allTEIL C

Weitere Formen hochthermischer Solarenergienutzung (II)

Meinel-Verdampferrohre


Der US-Astronom und Physiker Aden B. Meinel und seine Frau erfinden gemeinsam während ihrer Arbeiten an der Universität Arizona besondere Kollektoren, in denen Verdampferrohre mit selektiven Filtern umgeben sind, welche die relativ kurzwellige Sonneneinstrahlung hindurchlassen, die langwellige Wärmerückstrahlung aber weitgehend auffangen können. Es werden damit Temperaturen bis 500°C erreicht.

Die teils evakuierten, teils beschichteten und teils geschlitzten Glasrohre ergeben zwar eine physikalische Optimallösung, sind aber aus technisch-wirtschaftlicher Sicht nicht in der Lage, einen konkurrenzfähigen Wärmepreis zu bieten (Stand 1974).

Salzkaskaden-Kraftwerk


Das Georgia Institute of Technology in Atlanta entwickelt 1987 gemeinsam mit dem Solar Energy Research Institute in Golden, Colorado, ein 50 kW Solarkraftwerk mit flachen Heliostaten, die das Sonnenlicht auf eine schräge, rund 10 m hohe Wand konzentrieren.

Über diese Wand fließt eine Kaskade aus geschmolzenem Karnonate-Salz mit schwärzenden, hitzebeständigen Zusätzen, das dabei stark erhitzt wird. Am Fuß der Wand entziehen Wärmetauscher dem Salz diese Hitze und führen sie zu Heizzwecken oder zum Betrieb einer Turbine ab.

Da das vom US-Energieministerium geförderte System eine hohe Betriebstemperatur zuläßt, wird auch ein höherer Wirkungsgrad erreicht. Man plant den Bau einer Versuchsanlage von 1 MW – 5 MW in Albuquerque, New Mexico.

Lörracher Trichter


Jürgen Kleinwächter, Vizepräsident von COMPLES, dem Sonnenenergie-Verband der Mittelmeerländer, präsentiert auf einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) 1976 seinen ‚Lörracher Trichter’: Das vielkantige Modell besteht aus verspiegelten Folien und stellt eine Kombination von Flachkollektor und Spiegelsammler dar. Den mit Heizrohrrippen ausgestatteten Flächenkollektor am Trichterboden treffen konzentrierte Sonnenstrahlen, so daß die erzielten Temperaturen ausreichen, um eine Wärmekraftmaschine anzutreiben.

12 derartige Trichter, die von einem einzigen Synchron-Motor der Sonne nachgeführt werden, liefern bei einer Primärleistung von 300 kW hochgespannten Wasserdampf mit 200°C und 16 bar. Eine derartige Anlage benötigt eine Bodenfläche von nur 900 m2. Bis Ende der 80er Jahre wird das System zu den inzwischen weit bekannten Parabol-Spiegel-Anlagen (s.u.) weiterentwickelt.

Acrylharz Riesenlupen


Die beiden japanischen Firmen USHIO und YUPE bauen Riesenlupen aus Acrylharz mit einem Durchmesser von bis zu 50 m, bei einer Dicke von nur 15 mm. Diese Lupen sind leichter als aus Glas hergestellte, so daß ein entsprechendes System zusammen mit Schmelzofen und Steuereinrichtungen nur 50 t wiegt.

Mit einer Sonnennachführungsautomatik ausgerüstet sollen die Anlagen Leistungen bis 1 MW erbringen, die in einem Kraftwerk durch die Umwandlung der erreichten 3.000°C – 4.000°C zu elektrischem Strom transformiert werden. Derartig hohe Temperaturen sind bisher nur im Sonnenofen von Odeillo erreicht worden.

Silberkegel Konzentrator


1988 entwickeln Wissenschaftler der University of Chicago ein neuartiges Spiegelsystem, mit dem Sonnenlicht extrem stark gebündelt werden kann. Mit einem ölhaltigen Silberkegel, der das in einem etwa 40 cm großen Teleskopspiegel eingefangene Licht auf eine Fläche von rund 1 mm Durchmesser konzentriert, wird eine 60.000-fache Konzentration erreicht. Das ist annährend die Intensität, wie sie auf der Sonnenoberfläche herrscht.

Die so ‚geballte’ Sonnenkraft kann Energie für Laser-Nachrichtenverbindungen im All oder für Lasergeräte zur Isotopentrennung liefern. Außerdem ist damit die Herstellung ultraharter Materialien für Industrie und Militär möglich.

Saphir Konzentrator


Anfang der 1990er Jahre wird in einem Physiklabor in Chicago ein Lichtfleck erzeugt, der sogar um 16 % heller als die Sonnenoberfläche ist.

Ein nur 40 cm durchmessender Parabolspiegel bündelt Sonnenlicht auf einen mandelförmigen Saphir, an dessen ‚gekrümmten’ Wänden das Licht quasi zusammengequetscht wird und die 84.000-fache Leuchtintensität des normalen Tageslichts erreicht.

Mit dieser Technik sollen neuartige Solar-Laser möglich werden.

Grenzen der Nutzung der Sonnenenergie


In den vergangenen 200 Jahren hat sich die Menschheit dahingehend entwickelt, daß ihre technisch-wirtschaftlichen Zentren in Mitteleuropa und Nordamerika weitgehend in jenen Gebieten liegen, in denen die Sonne unzuverlässig scheint, obwohl der gesamte technisch-industrielle Komplex inzwischen darauf aufbaut, daß die genutzten Primär- und Sekundärenergieträger zu jeder Tages- und Jahreszeit unverändert und in vollem Umfang zur Verfügung stehen.

Die allgemeine Verfügbarkeit der Sonnenenergie – die ja am meisten dort anfällt, wo sie überhaupt nicht gebraucht wird – ist dem jedoch entgegengesetzt. Eine zentrale Nutzung ist daher sehr schwierig und die Energieübertragung über weite Strecken hin zu den Bedarfszentren, ist überaus problematisch.

Das Sonnenlicht trifft die Erde nur in mäßiger Konzentration (von der gesamten Sonnenstrahlung fällt für die Erde nur ein Fünfhundertmillionstel ab) und zu sehr unterschiedlichen Zeiten – seine mangelnde Beständigkeit erfordert daher den Einsatz großer und aufwendiger Energiespeicher (s.d.).

Besonders dann, wenn große Energiemengen benötigt werden, sei es für die Beleuchtung (Nachts) oder für Heizzwecke (Winter), scheint die Sonne nicht oder nur schwach, oder sie wird oft durch Wolkenbildungen verdeckt. Die aus diesem Grund erforderlichen Energiespeicher (besonders Langzeitspeicher) sind noch immer unterentwickelt, existierende Systeme sind unverhältnismäßig teuer. Bei der Betrachtung der Speichersystemproblematik darf auch nicht vergessen werden, daß diese für ihre Speicherfunktion ja auch wesentlich vergrößerte Kollektorflächen benötigen. Bei einem mit Wasser arbeitendem Speicher rechnet man mit 50 l Wasser pro m2 Kollektorfläche – jedenfalls in Bezug auf Kurzzeitspeicher. Eine einfache Kollektor­anlage produziert zwar an einem sonnigen Tag rund 1.500 1 Warmwasser bei 60°C – also weit mehr, als der in diesem Beispiel angenommene 5-Personen Haushalt braucht –, doch schon ein einziger sonnenloser Tag erschöpft diesen Wärmevorrat restlos.

Die finanziellen Aufwendungen für Kollektoranlagen mit Wärmespeichern betragen (bezüglich eines Einfamilienhauses) zwischen 15.000 und 25.000 DM (Stand 1980), wobei es im mitteleuropäischen Klima notwendig ist, trotzdem noch für die Wintermonate eine zusätzliche Öl- oder Elektroheizung zu installieren, die nochmals um die 15.000 DM kostet. Ein autarkes, also rein auf Sonnenenergie aufbauendes Haus mit etwa 120 m2 Wohnfläche kostet um 600.000 DM, und eigentlich können derartige Systeme erst ab 200 m2 Wohnfläche als wirtschaftlich betrachtet werden.

Oftmals bekommen Bauherren, die Sonnenkollektoren für die verschiedensten Anwendungen installieren möchten, Schwierigkeiten mit den Baubehörden, die auf Grund der Gestaltungsparagraphen in den Landesbauordnungen teilweise sogar die Baugenehmigung verweigern.

An dieser Stelle soll aber auch der nicht unerhebliche Wartungsaufwand erwähnt werden, der sich mit einer Kollektoranlage verknüpft. Außerdem die kurze Haltbarkeit dieser Anlagen, die im Durchschnitt nur 15 bis 20 Jahre beträgt. In Klima Mitteleuropas ist ein Korrossionsschutz dringend notwendig, sowie meistens auch ein Frostschutzmittel (Glycolzusatz o.ä.), um einen problemlosen Betrieb zu gewährleisten. Was die Lebensdauer der einzelnen Kollektoren angeht, so hat die EG-Forschungsstätte in Wiesbaden (USPRA) herausgefunden, daß diese kaum länger als 4 bis 5 Jahre beträgt. Eine sogenannte Langzeitbeständigkeit sei nicht festzustellen. Bei Vakuum-Röhrenkollektoren trat häufig ein schleichendes Entweichen des Vakuums auf (Stand 1982). Zu diesem Zeitpunkt sind Kollektor-Solarheizungen noch nicht ausgereift, die Wärmeverluste sind immens und es fehlt an ausreichenden Erkenntnissen über die günstigste Geometrie von Solarhäusern.

Sonnen- und Himmelsbestrahlungsstärken, Außenlufttemperatur und Windgeschwindigkeit beeinflussen alle Sonnenenergie-Systeme sind– außerdem auch der Reflexionsgrad der direkten Umgebung. Fast alle Systeme können durch Hagel schwere Schäden erleiden. Großflächige Solarkraftwerke (meist Hochtemperatursysteme) brauchen sonnige, flache und nur dünn besiedelte Regionen für ihre optimale Funktion, ihre Auswirkungen auf Fauna und Flora dieser Regionen sind bisher weitgehend noch unbekannt. In der Praxis hat sich gezeigt, daß bereits Kondensstreifen von Flugzeugen die Leistung von Solarkraftwerken um einige Prozent verringern können. Ab Windgeschwindigkeiten von 48 km/h müssen Heliostatenfelder von allen Personen geräumt werden, da man bei Spiegelbruch in einem Scherbenregen stehen würde.

Der Nutzeffekt von Solarzellen ist für eine breite Anwendung noch zu gering, selbst bei der Silizium-Zellen­Herstellung wird der Preis pro Watt Leistung aus wirtschaftlichen Gründen kaum unter die 2 DM Grenze sinken. Die bereits erwähnte ‚Schallgrenze’ von rund 3,5 $ pro W ist auch im Jahre 2004 noch immer nicht durchbrochen. Hinzu kommt, daß Dünnschichtzellen aller Art durch Alterung sehr schnell inaktiv und damit nutzlos werden. Außerdem kommen die extrem hohen Investitionskosten von ca. 75.000 DM je installierten kW dazu, die die Wirtschaftlichkeitsberechnungen oftmals Schiffbruch erleiden lassen (Stand 1976).

Die Betriebskosten entfallen gänzlich für PV-Anlagen und die Wartungskosten sind minimal, aber die Anschaffungskosten sind enorm, d.h. alle Kosten entstehen am Anfang, bevor Strom überhaupt erzeugt worden ist. Weitgehend Unklarheit herrscht auch noch bezüglich der ‚verborgenen Emissionen’ der Solarzellenproduktion, die teilweise von hoher Giftigkeit sind. Sowohl die Umweltverträglichkeit als auch das spätere Recycling von Modulen bilden Problemfelder.

Der großflächige Einsatz von PV-Systemen in heißen Ländern hat einen weiteren Haken: Oft wird dabei nämlich übersehen, daß Solarzellen meistens bei 25°C ihren optimalen Betriebspunkt haben. Die Ausbeute bei einer Modultemperatur von 25° ist wegen der stärkeren Sonneneinstrahlung beispielsweise in Mexiko zwar doppelt so hoch wie in Deutschland, aber ein Modul kann sich in Mexiko in der sommerlichen Sonne auch schnell auf weit über 70°C erhitzen. Laut Klaus Kiefer vom Fraunhofer ISE beträgt der Leistungsabfall rund 0,4 % pro Grad Kelvin bei polykristallinem und monokristallinem Silizium ab 25°C – was aufwendige Kühlsysteme erforderlich macht. In Deutschland kompensieren die kühleren Temperaturen die schwächere Einstrahlung einigermaßen, so daß die Ausbeute in Mexiko in der Praxis – im Gegensatz zur schönen Theorie – eben doch nicht doppelt so hoch ist.

Ein weiteres Risiko ist der weltweite Mangel an Silizium, dem Grundstoff für Solarzellen. Zwar wird Silizium aus Sand gewonnen – der nahezu unbegrenzt vorhanden ist –, aber das Verfahren ist sehr aufwendig, und die Kapazitäten sind begrenzt. Veredelungsanlagen für Silizium sind teuer und nicht von heute auf morgen zu bauen. Experten rechnen damit, daß bis 2007 noch mehr Silizium nachgefragt wird, als auf dem Weltmarkt vorhanden. Danach soll sich die Lage wieder entspannen.

Einen kleinen Einblick in die zur Umstellung auf Sonnenenergie tatsächlich notwendigen Kosten erlaubt die Berechnung, daß in den USA das fiktiv anvisierte Ziel von nur 1 % der derzeitigen Kraftwerkskapazitäten eine jährliche Investition von 1 bis 2 Mrd. $ über einen Zeitraum von 10 Jahren erforderlich machen würde.

Während für die Anwender in Entwicklungsländern schon die einfachsten Kollektoranlagen viel zu teuer sind, erreichen die Kostenvorausberechnungen für Satellitenkraftwerke den absoluten Höhepunkt. Dder enorme Bedarf an teuren Rohstoffen wird deutlich wenn man erfährt, daß schon für einen einzigen der SPS-Satelliten etwa drei Zehntel der derzeitigen Weltjahresproduktion an Aluminium benötigt wird (Stand 1980). Während der Hochtransport der Bauteile in den Orbit durch die vielen notwendigen Raketenstarts die oberen Schichten der Atmosphäre stark verschmutzen wird, befürchtet man von anderer Seite auch, daß die zur Erde zurückgestrahlten Mikrowellen ebenfalls eine Gefährdung darstellen. Erwartet wird auch, daß es einen negativen Einfluß auf das Funkwesen geben wird, ebenso wie zu befürchten ist, daß eine Überhitzung der Atmosphäre oder eine atmosphärische Methan-Reaktion eintreten wird.

Die wertvolle Energie bleibt an trüben Tagen in den Wolken hängen, die Verluste auf dem Umwandlungsweg Solarstrom – Laserlicht – Solarstrom sind beachtlich. Und – sofern es sich bei den Energiesatelliten nicht um die L5-Habitate nach O’Neill handelt – wenn etwas kaputt ist, müssen Astronauten zur Reparatur hochgeschickt werden.

Großindustrielle Solarkraftwerke werden über mehrere Kontinente miteinander vernetzt sein. Für Europa mag dies eine weitere Abhängigkeit bei Energielieferungen aus Nordafrika bedeuten, dem prädestinierten Standort zur Versorgung des ‚alten Kontinents’.

Zusammenfassend ist zu sagen, daß sich die Sonne in kleinem Maßstab und – bei ausreichender Unterstützung auch ganz besonders in Ländern der 3. Welt – durchsetzen könnte (und dringend auch sollte!). Was aber den Einsatz stark beeinträchtigen kann, ist der unqualifizierte Nachbau von Anlagen, deren schnell auftretende und meist erhebliche Betriebsmängel den Ruf der Solarenergie schwer schädigen und das Vertrauen der Kunden schwächen. An dieser Stelle spreche ich aus eigener Erfahrung, die ich hauptsächlich in Syrien sammeln konnte.

Bei einer Versorgung mit photovoltaischen Solar Home Systemen ist den Menschen der 3. Welt bewußt, daß dies nur eine Elektrifizierung ‚zweiter Klasse’ ist – denn Bügeln, Kochen oder der Betrieb eines Kühlschrank ist nur mit einem Anschluß an das ‚richtige’ Stromnetz möglich. Die SHS stoßen daher oft auf wenig Gegenliebe, weil die Menschen befürchten, dadurch den Anspruch auf eine ‚richtige’ Stromversorgung zu verlieren. Nach Untersuchungen der GTZ im Jahr 2000 werden durch SHS praktisch keine wirtschaftlichen Aktivitäten stimuliert und somit auch keine neuen Einkommensmöglichkeiten und Arbeitsplätze geschaffen.

Und wenn ein SHS – meistens bestehend aus mindestens einer PV-Anlage, einem Wechselrichter und einer Batterie, um den Strom für Sparlampen, Radio, S/W-Fernseher usw. bereitzustellen – erst mal installiert ist, steigt häufig der Konsum, so daß das System bald überlastet ist. Das führt zu Frustration unter den Anwendern, die meinen, die Technik funktioniere nicht. Das System kann natürlich von der Technik her fast immer problemlos ausgebaut werden, aber das kostet Geld.


Fazit: Als alleiniger Substitutionsenergieträger für eine technisierte und entwickelte Welt mit hohen Ansprüchen aller Art kommt die Sonnenenergie nicht in Frage, so sinnvoll ihr Einsatz auch sein mag. Und selbst politisch ist diese Energieform nicht ganz ohne Probleme:

„Die Sonnenenergie öffnet keinen Fluchtweg aus der Weltpolitik, sondern führt mitten hinein in ihre ungelösten Schwierigkeiten.“

Erwin Häckel, Professor für Internationale Politik (1989)

 

Doch dies kann ja auch positiv gesehen werden, oder? Denn die Zeit, in welcher man diese Schwierigkeiten einfach unter den Tisch zu kehren versuchte, ist vorbei.

Und duschen mit solar aufgeheiztem Wasser macht auch sehr viel mehr Spaß, als wenn die gleiche Wärme aus einem Brenner im Keller kommt. Man fühlt es regelrecht. Hatte ich das schon mal gesagt?!


Damit ist das Thema Sonnenenergie abgeschlossen. Als nächstes kommt der nahe liegende Bereich der Wärmeenergie.


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