

Joby-Prototyp 1

Dabei wird mit einer Fluggeschwindigkeit von 330 km/h auch der nach eigenen Angaben „schnellste eVTOL-Testflug der Geschichte“ durchgeführt. Mit 249 km stellt auch die Reichweite einen Rekord auf. Man muß aber wissen, daß wahrscheinlich beide Rekorde mit einem leeren, ferngesteuerten Flugzeug erzielt wurden. Wie es mit einem Piloten und vier Passagieren aussehen wird, bleibt abzuwarten.

Joby peilt das Jahr 2024 als Starttermin für seinen elektrischen Lufttaxidienst an, muß aber noch den Weg zur kommerziellen FAA-Musterzulassung nehmen. Allerdings kann kein anderes Unternehmen in den USA von sich behaupten, in den letzten Jahren schon so viele Flugtests durchgeführt zu haben.

Die Firma startet mit einem beeindruckenden Kassenbestand von 1,3 Mrd. $ in das Jahr 2022 und geht davon aus, daß es im Laufe des Jahres für betriebliche Aktivitäten und den Kauf von Immobilien und Ausrüstung zwischen 340 und 360 Mio. $ ausgeben wird. Das erste ‚serienreife‘ Flugzeug wird in einer Pilotfertigungsanlage in Marina, Kalifornien, mit automatisierten Faserplatzierungs-Robotern und additiven Fertigungsverfahren gebaut, und Joby erwartet, daß es noch vor Jahresende fliegen wird. Langfristig ist geplant, die S4-Flugzeuge massenhaft zu produzieren, zunächst 200 – 400 Stück pro Jahr, ab 2024 dann Tausende.

Mitte Februar muß das Unternehmen einen herben Rückschlag hinnehmen, als der erste Vorserienprototyp mit der Kennung N542AJ während der Flugerprobung in der Nähe der abgelegenen Flugtestbasis Schoonover Airfield in Kalifornien abstürzt, als er weit über die angekündigte Höchstgeschwindigkeit von 322 km/h hinaus auf über 435 km/h beschleunigt wird. Dies stimmt mit den Testverfahren der FAA überein, wonach die Flugzeuge mit dem 1,3-fachen ihrer normalen Geschwindigkeit fliegen müssen, die sie im Regelbetrieb niemals überschreiten dürfen. Verletzt wird niemand, da das Lufttaxi unbemannt und ferngesteuert flog.

Der einen Monat später veröffentlichte vorläufige Absturzbericht des National Transportation Safety Board (NTSB) spricht davon, daß bei dem eVTOL ein Bauteil versagt hat, ohne dieses zu spezifizieren. Es heißt auch, daß das Flugzeug erheblich beschädigt wurde, doch Joby hält die entsprechenden Aufnahmen bislang zurück. Was aber nichts daran ändert, daß die Joby-Aktien Verluste hinnehmen müssen.

Ebenfalls im Februar geht die Firma eine Partnerschaft mit dem Telekommunikationsunternehmen SK Telecom (SKT) ein, um einen Lufttaxidienst in Südkorea einzuführen – sowie mit der größten japanischen Fluggesellschaft ANA Holdings Inc., um einen Ridesharing-Service aus der Luft einzurichten. ANA und Joby werden gemeinsam an der Pilotenausbildung, der Infrastruktur, den regulatorischen Anforderungen und  dem Luftverkehrsmanagement arbeiten. Die Toyota Motor Corp., die der größte Investor von Joby ist und seit 2019 mit dem Start-Up zusammenarbeitet, wird untersuchen, wie der Bodentransport in den Dienst integriert werden kann.

Im März gibt Joby den Abschluß und die anschließende Genehmigung der ersten System- und Konformitätsprüfung durch die Federal Aviation Administration (FAA) bekannt. Zu den Systemen, die in die Prüfung einbezogen wurden, gehörten unter anderem Flugsteuerung, Antriebssteuerung und Batteriemanagement. Außerdem nimmt der zweite Prototyp die Flugerprobung wieder auf, der bislang 38 Flüge absolviert und dabei Geschwindigkeiten von mehr als 144 km/h pro Stunde erreicht hat.

Wie im Mai bekannt wird, schließt sich die TMAP, Südkoreas größte Mobilitätsplattform, Jobys Partnerschaft mit der SK Telecom an. Die TMAP, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der SK Square, verfügt über eine gewaltige Menge an Verkehrs- und Kartendaten, die in den letzten 20 Jahren gesammelt wurden. Diese Daten dienen den Partnern als Grundlage für die Entwicklung optimaler Lufttaxirouten, Infrastrukturnetze und eines allgemeinen Mobilitätsdienstes, der den Vorlieben der koreanischen Verbraucher entspricht.

Zudem arbeitet die SK Telecom mit der Korea Airports Corp., dem Korea Transportation Research Institute, Hanwha Systems und dem Korea Meteorological Industry and Technology Institute zusammen.

In diesem Monat wird auch ein zweiwöchiger Tests im Rahmen der NASA-Kampagne ‚Advanced Air Mobility National Campaign‘ erfolgreich abgeschlossen, bei dem nachgewiesen wird, daß das Joby-Flugzeug die Zielvorgaben des Unternehmens hinsichtlich der Geräuschentwicklung erfüllt. Es erreicht demnach in einer Höhe von 500 m bei einer Fluggeschwindigkeit von 185 km/h einen Wert von 45,2 dBA, was in der Umgebung von Städten kaum wahrnehmbar sein soll. Bei Start und Landung liegt der Geräuschpegel in einer Entfernung von 100 m unter 65 dBA.

Ebenfalls im Mai übernimmt Joby die Firma Avionyx mit Sitz in San Jose, Costa Rica, ein seit mehr als 30 Jahren bestehendes Softwareentwicklungsunternehmen für die Luft- und Raumfahrt, dessen erfahrenes Team die Zertifizierungsaktivitäten von Joby unterstützen wird. Die Bedingungen der Transaktion werden nicht bekannt gegeben.

Ende des Monats erhält Joby – früher als geplant – von der Federal Aviation Administration (FAA) ein Part 135 Air Carrier Certificate, das es dem Unternehmen erlaubt, den kommerziellen Lufttaxibetrieb auf Abruf aufzunehmen. Das Zertifikat ist eine von drei FAA-Zulassungen, die benötigt werden, um das Lufttaxi in den Vereinigten Staaten zu betreiben, neben einem Type Certificate und einem Production Certificate.

Im Juni 2022 veröffentlichen Joby und die NASA die Ergebnisse einer mehrjährigen Luftraumstudie, die im Netz einsehbar ist (‚Near Term Urban Air Mobility Use Cases in the Dallas Fort-Worth Area‘). Der Bericht beschreibt, wie Joby-Flugzeuge zwischen den Flughäfen in einer Region mit einem hohen Aufkommen an konventionellem Flugverkehr navigieren könnten und gibt Empfehlungen für die Betriebseinführung in der Region Dallas-Fort Worth (DFW).


Living Lab

Im Juli beantragt Joby offiziell die Zulassung seines Flugzeugdesigns für den Einsatz im Vereinigten Königreich. Der Antrag ermöglicht die gleichzeitige Validierung der US-Zulassung durch die britische Civil Aviation Authority (CAA), was die Markteinführung in Großbritannien beschleunigen würde. Im August wird der bestehende Vertrag mit dem Agility Prime-Programm der US-Luftwaffe erweitertet, wodurch sich der volle Umfang des Vertrags auf mehr als 75 Mio. $ erhöht. Zudem werden die Flugtests auf das US Marine Corps ausgeweitet.

Jobi gibt im Oktober bekannt, daß es gemeinsam mit Skyports Infrastructure ein Living Lab-Passagierterminal entwickelt, um eine Vielzahl von Technologien und Verfahren zu testen, wie Passagiere in Zukunft vertikale Flüge erleben werden. Wie oben bei Volocopter bereits erwähnt, nimmt Skyports im November den europäischen Vertiport-Testbetrieb auf dem Flugplatz Pontoise-Cormeilles bei Paris auf.

Das Living Lab wird im Vorfeld der Veranstaltung ‚Field Trip‘ von Joby vorgestellt, bei der das Unternehmen seine Türen öffnet, um einen Blick hinter die Kulissen seiner Pilot-Produktionsanlage zu werfen. In den folgenden 18 Monaten wird das Living Lab an verschiedenen Orten in den USA zu sehen sein.

Ebenfalls im Oktober geht Joby eine mehrjährige, marktübergreifende kommerzielle, operative und exklusive Partnerschaft mit der Fluggesellschaft Delta Air Lines (DAL) ein, um Delta-Kunden in New York und Los Angeles emissionsfreie von zu Hause zum Flughafen anzubieten. Im Zuge der Vereinbarung tätigt Delta eine Vorabinvestition in Joby in Höhe von 60 Mio. $ und hat die Möglichkeit, die Gesamtinvestition auf bis zu 200 Mio. $ zu erhöhen, wenn wesentliche Meilensteine bei der Entwicklung und Bereitstellung des Dienstes erreicht werden.

In diesem Monat beantragt Joby bei der japanischen Zivilluftfahrtbehörde (JCAB) die Zulassung für den Einsatz in Japan. Die japanischen und US-amerikanischen Aufsichtsbehörden haben sich bereits auf ein vereinfachtes Zulassungsverfahren für US-amerikanische Antragsteller geeinigt, die ihre eVTOL-Flugzeuge in Japan validieren möchten.

Im Dezember wird eine Partnerschaft mit der Aviation High School in New York City ankündigt, um die nächste Generation von Flugzeugwartungstechnikern und Führungskräften auf das elektrische Zeitalter der Luftfahrt vorzubereiten. Außerdem wird der Abschluß der zweiten von vier FAA-Systemüberprüfungen bekannt gegeben.


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