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ENERGIESPEICHERN

Zwischensubstanz-Energiespeicherung


Ein gutes Beispiel dafür, was unter Zwischensubstanz-Energiespeicherung gemeint ist, bildet der Wasserstoff. Als Sekundärenergieträger muß er zwar unter wesentlichem Exergieaufwand erst hergestellt werden – doch als leicht speicherbare Substanz ist er praktisch zu handhaben und kann ähnlich wie Gas oder Benzin, allerdings mit einer etwas höheren Explosionsgefahr, transportiert und verteilt werden. Inzwischen gibt es viele verschiedene Methoden um Wasserstoff zu speichern, auf die ich in dem entsprechenden Kapitel noch ausführlich eingehen werde.

Ein weiterer Stoff von noch geringerer Harmlosigkeit, der sich ebenfalls zur Energiespeicherung eignet, ist Kohlendioxid. Darüber werde ich noch gesondert zu sprechen kommen.

Des weiteren läuft an der TU-Berlin seit 1977 ein interdisziplinäres Forschungsprojekt, das die Grundlagen der Speicherung elektrischer Energie in Form von Hydrazinhydrat und Wasserstoffperoxid untersucht.

Eine andere Form der Zwischensubstanz-Speicherung bildet die Anwendung einfacher physikochemischer Reaktionen, bei denen Wasser elektrolytisch und unter Einblasung von CO2 zerlegt, und dann in der Form von Methansäure (Ameisensäure) als Energieträger wieder zusammengesetzt wird. Wobei diese Substanz sogar direkt als Brennstoff einsetzbar ist.

An dieser Technik arbeiten beispielsweise Forscher am Leibniz-Institut für Katalyse (Catalysis) in Rostock, die davon ausgehen, daß die sogenannten organischen Hydride, also Verbindungen von Kohlenstoff mit Wasserstoff, die besseren Wasserstoffspeicher darstellen.

Im Jahr 2011 stellen die Rostocker Wissenschaftler um Prof. Matthias Beller ein neues energiesparendes Verfahren vor, mit dem per Elektrolyse gewonnener Wasserstoff gespeichert werden kann. Dabei wird zunächst CO2 in Wasser gelöst, Wasserstoff zugesetzt und die Flüssigkeit dann über einen Katalysator geleitet. Hier reagiert ein CO2-Molekül mit zwei Wasserstoffatomen zu Ameisensäure (CH2O2).

Die entstehende Formiat-Lösung läßt sich als Pufferspeicherlösung bereits in dieser flüssigen Form in einer Stahlpatrone oder einem Glasbehälter leicht aufbewahren. Alternativ ist aber auch die Lagerung der Ameisensäure in festem Zustand möglich, und zwar als weißes Pulver, das aussieht wie Kochsalz.

Wird die Säure in gelöster Form aufbewahrt, entspricht die Speicherdichte etwa der von heutigen Lithium-Ionen-Akkus. Für die energetische Nutzung der Speicherlösung wird dann ebenfalls ein Katalysator eingesetzt, so daß der Wasserstoff wieder freigesetzt und in Brennstoffzellen oder Verbrennungsmotoren genutzt werden kann. Eines der Probleme, die vor einer kommerziellen Umsetzungen noch gelöst werden müssen, ist der bisherige Einsatz von Katalysatoren aus dem verhältnismäßig teuren Edelmetall Ruthenium. Hier arbeiten die Forscher an billigeren Katalysatoren auf Basis von Eisen.

Eine ausgesprochen ‚heiße’ Methode wird von dem nahe Zürich gelegenen Eidgenössischen Institut für Reaktorforschung (EIR) in Würenlingen vorgeschlagen: Statt Öl und Wasserstoff sollen Leichtmetalle verbrannt werden (Aluminium, Beryllium, Bor, Magnesium, Silizium), wobei die Verbrennungsprodukte – feste Oxide – wieder mit Energie beladen werden können, indem sie sich durch Wärmezufuhr, z.B. solaren Ursprungs, zum reinen Metall zurückverwandeln lassen.

Hierfür wird der Sonnenofen Helius entworfen, dessen 90 cm Frensellinse innerhalb weniger Sekunden einen 1 cm großen Brennfleck mit 2.000°C erzeugen kann. In Zusammenarbeit mit der Universität Basel wird außerdem ein preßluftbetriebener Aluminiumpulver-Brenner entwickelt, der über 3.000°C erreicht. Einen Nachteil dieser Methode bildet die Notwendigkeit energiereicher Hilfsstoffe (hier Luftsauerstoff) für die Reduktion der Metalloxide. Über einige dieser und ähnlicher Entwicklungen spreche ich auch im Unterkapitel zur solaren Thermochemie (s.d.).

Mitte der 1990er Jahre wird am Weizmann-Institut im israelischen Rehovot ein solarthermisches Versuchskraftwerk errichtet, mit dessen Energie von bis zu 1.000°C in einem Reformer ein Gemisch aus Methan und CO2 in Synthesegas umgewandelt wird, das sich leicht speichern und transportieren läßt. Beim Verbraucher kehrt ein Ruthenium-Katalysator die Reaktion um und gibt die gespeicherte Energie bei Temperaturen bis 700°C wieder frei. Die sich dabei wieder bildenden Gase Methan und CO2 werden zum Reformer zurückgeleitet. Das Pilotprojekt mit der chemischen Heizung wird allerdings erst 1999 fertiggestellt, und mit seinen 250 kW gilt es nun als Vorläufer eines in Arizona geplanten 2,8 MW Kraftwerks.


Grenzen des Energiespeicherns


Noch immer ist die chemische Batterie das am häufigsten benutzte System bei der Exergiespeicherung in Form elektrischer Energie. Allerdings werden die Anwendungen durch den hohen Materialaufwand beschränkt und durch das meist sehr hohe Gewicht begrenzt.

Neben den bereits im einzelnen erwähnten Problemen der verschiedenen Batterie- bzw. Akkumulatortypen zeigen sich weitere, eher allgemeine Grenzen bei ihrer Nutzung:

Obwohl sie für den Einsatz im Großen (d.h. zur Energiespeicherung auf kommunaler Ebene) nur bedingt geeignet sind, können Batterien umfassend im Verkehrswesen Anwen­dung finden – wo die Anschaffungsmehrkosten 1983 noch zwischen 60 % und 80 % ausmachen. Hier bestehen aber ganz besondere Anforderungen: Die Nachladung soll entweder im Stand geschehen oder im Schnelladeverfahren, da die Wechseltechnik für Batterien in diesem Bereich sehr aufwendig und mühevoll ist, außerdem bedarf es umfangreicher zusätzlicher mechanischer Werkzeuge und zumindest einer Wechselpalette.

Lange Zeit gilt es als auch sehr schwierig, das Gewicht der Kfz-Stromspeicher für den Elektromotor unter 12 % des Gesamtgewichts zu senken, und außerdem braucht das Fahrzeug ja noch weitere Energie für die Heizung, Klimatisierung, Beleuchtung usw. Da die Elektrizität in den meisten Akkumulatortypen nicht ausreichend dicht genug zu packen ist, besitzen die damit ausgestatteten Fahrzeuge nur eine geringe Reichweite. So hat z.B. ein Wagen mit einem 15 %igen Gewichtsanteil an Blei-Akkumulatoren nur eine Reich­weite von rund 70 km, während zum Vergleich ein 2 % – 4 %iger Gewichtsanteil an Benzin eine Reichweite von 300 – 700 km ermöglicht. Leistungsfähigere Batterien benötigen dafür andere und meist sehr viel teurere Rohstoffe.

Besonders Zink/Chlor-Batterien entwickeln beim Aufladen große Wärmemengen, Natrium/Schwefel-Akkus sind wiederum schwer abzudichten, was bei Unfällen oder Beschädigungen sehr gefährlich sein kann, da das Natrium heftig mit H20 reagiert. Außerdem haben in diesen und den meisten anderen Fällen die Elektrolyten eine nur kurze Lebensdauer. Hinzu kommt, daß mehrere der neuen Elementekombinationen eine extrem starke Korrosionswirkung besitzen, und daß sich in Zink/Luft-Batterien beim Aufladen an der Zinkelektrode Dentriten bilden, die zum inneren Kurzschlüssen führen.

Viele der o.g. Batterie-Typen haben außerdem eine nur kurze Stromentnahmezeit – während z.T. auftretende Betriebstempera­turen zwischen 300°C und 650°C gleichzeitig große betriebs- und sicherheitstechnische Fragen aufwerfen. Beim Kfz-Einsatz sind diese hohen Betriebstemperaturen auch deshalb problematisch, weil die entsprechenden Batterien, damit sie funktionsfähig bleiben, ständig auf diesem hohen Temperaturniveau gehalten werden müssen. Der typische Pkw, der 23 Stunden am Tag steht, braucht dann im Stand etwa genauso viel Energie wie im Fahrbetrieb.

Schlußendlich bleibt immer die Frage nach der ursprünglichen Herkunft des Stromes. Zwar könnte eine Art ‚Tankstrom’ zu günstigen Tarifen eingeführt werden, doch steigt dadurch wiederum der allgemeine Stromverbrauch an – was bei den derzeitigen, meist fossilen Primärenergie-Gewinnungsmethoden eher kontraproduktiv ist...

Kernwärmebatterien werden wegen ihrer potentiellen Gefahr nur sehr selten genutzt.

Druckluftspeicher haben sehr große Dimensionen, erfordern fast absolut dichte Kavernenspeicher und sind bei ihrer Energieabgabe extrem laut.

Magnetspeicher kommen praktisch nur für Forschungsinstitute infrage, sie sind sehr teuer und in ihrer Kapazität bislang noch lange nicht wirtschaftlich.

Die reine Schwungrad-Energiespeicherung muß – sollte sie langfristig und mit hohem Energiegehalt genutzt werden – im Vakuum oder in Wasserstoff laufen, was in jedem Fall große Dichtungsprobleme mit sich bringt. In Fahrzeugen muß den Schwungrädern bei längerer Stillstandszeit zur Aufrechterhaltung ihrer hohen Drehzahl ständig Energie zugeführt werden.

Wärmespeicher wiederum sind sehr voluminös, bedürfen einer teuren Isolierung und geben ihre Wärme trotzdem durch Abstrahlung meist zu schnell ab.

Zur praktischen Anwendung chemischer Umwandlungsprozesse fehlt bisher das geeignete Material, das die ständigen Umwandlungen über einen längeren Zeitraum hinweg auch verträgt.

Für das Ziel der Energieversorgungswirtschaft, zum Ausgleich von Spitzenbedarfszeiten geeignete Speichersysteme für etwa 10 % der allgemeinen Kraftwerkskapazität zu besitzen, sowie praktikable Systeme für Verkehr und Transport anbieten zu können, scheint es also noch kein passendes System zu geben.

In einem Interview mit der DPA beklagt bereits Mitte 1986 der damalige Leiter des Fraunhofer-Instituts für solare Energiesysteme in Freiburg, Prof. Adolf Goetzberger, daß die wissenschaftliche Forschungsarbeit in den vergangenen Jahren eher zurückgegangen ist, weil immer weniger Fördermittel zur Verfügung gestanden hätten. An der Lösung des Speicher-Problems sei wegen fehlender Fördermittel „fast gar nicht mehr“ gearbeitet worden!

Weit weg von den Gefilden der akademischen Forschung habe ich allerdings noch viele andere, meist sehr unkonventionelle Vorschläge zur Energieerzeugung und -speicherung gefunden. Diese Vorschläge werde ich in der Datenbank der neuen Energie verfügbar zu machen.


Hier schließt sich nun der überaus umfangreiche Sektor der Mobilen Anwendungen an – bei dem es in erster Linie um Elektrofahrzeuge geht, aber auch um elektrisch bzw. solarbetriebene Schiffe, Flugzeuge, Luftschiffe und sogar Raumschiffe.


Weiter mit der Geschichte der Elektromobile und Hybridfahrzeuge...