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Meereskraftwerke


Im Meer, dem großen Erdwärme-, Sonnen- und auch Gravitationsenergiespeicher, steht ein äußerst vielfältiges Energiepotential zur Verfügung, das immer noch seiner Erweckung harrt. Gezeiten-, Strömungs- und Wellenenergie werden nachfolgend chronologisch und nach Ländern aufgeschlüsselt präsentiert.

Bei den hier aufgeführten Systemvorschlägen sollte auch stets der Hinweis mitberücksichtigt werden, daß die ‚Atemfähigkeit’ des Meeres durch den Anlagenbau nicht vermindert werden darf. Die Wichtigkeit dieser ökologischen Betrachtungen ist schon im Teil A betont worden – auf eine Wiederholung an dieser Stelle kann daher verzichtet werden.

Der aktuelle Stand spiegelt sich in der im Oktober 2006 in Bremerhaven veranstalteten ‚International Conference Ocean Energy – from Innovation to Industry’, bei der gezeigt wird, daß nach einer Entwicklungszeit von gut 20 Jahren die Meeresenergie-Technik an der Schwelle zur Industrialisierung steht. Alleine in Europa sollen in den kommenden Jahren nahezu 300 Mio. € in die Entwicklung und den Bau von Meeresenergieanlagen investiert werden.

Im April 2009 benennt die UN den 8. Juni eines jeden Jahres offiziell zum World Oceans Day.

Gezeitenenergie


In Verbindung mit der Idee ‚Energie aus dem Meer’ wird an erster Stelle zumeist die Gezeitenkraft genannt. Der sogenannte ‚Große Atem der Meere’ ist eine selbsterneuernde Energie mit einer Leistung von 2,7 · 1012 W, das davon nutzbare Potential wird allerdings auf nur etwa 0,03 · 1012 W geschätzt.

Die je zweimal täglich vorkommende Ebbe bzw. Flut ist vorwiegend auf die Gravitationswirkung des Mondes und der Sonne sowie auf die Erdrotation zurückzuführen. Im Prinzip ist die Flut ein Zusammenströmen und Aufstauen des Gewässers und kein Emporheben und Nachfließen, wie lange Zeit angenommen wurde.

Es gibt noch heute Überreste mittelalterlicher Mehlmühlen, die mit dem Tidenhub ihr Mahlwasser bekamen. Nachweislich beschäftigte sich auch Leonardo da Vinci mit dieser Technik. Um 1130 wurde im Mündungsgebiet des Adour in Frankreich eine Gezeiten-Wassermühle gebaut, und ein Jahrhundert später arbeiteten sogar mehrere Gezeitenmühlen bei Venedig. Man nimmt an, daß die erste Gezeiten- oder auch Flutmühle bereits im 3. Jahrhundert n.Chr. (!) im Hafen von Dover in England gebaut worden ist.

Eine durch die Gezeiten angetriebene Pumpe wurde 1582 von Peter Morice an der Themse installiert. Die allerdings nicht sehr erfolgreiche Konstruktion förderte immerhin 18.000 m3 über eine Höhendifferenz von 40 m in einen Wasserbehälter. Auch in Deutschland standen einst an den meisten Flüssen mit Tidenhub Gezeitenmühlen.

Grafik von 1931

Argentinisches Gezeitenkraftwerk
(ca. 1930)

Vorschläge zugunsten einer großtechnischen Anwendung dieser Energieform gibt es seit etwa 200 Jahren. In Deutschland z.B. wurde der Hamburger Ingenieur E. S. Peine bekannt, der 1910 das Konzept ausarbeitete, bei Husum an der Nordsee ein Elektroflutwerk zu errichten. Und obwohl 1913 ein kleines Probewerk gebaut wurde das sogar gute Resultate erbrachte und eine Menge Streitfragen entschied, vereitelte der erste Weltkrieg eine tatsächliche Umsetzung - und später hörte man nichts mehr davon.

Auf der berühmten Zweiten Weltkraftkonferenz 1930 in Berlin wurde neben anderen revolutionären Energieformen auch ein Gezeitenprojekt aus Argentinien intensiv diskutiert. Dabei handelte es sich um die Ausarbeitung einer Regierungskommission, der zufolge besonders der 12 m Tidenhub an der Bucht von San José geeignet sei, große Mengen an Strom zu liefern. Hier bräuchte man nur einen 7 km langen Damm, um die gesamte Bucht mit ihrer Fläche von 780 km2 abzuschließen.

Ein Jahr später soll in einer Seitenbucht der Deseado-Mündung ein kleines Versuchskraftwerk mit 1.000 kWh Tagesleistung gebaut worden sein.

Einen Monat vor seiner Ermordung 1963 sprach der damalige amerikanische Präsident John F. Kennedy mit großer Begeisterung von einem visionären Gezeitenenergie-Projekt:

“Man only needs to exercise his engineering ingenuity to convert the ocean’s surge into a national asset. … I think this (Passamaquoddy Tidal Power Project) can be one of the most astonishing and beneficial enterprises undertaken by the people of the United States.“


Es ist eine bestechende Idee sich vorzustellen, welchen Forschritt die Gezeitenenergie bei einer Umsetzung in den USA gemacht hätte, wenn Kennedy damals nicht erschossen worden wäre. Und wer nach Indizien sucht, um eine Verbindung zwischen diesen beiden Geschehnissen zu ziehen, könnte in dem opulenten Bericht The Dream of Passamaquoddy von Andrea Silverthorne fündig werden.

Die Schwierigkeit bei diesem Energiewandlungsverfahren liegt hauptsächlich darin, daß mit der konventionellen Turbinentechnologie erst ein Tidenhub von wenigstens 5 m eine wirtschaftliche Anwendung ermöglicht, so daß nur sehr wenige Standorte überhaupt in Betracht gezogen werden können. Dazu gehören:

  • an der Mündung des Severn-Flußes zwischen Britannien und Wales
  • in Alaska, bei Anchorage
  • an der Mündung der beiden argentinischen Flüsse San Jose und Deseado
  • am Cambridge-Golf in Westaustralien
  • in der Fundy-Bucht in Kanada

  • Nach einer Analyse der Dornier System GmbH gibt es weltweit überhaupt nur 37 Standorte für Gezeitenkraftwerke. Diese Standorte liegen außerdem meist in abgeschlossenen Gebieten mit äußerst geringem Energiebedarf, weitab von Anwenderzentren. Andere Schätzungen gehen von bis zu 100 Standorten aus (Stand 2009).

    Neben den großen Gezeitenkraftwerken mit Dammbauten gibt es inzwischen sehr viele Systeme, die zur Nutzung von Meeresströmungen im allgemeinen entwickelt worden sind. Eine klare Trennung ist daher nicht möglich. Sofern sich die Unternehmen, Forschungsgruppen und Erfinder nicht explizit auf die Gezeiten beziehen, stelle ich ihre Systeme im nachfolgenden Kapitel Meeresströmungen vor.

    Ansonsten hat die Gezeitenenergie den großen Vorteil einer sehr exakten Vorhersehbarkeit.

    Große Gezeitenkraftwerke existieren bereits in Frankreich, der ehemaligen Sowjetunion, Kanada und China. Daneben arbeiten insbesondere Länder wie Großbritannien und Süd-Korea an dieser Energieform. Außerdem gibt es weltweit rund 10 Kleinanlagen, die 400 kW oder weniger produzieren.

    Ganz neu ist die Tidal Resonance Chamber in Tacoma, ein öffentliches Kunstwerk von Robert Horner, das den Gezeitenwellen des angrenzenden Flusses Thea Foss eine Stimme gibt. Der 2010 errichtete experimentelle Klangpavillon aus Stampflehm, der neben dem Center for Urban Waters, einer marinen Forschungseinrichtung installiert ist, wirkt als Resonanzraum für das kontemplative, taktile und sensorische Erleben der Rhythmen und Zyklen des Flusses.

    Ausgestattet mit Sensoren, welche den aktuellen Wasserstand überwachen und mit einem  dynamischen Pumpprogramm regeln, schwingt die Kammer parallel zum Befüllen und Entleeren des Flusses bei Ebbe und Flut. Bei Hochwasser beispielsweise füllt sich die Kammer mit 2.500 Gallonen Flußwasser. Glasröhren in der Südwand schaffen dabei einen Raum, der mit Licht und Klang spielt. Horner hat ein schlagendes Argument für sein begehbares Kunstobjekt: „Die Menschen müssen sich wieder den natürlichen Rhythmen wie denen der Gezeiten und der Planeten anpassen. Bevor wir größere Themen wie den Klimawandel ändern können, müssen wir unsere Haltung ändern und erkennen, daß wir ein Teil des Systems sind. Es verändert sich, und so auch wir.“

    Kommen wir nun zur Länderübersicht.

    Australien


    In Australien hatten bereits Studien in den 1960er Jahren ergeben, daß in der Region von Kimberley, Westaustralien, ein Potential von über 3.000 MW an Gezeitenenergie zur Verfügung steht. Später gab es Pläne für die Konstruktion eines Gezeitenkraftwerkes bei Derby mit einer Leistung von 50 MW. Das Australian Greenhouse Office förderte das Projekt zwar mit 1  Mio. $, doch Mitte 2000 wurde es auf Eis gelegt, nachdem eine Kosten/Nutzenanalyse im Vergleich mit einem Gas-befeuerten Kraftwerk durchgeführt wurde.

    Tidal Venturi (Grafik)

    Tidal Venturi (Grafik)

    Mitte der 1990er erfinden Aaron Davidson und Craig Hill eine patentierte Gezeitenturbine, die fast vier Mal effizienter ist als vergleichbare Turbinen. Grund dafür ist der Einbezug einer Venturi-Düse, die durch ihren Niederdruckwirbel hinter der Turbine das Wasser beschleunigt. Beim Rotor selbst handelt es sich um einen Senkrechtachser vom Darrieus-Typ, wie er aus dem Bereich der Windenergie bekannt ist. Er besitzt mehrere gradlinige und leicht schräg eingebaute schmale Blätter, während die nach hinten erweiterte Düse aus mehreren Lamellen besteht. Das System ähnelt den Turbinen der kanadischen Firma Blue Energy (s.u.).

    Ende 1998 wird die Tidal Energy Pty Ltd. gegründet, die im Queensland Government Hydraulics Laboratory in Deagon nahe Brisbane verschiedene Modellgrößen der Davidson-Hill Venturi Turbine testet. Langfristige Idee ist der Bau von Turbinen-Zäunen, durch welche die Gezeitenströmungen hindurchfließen.

    2002 fördert die australische Regierung das Unternehmen, um Funktionsnachweise und im Südosten von Queensland Tests mit größeren Modellen durchzuführen. Dabei wird im Oktober 2003 nachgewiesen, daß die Venturi-Hülle den Ertrag des Rotors um 384 % steigert. Als Gesamtwirkungsgrad werden 52 % genannt. Als Resultat gibt es 2004 weitere Fördermittel um eine 5.76 m2 große Venturi-Turbine samt entsprechendem Trägerschiff zu bauen. Diese Pilotanlage wird bis August 2005 erfolgreich getestet. Im Laufe der vergangenen 10 Jahre hat das Unternehmen insgesamt 143.000 Australische Dollar erhalten.

    Im Oktober 2009 unterzeichnet Tidal Energy einen Vertrag mit der südamerikanischen Firma Latin Power Group, die drei Anlagen im Wert von jeweils 300.000 $ ordert.

    Im Jahr 2002 beginnt die Atlantis Resources Corp. mit der Entwicklung von Entwürfen und Konzepten für frei schwimmende Gezeitenturbinen. Nach umfangreichen Versuchen und Schlepptests stellt das Unternehmen im September 2006 eine 100 kW Testanlage mit dem Namen Aquanator vor. Diese wird in San Remo, Victoria, installiert und erfolgreich ans öffentliche Netz angeschlossen. Mehr über diese Entwicklung befindet sich im Kapitel Strömungsenergie, da sich das Unternehmen später explizit auf diese – und weniger auf die  Gezeitenenergie bezieht.

    Im selben Jahr verlegt Atlantis ihren Geschäftssitz nach Singapur - angelockt von den niedrigen Kosten und der hohen Qualität der FuE-Kapazitäten, sowie der ‚Integrität der Gesetze zum Schutz geistigen Eigentums durch das robuste und aktive Rechtssystem’, wie es auf der Homepage des Unternehmens heißt. Den weiteren Werdegang in Bezug auf Aktivitäten im Bereich der Gezeiten behandle ich daher unter Singapur (s.u.).

    Die 2003 gegründete Privatfirma Woodshed Technologies (Aus) Pty Ltd. aus Melbourne entwickelt die sogenannte Tidal Delay Technologie, die auf einer ‚Eindämmung oder Verzögerung’ der natürlichen Funktion von Halbinseln oder Landzungen basiert – was zu unterschiedlichen Wasserständen auf jeder Seite des Landes führt. Die gespeicherte potentielle Energie soll dann über Verbindungsleitungen gewonnen werden, die mit Turbinen und Generatoren ausgestattet sind.

    In England werden die Geschäfte von der Tochterfirma CleanTechCom Ltd. geführt, einer schottischen Firma, die im Jahr 2006 von den selben Unternehmensgründern aus der Taufe gehoben wird. Im Februar 2008 wird die australische Mutterfirma in eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit dem Namen Woodshed Technologies Ltd. umgewandelt. Inzwischen ist man auch an dem britischen Severn Tidal Fence Projekt beteiligt (s.u.).

    China

     

    Tidal Lagoon (Grafik)

    Tidal Lagoon (Grafik)

    In China wird zwischen 1980 und 1986 bei Jianxia eine 3,4 MW Anlage errichtet.

    Im Oktober 2004 unterzeichnet die chinesische Regierung in New York einen Kooperationsvertrag mit dem britischen Unternehmen Tidal Electric aus London, bei dem es um das Offshore Tidal Lagoon Project nahe der Mündung des Yalu Flusses geht. Mit einer Leistung von 300 MW soll es das weltgrößte Projekt seiner Art werden.

    Der Vorsitzende von Tidal Electric, Peter Ullman, hatte zwischen 1993 und 1996 die Patente erarbeitet und bereits 1994 einen ersten Prototypen gebaut. Die Offshore-Gezeitenlagunen bilden ein neues Konzept, bei dem in Gegenden mit hohem Tidenhub auf flachen Wattflächen durch Aufschüttungen Becken geschaffen werden, die dann als Wasserspeicher dienen.

    Dänemark


    Tideng (Grafik)

    Tideng (Grafik)

    Die patentierte Gezeitenturbine der Firma Tideng aus Nykøbing ist eine sehr einfache Konstruktion, die einer traditionellen Wassermühle ähnelt. Der horizontal liegende Rotor ist mit sechs Rotorblättern ausgestattet und liegt auf einem strömungsverstärkenden Unterbau. Während der Rotation fahren die Blätter automatisch in und aus dem Rotorkern heraus. Die Anlage soll bis in Tiefen von 150 m funktionieren.

    Ein Modell wird am von Sintef, der größten unabhängigen Forschungsorganisation in Skandinavien, getestet. Genauere Daten sind bislang nicht zu erfahren.

    Deutschland


    Im Juni 2004 findet in Deutschland vor dem Kraftwerk Romkehalle im Auslauf der Okertalsperre bei Bad Harzburg die öffentliche Vorstellung eines 1:10 Demonstrationsmodells des Atlantisstrom Gezeitenkraftwerkes statt. Der Prototype ist von der VW-Coaching GmbH in Zusammenarbeit mit der TU Braunschweig und der Harzwasserwerke GmbH gebaut worden.

    Atlantisstrom Gezeitenturbine

    Atlantisstrom Gezeitenturbine

    Der neuartige, patentierte Klappenmechanismus der Schaufeln ermöglicht die Nutzung beider Strömungsrichtungen ohne komplizierte Umstellmechanismen. Die vergleichsweise einfache Konstruktion der von dem Zahnarzt Dr. Kai-Uwe Janssen aus Wolfsburg entwickelten Anlage sichert ihre nahezu völlige Wartungsfreiheit während der auf etwa 20 Jahre angelegten Nutzungsdauer. Außerdem kann die Anlage so tief unter der Wasseroberfläche installiert werden, daß sie weder für die Schiffahrt ein Hindernis noch für Betrachter sichtbar ist.

    Dieses Gezeitenkraftwerk kann, als derzeit weltweit wohl einziges, ohne externe Steuerung, völlig selbsttätig sowohl die auflaufende wie die ablaufende Gezeitenströmung nutzen und bis auf die Zeiten des Gezeitenwechsels praktisch ununterbrochen Strom erzeugen.

    Bereits 2002 wird am Pfleiderer Institut für Strömungsmaschinen der TU Braunschweig eine Studienarbeit zur Leistungsberechnung eines Gezeitenkraftwerks mit 8 m Durchmesser und 20 m Länge durchgeführt. In einem Strömungskanal in der TU Braunschweig wird Ende 2008 die Leistung eines Atlantisstrom Prototypen mit 1 m Durchmesser und 1 m Länge gemessen, eine weitere Messung erfolgt im Schleppkanal der TU Berlin im August 2009. Es zeigt sich, daß mit einem 20 m langen und 8 m Durchmesser großen Rotor bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 2 m/sec je nach ‚Verblockung’ der Anlage zwischen 25 kW und 200 kW erzeugt werden könnten.

    Mitte 2007 wird von Peswiki die sogenannte HAOT-Gezeitenturbine der Voith Siemens Hydro Tidal Corp. vorgestellt, die zukünftig in einem Werk in Wando, Süd-Korea, hergestellt werden soll (s.u.). Insgesamt will man hier pro Jahr 600 dieser 1 MW starken Turbinen herstellen. Das bislang vorliegende Konzept sieht die Montage von jeweils drei Stück an einem waagrechten Träger vor. Dieser ist allerdings drehbar gelagert, sodaß die Turbinen der jeweiligen Strömungsrichtung angepaßt werden können. Außerdem dient die Trägerstruktur dazu, den stromerzeugenden Part für Reparatur- oder Wartungsarbeiten komplett aus dem Wasser heben zu können.

    Im März 2009 bilden Voith Hydro (80 %) und RWE Innogy (20 %) ein neues Joint-Venture mit dem Namen Voith Hydro Ocean Current Technologies (VHOCT). Im Laufe der kommenden fünf Jahre will man umgerechnet mehr als 38 Mio. $ in die Entwicklung von Meeresenergie-Technologien stecken.

    HOAT (Grafik)

    HOAT (Grafik)

    Anfang 2010 meldet die Presse, daß die Partner bis Ende des Jahres einen Prototypen für ein Strömungskraftwerk präsentieren wollen, das an Kufen auf den Meeresboden hinabgelassen wird. Die Flügel des Prototyps ähneln dem Propeller eines Motorbootes und sind symmetrisch designt, womit sie bei kommendem und abfließendem Wasser nicht jeweils neu ausgerichtet werden müssen.

    Mitte des Jahres verlautet, daß VHOCT im Jahr 2011 eine 1 MW Gezeitenströmungs-Turbine am European Marine Energy Centre vor der schottischen Küste installieren werden, die dann einen zweijährigen Probebetrieb aufnehmen soll (s.u.). Die Herstellung und Installation der Gründungsstruktur zur Verankerung der Turbine übernimmt der Kooperationspartner Bauer Renewables Ltd., eine Tochter des Spezialtiefbau- und Maschinenbaukonzerns Bauer AG. Die Gesamtinvestition liegt bei rund 11,8 Mio. britischen Pfund, an der sich die britische Regierung mit 1,7 Mio. Pfund beteiligt.

    Bei erfolgreichem Testbetrieb geht man davon aus, bis 2020 Gezeitenströmungskraftwerke im Umfang von bis zu 100 MW installierter Leistung vor allem vor den britischen Küsten ans Netz bringen zu können.

    Im Juli 2010 gibt der Münchner Siemens-Konzern bekannt, daß er sich aus dem Geschäft mit Wasserkraftwerken zurückziehen und künftig verstärkt auf die Nutzung der Meeresströmung als Energiequelle setzen will. Das Unternehmen verhandelt daher mit dem Heidenheimer Maschinenbauer Voith über einen Rückzug aus der gemeinsamen Tochter Voith Hydro, an der Siemens 35 % der Anteile hält. Der Konzern ist offenbar der Meinung, daß die Wachstumsaussichten bei Gezeitenkraftwerken noch größer sind. Bereits im Februar beteiligte sich Siemens an einer Spezialfirma für Meeresströmungstechnik in Großbritannien.

    Frankreich


    Das Gezeitenpotential Frankreichs wird auf 6 GW geschätzt.

    Eine erste französische Versuchsanlage ist 1948 bei Grenoble errichtet worden, eine weitere an der bretonischen Küste bei Dinard. Beide Anlagen sollten ein Großprojekt in der Bucht von Mt. Saint-Michel vorbereiten, für das ein Damm von 25 km Länge notwendig ist. Immerhin soll dieses Projekt jährlich 15 Milliarden kWh elektrische Energie liefern. Die ersten Überlegungen hierzu sollen auf Gérard Boisnoer im Jahr 1921 zurückgehen.

    Tatsächlich fand ich in dem Buch von Hanns Günther In hundert Jahren den Hinweis auf ein Versuchswerk an der Mündung des Diouris bei l'Aberwrac'h in der Bretagne, das um 1900 bereits in Betrieb gewesen sein soll und 2.500 PS Leistung hatte.

    Seit 1966 steht das 240 MW Kraftwerk Usine de la Rance im Golf von St. Malo, etwa 4 km südlich der Rance-Mündung an der Nordküste der Bretagne. Der Tidenhub beträgt dort bei normaler Flut ca. 8,40 m und bei Springflut (also wenn Sonne, Mond und Erde etwa auf gleicher Linie stehen) sogar bis zu 13,50 m.

    Der Staudamm ist 750 m lang und umfaßt ein 20 km2 großes Staubecken. Die spezielle Konstruktion erlaubt auch einen Betrieb als Pumpspeicherwerk, da die zehn 24 MW Kaplanturbinen reversibel sind.

    Gezeitenkraftwerk La Rance

     

    Gezeitenkraftwerk La Rance

    1996 wird das 30-jährige Jubiläum gefeiert: Die Anlage war während dieser Zeit ohne jede größere Panne 160.000 Stunden lang in Betrieb und hat dabei 16 Milliarden kWh umweltfreundlichen Strom zu einem Preis von 2,8 Cent pro kW/h erzeugt.

    Später gibt es den Vorschlag, ein weiteres Gezeitenkraftwerk an der Kanalküste beim Mont Saint Michel zu errichten, mit einer Kapazität von bis zu 6.000 MW.

    Mitte 2008 gibt die staatliche Electricite de France bekannt, daß man 3 bis 6 neue Gezeitenturbinen vor der Nordküste der Bretagne installieren will. Das netzgekoppelte Projekt wird zwischen 23 Mio. € und 27 Mio. € kosten und eine Gesamtkapazität von 4 MW bis 6 MW erreichen. Die Turbinen sollen im Jahr 2011 vor der Küste der Stadt Paimpol ins Wasser gebracht werden, wo die Strömungen zu den stärksten in Europa gehören.

    EDF, das auch die Anlage von La Rance betreibt, ist bereits an der englischen Firma Marine Current Turbines beteiligt (s.u.).

    Ein weiteres Unternehmen, das mit einer eigenen, seit 2004 patentierten Technologie aufwartet, ist die kleine Firma Hydro-Gen in Landéda, die von David Adrian, einem Schiffahrtsingenieur und ehemaligen Marine-Offizer, gegründet wird. Im Grunde handelt es sich um ein großes, schwimmendes Wasserrad, das in einem Katamaran befestigt ist, dessen Form den Durchsatz des Wassers steigern soll. Die ‚low cost’-Turbine hat kaum Einfluß auf die maritime Umwelt und kann leicht transportiert und angelandet werden.

    Hydro-Gen

    Hydro-Gen

    2006 wird gemeinsam mit den Ingenieurschulen Ecole Nationale des Ingénieurs de Brest (ENIB) und Lycée technique Vauban, ebenfalls in Brest, ein 10 kW Prototype Hydro-Gen 10 mit den Maßen 2,3 x 4,5 m entwickelt, gebaut und getestet. Ein 15 m breiter Rotor mit 15 m Durchmesser soll bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 4,6 m/s rund 800 kW erzeugen können.

    Für die weiteren Entwicklungsarbeiten zur Optimierung und größeren Dimensionierung wird außerdem mit verschiedenen Partnern kooperiert, wie dem Institut de recherche de l’Ecole Navale (Irenav), der Ecole Nationale Supérieure d’Electrotechnique, d’Electronique, d’Informatique et des Télécommunications (ENSEEIHT), dem Institut de Mécanique des Fluides de Toulouse (IMFT) und dem Institut National des Sciences Appliquées de Lyon (INSA). Ebenfalls mit aktiv ist die Firma Aquaphile sarl. Ich finde, daß dies alles etwas ‚oversized’ wirkt.

    Bis Ende 2008 möchte man eine 20 kW Maschine (Hydro-Gen 20) mit den Maßen 7 x 4 m fertig haben, während bereits 2010 die erste 1 MW Anlage Strom produzieren soll. Angedacht ist ferner eine Version für Flüsse – sowie die Integration einer on-board Wasserstoffherstellung.

    Anfang April 2008 verankert die Firma Sabella SAS aus Quimper die erste französische Turbine für Gezeitenströmungen Sabella D03 auf dem Meeresboden an der Odet-Mündung (Finistère) in 19 m Tiefe. Das im Jahr 2000 unter dem Namen Hydrohelix Energies gegründete Unternehmen startet im Dezember 2005 ein Meeresenergie-Projekt ‚Marénergie’, das von der Region Bretagne und anderen Gebietskörperschaften sowie der französischen Organisation für Umwelt- und Energiewirtschaft ADEME finanziell unterstützt wird, während das französisches Forschungsinstitut zur Nutzung des Meeres IFREMER technische Hilfe leistet. Versuche in Strömungsbecken, die 2007 beginnen, verlaufen erfolgreich.

    Hydrohelix-Konzept (Grafik)

    Hydrohelix-Konzept (Grafik)

    Nach einer einjährigen Testphase wird die 10 kW Turbine mit ihren 6 Blättern im April 2009 wieder gehoben, ohne daß an der Turbine besondere Abnutzungserscheinungen oder Korrosionseffekte feststellbar sind. Als problematisch erweist sich jedoch das Biofouling (Bewuchs). An der Entwicklung des 5,5 m hohen Prototyps mit einem Rotordurchmesser von 3 m hatte sich auch die Firmen DCNS, ENAG und Florian Madec Composites (FMC) beteiligt.

    Im Oktober 2009 präsentiert Sabella den Entwurf einer größeren Pilotanlage mit einem Durchmesser von 10 m und versucht die hierfür nötige finanzielle Unterstützung zu erhalten. Außerdem wird mit dem kanadischen Centre Hydrolien Industriel Québéquois (CHIQ) eine Partnerschaft geschlossen, was zur Gründung der Sabella Energie Inc. führt, die Mitte 2011 eine flußtaugliche Version SR-01 (Sabella River - 01) im Saint Lawrence River in Montreal testen will.

    Mittelfristig möchte das Unternehmen eine 200 kW Anlage an dem Standort Raz de Sein oder Chaussée de Sein et de Fromveur installieren, wofür rund 2 Mio. € erforderlich sind, und langfristig wird sogar an ein 1 MW Gezeitenturbinen-Kraftwerk an der bretonischen Küste gedacht. Die Partner der Sabella sind dabei die Firmen Dourmap, In Vivo Environnement und Sofresid engineering.

    Studenten der Ensam (École nationale supérieure d'arts et métiers) entwickeln Mitte 2010 eine Wellenenergieanlage namens Hélissoide, die – zumindest im Konzeptstadium – wie eine Perlenkette aussieht, die sich spiralförmig um eine zentrale Achse windet.

    Harvest Konzept Grafik

    Harvest Konzept
    (Grafik)

    Durch die Wellen wird das System in eine Rotation versetzt, die wiederum in Strom umwandelbar ist. Es ähnelt damit der ukrainischen Anlage Krok-1 (s.u.). Die ersten Modellversuche eines vereinfachten Systems im Wellenkanal verlaufen erfolgreich.

    Ein Gezeitenenergie-Projekt, das im März 2009 in der Tageszeitung Le Monde vorgestellt wird, wird unter dem Namen Harvest am universitären LEGI Laboratorium in Grenoble entwickelt (Laboratoire des Ecoulements Géophysiques et Industriels).

    Die Unterwassertürme von Jean-Luc Achard bestehen aus mehrfach übereinandergestapelten Senkrechtachsern, die sich allerdings von konventionellen Darrieus- oder Gorlov-Turbinen unterscheiden, da die Einzelnen, tragsflächenartigen Blätter pfeilförmig und mittig befestigt sind. Die vertikalen Gezeitenturbinen bilden dabei eine Kette zwischen einem Schwimmer auf der Oberfläche und der Verankerung am Boden.

    Parallel dazu wird zusammen mit einem Luftturbinen-Entwickler an einem eher konventionellen OWC-Modell gearbeitet.

    Großbritannien


    Die älteste Gezeitenmühle Englands soll über 900 Jahre lang in Betrieb gewesen sein.

    Erste Vorschläge, an der Mündung des Severn zwischen Cardiff und Weston einen Damm zu bauen, gehen auf das Jahr 1849 zurück, als Thomas Fulljames das Aufstauen des Flusses empfiehlt – für den Hochwasserschutz und um einen Hafen zu bauen. Auf ihn geht auch die abgebildete Zeichnung zurück.

    Im Laufe des 20. Jahrhunderts werden mindestens ein Dutzend Vorschläge oder Studien über die Durchführbarkeit der Stromerzeugung aus dem Severn präsentiert, darunter eine offizielle Untersuchung von 1925 die belegt, wie man an dieser Stelle rund 800 MW Strom erzeugen könnte.

    Zwischen 1974 und 1987 laufen dann ernsthafte Studien für das größte Gezeitenkraftwerk der Welt, die Severn Tidal Barrage (STB) mit 8.640 MW (!), da hier ein Gezeitenhub von bis zu 15 m herrscht. Die geplante 16 km lange Barriere zwischen Brean Down (England) und Lavernock Point (Wales) soll mit fast 200 Turbinen ausgestattet werden, wobei die Vorfertigung 6 Jahre, die Bauarbeiten selbst dann noch einmal 7 Jahre dauern sollen.

    Severn-Plan Zeichnung ca. 1925

    Severn-Plan (ca. 1925)

    Die Anlage hätte rund 12 % des damaligen Stromverbrauchs in Großbritannien decken können. Doch statt dessen ‚verbraten’ im Laufe dieser 13 Jahre diverse Beratungsbüros, Entwicklungsfirmen, Universitäten und ministerielle Verwaltungsabteilungen insgesamt 100 Mio. $, und am Ende wird das Projekt aufgrund ‚wirtschaftlicher Probleme’ zu den Akten gelegt.

    Erst im Zuge der alarmierenden Anzeichen für den Klimawandel wird das Projekt 2006 wieder hervorgeholt und erreicht ab 2008 auch vermehrt die Öffentlichkeit (s.u.).

    Am Fluß Tawe in der Swansea Bay, Wales, gibt es außerdem eine kleine Anlage mit 200 kW Leistung.

    Seit 1981 beschäftigt sich die Firma IT Power in Basingstoke, Hampshire, mit erneuerbarer Energie; das Unternehmen bezeichnet sich als der Marktführer im Beratungssektor. Nach langjährigen Vorbereitungen ab 1998 installiert ein Konsortium aus britischen und deutschen Unternehmen unter der Leitung der IT Power im Juni 2003 erfolgreich eine 300 kW Prototyp-Anlage. Diese weltweit erste kommerzielle Seaflow Gezeitenströmungs-Turbine (s.u. Meeresströmung) wird im Bristol-Kanal bei Lynmouth, Nord-Devon, getestet.

    Das damals erste Offshore-Gezeiten-Kraftwerk der Welt nimmt Ende August 2003 seinen Betrieb auf. Der 11 m lange Rotor der im Jahr 2000 in Bristol gegründeten Firma Marine Current Turbines Ltd. (MCT) erzeugt rund 300 kW Strom. Im Gegensatz zu dem Gezeiten-Kraftwerk von St. Malo in der Bretagne nutzt das britische SeaGen Kraftwerk nicht die Gezeitenströme in einer Flußmündung, sondern im offenen Meer. 2004 kommt eine weitere Turbine hinzu. Der Betreiber des Gezeiten-Kraftwerks schätzt die Gesamtkapazität solcher Anlagen in Großbritannien auf etwa 10 GW.

    Seit dem ersten Testlauf des Prototyps und bis Mitte 2007 kann die Leistung des Kraftwerks von 300 kW auf das Vierfache erhöht werden, doch die inzwischen zuständige Tochter Sea Generation Ltd. (SeaGen) kämpft wiederholt mit Problemen bei der Installierung des neuen Prototyps. Die Errichtung der 1,2 MW Anlage, deren Entwicklung und Bau 12 Mio. Englische Pfund gekostet hat, sollte eigentlich im August 2008 erfolgen, doch zuerst muß der Einsatz verschoben werden, weil das gecharterte Kranboot zu einem anderen Einsatzort geschickt, und dann, weil es bei einem Unfall im Hafen auch noch beschädigt wird.

    Nach der endgültigen Montage in der Werft Harland & Wolff in Belfast beginnt Marine Current im März 2008 mit großem Aufwand mit der Installation der 1.000 Tonnen-Struktur auf dem Meeresboden 400 m vor der Küste von Strangford Lough. Vom Schleppkahn Rambiz aus positioniert werden vier etwa 9 m tiefe Fundierungsbohrungen eingebracht, welche die Stabilität von Gerüst und Turbine sichern sollen. Vom Boden bis hinauf zur Turmspitze mißt die Anlage 40,7 m, davon stehen rund 24 m ständig unter Wasser.

    SeaGen Rotor

    SeaGen Rotor

    Die SeaGen-Anlage wird für fünf Jahre lizenziert und soll bis zu 1.500 Haushalte mit Strom versorgen. Das britische Wirtschaftsministerium hat das Gezeitenkraftwerk mit bislang fast 7 Mio. € gefördert. Zur Unterstützung ihrer Entwicklungsambitionen in Pentland Firth, Schottland, in anderen Teilen des Vereinigten Königreichs, in Irland und weltweit ernennt MTC die Firma Cavendish Corporate Finance, um neue Investitionen für das Unternehmen zu sichern. Für die Realisierung des Projekts in Pentland Firth wird eine Finanzierung durch die Liegenschaftsverwaltung The Crown Estate beantragt.

    Als Besitzer (!) des britischen Meeresbodens bis zur Territorialgrenze 12 nautische Meilen seewärts sowie 55 % des Vorlands arbeitet Crown Estate eng mit ihren Partnern, der schottischen Regierung, der Highlands & Islands Enterprise, dem Orkney Islands Council und dem Highland Council zusammen, um den Nutzen aus Investitionen im Bereich der erneuerbaren Offshore-Energieträger zu maximieren.

    Mitte Juli 2008 wird erstmals Energie ins Netz geliefert, bislang allerdings nur bescheidene 150 kW. Die volle Leistungsfähigkeit von 1,2 MW wird dann Mitte Dezember erreicht. Nach dem Austausch der zwei Rotorblätter bei einer der beiden 16 m durchmessenden Axial-Turbinen geht das System im Januar 2009 offiziell in den Vollbetrieb und liefert täglich 18 - 20 Stunden lang seine Energie. Die Austausch-Operation zeigt auch die Vorteile des SeaGen Designs, bei dem die Rotoren leicht aus dem Wasser geholt werden können.

    Im September 2009 wird bekannt, daß der Carbon Trust (ein durch die britische Regierung gegründetes und finanziertes unabhängiges Unternehmen zur Beschleunigung der Kommerzialisierung kohlenstoffarmer Technologien) eine Machbarkeitsstudie für eine ferngesteuerte Unterwasser-Bohrplattform mit 150.000 £ finanzieren wird, mit der Bohrpfähle für die Tragstruktur der Turbinen eingebracht werden sollen. Dies würde den Einsatz kleinerer Hilfsschiffe für die Offshore-Arbeiten erlauben und eine Kostensenkung bei der Turbinen-Installation bedeuten.

    Siemens Energy erwirbt im März 2010 eine Minderheitsbeteiligung an der Marine Current Turbines von knapp unter 10 %.

    Im Rahmen eines Finanzierungspakets des Technology Strategy Board und des Engineering & Physical Sciences Research Council (EPSRC) in Höhe von 7 Mio. £ für neun Forschungs- und Entwicklungsprojekte bei Wellen- und Gezeitenkraftwerken (s.u.) erhalten die MCT und ihre Projektpartner Queens University Belfast, Mojo Maritime und Edinburgh University Mitte 2010 einen Zuschuß von 250.000 £ um eine 2. Generation der SeaGen Gezeitenturbine zu entwickeln, die in Standorten mit größerer Wassertiefe eingesetzt werden kann. Auch diese vollständig untergetauchte Anlage soll mit einer Technologie versehen werden, mit der sie leicht aus dem Wasser gehoben werden kann.

    Im August 2010 wird gefeiert, denn die Strangford-Anlage hat bis dato 2 Mio. kWh ins Netz eingespeist.

    SeaGen 2. Generation (Grafik)

    SeaGen 2. Generation
    (Grafik)

    Ende 2011 oder Anfang 2012 will MCT gemeinsam mit der Firma RWE npower renewables vor der Küste von Anglesey in Nord-Wales ein Gezeitenkraftwerk mit einer Leistung von 10,5 MW realisieren, bei dem sieben SeaGen Turbinen zu Einsatz kommen sollen. Zusammen mit der kanadischen Minas Bay Pulp & Paper (MBPP) soll ein weiteres SeaGen System in der kanadischen Bay of Fundy installiert werden.

    Das Unternehmen geht davon aus, bis zum Jahr 2020 eine Gezeiten-Kapazität von 500 MW zu erreichen. Immerhin zählen zu den Aktionären und strategischen Partnern der MCT große europäische Banken und Unternehmen wie EDF Energy, ESB International, Guernsey Electricity, Triodos Bank, BankInvest und Northern Ireland Electricity.

    2003 fördert das britische Handels- und Industrieministerium die 1999 gegründete Tidal Hydraulic Generators Ltd. (THGL) in Welsh (später in Cardiff) mit 1,6 Mio. Pfund. Das Unternehmen arbeitet an der Entwicklung eines Tidenstrom-Generators, der bei den Western Isles eingesetzt werden soll. Das Projekt wird vom Pembrokeshire Coast National Park durch dessen Environmental Development Fund unterstützt.

    Die Versuche beginnen 2001 und Anfang 2002 werden die bisherigen flachen Rotorblätter der ersten schwimmenden Versuchsanlage durch ein rechnergestütztes Design ausgetauscht, wie man anhand der Abbildungen gut erkennen kann. Das Time magazine würdigt im Juni 2003 den Unternehmensgründer Richard Ayre als Pionier der Gezeitenenergie, der sich seit 1997 mit ihrer Nutzung beschäftigt.

    Anfang 2003 wird an der Entwicklung eines Gitters aus fünf Turbinen von jeweils 6 m Durchmesser gearbeitet, das im Januar 2005 komplettiert werden kann.

    Tidal Hydraulic Generator

    Tidal Hydraulic Generator

    Mitte 2006 wird eine Kooperationsvereinbarung mit der Ingenieurfirma Peter Brotherhood Ltd. in Peterborough abgeschlossen. Das neue joint venture wird Marine Energy Generation Ltd. (MEG) benannt und soll zwei Produkte mit den Bezeichnungen DeltaStream und HydroAir entwickeln.

    DeltaStream ist ein auf dem Meeresboden freistehender 1,2 MW Gezeiten-Generator, der ursprünglich von THGL für die rauhen Bedingungen entwickelt wurde, wie sie an der Küste von Pembrokeshire bestehen – während HydroAir eine Luftturbine ist, die von einer oszillierenden Wassersäule (OWC-System) betrieben wird, wobei hier die Wellenbewegung genutzt wird, um Luft durch eine stromerzeugende Turbine zu pressen (s.d). Eine 400 kW HydroAir Anlage soll bis 2008 entstehen.

    Der robuste dreieckige Rahmen des DeltaStream Systems wiegt rund 300 t, ist rund 30 m breit und trägt drei Turbinengondeln mit 15 m durchmessenden Rotoren. Anfang 2009 geht im Ramsey Sound vor Pembrokeshire, nahe St. Davis in Wales, ein 1,2 MW Prototyp mit drei Generatoren in den Probebetrieb, der 2010 seine volle Operationsbereitschaft erreichen und dann genug Strom für etwa 1.000 Haushalte erzeugen soll. Das Unternehmen heißt inzwischen Tidal Energy Ltd. – und ist Mitte 2010 noch immer in der Vorbereitungsphase für die Installation und den einjährigen Praxistest der Anlage. Im Juli gibt es erst einmal weitere 1,4 Mio. Pfund Fördergelder, von denen knapp die Hälfte aus dem European Regional Development Fund stammen. Ein sogenannter Full-scale-Prototyp soll nun 2011 zur Verfügung stehen.

    Rochester Venturi Pilotprojekt


    Rochester Venturi Pilotprojekt

    Das Prinzip der Venturi-Düse, deren Luftstrom andere Luft oder auch Wasser ansaugen kann, ist der Namensgeber der HydroVenturi Ltd., einer Ausgründung des Imperial College aus dem Jahr 1999. Das in London ansässige Unternehmen testet ab 2002 drei Jahre lang eine neue Form von Strömungskraftwerk mit dem Namen Rochester Venturi (RV) bei welchem der durch die Venturi-Technik erzeugte Sekundärstrom zur Elektrizitätsproduktion dient. Die Strömungsbeschleunigung erfolgt durch einen stromlinienförmigen Körper innerhalb des Rohres, der durch sechs Tragflächenprofile mit der Rohrwandung verbunden ist. Dadurch entstehen sechs konzentrierte Strömungskanäle.

    Ein im Norden Englands, in Grimsby installiertes Modell mit einem Düsendurchmesser von 0,6 m leistet 60 kW im Primärkreislauf – und sein besonderer Vorteil ist, daß es keine beweglichen Teile besitzt, die mit Seewasser in Verbindung kommen.

    2005 sucht das Unternehmen allerdings dringend Kapital, um die Arbeit fortführen zu können. Man möchte ein kommerzielles Kraftwerk in größerem Maßstab bauen, voraussichtlich in Island.

    Im Februar 2010 wird die inzwischen in South Wales beheimatete HydroVenturi als eine der 20 vielversprechendsten Technologiefirmen Großbritanniens betrachtet und vom Technology Strategy Board und Sponsoren wie BP für eine Handels-Mission ins kalifornische Silicon Valley ausgewählt. In Deleware, USA, gibt es eine erste Auslandsrepräsentation, und die weitere Finanzierung des Unternehmens erfolgt durch Firmen wie Porton Capital, Synergis Technology Funds und Imperial Innovations PLC.

    Bereits 2004 erfährt man von der Firma Greenheat Systems Ltd. in Tain, Schottland, deren Gründer Andrew H. Mackay der Erfinder einer Gezeitenturbine namens Gentec Venturi ist. Diese sei das „einzige nicht-intermittierende erneuerbare Energie-System der Welt“. Das Unternehmen hofft, Ende 2005 im Bluemull Sound, Shetland, mit dem Bau einer erster Demonstrationsanlage beginnen zu können, deren Ertrag zur Wasserstoffproduktion genutzt werden soll.

    Das konzipierte Modell einer 1 MW Turbine besteht aus einem Axial-Flow-Rotor mit 14 m Durchmesser, der in der Mitte von zwei Venturi-Kanälen mit einen 21 m großen Einlaß montiert ist. Die Effizienz des Gesamtsystems soll 18 % betragen. Von einer Umsetzung ist bislang allerdings nichts bekannt.

    Das 2005 gegründete Unternehmen TidalStream in Chiswick, West London, beschäftigt sich ebenfalls mit der Nutzung von Strömungen im offenen Meer. Die Technologie des Unternehmens, die auf den seit 1999 durchgeführten Entwicklungsarbeiten eines der Gründer aufbaut, wird im Jahr 2003 unter dem Namen Semi-Submersible Turbine (SST) patentiert.

    Ausgehend von Modellen, die der Seaflow Technologie sehr ähnlich sehen (s.u. Strömungsenergie), arbeitet die Firma daran, die Systeme wesentlich praktikabler zu machen. Unter anderem wird ein Schaft konzipiert, der im normalen Betrieb geflutet ist. Für Wartungsarbeiten an den Turbinen kann er jedoch leergepumpt werden, worauf er zusammen mit den Rotoren an die Oberfläche steigt und diese leicht zugänglich macht. Eine weitere Konstruktionsweise erlaubt es der beweglichen Gesamtstruktur, sich automatisch der jeweiligen Strömungsrichtung anzupassen.

    Das Gezeitenstrom-Konzept der TidalStream trägt inzwischen den Namen Triton und hat sich von anfänglichen Tests 2001 mit einem einzigen 1,5 m durchmessenden Rotor in der Themse bei Chiswick bis zu einem Twin-Rotor-Modell im Maßstab 1:20 weiterentwickelt, das versuchsweise sogar schon ans Stromnetz angeschlossen wird. Ein Test mit einer Sechs-Rotor-Konfiguration findet 2009 im Tiefwasserbecken des Ifremer Marine Research Center in Brest, Frankreich, statt. Eine in 30 m – 50 m Wassertiefe zu installierende Anlage, die für einen praktischen Einsatz vor der Küste vorgesehen ist, soll mittels zwei Rotoren mit einem Durchmesser von jeweils 20 m eine Leistung von 1 MW – 2 MW erreichen.

    Für das aktuell verfolgte Projekt einer 10 MW Turbine in Pentland Firth wird eine Triton 10 Anlage mit sechs 20 m Rotoren entwickelt, die in 60 m Tiefe installiert werden soll. Dieses Modell soll die Grundlage zukünftiger Energieparks bilden, in denen z.B. 14 Anlagen pro Quadratkilometer 140 MW bereitstellen können (Anm.: Die fast namensgleiche kanadische Firma Tidal Stream Energy wird weiter unten vorgestellt).

    Seit 2003 verfolgt eine Künstlergruppe das Projekt Aluna, das eine ästhetische Skulptur, innovatives Design und moderne Technologie mit dem uralten Wissen über die natürlichen Rhythmen der Erde verbindet: Die weltweit erste Monduhr, die von Gezeitenenergie angetrieben wird. Um Nord- und Südhemisphäre zu berücksichtigen soll die Uhr in zwei Exemplaren in London und in Australien aufgestellt werden.

    Aluna (Grafik)

    Aluna (Grafik)

    Das geplante 40 m breite und fünf Stockwerke hohe Bauwerk besteht aus drei konzentrischen Ringen, die aus halbtransparentem, recyceltem Glas hergestellt sind. Je nachdem wie die eingebetteten LEDs in jedem der Ringe leuchten, können die Bewegungen des Mondes, seiner aktuelle Phase sowie Ebbe und Flut abgelesen werden. Man hofft, daß die Uhr bereits zur Olympiade in London 2012 in Betrieb ist.

    Über die Firma Tidal Electric aus London, die das Konzept der ,tidal lagoons’ verfolgt, habe ich bereits oben geschrieben (s. China). Nach 2004 scheint es hier keine weiteren Entwicklungen gegeben zu haben.

    2004 läßt das bereits 1971 gegründete Unterwasser-Technologie-Unternehmen Soil Machine Dynamics Ltd. (SMD) Hydrovision aus Newcastle upon Tyne seinen Strömungsgenerator TidEl zur Nutzung der Gezeitenenergie erstmals zu Wasser. Diese Konstruktion schwimmt frei im Wasser und muß nur durch Kabel mit dem Meeresboden verankert werden. Solange es keine Strömung gibt (Stauwasser), schweben die Turbinen in einer vertikalen Position, doch sobald die Gezeitenströmung einsetzt, richten sie sich automatisch in Richtung der Strömung aus, sodaß keine Nachstellmechanismen notwendig sind.

    Die Tests mit einem 1:10 Modell werden am New and Renewable Energy Centre (NaREC) in Blyth, Cumbrien, durchgeführt. Die große Anlage besteht aus zwei 15 m Rotoren, die zusammen 500 kW leisten. Auf der World Expo 2005 gibt es einen Echo-Tech award.

    Anfang 2010 schließt SMD ein Abkommen zur Zusammenarbeit mit der ursprünglich australischen Atlantis Resources Corp. ab (s.o.), um die derzeit weltgrößte Gezeitenturbine mit 1 MW Leistung herzustellen. Nach sechsmonatigen Fertigungs- und Montagearbeiten beendet SMD den Bau der Gondel für die AK1000 Turbine, die anschließend für die Endmontage der Rotorblätter und der Trägerstruktur nach Invergordon in Schottland transportiert wird. Sobald die Arbeiten an der Steuerung und der Verkabelung fertig sind wird die Anlage dem European Marine Energy Centre (EMEC) in Orkney überstellt, wo sie im September 2010 installiert wird.

    Da die Atlantis Resources Corp. inzwischen in Singapur ansässig ist, folgt die weitere Beschreibung des Unternehmens unter dieser Länderzuordnung (s.u.).

    Die Entwicklung der sogenannten Open-Center-Technologie beginnt in den USA bereits im Jahr 1995, doch erst zehn Jahre später, also 2005, wird in Irland das Unternehmen OpenHydro gegründet, nachdem man sich in Vorjahr endlich über die weltweiten Rechte geeinigt hatte. Der Begriff leitet sich aus der Konstruktionsform des Rotors ab, dessen innerer Bereich offen ist und für die Meeresfauna damit eine geringere Gefahr bedeutet.

    Im Oktober 2007 beteiligen sich private Unternehmen mit 40 Mio. € an der in Dublin ansässigen Firma. Damit ist OpenHydro seit 2005 mit mehr als 50 Mio. € ausgestattet worden, um die wirtschaftliche Nutzung der Open-Center-Technologie voranzutreiben.

    OpenHydro Turbine

    OpenHydro Turbine

    Das System wird als eines von dreien ausgewählt, um ab Januar 2007 am 2004 gegründeten European Marine Energy Centre (EMEC) in Orkney, Schottland, im praktischen Betrieb getestet zu werden. Das Unternehmen erhält eine zusätzliche Förderung in Höhe von 1,8 Mio. €, um eine große Demonstrationsanlage zu errichten, und investiert 5 Mio. € in die Planung und den Bau des weltweit ersten spezialisierten Lastkahns für die Installierung von Gezeiten-Turbinen.

    Im Februar 2008 erwirbt die kanadische Firma Emera Inc. eine 7 % Beteiligung an OpenHydro, und im Mai liefert die kleine Testanlage am EMEC erstmals Strom ins öffentliche Netz.

    September 2008 erreicht die 1 MW Demonstrationsanlage das EMEC, und im Oktober wird das Unternehmen von der Electricité de France (EDF) ausgewählt, um die erste Gezeitenturbinen-Unterwasserfarm zu entwickeln, die an das französische Stromnetz angeschlossen werden soll. Das Projekt umfaßt die Installation von mindestens 4 und maximal 10 großen Turbinen, die ab 2011 in der Region Paimpol-Bréhat (Côtes d’Armor) in der Bretagne montiert werden sollen.

    Im November 2008 werden noch größere Pläne bekanntgegeben. Die Gewässer um die Insel Alderney (Kanalinseln) bilden mit geschätzten 3.000 MW eine der weltweit größten Gezeitenenergie-Ressourcen. OpenHydro erwirbt daher einen Anteil von 20 % der Renewable Energy Ltd. Alderney, die kürzlich eine exklusive 65 Jahres-Lizenz (!) zur Erzeugung von erneuerbarer Gezeiten- und Wellenenergie in den Hoheitsgewässern der Insel erhielt. Beide Unternehmen arbeiten bereits seit drei Jahren zusammen, um die Errichtung kommerzieller Gezeitenenergie-Farmen vorzubereiten. Als erstes soll nun eine 285 MW Farm entstehen, mit bereits genehmigter Anbindung an das europäische Stromnetz. Eine vollständige Nutzung des Potentials würde bis zu 3.000 Turbinen und eine Investition von über 3 Mrd. € erfordern.

    2008 gewinnt OpenHydro den SRF Green Energy Award, und 2009 den Rushlight Natural Energy Award, den Renewable Energy Innovation Award der Irish Technology Leadership Group (ITLG)/Irish Times sowie den Company Pioneer Award der Energy Ocean conference in Maine.

    Im April 2009 kündigt das Unternehmen an, daß es einen Auftrag für ein 1 MW Gezeiten-Energie-Pilotprojekt im Staat Washington, erhalten hat. Partner ist die Snohomish County Public Utility District (SnoPUD), der zwölftgrößte öffentliche Stromversorger in den USA. Bis zu drei Gezeiten-Turbinen sollen in der Region der Admiralty Mündung (Puget Sound) installiert und mittels Unterwasser-Kabel an das Stromnetz angeschlossen werden. Das Pilotprojekt erhält einen Zuschuß aus dem US-Department of Energy und soll bereits 2011 angegangen werden. Forscher der University of Washington verbringen im April 2009 vier Tage an Bord eines Schiffes, um in der Mündung des Admiralty zwischen Port Townsend und Whidbey Island Daten wie Strömungsgeschwindigkeit sowie Unterwasser-Videos aufzunehmen (mehr dazu unter USA).

    Im Oktober 2009 gibt es noch einmal Geld für OpenHydro. Diesmal soll mit rund 2 Mio. € von Sustainable Energy Ireland (SEI) die Entwicklung der nächsten Generation von 16 m Open-Centre Turbinen gefördert werden.

    In Zusammenarbeit mit der Nova Scotia Power geht die 10 Mio. $ teure und 400 t schwere Anlage im November 2009 in der Bay of Fundy in Betrieb, um das schnell fließende Wasser der Minas Passage in der Nähe von Parrsboro, etwa 3 km vor der Black Rock Küste, zu nutzen. Die 1,7 Mio. $ teure Trägerstruktur stammt von den japanischen Cherubini Metal Works, während das Engagement der Nova Scotia Power von der, durch die Regierung Kanadas geschaffenen aber unabhängigen not-for-Profit-Organisation Sustainable Development Technology Canada (SDTC) unterstützt wird.

    OpenHydro Prototyp

    OpenHydro-Prototyp

    Im März 2010 sichern sich OpenHydro und ein weiterer Partner, der Energieversorger SSE Renewables, die exklusiven Rechte an einer 200 MW Gezeitenenergie-Farm in den Pentland Firth vor der Nordküste von Schottland. Rechtevergeber ist wiederum The Crown Estate – die sich den Gerüchten zufolge im persönlichen Besitz der Queen befindet. Der Vertrag ist Teil der Ankündigung des weltweit ersten kommerziellen Wellen- und Gezeitenenergie Leasing-Programms.

    Im Juni 2010 gibt OpenHydro bekannt, daß es seine 1 MW Unterwasserturbine in Orkney im Oktober wieder herausholen wird, nachdem auf einem Unterwasservideo zwei gebrochene Blätter zu sehen waren. Diese sollen aus einer Kombination aus Plastik und Glas bestehen. OpenHydro will die Turbine nun reparieren und 2011 erneut installieren. Inzwischen hat die Firma insgesamt schon 74 Mio. $ Investitionskapital aufgebraucht.

    Als Trostpflaster gibt es im Juli 2010 bis zu 1,85 Mio. £ vom schottischen WATERS fund, um neue Energietechnologien zu entwickeln und ihren Betrieb zu verbessern. Hierbei soll ein kostengünstiges Energiewandlungs- und Kontrollsystem für den Anschluß der Gezeiten-Turbinen-Farmen an das Stromnetz entwickelt, hergestellt und erprobt werden.

    Die 2005 gegründete Tidal Generation Ltd. (TGL) aus Bristol erhält Anfang 2006 von der South West Regional Development Agency (SWRDA) einen Forschungspreis in Höhe von 75.000 £, um ihre Gezeiten-Technologie weiterzuentwickeln. Zur Untersuchung am europäischen Marine Energy Centre auf den Orkney Inseln wird ein 500 kW Prototyp hergestellt.

    Anfang 2009 gibt Rolls-Royce plc. bekannt, daß es sich im Rahmen einer 30 Mio. € Forschungsinitiative, die von dem auf öffentlich-privaten Partnerschaften spezialisierten Energy Technologies Institute (ETI) geführt wird, an vier Projekten im Bereich der Wind- und Gezeitenenergie beteiligen wird. Das ETI soll für seine Projekte im Laufe der folgenden zehn Jahre bis zu 1,1 Mrd. £ aus Steuermitteln und Beiträgen industrieller Partner wie BP, E. ON und Shell bereitstellen.

    Rolls-Royce, das etwa 5 % seines FuE-Budgets für saubere Energietechnologien einschließlich Gezeitenenergie und Brennstoffzellen aufwendet, hatte im April 2008 einen Anteil von 23,5 % der Tidal Generation Ltd. übernommen.

    Nun wird das Unternehmen im Sommer 2009 damit beginnen, Tests an der gemeinsam mit Tidal Generation entwickelten 0,5 MW Turbine durchzuführen. Außerdem wird zusammen mit anderen Partnern wie Garrad Hassan& Partners Ltd., BAM Ritchies, SLP Engineering Ltd., der University of Edinburgh, EDF Energy, E. ON, Plymouth Marine Laboratories und dem EMEC eine 1 MW Turbine entwickelt, die etwa Mitte 2010 in den Testbetrieb gehen soll. Die TGL-Turbinen zeichnen sich durch ihr relativ geringes Gewicht von 80 t/MW aus und sollen in Tiefen über 30 m eingesetzt werden.

    Southampton design

    Southampton design

    Steve Turnock und Suleiman Abu-Sharkh von der University of Southampton entwickeln Mitte 2006 mit dem sogenannten Southampton design eine weitere Gezeitenturbine, deren Rotorblätter sich in einer Ummantelung drehen. Bislang existiert allerdings erst ein 25 cm großer Prototyp, doch man hofft auf Grund des kompakten Designs innerhalb von fünf Jahren auch ein kommerzielles System anbieten zu können.

    Gesponsert wird die Entwicklung durch die Ingenieurschule der Universität und das Engineering and Physical Sciences Research Council (EPSRC).

    Die 2001 gegründete und in Yorkshire beheimatete Lunar Energy Power Ltd. baut und testet 2004 das erste Modell im Maßstab 1:20 und möchte bis 2005 einen 1 MW Prototyp vorstellen.

    Im März 2007 gibt das Unternehmen gemeinsam mit dem Energiekonzern E.ON den Plan für ein 8 MW Kraftwerk vor der Westküste des Landes bekannt. Die 4 bis 8 Stück Rotech Tidal Turbinen, die in 50 m Wassertiefe auf etwa 10 m hohen Standbeinen stehen, werden von der Firma Rotech Engineering Ltd. aus Aberdeen geliefert. Die 19,2 m langen und 15 m durchmessenden Zylinder verengen sich zur Mitte hin auf den Turbinendurchmesser von 11,4 m und sollen so den Wasserstrom beschleunigen. Als Gewicht der 25 m hohen Turbine werden inklusive Ballast 3.500 t (andere Quellen: 3.000 t) genannt.

    Im Oktober wird als Standort die St. David Halbinsel in Pembrokeshire, South Wales, ausgewählt. Baubeginn ist im Sommer 2008, in Betrieb gehen soll das Kraftwerk 2010. Bis 2011 soll die Technologie dann soweit entwickelt sein, daß damit große kommerzielle Energiefarmen errichtet werden können.

    Als erster Schritt wird 2008 eine 1 MW Demonstrationsanlage für den Praxisversuch in Orkney hergestellt. Die Besonderheit dieses Konzepts besteht in den getrennten Komponenten, wobei der Rotor für Reparatur- oder Wartungsarbeiten leicht separiert und an die Oberfläche geholt werden kann.

    Die Kosten für das Projekt gibt E.ON mit 18 Mio. € an, wobei Lunar Energy die Kosten für die Entwicklung übernimmt. E.ON wiederum ist verantwortlich für den Standort, für das Einholen von Umweltgutachten, für die Beschaffung der Genehmigungen und für die Anbindung an das Stromnetz auf dem Festland. Nach Fertigstellung der Anlage soll das Gezeitenkraftwerk in das Eigentum der E.ON übergehen und auch von dem Stromkonzern betrieben werden.

    Im März 2008 unterzeichnet die inzwischen in Hessle nahe Hull beheimatete Lunar Energy eine Absichtserklärung für die Kooperation mit Süd-Korea, bei der es um eine große Gezeitenenergieanlage mit dem zungenbrecherischen Namen Wando Hoenggan Water Way Tidal Stream Power Plant Development geht. Partner bei dem 500 Mio. £ Projekt ist die Korean Midland Power Co. (KOMIPO) in Seoul. Bis 2015 soll vor der Küste ein Feld von insgesamt 300 Turbinen installiert werden, das bis zu 200.000 Haushalte versorgen kann. Die Fertigung und Montage der Gezeiten-Turbinen soll von Hyundai Heavy Industries Samho (HSHI) durchgeführt werden, während Rotech Engineering die Design-Optimierung und Spezialkomponenten liefert.

    Lunar Energy Farm (Grafik)

    Lunar Energy Farm (Grafik)

    Dieses Projekt werde ich im Absatz über Süd-Korea weiter verfolgen (s.u.).

    Im Mai 2009 gibt Lunar Energy die erfolgreiche (simulierte) Netzanbindung seiner 1 MW RTT-Turbine bekannt. Der kommerzielle Prototyp soll 2010 beim EMEC in Orkney installiert werden. Das Projekt im walisischen Pembrokeshire, an dem E.ON beteiligt ist, wird allerdings im März 2010 vorerst gestoppt. Die britische Regierung hatte zuvor entschieden, daß Meeresenergie-Projekte in ein großangelegtes Umweltgutachten für die weitere Küstenentwicklung in Wales und England einbezogen werden müssen.

    Nach sehr positiven Versuchsergebnissen mit einem Kleinmodell des Ocean Hydro Electricity Generator (OHEG) meldet das Ingenieurteam der 2005 gegründeten FreeFlow 69 Ltd. aus Cornwall im August 2007 einen technischen Durchbruch mit der Entwicklung einer Turbine mit vertikaler Achse, ohne jedoch den exakten Mechanismus offenzulegen. Versuche mit einem Modellrotor und einem verkleinerten Prototypen sind bereits erfolgreich unternommen worden, bis zum Herbst soll eine Pilotanlage fertig sein.

    Bei der bereits 1988 erfundenen, aber lange nicht weiterentwickelten Anlage, die zuerst Sea Engine und dann Osprey (Fischadler) genannt wird, befinden sich Getriebe und Generator oberhalb des Wasserspiegels.

    Nach dem Patentantrag von 2005 werden im Folgejahr Kooperationsvereinbarungen mit der Western Hydro und der Unterwasserbau-Firma Rubicon Marine geschlossen. Ab 2006 beschäftigt sich FreeFlow gemeinsam mit der Firma T.A.S.C. mit der Entwicklung einer Archimedes-Spiral-Turbine, die als kleines Laufwasserkraftwerk geplant ist (s.d.). 2007 werden zwei neue Vertikalachsen-Turbinen entwickelt und zum Patent angemeldet, die neben Gezeitenströmungen auch in Flüssen einsetzbar sein sollen.

    Für Tests mit einer größeren Turbine baut die Able Engineering Ltd. aus Swadlincote, Derbyshire, ab August 2007 einen 9 m langen Aluminium-Katamaran, der mit seinem ‚Lift’ als Trägerschiff eingesetzt wird. Im Februar 2008 beginnen die Testfahrten in ruhigen Gewässern, wobei mit der Fahrtgeschwindigkeit unterschiedlich schnelle Strömungen simuliert werden.

    Freeflow Farm (Grafik)

    Freeflow Farm (Grafik)

    Das Unternehmen konzipiert auch große schwimmende Farmanlagen, die außerdem mit Windkraftanlagen bestückt werden sollen. Die Ocean Hydro Electricity Generator Plant hat eine Gesamtkapazität von 10 MW. Angedacht sind aber auch schon Farmen mit bis zu 200 MW Leistung. Grundlage bildet ein Ocean Energy Rig genanntes System, das gleichzeitig Wind, Wellen und Strömungen umsetzt, bislang aber nur als Plan existiert. (Zur Vermeidung von Verwechslungen: Ein weiteres Projekt mit dem Namen Osprey gibt es in Schottland, s.u. Wellenenergie).

    Mit der Installation des bislang weltgrößten Gezeiten-Generators am nordirischen Strangford Lough beginnt im August 2007 der erste große Praxistest für diese Technologie.

    Im Oktober 2007 bekommt der inzwischen fast 170 Jahre alte Plan (!) eines Gezeitenkraftwerks in der Severn-Flußmündung neuen Wind. Ein Regierungskomitee schlägt erneut den Bau eines 16 km langen Dammes vor, dessen Turbinen rund 5 % des gesamten Strombedarfs Großbritanniens decken könnten. Die Baukosten werden auf rund 20 Mrd. € geschätzt. Wirtschaftsminister John Hutton kündigt eine Machbarkeitsstudie des ‚visionären Projekts’ an. Bei der Umsetzung wird damit gerechnet, daß der Damm zwischen Lavernock Point westlich von Cardiff bis Brean Down in Somerset bis 2019 jahrelang zu einer Großbaustelle werden wird. Umweltschützer protestieren schon vorab energisch gegen eine Durchführung des Planes...

    Ende 2007 sollen an der Küste Nordirlands die Demonstrationsanlagen von drei Gezeiten-Generatoren zusammen 1,2 MW erzeugen.

    Unter dem Namen Evopod entwickelt die Firma Oceanflow Energy Ltd. in North Shields eine schwimmend verankerte und halbüberspülte Anlage, die neben der Gezeitenenergie auch Meeres- oder Flußströmungen nutzen kann. Das System ist in Großbritannien, den USA und Südafrika patentiert. Mitentwickler ist die ebenfalls in North Shields beheimatete Forschungs- und Designfirma Overberg Ltd.

    Nach ersten Funktionsnachweisen 2005/2006 wird mit Unterstützung des North East Business Innovation Centre (BIC), der School of Marine Science and Technology (MAST) der Universität von Newcastle und ihrem Resource Centre for Innovation and Design (RCID) Mitte 2006 ein Demonstrationsmodell im Maßstab 1:10 hergestellt. Ende 2007 erhält das Unternehmen ein Forschungsstipendium der regionalen Entwicklungsagentur für Nordost-England, um das Evopod System und seine Verankerung unter realen Bedingungen im Gezeitenstrom bei Strangford Narrows, nahe dem Portaferry Marine Laboratory der Belfast University zu testen. Dies wird ab dem Juni 2008 bis ins Jahr 2009 hinein durchgeführt. 2010 wird die Installation erweitert, um an das Stromnetz des Marine Laboratory angeschlossen zu werden.

    Oceanflow entwickelt derzeit einen 35 kW Evopod (Oceanflow 35), ein vergrößerte Version des in Strangford Narrows getesteten Geräts. Für stärkere Strömungen kann die Anlage bis auf 55 kW aufgerüstet werden. Die Demonstrationsanlage, für die das Unternehmen eine Förderung von 0,56 Mio. Englische Pfund erhält, soll 2011 im Sanda Sound vor der Küste von Süd-Kintyre in Betrieb gehen. Das Projekt wird von der schottischen Tochtergesellschaft Oceanflow Development Ltd. durchgeführt werden, das das Gerät auch in Schottland baut.

    Proteus (Grafik)

    Proteus (Grafik)

    Außerdem wird an einer Doppelturbine gearbeitet, die im Maßstab 1:40 bereits im Strömungskanal der Newcastle University getestet wird. Eine entsprechend geplante Großanlage ist mit zwei 1,2 MW Generatoren bestückt, die jeweils einen dreiflügeligen Rotor von 16 m Durchmesser haben. Die Nennleistung von 2,4 MW soll ab Strömungsgeschwindigkeiten von 3,2 m/s erreicht werden.

    Die 2005 gegründete Neptune Renewable Energy Ltd. (NREL) aus North Ferriby, East Yorkshire, arbeitet sowohl auf dem Gebiet der Gezeiten- als auch auf dem der Wellenenergie (s.d. unter Neptune Triton). Nach Vorversuchen mit Modellen in kleineren Maßstäben (1:40 und 1:10) sowie Simulationen stellt das Unternehmen im September 2007 mit ihrem Neptune Proteus Tidal Power Pontoon eine teilweise verkleidete Savonius-Turbine mit senkrechter Achse vor, die 6 x 6 m groß ist und trotz ihrer geringen Herstellungskosten einen Wirkungsgrad von bis zu 80 % erreichen soll. Die numerische Modellierung und die Test werden in Kooperation mit der University of Hull durchgeführt. 2008 erfolgt die Aquise von Investitionsmitteln um einen Prototyp in voller Größe herzustellen.

    Auch beim Proteus sind das Getriebe und der Generator oberhalb des Wassers auf dem Schwimmponton installiert, dessen Wandung einen strömungsverstärkenden ,Diffusor’ bilden. Nach erfolgreicher Patentierung beginnt im Mai 2009 im Wear Dock in Sunderland die Konstruktion eines Prototyps - unter der Federführung des niederländischen Unternehmens Offshore Ship Designers aus IJmuiden.

    Ende 2009 gibt das Unternehmen bekannt, daß man 2010 mit Probefahrten beginnen wird, um die 2 Mio. £ teure und 150 t schwere Anlage zu testen. Hierfür wählt NREL die Humber-Mündung aus, die als eine der besten Lagen für Gezeitenkraftwerke auf den britischen Inseln gilt.

    Der Bau der 20 m langen und 14 m breite Katamaran-ähnliche Demonstrationsanlage, die mit 2 x 250 kW Generatoren ausgerüstet ist, wird im Februar 2010 beendet. Im Juli wird sie für einen dreimonatigen Praxistest zu Wasser gelassen, wobei eine Gesamtwirkungsgrad von 25 % ermittelt wird.

    Proteus Demonstrationsanlage

    Proteus Demonstrationsanlage

    Das Modell Neptune Proteus NP1000 soll jährlich mindestens 1.000 MWh Strom erzeugen. Bei erfolgreichem Abschluß der Tests ist geplant, im Laufe der Jahre 2011/2012 eine Farm aus den bis dahin noch neu zu entwickelnden NP1500 Modellen zu errichten. Die Kosten sollen im Fall einer Serienproduktion auf 0,5 Mio. £ sinken.

    2008 beginnt das Unternehmen ScottishPower Renewables, ein Unternehmensteil der Iberdrola SA, mit der Untersuchung einer weiteren Unterwasserturbine im Pentland Firth. Man geht davon aus, daß hier bis zu 1 GW Strom erzeugt werden können, während Prof. Stephen Salter von der Universität Edinburgh, der sich schon seit Jahrzehnten mit der Nutzung der verschiedenen Meeresenergien befaßt, sogar ein Potential von bis zu 20 GW nennt. Weitere bevorzugte Standorte sind der Sound of Islay und die North Antrim Küste im Norden Irlands.

    Nun sollen an jedem Standort zwischen 5 und 20 Stück von 1 MW starken Turbinen installiert werden, die zusammen eine Leistung von bis zu 60 MW erbringen könnten, was genug ist um den Energiebedarf von 40.000 Haushalten zu decken. Die entsprechenden Umweltverträglichkeitsprüfungen sind bereits im Gange, während die Baugesuche im Sommer 2009 eingereicht werden sollen. Bis 2011 könnte so eines der weltweit größten Gezeitenkraftwerke entstehen.

    ScottishPower will dabei die Lànstrøm Gezeitenturbine einsetzen, die zu den bislang am weitesten fortgeschrittenen Technologien zählt und als 300 kW Prototyp zu Testzwecken seit 2003 auf dem Meeresboden vor Hammerfest in Norwegen verankert ist (s.u.).

    Die Turbinen sind jeweils 30 m groß und haben 20 m lange Rotorblätter. Sie sollen bis in einer Tiefe von 100 m operieren können.

    Lànstrøm Turbine

    Lànstrøm Turbine

    Das Mutterunternehmen Iberdrola wiederum ist ein spanisches Stromerzeugungs- und -vertriebsunternehmen mit Sitz in Bilbao und gilt als einer der größten privaten Stromversorger der Welt. Für die neuen, grünen Energie-Projekte in Großbritannien will man bis 2010 gut 800 Mio. £ investieren. Um die Gezeitenturbinen in Schottland herstellen zu können, wird ein eigenes Unternehmen gegründet, die Hammerfest Strøm UK (HSUK), eine Tochter der norwegischen Firma für Gezeitenenergie-Technologien Hammerfest Strøm AS (HSAS) (s.u.). Die neue HSUK plant nun, gemeinsam mit schottischen und britischen Universitäten, Beratern und Industriepartnern im Jahr 2011 eine 1 MW Anlage HS1000 zu entwerfen, zu entwickeln, einzusetzen und vor Ort in Schottland zu testen. Der kommerzielle Einsatz könnte dann 2012/2013 erfolgen.

    Im Februar 2010 erhält die HSUK aus dem Carbon Trust eine Finanzhilfe in Höhe von 3,9 Mio. £ für den Bau und die Erprobung der 1 MW Anlage am EMEC in Orkney.

    Im August 2010 schließt ScottishPower einen Vertrag im Umfang von 4 Mio. £. mit Hammerfest Strøm zur Herstellung der ersten weiterentwickelten HS1000 Gezeitenturbine ab, die 2011 in den Einsatz gehen soll. Anschließend plant das Unternehmen, an drei verschiedenen Standorten jeweils bis zu 20 Turbinen zu installieren.

    Die Firma ScotRenewables Group Ltd. auf Orkney, Schottland, beschäftigt sich seit 2007 mit dem Konzept einer auf dem Meeresboden verankerten Gondel mit zwei gegenläufig rotierenden Horizontalachsrotoren. Die schwimmende ScotRenewables Tidal Turbine (SRTT) soll leicht transportierbar sein und das Unternehmen erhält eine Förderung von 3,5 Mio. $ um eine Demonstrationsanlage zu entwickeln und zu Wasser zu bringen.

    Im Juli 2010 vergibt das inzwischen als ScotRenewables Marine Power Ltd. firmierende Unternehmen den Auftrag zum Bau eines Prototyps seiner neuesten Gezeiten-Turbine an die Werft Harland and Wolff in Belfast (Hersteller des ‚Titanic’). Das Modell SR250 wird eine 30 m lange 250 kW Maschine mit zwei Rotoren von jeweils 8 m Durchmesser besitzen und rund 60 t schwer sein. Es soll anschließend am European Marine Energy Centre in Orkney getestet werden.

    Einen sogenannten Pulse Generator, der aus zwei waagrecht angeordneten auf und ab schwingenden Tragflächen besteht, entwickelt die Pulse Tidal Ltd. aus Sheffield. Das Unternehmen wird 2007 gegründet, nachdem sich der Ideengeber schon 10 Jahre lang mit Entwicklungsarbeiten beschäftigt hat. In Kooperation mit Firmen wie IT Power und anderen wird nach anfänglichen Tests in einem Strömungskanal im Mai 2009 die Pulse-Stream 100 Gezeitenstrom-Anlage vorgestellt und in der Mündung des Humber im Norden Englands installiert und ans Netz der Firma Millenium Chemicals angeschlossen. Sie leistet 100 kW.

    Pulse-Stream 100

    Pulse-Stream 100

    Ab Mitte 2009 werden die Mitarbeiterzahl aufgestockt und neue Partner gewonnen. Das Unternehmen gewinnt einen Preis von 40.000 £ bei der Shell Springboard competition und erhält Ende 2009 eine Förderung der EU in Höhe von 8 Mio. €.

    Zukünftige Anlagen von Pulse Generation mit einer Leistung von 1 MW sollen sogar in Wassertiefen unter 20 m zufriedenstellend funktionieren. Mitte 2010 beginnt das Unternehmen mit der Durchführung einer einjährigen Umweltstudie, um von Marine Scotland die Lizenz für den Produktionsstart der ersten 1,2 MW Anlagen im Jahr 2012 zu beantragen. Von diesem Gezeitenenergie-Turbinenmodell sollen zukünftig jeweils 8 Stück zu einer 9,6 MW Anlage zusammengeschaltet werden.

    Diese neuen Unterwasser-Anlagen sollen direkt auf das Seebett abgesenkt werden, geplanter Standort ist das Wasser vor der Isle of Skye in der Meerenge von Kyle Rhea.

    Bereits im Jahr 2000 beginnt die Swanturbines Ltd. aus Swansea damit, ihre Gezeiten-Technologie zu demonstrieren und die entsprechenden Investitionsmittel einzuwerben. 2004 fördert der Knowledge Exploitation Fund mit 350.000 £ eine Durchführbarkeitsstudie über 16 Monate, die gemeinsam mit 9 Partnern aus der Industrie zur Optimierung des Gezeitenkraftwerk Turbinensystems führen soll.

    Im Laufe von 8 Jahren wendet das Unternehmen rund 2,3 Mio. £ für seine Forschungen und Entwicklungen auf. Priorität hat dabei die einfache Installation und Wartung sowie das Minimieren von Vibrationen um die Wartungsintervalle möglichst weit zu strecken. Der getriebelose Generator, der im Rahmen einer Kooperation mit dem New and Renewable Energy Centre in Blyth entwickelt wird, soll durch seinen Axialrotor auch bei geringer Strömungsgeschwindigkeit einen hohen Wirkungsgrad bieten. Außerdem sollen die Anlagen mindestens 5 Jahre am Stück unter Wasser bleiben.

    Cygnet (Grafik)

    Cygnet (Grafik)

    Im Februar 2009 meldet die Presse, daß das Modell Cygnet von Swanturbines in South Wales zusammenmontiert wird, um im Rahmen eines 7 Mio. £ Projekts bis Jahresende zu Testzwecken an das EMEC in Orkney geliefert zu werden. Allerdings ist man auch 2010 noch immer am Bau des patentierten 300 kW Prototyps, der nun im Laufe dieses Jahres installiert werden soll.

    Die ersten kommerziellen Umsetzungen durch die eigens dafür geschaffene Firma Cygnus Energy (?) werden für 2014 erwartet. Dabei handelt es sich um 1,8 MW Maschinen, die sich bereits in der Entwicklungsphase befinden.

    Im April 2008 ruft die schottische Regierung alle Innovatoren im Bereich der marinen erneuerbaren Energien dazu auf, sich um den neuen Saltire Prize zu bewerben. Für die entsprechenden Technologien sind 10 Mio. £ ausgelobt. Grund dafür ist der tatsächliche gegenwärtige Stand: Bislang werden erst 0,27 MW aus Wellenenergie gewonnen, aus der Gezeitenenergie jedoch fast noch gar nichts...

    Der Preis soll daher an das Team, vergeben werden, das ein wirtschaftlich rentables Wellen- oder Gezeitenenergie-System entwickelt, das aus den schottischen Gewässern über einen Zeitraum von 2 Jahren mindestens 100 GWh Strom erzeugt. Die Technologie soll auch in Bezug auf ihre ökologische Nachhaltigkeit und Sicherheit beurteilt werden.

    Bis Februar 2010 bewerben sich 140 forschende Unternehmen und Konsortien aus 27 Ländern. Die endgültigen Bedingungen sollen im März 2010 bekannt gegeben werden, damit der Wettbewerb offiziell im Juni 2012 eröffnet werden kann. Geschlossen wird er im Juni 2017, und schon einen Monat später soll der Gewinner bekannt gegeben werden.

    Das eingangs erwähnte Severn Barrage Projekt kommt im Juni 2008 wieder in die Presse, als das Beratungsinstitut Frontier Economics einen Bericht veröffentlicht, dem zufolge das inzwischen auf 15 Mrd. £ geschätzte Projekt im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien (immer noch) zu teuer sei. Die Analyse ist durch eine Reihe von britischen Umwelt-NGOs in Auftrag gegeben worden, darunter die Königliche Gesellschaft für Vogelschutz (RSPB), der National Trust und WWF-UK. Die potentiellen ökologischen Auswirkungen auf das empfindliche lokale Ökosystem werden in dem Bericht nicht berücksichtigt.

    Bereits im Januar 2008 hatten die Regierungen der Welsh Assembly und des Vereinigten Königreiches eine neue Machbarkeitsstudie angekündigt, mit der die Firma Parsons Brinkerhoff beauftragt wurde.

    Die jüngste Inkarnation dieser Gezeiten-Pläne umfaßt den Bau einer 10 Meilen lang Sperrmauer von Lavernock Point nahe Cardiff bis nach Brean Down nahe Weston-super-Mare, die 8,6 GW Strom erzeugen und etwa 5% des britischen Bedarfs decken könnte. Vorangetrieben wird das Projekt durch die neu zusammengestellte Severn Tidal Fence group (STF), zu der neben der Edinburgh University Unternehmen und Institute wie die Amec Engineering group, Marubeni Europe plc., Econnect, BMT Group, IT Power, Pulse Tidal Ltd., Metoc und NaREC gehören.

    Statt von einem Damm wird inzwischen von einem rund 9 km langen Zaun geredet (Fence), dessen Kosten auf ungefähr 3,5 Mrd. £ geschätzt werden. Er soll aus einer durchgehenden Linie von 500 – 800 Unterwasser-Gezeitenstromturbinen bestehen. Obwohl der Zaun mit ca. 1,3 GW weniger Energie als ein Damm produzieren würde, betrachtet die STF Group diesen Ansatz als einen Kompromiß zwischen Umwelterhaltung, kommerziellen Interessen und den öffentlichen Zielen im Bereich der erneuerbaren Energien, da damit immerhin noch etwa 1 % des Gesamtstrombedarfs gedeckt werden könnten.

    Zusätzlich zu dem Gezeiten-Zaun werden eine weitere kleine Barriere sowie Gezeitenlagunen vorgeschlagen, um eine unterbrechungsfreie Stromabgabe zu gewährleisten. Dies würde die Gesamtkapazität auf sogar 2 % des Verbrauchs anheben.

    Im August 2008 publiziert die britische Regierung eine Liste von 10 vorgeschlagenen Projekten für eine Gezeitenbarriere über die Severn-Mündung, die im Mittelpunkt der (o.g.) neuen, innerhalb von zwei Jahren zu erstellenden Machbarkeitsstudie stehen werden. Anfang 2009 wird eine Auswahl von 5 Vorschlägen für vertiefende Untersuchungen bekannt gegeben. Dabei handelt es sich um die (schon bekannte) Cardiff Weston Barrage mit einer Kapazität von 8,6 GW (16,8 TWh/a) zwischen Brean Down to Lavernock Point zu einem Schätzpreis von 20,9 Mrd. £, die Inner oder Shoots Barrage weiter innen im Fluß mit einer Kapazität von 1,05 GW bei 3,2 Mrd. £ Baukosten (2,7 TWh/a), die 2,3 Mrd. £ teure Beachly Barrage oberhalb des Wye River mit einer Kapazität von 625 MW (1,6 TWh/a), die Bridgewater Bay Lagoon zwischen Hinkley Point und Weston super Mare (3,8 Mrd. £, 1,36 GW, 2,6 TWh/a) und die Fleming Lagoon zwischen Newport und der Severn road Kreuzung, die 4 Mrd. £ kosten und jährlich 2,3 TWh erzeugen soll.

    Die Lagunen würden aus Stein, Geröll und 2,75 m hohen, wurstförmigen und mit Schlamm gefüllten Säcken gebaut werden. Die Säcke sollen eine gut 10 m hohe Lagunenwand bilden. Laut den Projektentwicklern könnte bis 2012 ein Lagunen-Prototyp gebaut werden.

    Im August 2009 holt die STF die Ingenieur- und Beratungsfirma Sigma Offshore Ltd. aus Aberdeen mit ins Boot, um an dem Fence-Projekt mitzuarbeiten. Ein weiterer Partner ist CleanTechCom.

    Aus der Severn Tidal Fence Group wird das Severn Tidal Fence Consortium (STFC), das im März 2010 eine Folgenabschätzung für die Schiffsnavigation beim Bau des Zaus veröffentlicht.

    STFC Konzept (Grafik)

    STFC Konzept (Grafik)

    Im September 2008 stellt eine Gruppe von Ingenieuren der Oxford University eine besonders leistungsfähige und effiziente Unterwasser-Turbine mit niedrigen Herstellungskosten und geringen Wartungskosten vor. Im Gegensatz zu den meisten anderen Gezeitenturbinen die Transverse Horizontal Axis Water Turbine (THAWT) dreht der zylindrische Rotor (ein Darrieus-Modell) um seine horizontale Längsachse.

    Bislang haben die Forscher erfolgreich eine Version mit 1 m Durchmesser und 6 m Länge getestet. Nun wird ein Testmodell mit 5 m Durchmesser gebaut, das 2009 seine Haltbarkeit im offenen Wasser beweisen soll. In voller Größe soll der langsam drehende Rotor 60 m lang sein und einen Durchmesser von 10 m haben. Zwei Stück dieses Modells mit einem Generator in der Mitte könnten rund 12 MW Leistung erzielen.

    Ab etwa 2013 könnten dann ganze Farmen aus Thawt-Rotoren auf dem Meeresboden errichtet werden. Man schätzt die Kosten pro installiertem MW auf rund 1,7 Mio. €.

    Die bereits erwähne Royal Society for the Protection of Birds (RSPB) präsentiert im November 2008 gemeinsam mit Friends of the Earth, lokalen Vereinen zur Erhaltung des Fischbestandes sowie der Wye and Usk Foundation den Vorschlag eines Gezeiten-Riffs als Alternative zu einer Staustufe.

    Severn Tidal Reff (Grafik)

    Severn Tidal Reff (Grafik)

    Das Severn Tidal Reef Projekt wird von Joseph Evans and Sons Ltd. bzw. Armstrong Evans & Associates aus Launceston entwickelt und soll die Flußmündung 12 Meilen lang westlich von Minehead bis nach Aberthaw überspannen. Die Stromerzeugung würde durch bis zu 1.000 kleine Turbinen mit etwa 3 MW Leistung pro Stück erfolgen. Das Projekt scheint auch von der Firma Atkins unterstützt zu werden, die eine kurze Machbarkeitsstudie vorlegt.

    Im April 2009 wird der Severn Embryonic Technologies Scheme (SETS) Fonds aus der Taufe gehoben, um neue Gezeitenkraft-Technologien zu unterstützen, die bislang für detaillierte Analysen technisch noch nicht weit genug entwickelt sind. Insbesondere soll es dabei um Systeme gehen, die geringere Auswirkungen auf die natürliche Umwelt haben als herkömmliche Staustufen oder Lagunen. Aus 17 Vorschlägen werden drei Systeme ausgewählt, ein Niedrig-Sperrwerk von Rolls Royce und Atkins (mit einem neuen, erst noch zu entwickelten Turbinenmodell) sowie zwei Gezeiten-Zäune, von denen einer das bereits erwähnte Projekt der Severn Tidal Fence group (STF) darstellt.

    Der zweite Zaun stammt von der bereits 1979 gegründeten Firma für Unterwasser-Technologien FUEL Subsea, die 2002 als Management Buy-Out des zwischenzeitlichen Inhaber Heerema Group unter dem Namen VerdErg Connectors Ltd. neu entsteht. Das in Knaphill, Surrey, beheimatete Unternehmen entwickelt einen Spectral Marine Energy Converter (SMEC), bei dem eine Venturipumpe einen zweiten Flüssigkeitskreislauf mit hoher Geschwindigkeit erzeugt, der wiederum die Turbine und den Generator antreibt. Dies soll die Auswirkungen auf die Umwelt minimieren.

    Das ‚radikal neues Design’ der VerdErg ist mir bislang noch nicht ganz einsichtig. Es nutzt die Gezeitenströmung, indem ein großer Teil dieser Strömung durch einen Zaun aus einer Reihe vertikaler und horizontaler Rohre geführt wird. Sobald das Wasser zwischen den vertikalen Rohren hindurchströmt soll eine Druckdifferenz entstehen, die das Wasser dazu veranlaßt mit hoher Geschwindigkeit in die horizontalen Verbindungsrohre zu strömen, wo es dann die Turbinen zur Stromerzeugung antreibt.

    Der Zaun von VerdErg wird für die Strecke zwischen Brean Down und Lavernock Point vorgeschlagen und könnte den vorläufigen Schätzungen zufolge jährlich 13,74 TWh generieren. Kosten soll das Projekt rund 9,9 Mrd. £. Eine räumliche Alternative bietet sich zwischen Minehead und Aberthaw an, auch diese will das Unternehmen prüfen. Ansonsten ist VerdErg sehr erfolgreich im Geschäft von unterseeischen Stromverbindungen tätig.

    Im Januar 2010 schließt der SETS Fonds den ersten Schritt seines Arbeitsprogramms ab, dessen formelle Präsentation einen Monat später erfolgt. Die Ergebnisse sollen dann bei der zweiten Severn Tidal Power Anhörung vorgestellt werden, die im Laufe des Jahres erwartet wird.

    Mitte Oktober 2010 gibt das britische Energieministerium allerdings bekannt, daß es derzeit keine ‚strategische Notwendigkeit’ für den Bau des Severn Barrage Projekts gibt. Statt dessen wird (wie unpassend an dieser Stelle!) ‚grünes Licht’ für den Bau von 8 neuen Nuklearanlagen bis 2025 gegeben.

    Im März 2010 unterzeichnet die Liegenschaftsverwaltung Crown Estate Vereinbarungen für 10 Wellen- und Gezeitenkraftprojekte mit einer Gesamtleistung von 1,2 GW in Schottland. Die einzelnen Projekte reichen von 50 MW bis zu 200 MW. Diese Ausschreibung ist weltweit die erste für kommerziell nutzbare Wellen- und Gezeitenkraft.

    Im Bereich der Gezeitenenergie sind die Vetragspartner:

    • SSE Renewables Developments (UK) Ltd., 200 MW für den Standort Westray South
    • SSE Renewables Holdings (UK) Ltd. & OpenHydro Site Development Ltd., 200 MW für den Standort Cantick Head
    • Marine Current Turbines Ltd., 100 MW für den Standort Brough Ness
    • Scottish Power Renewables UK Ltd., 100 MW für den Standort Ness of Duncansby

    Zeitgleich verkündet die schottische Regierung einen neuen Entwicklungsfonds (WATERS Fund) mit einem Volumen von 12 Mio. ₤ für Meeresenergieprojekte. Mit den Geldern sollen insbesondere Technologien gefördert werden, welche die Installation, den Betrieb und die Pflege neuer Wellen- und Gezeitenkraft-Prototypen effektiver machen.

    EMEC Testgebiet

    EMEC Testgebiet

    Einen Monat später ruft The Crown Estate zur Abgabe von Interessebekundungen für ein Gezeitenenergie-Projekt im Inner Sound, der zwischen Caithness auf dem schottischen Festland und der Insel Stroma liegt, auf. Nach der deadline Ende Mai werden vier (bislang ungenannte) Unternehmen zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Die endgültige Auftragsvergabe soll im Herbst 2010 erfolgen, die Leistung bei 200 MW oder mehr liegen.

    Im Juni 2010 meldet die Presse, daß die Firmen Voith Hydro und RWE Innogy (s.o.) über das Gemeinschaftsunternehmen Voith Hydro Ocean Current Technologies eine 1 MW Gezeitenströmungsturbine vor der schottischen Küste installieren werden. Der zweijährige Testbetrieb soll spätestens 2011 am European Marine Energy Centre Ltd. (EMEC) in den Gewässern der Orkney-Inseln starten. Nach ihrer Fertigstellung soll die Demonstrationsanlage jährlich etwa 1.800 MWh Strom ins Netz einspeisen.

    EMEC meldet im August 2010, daß man die Standorte für Wellen- und Gezeitenenergie-Systeme von neun auf zwölf erhöht habe. Während es für neue Wellenergieanlagen nun fünf Testplätze gibt, sind es für Gezeitenenergieanlagen sieben, was eine klare Verschiebung der Forschungsprioritäten anzeigt. Neben Voith soll bis Ende des Jahres auch die Atlantis Resources Corporation (s.o.) mit der Installation ihrer Anlage beginnen.Die 5 Mio. £ teure Erweiterung umfaßt u.a. eine Unterwasser-Verkabelung von mehr als 3 km Länge.

    Der Erfinder Paul Hales aus East Sussex patentiert (i.d. USA) gemeinsam mit George Brown 1994 eine Gezeitenturbine, die er nach längerer Entwicklungszeit im Rahmen seiner im Januar 2009 gegründeten Firma Hales Marine Energy Ltd. zu vermarkten versucht. Es handelt sich (wieder einmal) um einen Senkrechtachser mit vier selbständig wegklappenden Blättern.

    2009 beziffert das Unternehmen die noch notwendigen zweijährigen Forschungsarbeiten allerdings auf rund 250.000 £ und sucht nach Investoren, während es gleichzeitig weitere Patente beantragt. Die Hales Energy Group erhält die Genehmigung für den Bau eines Test-Tanks an der Küste von East Sussex.

    2010 wird an einer 1 kW Demonstrationsanlage gebaut, die im Sommer in der Themse getestet werden soll. Sie kann alternative mit Blättern aus Glasfasern oder aus einem Kunststoffmaterial bestückt werden, das durch Luftdruck stabilisiert wird. Zum Starten soll ein kleiner Savonius-Rotor integriert werden.

    Holland


    Das Dynamic Tidal Power (DTP) Konzept ist eine Erfindung der Ingenieure Kees Hulsbergen und Rob Steijn aus Emmeloord, die sie 1997 zum Europapatent anmelden (EP1997 0.929.575), veröffentlicht wird sie allerdings erst 2003. Hierbei sollen sehr lange Dämme von etwa 30 km – 50 km gebaut werden, die sich von der Küste aus geradlinig weit in den Ozean hinein erstrecken und am Ende eine senkrechte Barriere in Form eines großen T besitzen. Die Dämme enthalten einen oder mehrere Durchlässe, die mit Turbinen bestückt werden sollen. Ein derartiger T-Damm stört die parallel zur Küste schwingenden Flutwellen und führt zu Höhendifferenzen von bis zu 3 m, die ausgenützt werden können.

    Bislang letztmals präsentiert die die Hulsbergen Hydraulic Innovation & Design (H2Id) ihre Entwicklung während der 2. International Conference On Ocean Energy (ICOE) im Oktober 2008 in Brest, Frankreich. Kooperationspartner sind die Firmen Alkyon Hydraulic Consultancy & Research, bei der Rob Steijn als Manager tätig ist, sowie Albatros Flow Research. Von einer Umsetzung ist nichts bekannt.

    Auf der 5. Europäischen Wellenenergie-Konferenz im September 2003 stellt die holländische Firma Neptune Systems einen Gezeitenenergie-Wandler vor, der auf einem MHD-Konzept beruht (Magneto-Hydro-Dynamik) und die Strömungsenergie des Wassers völlig ohne bewegliche Teile umwandeln soll. Außerdem kann das System den produzierten Strom gleichzeitig noch speichern, und dies mit einer hohen Speicherkapazität. Das Unternehmen plant ein MHD Solenoid-Funktionsmodell mit 1 m Durchmesser und 500 W Leistung, das in einem Strömungskanal getestet werden soll. Anschließend will man einen 20 m Prototyp bauen.

    Die Technologie basiert auf der direkten Interaktion zwischen einem magnetischen, einem elektrischen und einem Strömungsfeld, die bereits im Jahre 1832 von Faraday entdeckt wurde: Wenn sich eine leitfähige Flüssigkeit durch ein Magnetfeld bewegt, wird innerhalb des Fluids direkt elektrische Energie generiert.

    MHD-Konzept (Grafik)

    MHD-Konzept (Grafik)

    Die Entwicklung der Technologie geht auf ein holländisches Förderprogramm (EET-Kiem) in den Jahren 19992001 zurück. Erfinder und Patentinhaber ist Dr. Jacob van Berkel mit seiner 1997 gegründeten Firma Entry Technology in Rhenen (ab 2004 Entry Technology Support BV und Entry Technology Ventures BV), die kommerzielle Weiterentwicklung übernimmt ab 2001 die Firma Business Factory.

    Im September 2004 wird der Abschlußbericht einer Untersuchung veröffentlicht, demzufolge das patentierte MHD-Konzept wirtschaftlich noch nicht interessant ist, da die Kosten für den Solenoid-Konverter im Bereich von 60.000 € pro installiertem Kilowatt liegen und zudem noch Betriebskosten von rund 6 € pro kWh anfallen. Das Unternehmen geht allerdings davon aus, daß nach einer entsprechenden Optimierung mit Kosten von 30.000 €/kW gerechnet werden kann. Die Untersuchung wird durch einen Zuschuß des holländischen Ministeriums für Wohnungswesen, Raumplanung und Umwelt finanziert.

    Das auf Maschinenbau und Verfahrenstechnik spezialisierte technische Beratungsunternehmen Bunova Development BV führt detaillierte numerische Simulationen eines MHD-Generators vom 20 m Durchmesser in einen Gezeitenstrom von 2,7 m/s durch die betätigen, daß pro Meter Länge der Elektrode 48 kW erwartet werden können.

    In Bezug auf die Ökologie kommt das Netherlands Institute for Fisheries Research – RIVO zu dem Schluß, daß das System keine tödlichen und/oder anhaltenden Auswirkungen auf die Umwelt hat, es bestehen nur potentielle Auswirkungen. Auch im Hinblick auf magnetische Störungen bei der Navigation von Tieren wie Vögeln und Meeresschildkröten sollen sich keine Effekte zeigen.

    Die 2005 veröffentlichte Entry-Website ist seitdem nicht mehr aktualisiert worden, und die der Neptune Systems ist 2010 nicht mehr online.

    Nachdem Mitte 2007 eine Reihe von Parteien eine Absichtserklärung unterzeichnen, wird im Januar 2008 ein Kooperationsvertrag unterzeichnet, der den offiziellen Start des Zeeland C-Energy-Projekts markiert, einer ufernahen Demonstrationsanlage für die kombinierte Nutzung der Gezeiten- und Wellenenergie an der Küste in der Nähe der Gemeinde Borsele im Delta des Flusses Westerschelde.

    Wave Rotor

    Wave Rotor

    Das C-Energy Konsortium besteht aus zehn Partnern und einer Reihe von Zulieferern. Initiator des Projekts ist die Gemeinde Borsele, die Kofinanzierung übernimmt Econcern (die Holding von Ecofys), während Ecofys für das Projektmanagement sowie das Design und Engineering der Anlage verantwortlich ist. Die Installation des Rotors erfolgt auf dem Kai der Total Raffinaderij Nederland NV/TRN an der Westerschelde, während sich Istimewa Elektro um die gesamte elektrische Anlage bis zum Netzanschluß kümmert.

    Van der Straaten baut die Stahl-Tragkonstruktion und übernimmt die Installation Vor-Ort, Vekoma entwirft und baut ein vertikales Hub-System, mit dem der Rotor ins Wasser abgesenkt und wieder angehoben werden kann, und Greenlab, ein Jointventure der Stromversorger Greenchoice and Eneco, wird den produzierten Strom ankaufen.

    Der von Ecofys Group in Utrecht entwickelte Wave Rotor kombiniert zwei Arten von Rotoren auf einer einzigen Drehachse: einen Darrieus-Rotor mit drei mehr oder weniger senkrechten (oder schrägen) Rotorblättern sowie einen Wells Rotor, der eine Radialbeschaufelung mit symmetrischen Flügelprofilen hat. Dadurch ist er in der Lage, nicht nur Gezeitenströmungen, sondern gleichzeitig auch Wellen in elektrischen Strom umzuwandeln. Versuche im Wellenkanal des NaREC (UK) sind bereits im Jahr 2004 durchgeführt worden.

    Ecofys Design

    Ecofys Design

    Im April 2008 bekommt das Konsortium einen Zuschuß von SenterNovem (40 % der Projektkosten), während zur gleichen Zeit die notwendigen Genehmigungen beantragt werden. In der zweiten Jahreshälfte 2008 wird die 30 kW Anlage hergestellt und im Februar 2009 installiert. Nach erfolgreichen Tests steht der Netzanschluß an, anschließend sollen für einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten operative Daten gesammelt und analysiert werden.

    Ende 2008 gibt es für das C-Energy-Projekt außerdem rund 0,5 Mio. € über die nächsten zwei Jahre aus dem Förderprogramm für den Süden, das durch den Europäischen Entwicklungsfonds kofinanziert wird.

    In einem neuen Design der Ecofys ist allerdings nur noch ein Darrieus-Rotor zu erkennen - vermutlich hat sich der Mischrotor doch nicht bewährt.

    Im Februar 2008 wird bekannt, daß die niederländische Firma Tocardo Tidal Energy Ltd., eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Tocardo International BV, die Turbinen für eine 10 MW Gezeitenenergie-Prototypanlage am Hafen von Wick in England bauen wird. Die Arbeit soll Ende dieses Jahres beginnen, um die 2-Blatt-Anlage im Frühjahr 2009 im Wasser zu haben.

    Die Tocardo BV wird 1999 von Teamwork Technology BV gegründet, den ursprünglichen Erfindern und Entwicklern der Archimedes Wave Swing-Technologie, einem revolutionären Wellenenergie-Generator (s.d.). Im Jahr 2005 demonstriert Tocardo die erfolgreiche Funktion des Prototyp Aqua 2800 und arbeitet anschließend an der Entwicklung eines kommerziellen Demonstrators. In den Folgejahren hat das Unternehmen Projekte in den Niederlanden, Irland und Kanada, und ab 2008 auch eine 45 kW Demonstrationsanlage Tocardo Aqua T50 bei Den Oever im Norden von Holland (s.u.). Im Dezember 2008 wird die Firma flügge, als der Cleantech Venture Fund E2C die Weiterentwicklung des technischen Ansatzes finanziert.

    Anfang 2010 bietet die inzwischen Tocardo International BV genannte Firma in Zijdewind bereits Modelle T50 (mit 50 kW) und T150 (mit 150 kW) an, die auch für Flüsse taugen. Bis Ende des Jahres soll die Palette noch um eine T500 Turbine (mit 500 kW) erweitert werden. Die T50 Anlage kann mit feststehenden Rotorblättern von 2,5 – 4,5 m Durchmesser bestückt werden, die T150 mit Blättern von 4 – 10 m und die T500 mit Blättern von 7 – 20 m Durchmesser. Die 2-Blatt Turbinen mit horizontaler Achse haben getriebelose Permanentmagnet-Generator Rotoren.

    Das Unternehmen rechnet damit, daß im Laufe von 2010 in den Niederlanden insgesamt rund 1,5 MW T150 Einheiten installiert werden, wobei sich in Schottland und anderen europäischen Ländern bereits Projekte mit über 10 MW in Entwicklung befinden. Die erste große T500 Turbine soll im Sommer 2011 in Pentland Firth installiert werden.

    TCC-Schleuse (Grafik)

    TCC-Schleuse (Grafik)

    Das Mitte 2008 eröffnete Tidal Testing Centre (TTC) in Den Oever, einem kleinen Dorf 18 km östlich von Den Helder, wird von der gleichnamigen, holländischen TTC-Stiftung betrieben. Die Realisierung wird von dem LEADERplus Programm der EU und der Firma Tocardo International BV (s.o.) gesponsert, die dort ihren ersten kommerziellen Gezeitenenergie-Prototyp installiert.

    Das Dorf liegt auf ehemaligem Wassergebiet zwischen dem Wattenmeer und der ehemaligen Zuidersee. Wegen der unmittelbaren Nähe zum Abschlußdeich wird in Den Oever die nach dem Ingenieur und Mathematiker Simon Stevin benannte Stevin-Schleuse (niederl. Stevinsluizen) installiert. Stevin, der bereits 1590 die Theorie aufstellt, daß die Gezeiten durch die Anziehung des Mondes zu erklären sind, wird uns übrigens auch im Kapitel über windbetriebene Fahrzeuge wieder begegnen (s.d.).

    Die Schleusenanlage bietet jedenfalls hervorragende Testmöglichkeiten für Gezeitenturbinen, da das Wasser hier laminare Strömungsgeschwindigkeiten von 1,5 m/s bis zu 4,5 m/s erreicht. Die einzelnen Schleusenöffnungen sind jeweils 16 m breit und haben eine Tiefe von 4,2 m.

    Die weiteren Meldungen stammen von Anfang 2010, als das TTC ein Pilotprojekt vorbereitet, das die großflächige Umsetzung von Gezeitenenergie zum Inhalt hat. Neben Tocardo sind die Firma Bluewater Energy Services BV sowie die wissenschaftlichen Institute NIOZ, ECN, WMC, Marin und Deltares beteiligt.

    Teil der Deltawerke

    Teil der Deltawerke

    Im April 2010 genehmigt Kansen voor West (Chancen für den Westen, ein Zusammenschluß von vier Provinzen und den vier großen Städten Den Haag, Rotterdam, Amsterdam und Utrecht), ein Programm, das weitgehend vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert wird, das Gezeitenenergie-Forschungsprojekt einschließlich der vorgeschlagenen Experimente und der Herstellung eines entsprechenden Prototyps.

    Die Deltawerke (niederl. Deltawerken), ein Schutzsystem gegen Hochwasser und Sturmfluten mit Schwerpunkt in der Provinz Zeeland, das nach der verheerenden Sturmflutkatastrophe von 1953 in den Jahren 1958 bis 1997 gebaut wurde, soll künftig zur Energieerzeugung genutzt werden.

    Im April 2010 schlägt ein Regierungsausschuß vor, einige Durchlässe in den Strukturen zu schaffen, die zum einen erlauben, die hinter den Deichen gelegenen und inzwischen von Algen überwucherten Süßwasserseen wieder mit Salzwasser aufzufüllen und ursprüngliche Ökologie zu regenerieren (das Primärziel), und zum anderen den täglichen Tidenhub durch ein Netzwerk von Gezeiten-Kraftwerken zu nutzen.

    Indien


    1988
    wird aus Indien bekannt, daß in der Gegend Ran of Kutch ein 900 MW Kraftwerk geplant sei, weitere Informationen darüber habe ich allerdings nicht gefunden.

    Im Dezember 2004 verlautet aus dem indischen ‚Staatsministerium für nicht-konventionelle Energie’, daß man für den Golf von Kachh, den Golf von Cambay in Gujarat sowie die Region des Durgaduani creek in Sunderbans in West-Bengalen eine potentiell nutzbare Gezeitenenergie von 15 GW errechnet habe.

    An der Küste von Katapady-Mattu möchte der Ingenieur Vijaykumar Hegde sein 2006 patentiertes 20 kW Gezeitenkraftwerk bauen, das die Energie mittels Luftdruck speichert. Sein Demonstrationsmodell, das ‚Susi Tidal Power Project’ schwimmt seit 2007 etwa 35 m weit offshore und produziert auch schon ein klein wenig Strom. Der Erfinder hofft nun, einen größeren Prototyp bereits im April zu Wasser lassen zu können.

    Im April 2007 meldet die indische Presse, daß die Regierung der Provinz Maharashtra an der Errichtung eines kleinen Gezeitenkraftwerks in den zwei Küstenorten Borya und Budhal im Bezirk Ratnagiri ist, das berits ab Mai 15 – 20 kW produzieren soll. Das Projekt kostet rund 4,5 Mio. Rupien (~ 100.000) und ähnliche Projekte laufen in 15 weiteren Dörfern. Man hofft, daß bei Erfolg dieses Projekts ein ähnliches Projekt mit einer Kapazität von 250 kW durchgeführt werden kann.

    Italien


    Versuche mit dem Strömungskraftwerk Kobold der Firma Ponte di Archimede International S.p.A., das auch zur Nutzung der Gezeiten geeignet sein soll, beginnen in der Straße von Messina bereits 2001 (s.u. Meeresströmungen).

    Im Dezember 2008 berichtet die Fachpresse von dem Plan der Firma Fri-El Green Power S.p.A., die Gezeitenströmung mittels einer international patentierte Technologie inm Form langer Schleppen voller Rotoren einzufangen. Sie sind mit einer gemeinsamen Antriebswelle und einem auf dem Schiff positionierten Stromgenerator verbunden.

    Das 1994 unter dem Namen Ener.CO S.r.l. gegründete und 2002 umbenannte Unternehmen in Bolzano (Bozen), das sich mit Wasserkraft-, Biomasse- und Windkraftanlagen beschäftigt, diverse davon selbst betreibt und auch mit Energieunternehmen wie EDF Energie Nouvelles und RWE Innogy Italia kooperiert, will nun auch auf offene Meer hinaus.

    Fri-El Konzept (Grafik)

    Fri-El Konzept (Grafik)

    Das Konzept sieht vor, eine Flotte von 50 Gezeiten-Kraftwerken, jeweils mit einer Leistung von 20 MW, weit draußen auf dem Ozean zu verankern, um mit dem gewonnenen Strom mittels Elektrolyse Wasserstoff zu erzeugen. Die einzelnen Gezeiten-Kraftwerke haben einen Stromgenerator der sich auf einer schwimmenden Plattform befindet, eine Befestigung auf dem Meeresboden ist nicht erforderlich. An der Plattform sind vier gleichlange Kabel befestigt, die in regelmäßigen Abständen mit jeweils fünf Bojen bestückt sind. Unter jeder dieser Bojen hängt eine Turbinen mit einem Rotordurchmesser von 4 m. Jede Kette von fünf untergetauchten Turbinen soll bis zu 1,2 MW Strom erzeugen.

    Das System ist vergleichsweise kostengünstig, nicht zuletzt, weil es auf Modulen basiert, die auch leicht transportiert werden können.

    Im August 2009 soll von der inzwischen Fri-El gehörende schwedischen Tochtergesellschaft Sea Power International AB ein 500 kW Prototyp in der Meerenge von Messina getestet werden. Während der neunmonatigen Testdauer sollen durch ein Unterwasserkabel voraussichtlich 400 kW Strom in das öffentliche Netz geleitet werden. Durchgeführt wird das Projekt in Zusammenarbeit mit dem Dipartimento di Ingegneria Areospaziale der Universität von Neapel ‚Federico II’, die Landesregierung des Trentino - Alto Adige beteiligt sich mit 40 % an den Kosten. Im Erfolgsfall ist an eine Massenproduktion in etwa fünf Jahren gedacht.

    In einer späteren Projektphase sollen Schiffe auf hoher See im Atlantik operieren und mit Hilfe des Elektrolyse-Verfahrens eigenständig Wasserstoff produzieren, der durch Tankschiffe an Land transportiert und dort gespeichert werden soll. Vorstellbar sei eine Flotte von fünfzig Schiffen mit einer Gesamtkapazität von 1.000 Megawatt und einer jährlichen Produktionsmenge von acht Terawattstunden.

    Japan


    Die 2007 gegründete Firma Nova Energy Co. Ltd. in Kasa Miki, Präfektur Hyogo, will die Gezeitenenergie der Meeresströmungen in der Seto Inland Sea nutzen, einem Gewässer, das die drei Hauptinseln Japans trennt, und das aufgrund der vielen kleinen Inseln keine einheitliche Strömungsrichtung hat. Eingesetzt werden soll daher eine hydrodynamische Turbine, die einem Thunfisch ähnlich ist – und dadurch auch kaum Beschädigungen durch Treibholz oder im Wasser schmwimmenden Trümmern ausgesetzt ist.

    Die mit einem neu konstruierten Propeller ausgestatteten strömungsoptimierten Turbinen sollen als große Farmen in Form flexibler Gitter ausgebracht werden. Erste Meldungen darüber gibt es (im Westen) Mitte 2010, als bereits erste Testläufe durchgeführt werden.

    Nova Energy Farm Grafik

    Nova Energy Farm (Grafik)

    Das Modell Maguro NT-001 mit einer Länge von 6 m und einem Durchmesser von 3 m soll bei 1,5 Knoten 10 kW leisten, außerdem wird bereits an einem  NT-03 Modell mit 300 kW gearbeitet, das ebenfalls aus GFK besteht. Auftrieb erhält die schwimmende Turbine durch abgeschlossene Hohlräume im Inneren.

    Eine Kraftwerk mit 2 MW würde aus einer 120 m langen, senkrecht ins Wasser reichenden Boje bestehen, an der vier Stück 500 kW Turbinen befestigt sind. In einem Ozeanquadrat von nur 2 km Seitenlänge ließe sich ein 400 MW Kraftwerk installieren.

    Im Frühjahr 2010 wird in der Akashi Gezeitenströmung das erste 10 kW Gerät installiert, anschließend soll an den Brückenpfeilern der Akashi-Kaikyo Überquerung ein fest angebrachtes 300 kW Kraftwerk getestet werden. Für 2020 sind Kraftwerke vom Typ NT-800 mit einer Leistung von 2 MW angedacht.

    Kanada


    Auch in Kanada wurde während der 1980er Jahre ein großes Gezeitenkraftwerk geplant. Diese Planungen gehen allerdings schon auf das Jahr 1944 zurück – und bereits 1969 legte das ‚Atlantic Tidal Power Programming Board’ das Ergebnis einer ausführlichen Studie vor, der zufolge an den Gestaden der Bay of Fundy insgesamt 23 Standorte für Gezeitenkraftwerke existieren. Als erstes sollte am südlichen Ufer eine Pilotanlage mit einer Durchschnittsleistung von 17,8 MW erstellt werden, wo der Tidenhub etwa 6,4 m beträgt. Diese Anlage sollte bereits bei einer Höhendifferenz von nur 1,4 m starten. Die Schweizer Firma Escher Wyss AG hat hierfür das bereits 1919 patentierte Turbinenkonzept von Leroy Harza (s.d.) weiterentwickelt. Entstanden ist eine Niederdruck-Turbine, deren Generator direkt am Außenkranz des Laufrades angebracht ist und nicht im Inneren des Laufgehäuses.

    Tatsächlich wird dann in Kanada 1982 bei Annapolis Royale in Neu-Schottland ein kommerzielles Gezeitenkraftwerk errichtet, um die Funktionsweise der 7,8 m durchmessenden 16 MW ‚Straflo’ (straight flow) Turbinen zu belegen, die von der Schweizer Firma Escher-Wyss entwickelt, und von General Electric in Kanada hergestellt werden.

    Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung der Kaplan-Rohrturbine, bei der die Turbinenschaufeln einen umlaufenden Ring mit integrierter Erregerwicklung tragen, während die Statorwicklung in das Gehäuse der Turbine eingebaut ist. Turbine und Generator sind also nicht durch eine Welle verbunden – und das Wasser strömt quasi durch den Generator hindurch. Die Anlage geht 1984 in Betrieb.

    Blue Energy Testmodell

    Blue Energy Testmodell

    Das kanadische Unternehmen Blue Energy Canada Inc. in Vancouver beschäftigt sich ebenfalls schon früh mit Gezeitenenergie. Allerdings bevorzugt man hier nicht den Bau von dammförmigen Kraftwerken, sondern die unterseeische Nutzung der Tidenströmung mit Hilfe der senkrechtachsigen Davis-Turbine.

    Das Vorläuferunternehmen Nova Energy Ltd. (das nichts mit der zuvor genannten japanischen Firma zu tun hat) hatte 1981 und 1982 im Rahmen einer 10-Jahres-Kooperation mit dem Kanadischen National Research Council bereits erfolgreich zwei Testanlagen und drei Prototypen gebaut und getestet. Diese Arbeiten wurden mit 1,3 Mio. $ gefördert. Anfang 1983 wurde in der Seestraße von Cornwall, Ontario, eine Anlage mit 20 kW installiert. Bei Sheet Harbor in Neuschottland wurde 1984 eine weitere Anlage errichtet, diesmal mit einer Leistung von 100 kW.

    Aufgrund einer privaten Initiative wurde auch im Golfstrom vor Florida eine Davis-Turbine installiert, die im April 1985 zum ersten mal Elektrizität lieferte. Der Strom des VEGA-I Prototypen (Venturi Energy Generating Apparatus) sollte für die elektrolytische Herstellung von Wasserstoff genutzt werden, der wiederum als Treibstoff für die Space Shuttles dienen sollte. Ein weiterer Versuch war der Einsatz als Flußströmungs-Kraftwerk (TOR 5, 5 kW, 1987, Porters Lake in Neuschottland).

    Kernelement der Systeme von Blue Energy ist eine Turbine mit vier Rotorblättern, die von dem bekannten Kanadischen Aero- und Hydrodynamik-Ingenieur Barry V. Davis entwickelt wurde, und doch eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Darrieus-Windrotor hat. Der Davis-Rotor dreht sich allerdings innerhalb einer strömungsunterstützenden Box, welche am Meeresboden verankert ist. Oberhalb des Wasseroberfläche und daher leicht zu erreichen und zu warten befinden sich das Getriebe und der Generator. Der hydrodynamische ‚Auftrieb’ der Rotorenblätter führt dazu, daß sich die Turbine proportional schneller dreht als die Geschwindigkeit des umströmenden Wassers. Und da Seewasser die 832-fache Dichte von Luft hat, entspricht eine Strömungsgeschwindigkeit von 8 Knoten im Meer einer Wind- oder eher Sturmgeschwindigkeit von 390 km/h (was eine Windmühle allerdings nicht unbeschadet ließe).

    Bis 2004 haben unter der Aufsicht des National Research Council of Canada bereits sechs Prototypen die Tauglichkeit des Systems bewiesen. Das Unternehmen bietet Kleinanlagen (5 bis 25 kW), mittlere Anlagen (250 kW) sowie große Anlagenreihen an, die dann wie Zäune zusammengeschaltet werden. Im September 2006 sind auch die Versuche mit dem Turbinen-Prototyp an der University of British Columbia erfolgreich beendet.

    Blue Energy Zaun (Grafik)

    Blue Energy Zaun (Grafik)

    Im Juni 2009 unterzeichnet Blue Energy ein Joint Venture mit der international aktiven Firma World Energy Research, um die Finanzierung eines kommerziellen 200 MW Gezeitenprojektes zu sichern. Das Projektvolumen wird rund 500 Mio. $ betragen, der Standort ist noch nicht festgelegt. Der Plan umfaßt drei Phasen, von denen die erste den Bau einer Gezeiten-Brücke samt einem MW-Turbinenmodul bildet, das auf mehreren vorangegangenen Prototypen sowie umfangreichen Tests an der University of British Columbia beruht.

    Die anschließende Projektphase wird aus der Installation von 10 Stück dieser Module bestehen und als kommerzielle Demonstrationsanlage für das abschließende 200 MW Projekt dienen.

    Seit 2004 arbeitet auch die New Energy Corporation Inc. (NECI) in Calgary, Alberta, an einer langsam rotierenden senkrechtachsigen Strömungsturbine unter dem Namen EnCurrent Turbine.

    Man will eine 250 kW Demonstrationsanlage bauen und hat auch sonst recht ehrgeizige Pläne, doch der letzte Newsletter auf der Firmenseite datiert vom August 2005, danach scheint das Unternehmen von der Bildfläche verschwunden zu sein. Und auch hier handelte es sich im Grunde um die immer gleiche Davis-Turbine.

    Clean Current Turbine

    Clean Current Turbine

    Wesentlich professioneller präsentiert sich dagegen die Clean Current Power Systems Inc. aus Vancouver, British Columbia. Hier arbeitet man seit 2001 an einem Rotor mit horizontaler Achse – inzwischen eines der am weitesten verbreiteten Konzepte –, diesmal allerdings in ummantelter Form.

    Im September 2006 installiert das Unternehmen beim Race Rocks Ökoreservat vor Vancouver Island in British Columbia eine Demonstrationsanlage in Kooperation mit dem Energieunternehmen EnCana Corp. und dem Lester B. Pearson College of the Pacific. Aufgrund des starken Algenbewuchses wird die Turbine im April 2007 wieder gehoben, überholt und verbessert, bevor sie im Oktober 2008 ein weiteres Mal ins Wasser abgesenkt wird.

    Als im November 2007 das Nova Scotia Energy Tender Office seine Ausschreibung über einen Großversuch mit drei Gezeiten-Energieanlagen in der Fundy-Bay veröffentlicht, reichen sieben Firmen Vorschläge ein. Als einziges kanadisches Unternehmen wird im Januar 2008 die Clean Current Power ausgewählt, eine ihrer Anlagen an das neu geschaffene Fundy Institute of Tidal Energy zu liefern, welches später unter dem Namen FORCE (Fundy Ocean Research Centre for Energy) firmiert.

    Die zwei anderen ausgesuchten Systeme stammen aus Irland (OpenHydro Group, 1 MW Demonstrationsanlage) und den USA (UEK, Underwater Electric Kite).

    Die Örtlichkeit hat Geschichte: Bereits 1607 wird in Port Royal eine Mühle errichtet, die Teilweise mit der Gezeitenströmung betrieben wird. Man schätzt heute ihre Leistung auf umgerechnet 25 kW – 75 kW.

    Damit läuft Anfang 2008 der bislang größte Vergleichstest dieser Energiewandler mit insgesamt 4 MW und für etwa 8 Mio. $ an, da die Regierung von Neu-Schottland plant, bis 2013 rund 20 % des Strombedarfs aus erneuerbaren Ressourcen zu decken. Die täglich zwei Mal in die Bucht einströmenden 100 Mrd. Kubikmeter Wasser lassen einen großen Teil dieser Zielsetzung erreichbar werden. Man hofft, hier mindestens 300 MW erwirtschaften zu können.

    Im Mai 2009 unterzeichnet Clean Current eine Kooperationsabkommen mit der französischen Firma Alstom Hydro, von der schon die 24 Alstom Bulb 10 MW Gezeitenturbinen von La Rance (Frankreich, s.o.) des Jahres 1966 stammen. Die Vereinbarung beinhaltet auch eine exklusive und weltweite Lizenz für die patentierte Ozean- und Gezeitenenergie-Technologien von Clean Current. Alstom plant, seine ersten Gezeitenkraftwerk-Produkte ab 2012 kommerziell anbieten zu können.

    Alstom Bulb Turbine

    Alstom Bulb Turbine

    Ebenfalls Anfang Mai 2009 wird bekannt, daß die kanadische Firma Minas Basin Pulp and Power in Zusammenarbeit mit dem britischen Unternehmen Marine Current Turbines (s.o.) eine 1,5 MW Gezeitenenergieanlage als Demonstrationsprojekt installieren und an das Stromnetz von Neu-Schottland anschließen wird. Der bereits vorgestellte SeaGen Generator verfügt über 400 m2 Rotorfläche und kann bereits bei einer Strömung von 2,4 m/s (5 Knoten) eine Leistung von 1,2 MW erreichen.

    Verdant Power aus New York (s.u.) wiederum arbeitet an einem Demonstrationsprojekt im St. Lawrence River in der Nähe von Cornwall, Ontario, das bis zu 15 MW Leistung produzieren soll – während die Firma Tidal Stream Energy aus Duncan an dem Projekt arbeitet, eine Openhydro-Turbine im südlichen Abschnitt der Discovery Coast Passage zwischen dem US-Bundesstaat Washington und Vancouver Island zu installieren, wo Gezeitenströmungen von 7 – 10 Knoten Geschwindigkeit auftreten.

    2009 wartet eine weitere Firma mit einem neuen Konzept auf. Das HydroWing genannte System der 2008 (in Toronto?) gegründeten SeaKinetics Corp. sieht aus wie ein im Wasser schwimmender Kastendrachen mit waagrechten Tragflächen, in dem eine große Anzahl liegender Gorlov-Turbinen (s.u. Strömungsenergie) angebracht sind. Das System sei für den Einsatz bis in 150 m Tiefe geeignet. Bislang unbestätigten Meldungen zufolge sollen 25 Stück dieser HydroWings mit einer Gesamtkapazität von 1,3 MW am EMEC in Schottland getestet werden.

    Im März 2009 wird ein Managementvertrag mit dem Joint-Venture-Partner RE-TECH Project Finance geschlossen, und eine weitere Technologie des Unternehmens läuft unter dem Namen Leviathan Energy Wave Turbine. Diese Wellenenergieanlage soll sich gegenwärtig in Israel in der abschließenden Design-Phase befinden (s.d.). Im Juli beginnt sich das Unternehmen auch im Bereich Windenergie zu engagieren – schön weit weg in Tamil Nadu in Südindien.

    Es mutet etwas seltsam an, daß die Homepage des Unternehmens in Polen gehostet wird. Außerdem werden keinerlei technische Details bekanntgegeben, über praktische Versuche oder gar Prototypen ist auch nichts zu erfahren. Es sieht eher aus, als handle es sich bei SeaKinetics um eine Aktienblase.

    Neuseeland


    Im April 2008 gibt Neptune Power aus Christchurch den Plan bekannt, im Sommer 2009 in der Cook Strait Meerenge zwischen den beiden Hauptinseln Neuseelands eine experimentelle Gezeitenturbine zu installieren, die auf einem in Schottland getesteten Prototyp basiert. Das Unternehmen erhält hierfür Unterstützung des Greater Wellington Regional Council, um den bis zu 10 Jahre langen Testeinsatz zu finanzieren.

    Tidal Stream Generator

    Tidal Stream Generator

    Die Installation der Turbine im Karori rip rund 4,5 km vor Wellingtons Island Bay soll 10 Mio. $ kosten. Die schwimmende 1 MW Turbine wird durch einen 700 t schweren Zementblock verankert. Die Herstellung der 14 m durchmessenden Rotoren aus leichten Karbonfasern soll in Neuseeland erfolgen.

    Es handelt sich vermutlich um das TidEl-System der britischen Firma Soil Machine Dynamics Ltd. (s.o.).

    Crest Energy Ltd. aus Auckland stellt fast zeitgleich ein wesentlich größeres Projekt vor. Dabei soll die in und aus dem Hafen Kaipara in Northland laufende Gezeitenströmung 200 MW generieren, was zur Versorgung von 250.000 Haushalten ausreichen würde. Das Unternehmen reicht den Antrag auf die Genehmigung von 200 Turbinen ein.

    Vorbehaltlich der Genehmigungserteilung stellt der Marine Energy Deployment Fund Ende Mai 2008 eine Förderung von 1,85 Mio. NZ$ in Aussicht, und im August empfiehlt das Northland Regional Council dem Umweltministerium die Umsetzung des Projekts. Die Kosten der ersten Bauphase werden auf 40 Mio. NZ$, die Gesamtkosten über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren auf 600 Mio. NZ$ geschätzt.

    Im Dezember 2009 übernimmt der führende Energieversorger des Landes Todd Energy einen Anteil von 30 % der Crest Energy. Im August 2010 werden die Projektunterlagen beim Environment Court eingereicht. Das Unternehmen scheint mit den Turbinen der britischen Firma Lunar Energy zu liebäugeln (s.o.).

    Norwegen


    Schon seit den 1990er Jahren entwickelt das norwegische Unternehmen Hammerfest Strøm große Meeresströmungs-Turbinen (s.d.), die auch für den Einsatz in Gezeitenkraftwerken geeignet sind. 2002 wird der Bau der Demonstrationsanlage in der Meerenge zwischen Kvalsund und Hammerfest beendet, die 2003 ans Netz angeschlossen wird. Sie gilt zu diesem Zeitpunkt als weltweit erstes Unterwasser-Kraftwerk, das von Gezeitenströmen betrieben wird. Die horizontal angebrachten Rotorblätter mit automatischer Anstellung haben einen Durchmesser von 10 m, der Prototyp erzeugt 300 kW.

    Für die Zukunft werden diverse Pläne entworfen, doch am besten voran schreitet die Zusammenarbeit mit der ScottishPower Renewables (s.o.), was zur Entwicklung der ausgereiften HS1000 Turbine führt. Um diese ab 2011 am EMEC in Orkney zu testen, erhält das Tochterunternehmen Hammerfest Strøm UK Ltd. im Februar 2010 eine Förderung des Carbon Trust in Höhe von 3,9 Mio. £.

    Im August 2010 beteiligt sich das österreichische Unternehmen Andritz Hydro GmbH, ein Spezialist für elektromechanische Gesamtanlagen für Wasserkraftwerke, an Hammerfest Strøm, außerdem wird mit der Konstruktion der HS1000 Turbine für das EMEC begonnen.

    Der norwegische Erneuerbare-Energie Konzern Statkraft in Oslo beginnt 2001 eine Kooperation mit der im selben Jahr gegründeten Firma Hydra Tidal Energy Technology AS (HTET) aus Harstad, bei der es um die Entwicklung einer Unterwasser-Strömungsturbine geht. 2004 unterzeichnen die Partner eine Vereinbarung zum Bau der ersten Morild-Anlage, eine verankerte, schwimmende Turbine mit vier Pontons. Die 490 t schwere Struktur ist an der Oberfläche 38 x 15 m und soll eine Lebensdauer von 25 Jahren erreichen.

    2005 wird das Design der 1 MW Demonstrationsanlage beendet. Sie ist mit zwei 500 kW Generatoren ausgestattet, wobei jede Turbine auf beiden Seiten einen Rotor hat, der jeweils die Hälfte eines Generators antreibt. Dieser besteht aus zwei gegenläufig rotierenden Teilen (Stator und Rotor) und arbeitet mit variabler Geschwindigkeit. Ein erster Prototyp soll 2007 oder 2008 in Betrieb gehen, was sich allerdings verzögert.

    Statkraft Design (Grafik)

    Statkraft Design
    (Grafik)

    Im Dezember 2008 gründet Statkraft mit seinen in Nordirland ansässigen Partnern B9 Energy und Deepblue Renewables das Konsortium Thetis Energy Ltd., um Gezeitenkraftwerksprojekte vor der Küste Nordirlands voranzutreiben, und im März 2009 sichert sich Statkraft mit 66,6 Mio. $ eine Minderheitsbeteiligung an der Gezeitenenergiefirma Atlantis Resources (s.u. Singapur).

    Im Februar 2009 erhält Hydra Tidal von der norwegischen Umweltagentur Enova eine feste Zusage für die Fördersumme von 23 Mio. Kronen, um eine Demonstrationsanlage mit vier Turbinen und Rotoren von 22 m (o. 23 m) Durchmesser zu bauen. Mitte Mai 2009 erteilt das norwegischen Water Resources and Energy Directorate (NVE) Hydra Tidal die Genehmigung, das Morild-Kraftwerk im Gezeitenstrom von Gimsøysund bei den Lofoten zu installieren, worauf umgehend mit dem Bau der Anlage begonnen wird. Bis Ende 2009 erhält das Unternehmen außerdem 16 Mio. Kronen Risikokapital von Innovation Norway.

    Das Morild Kraftwerk soll bis zum Sommer 2010 fertiggestellt und installiert werden, der Netzanschluß ist für den Herbst 2010 geplant. Ein einzigartiges Merkmal der Anlage ist, daß ihre Turbinenschaufeln aus laminiertem Kiefernholz hergestellt werden. Neben anderen Unternehmen und Institutionen ist daher auch das norwegische Institute of Wood Technology (NTI) in der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts involviert.

    Tatsächlich wird der Prototyp Morild II Mitte August vom Stapel gelassen. Nach letzten Montagearbeiten und Tests soll die Anlage Anfang September an ihrem Bestimmungsort Gimsøystraumen in den Lofoten verankert werden.

    Bis zu diesem Zeitpunkt haben die Kosten für die Entwicklung des Konzepts im Laufe der letzten 10 Jahre insgesamt rund 125 Mio. NOK betragen. Sie wurden primär durch eine große Anzahl von Industriepartnern und Investoren aufgebracht.

    Die im März 2002 von dem Gründer und Erfinder Jan Inge Eielsen gegründete Firma Flumill AS agiert in erster Linie über ihr Tochterunternehmen Flumill UK in Ladybank, Schottland. Da das patentierte Turbinenkonzept jedoch auf dem von Eielsen erfundenen Excess Flow Valve basiert, der auf der ganzen Welt in der Öl- und Gas-Industrie verwendet wird, werde ich diese Technologie trotzdem an dieser Stelle vorstellen.

    Flumill (Grafik)

    Flumill (Grafik)

    Das Unternehmen entwickelte eine Gezeitenkraft-Technologie, die zur Stromerzeugung hocheffiziente Helix-Schrauben nutzt. Geplant sind mit Auftriebskammern versehene, verankerte 4 MW Anlagen (bei 3 m/s), deren bewegte Teile – in Form zweier gegenläufiger archimedischer Spiralen aus Fiberglas von jeweils 30 m Länge – sich nicht schneller drehen als die Geschwindigkeit der Gezeiten selbst, was sie besonders umweltfreundlich macht. Die Generatoren sind ohne Getriebe, und Montage und Demontage für die Wartung sind sehr einfach, da Lage und Position der Schwimmer über Führungsdrähte erfolgt. Ziel ist, das robusteste System auf den Markt zu bringen, das bereits in Gezeiten- oder Meeresströmungen unterhalb von 1 m/s funktioniert und auch für den (horizontalen) Einsatz in Flüssen angepaßt werden kann.

    Flumill kooperiert dabei mit der ebenfalls norwegischen Firma Smart Motor aus Trondheim, die seit 1996 innovative elektrische Maschinen, Motoren und Generatoren entwickelt – die im vorliegenden Fall besonders für den Betrieb unter Wasser in einer rauhen Meeresumwelt konzipiert werden.

    Im Laufe der Jahre arbeitet Flumill ohne viel Aufsehen an einer Reihe von Prototypen und Testsystemen mit Leistungen von 3 kW bis 60 kW. Bis Ende 2011 soll eine 1,5 MW Flumill power Tower Testanlage entwickelt werden.

    Die 2004 gegründete Tidal Sails AS aus Haugesund arbeitet an einem System, das aus einer langen Kette von an Stahlseilen befestigten Segeln in Form kleiner Tragflächen besteht, die unter Wasser zwischen zwei Umlenkrollen hin und her gleiten, in denen sich auch die Generatoren befinden. Im Kapitel Windenergie wird eine ähnliche Technologie unter dem Namen Karussell-Windkraftanlage vorgestellt (Spanien). Gründer und Präsident des Unternehmens ist der Luftfahrt-Pilot Are Børgesen.

    Tidal Sail Modell

    Tidal Sail Modell

    Im Vergleich zu den sonst üblichen Methode unterscheidet sich die patentierte Tidal Sail Technologie insbesondere durch einen wesentlich größeren Einzugsbereich als der rotierender Systeme. Die langsam umlaufenden jeweils 5 m2 großen Segel aus Fiberglas können beliebig tief ausgebracht werden, da nur die mit Schwimmkörpern versehenen Endstationen befestigt oder verankert werden müssen. Eine kommerzielle Gezeiten-Segel-Anlage würde 10 jeweils 1.000 m lange Stränge haben und 200 bis 300 GWh pro Jahr erzeugen können. Ein erstes Kleinmodell wird 2007 getestet.

    2008 wird Tidal Sails als erstes Unternehmen in Nord-Rogaland überhaupt von der EU als Teilnehmer des Euro Stars-Förderprogramms für kleine und mittlere Unternehmen ausgewählt. Das Projekt kommt sogar unter die Top 20 aller zugelassenen europäischen Projekte und erhält eine Forschungsförderung in Höhe von 10 Mio. NOK (~ 1,2 Mio. €).

    Im September 2009 zeigt das Unternehmen ein Funktionsmodell im Maßstab 1:4 und 250 m Länge. Nun hofft man darauf, im Laufe des Jahres 2010 einen großen Prototyp und 2011 die erste kommerzielle Anlage ans Stromnetz anschließen zu können. Technologisch folgerichtig kooperiert Tidal Sails dabei auch mit dem weltweit größten Lifthersteller Doppelmayr aus Österreich.

    Die Firma Aqua Energy Solutions AS (AES) in Karmsund wird 2008 gegründet, um eine (seit 2010) ebenfalls patentierte Gezeiten- und Meereströmungs-Anlage zu entwickeln und herzustellen, die strukturell der Tidal Sails-Technologie gleicht.

    Moonfish Power (Grafik)

    Moonfish Power
    (Grafik)

    Auch das AES-Konzept besteht aus an Drähten befestigten Segeln, die vom Gezeitenstrom bewegt über Umlaufgetriebe einen Generator betreiben. Der erste 200 m lange Prototyp mit einer Nennleistung von 5 MW wird 2009 erfolgreich getestet, und 2010 werden das technologische Konzept und die Leistungsfähigkeit am Polytechnikum überprüft.

    2009 wird die Firma Moonfish Power AS in Surnadal gegründet, um ein neuartiges Konzept für die Stromerzeugung aus Gezeitenströmungen zu verfolgen. Die Konstruktion besteht aus einem Schwimmer, der mit einer Rahmenkonstruktion verbunden ist, wobei Turbine und Generator in der Mitte des Rahmens montiert sind. Ein Ballast hält die quasi eingerüstete Anlage mit ihrem 2-Blatt Rotor am Ort. Entsprechend der jeweils vorherrschenden Richtung der Tidenströmung kann das Ganze um 180° gedreht werden. Eine 880 kW Einheit mit einer Jahresleistung von 3,2 GWh soll etwa 53 t wiegen.

    Das Unternehmen arbeitet an Modellen und führt Simulationen durch, um das Konzept bis zum September 2010 in kleinem Maßstab völlig überprüft zu haben. Anschließend soll bis März 2012 die erste Einheit in kommerziellem Maßstab in Betrieb genommen werden. Die Firma hofft, insbesondere mit Großbritannien oder Irland ins Geschäft zu kommen.

    Russische Föderation (ab Sowjetunion)


    Bereits in den Jahren 1964 - 1968 wird in der früheren Sowjetunion auf der Halbinsel Kola am Weißen Meer in Kislogub (Kislaya Guba), etwa 100 km nördlich von Murmansk, ein Gezeitenkraftwerk mit 400 kW Leistung zu Forschungszwecken betrieben, das mit reversiblen Turbinen ausgerüstet ist. Der Tidenhub beträgt hier 5 m.

    Initiator der Kislogubskaya prilivanya elektrostantsiya ist Dr. Lev B. Bernshtein, die Konstruktion erfolgt durch das Institut Gidroproekt. Die Anlage ist mit einem elektrolytischen Korrosionsschutz ausgestattet. 1970 wird das Kraftwerk nach Kolenergo versetzt, wo es bis 1994 mit einer 400 kW Rohrturbine von Neyrpic betrieben wird. Die hier abgebildete Zeichnung stammt von V. Viktorov.

    Ein zehnmal so großes Gezeitenkraftwerk ist für den Meerbusen von Mezen, 250 km nördlich von Archangelsk geplant, und an der Barentsee soll bis 1990 sogar eine 300 MW Anlage entstehen.

    Im Jahre 1985 wird auch bekannt, daß die UdSSR zwei Gezeitenkraftwerke mit jeweils 100 MW am Ochotskischen Meer planen, einem Randmeer des Pazifiks, wo der Gezeitenunterschied etwa 12 m beträgt. Die erste Anlage soll an der Penshina-Bucht im Norden Kamtschatkas, die zweite (Tugurskaya Tidal Power Plant) in der Tugur-Bucht im Süden entstehen. Als Amortisationszeit werden 6 Jahre genannt. Die Pläne werden nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion jedoch nicht weiter verfolgt.

    Kislogubskaya Standort

    Kislogubskaya Standort

    1996 veröffentlichen Dr. L. B. Bernshtein und Prof. I.N. Usachev vom Hydroproject Institut (Russ. Gidroproekt) in Moskau den Plan für gewaltige Gezeitenkraftwerke in Mezen (8 GW Leistung / 20 TWh pro Jahr) und Tugur (17 GW Leistung / 50 TWh pro Jahr). Während sich die eine Anlage auf der europäischen Seite befindet, würde die andere auf der japanischen stehen. Über der Beringstraße soll dann eine Bahn- und Stromverbindung zwischen Rußland und den Vereinigten Staaten gebaut werden.

    In den Jahren 20042007 betreibt die Energiefirma Kolenergo das 400 kW Gezeitenkraftwerk Kislogubskaya erneut, nachdem es mit einer neu entwickelten Turbine von Sevmash ausgestattet wird.

    Im Dezember 2005 vereinbaren Sevmash und Ingeocom, eine schwimmende 1,5 MW Turbine zu bauen und zu installieren, die ab 2007 am Standort Kislogubskaya in den Testbetrieb gehen soll. Auftraggeber ist die GidroOGK, eine Tochter der Unified Energy System (UES). Die kastenförmige Anlage ist 33 m lang und 10 m breit und hat einen Tiefgang von gut 15 m. Der Turbinendurchmesser beträgt 5 m. Ohne Ballast wiegt das Ganze 1.100 t.

    Sevmash beginnt 2006 in Severodvinsk, Arkhangelsk, die Konstruktion einer weiteren Anlage im Auftrag des Scientific Research Institute of Energy Structures (NIIES), die bis 2010 beendet sein soll. Der geplante Standort dieses Gezeiten-Kraftwerks liegt in der Nähe der Militärstadt Vidyaeva, die sich etwa 80 km westlich von Murmansk Stadt befindet.

    Sollten die Resultate der Kolskaya Tidal Power Plant in der Dolgaya Bucht zufriedenstellend sein, plant UES mit dem Bau großer Gezeiten-Kraftwerke mit einer Kapazität von 10.000 MW zu beginnen. Für die Mezen Bucht ist sogar an eine 15 GW Anlage gedacht.

    Schweden


    Die Sea Power International AB in Solna beschäftigt sich ab 1999 mit der Nutzung der Energie in Gezeitenströmungen. Das seit 1987 bestehende Unternehmen arbeitet eiegentlich an der Entwicklung einer von Göran Lagström patentierten Methode zur Extraktion von Uran aus dem Meerwasser. Eine entsprechende Pilotanlage wird in der finnischen Masa Schiffswerft gebaut und 1991 acht Monate lang erfolgreich vor der Westküste Schwedens betrieben.

    Der Abfluß des Wassers zurück in den Ozean führt zu der Idee, es dabei durch eine Turbine zu führen und auf diese Weise elektrische Energie zu erzeugen. Neben verschiedenen Experimenten zur Gewinnung von Energie aus Meereswellen und -strömungen wird auch eine schwimmende Pilotanlage mit dem Namen Floating Wave Power Vessel (FWPV) konstruiert, die im Kapitel Wellenenergie ausführlicher präsentiert wird (s.d.).

    1999 schließt die Firma einen Vertrag über 15 Jahre mit der Scottish & Southern Energy plc., um den Shetland-Inseln umgerechnet ca. 5 GWh/Jahr Strom aus Wellenenergie zu liefern.

    Nachdem Sea Power 2001 die Firma Power Turbines Exim Stromturbiner AB erwirbt, bekommt die Gezeitenenergie Priorität. Die neue Anlage läuft unter dem Namen Exim Tidal Turbine Power Plant (TTPP).

    Exim TTPP Test 2003

    Exim TTPP Test 2003

    Die Turbine besteht aus einem einfachen, mehrstöckigen Savonius-Rotor, der unter einer stabil verankerten Boje hängt. Der erste kleine Feldversuch erfolgt 2001 vor den Shetland-Inseln, die Weiterentwicklung am Ship Design and Research Center in Gdansk (Danzig), Polen. In Zusammenarbeit mit Navimor Group in Danzig findet 2002 eine weitere wissenschaftliche Prüfung der 6 m hohen und 1 m durchmessenden Strömungsturbine statt. Bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 2,4 m/s werden 44 kW Ausgangsleistung gemessen.

    Zu diesem Zeitpunkt werden die Kosten für den Bau, die Montage und Inbetriebnahme einer ersten kommerziellen Anlage auf 2,6 Mio. £ geschätzt. Das Unternehmen denkt auch daran, in die Produktion von Wasserstoff einzusteigen und versucht, ein gemeinsames Projekt mit der Universität St. Andrews zu starten. 2008 wird die Shetland Tidal Power Ltd. gegeründet, um die Kommerzialisierung voranzubringen.

    Tatsächlich dauert es jedoch noch bis zum Januar 2010, bis Sea Power mit dem Bau der ersten kommerziellen Anlage beginnt, an der wissenschaftliche Tests und Prüfungen durchgeführt werden sollen. Sie soll 100.000 kWh pro Jahr produzieren. Die Markteinführung soll dann im Spätsommer erfolgen.

    Die Entwicklung der Deep Green-Technologie beginnt in der Saab-Gruppe im Jahr 2003. Nach vier Jahren technologischer und kommerzieller Bewertung einer neuen Art von Gezeiten-Kraftwerk wird im Jahr 2007 das Spin-off Minesto mit Hauptsitz in Göteborg gegründet (ab 2010 in Västra Frölunda), um die Kommerzialisierung dieser Technologie voranzutreiben.

    Das System besteht aus Unterwasser-Drachen, die ähnlich wie Kite-Surfer den Wind anschneiden um ihre Geschwindigkeit zu beschleunigen und dadurch in der Lage sind, auch bei sehr niedrigen Strömungsgeschwindigkeiten und in großen Tiefen bis etwa 120 m zu funktionieren. Je nach Standort soll die Leistung zwischen 150 kW und 900 kW betragen.

    Das Minesto Team wird dabei von verschiedenen industriellen FuE-Partnern wie Saab, Midroc New Technology, BGA Invest, Verdane Capital, Dardan Capital, der Chalmers University of Technology und der British Wind Energy Association unterstützt, die teilweise auch Mitinhaber des Unternehmens sind. Hilfreich ist auch die Aufnahme in das Marine Energy Accelerator-Programm des Carbon Trust. Im Laufe der Folgejahre entwickelt Minesto die Deep Green-Technologie mit rund 2 Mio. $ weiter. 2009 erhält das Unternehmen 0,5 Mio SE Kronen von Västra Götalandsregionen (VGR) sowie 0,4 Mio. SEK von Vinnova, der staatlichen schwedischen Agentur für innovative Systeme.

    Minesto Kite (Labormodell)

    Minesto Kite (Labormodell)

    Der Offshore-Kite ist im Grunde ein Flügel mit einer Turbine, der mittels einer Leine auf dem Meeresgrund befestigt wird. Sobald die Flut den Flügel anströmt, schafft sie eine Auftriebskraft. Da der Drachen durch ein Seitenruder gesteuert wird, kann er in eine Flugbahn gebracht werden, welche die Form einer liegenden acht hat (Lemniskate). Dies erhöht wiederum die Strömungsgeschwindigkeit in die Turbine um das 10-fache, verglichen mit der tatsächlichen Strömungsgeschwindigkeit. Der Generator der Turbine wandelt diese kinetische dann in elektrische Energie um. Ein 7 t schwerer Drachen mit einer Spannweite von 12 m soll dabei eine Geschwindigkeit von 16 m/s erreichen (bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 1,6 m/s) und 0,5 MW erzeugen. Versuche im Wellenkanal werden mit einem Modell im Maßstab 1:10 durchgeführt.

    Anfang 2010 gibt Minesto bekannt, daß man die Machbarkeits-Nachweisphase beendet hat und nun an dem abschließenden Design arbeiten würde. Es besteht Kontakt mit dem in Santa Cruz, Kalifornien, ansässigen Unternehmen Joby Energy, das sich mit der Entwicklung von Windkraftanlagen in großer Höhe beschäftigt (s.a. unter Windenergie/Drachen). Im Mai gibt es weitere 2 Mio. € Investitionskapital.

    Für sein erstes kommerzielle Produkt versucht Minesto seine Kapitaldecke von 5 Mio. €  auf 7 Mio. €  zu erhöhen. Ein Prototyp im Maßstab 1:10 soll im Sommer 2011 vor der Küste Nordirlands getestet werden, der nächste Schritt ist dann der Bau einer kommerziellen Anlage im Jahr 2013, sowie kleiner Arrays von 5 bis 10 Drachen, um anschließend mit dem kommerziellen Einsatz beginnen zu können. Im Februar 2011 gibt es weitere 4 Mio. (?) vom britischen Carbon Trust.


    Im April 2010 beginnt auch in Schweden die Diskussion daüber, ob es nicht sinnvoll sei, bereits bestehende Deichanlagen zu Gezeitenkraftwerken umzubauen.

    Singapur


    Nachdem die 1996 ursprünglich in Australien gegründete Firma Atlantis Resources Corporation (s.o.) ihren Geschäftssitz im Jahr 2006 nach Singapur verlegt – angelockt von niedrigen Kosten und hohen Qualität der FuE-Kapazitäten sowie dem rigorosen Singapurer Rechtssystem zum Schutz geistigen Eigentums, wie das Unternehmen verlauten läßt –, werden die Forschungsarbeiten stark beschleunigt und ein Nereus LED I genanntes Gezeitenkraftwerk entwickelt. Nereus stellt eine einzig- und eigenartige Horizontalachsen-Turbine für flache Gewässer unter 25 m Tiefe dar, welche Tragflächen (Aquafoils) nutzt, um eine Kette quer zur Strömung zu bewegen. Die im Laufe von 6 Jahren entwickelte Turbine ist robust und für Schwemmgut nicht anfällig.

    Mitte 2007 steigt die US-Investmentbank Morgan Stanley als Aktionär bei Atlantis ein und übernimmt 49 % der Anteile.

    Ein 30 t schweres Nereus Modell mit 100 kW Leistung wird im offenen Ozean getestet, wobei die ersten Schlepptest im Dezember 2007 in Victoria, Australien, stattfinden und von Black & Veatch überprüft werden. Im Mai 2008 wird eine früher entwickelte Aquanator Turbine entfernt und das bisherige Prüfgelände von Atlantis stillgelegt – während zeitgleich in San Remo, ebenfalls in Victoria, eine 150 kW Nereus I Anlage, jetzt AN-150 Gezeitenstromturbine genannt, installiert und ans Netz angeschlossen wird. Diese Konstruktion soll auch für Flüsse tauglich sein.

    Allerdings ist man mit den Ergebnissen dieses Systems nicht zufrieden. Im Juli 2008 wird am New Haven Wharf daraufhin eine Nereus II oder AN-400 Gezeitenstromturbine getestet, deren Resultate eine enorme Zunahme der Effizienz zeigen.

    Im September 2008 erwirbt Atlantis von Morgan Stanley die in England ansässige Firma Current Resources Ltd., die nun in Atlantis Resources (UK) Ltd. umbenannt wird (s.o.). Außerdem wird erstmals die neue Atlantis Solon (AS) Turbinenbaureihe vorgestellt. Die im August 2008 in Singapurs Gewässern getestete AS-500 gilt zu diesem Zeitpunkt als die weltweit größte Horizontalachsen-Turbine und ist gleichzeitig die weltweit effizienteste Gezeitenstromturbine mit einem mechanischen Wirkungsgrad von mehr als 42 %, laut den von Black & Veatch bestätigten Resultaten.

    Im Dezember 2008 unterzeichnet Atlantis mit der China Light and Power den bislang weltgrößten Vertrag für ein Gezeitenenergie-Kraftwerk. Insgesamt projektiert das Unternehmen derzeit 800 MW.

    Weitere Tests der AS-500 Anlage erfolgen im Frühjahr 2009 in Australien.

    AK 1000

    AK 1000

    Im März 2009 verkündet die Atlantis Resources (UK) den Plan, zwei in Schottland geplante Datencenter mit Gezeiten-Energie zu versorgen, eines an der Küste des Pentland Firth in Caithness (Blue Datacenter), das andere weiter südwestlich, in Dumfries und Galloway (Alba 1). Beide Unternehmen sind Partner der Firma Atlantis. Zeitgleich wird Statkraft, der sich im Besitz des norwegischen Staates befindliche größte Erzeuger von erneuerbarer Energie in Europa, mit über 14 Mio. $ Investor bei und Auftraggeber von Atlantis.

    Die inzwischen entwickelte kommerzielle Doppelrotor Kong-Serienturbine AK-1000 mit einer Leistung über 1 MW (bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 2,6 m/s) soll im Jahr 2010 auf den Markt kommen. Sie ist für Wassertiefen über 25 m ausgelegt. Optimal sei ein schwimmender Einsatz ein Tiefen um 40 m. Die kommerzielle Umsetzung soll 2012 beginnen.

    Im August 2010 ist die AK-1000, die größte und stärkste jemals gebaute Gezeiten-Turbine, bereit, am EMEC in Orkney, Schottland, installiert zu werden. Die Turbine hat einen Rotordurchmesser von 18 m, eine Gesamtbauhöhe von 25 m und wiegt 130 t. Die Rotorblattlänge beträgt 7,8 m. Die bei einer Umdrehungszahl von 6 – 8 U/min erzeugten 1 MW reichen aus um 1.000 Haushalte zu versorgen. Die Gondel wurde von Soil Marine Dynamics im britischen Newcastle, und die Tragekonstruktion sowie das Montage-System von Isleburn Engineering, einem Mitglied der in Aberdeen beheimateten Global Energy Group hergestellt. Im Laufe der vorausgegangenen 10 Jahre hat Atlantis mehr als 50 Mio. $ in die Entwicklung und die Tests von Gezeitenturbinen investiert.

    Anfang September 2010 wird die gewaltige Anlage auf den Meeresboden abgesenkt und der auf bis zu drei Jahre veranschlagte Testbetrieb in 35 m Tiefe kann beginnen. Atlantis verfügt über eine eigene Leitstelle auf der Insel Eday, von der aus Turbine gesteuert und überwacht werden kann. Der erzeugte Strom wird in das schottische Stromnetz geleitet.

    Süd-Korea


    Seit der Gründung des Korean Ocean Research & Development Institute (KORDI) im Jahre 1973 wird hier auch über die Energie-Gewinnung aus dem Meer nachgedacht, wie beispielsweise ein Gezeitenkraftwerk in der Carolim-Bucht. Ganz im Südwesten des Landes wiederum, im Kanal von Uldolmok, einer engen Wasserstrasse zwischen der Insel Jindo und dem Festland, strömt das Wasser bei Flut mit sehr hoher Geschwindigkeit ein, und bei Ebbe mit ebenso hohem Tempo wieder aus.

    Im März 2002 nimmt das KORDI hier eine erste Gorlov-Turbine (s.u. Strömungsenergie) für Versuchszwecke in Betrieb, und in einer zweiten Versuchsphase wird ab 2005 ein Kraftwerk mit einer Leistung von bis zu 1 MW getestet. Diese Strömungs-Gezeitenkraftwerke sind kleine Turbinenhäuser, die auf Fachwerk-Stelzen im Wasser stehen. Die Strömung treibt die Turbinen mit ihren Helix-förmigen Schaufeln direkt an, einen Damm braucht es für diese Kraftgewinnungsmethode nicht.

    Im Mai 2006 wird eine ausführliche Studie zur Nutzung von Meeresströmungen und Gezeitenenergie vorgelegt. Es sind diverse Standorte untersucht und auch Abschätzungen der erzielbaren Leistung gemacht worden. Bei den Meeresströmungen rechnet man mit 500 MW, während die nutzbare Gezeitenenergie sogar 2.400 MW betragen soll. Man denkt inzwischen auch an die Installation einiger tausend Gorlov-Turbinen, die insgesamt sogar bis zu 3.600 MW Leistung erwirtschaften sollen.

    Gut im Zeitplan liegen Ende 2006 die Bauarbeiten für das Shiwa Tidal Power Plant Projekt, das mit seinen 260 MW das gegenwärtig größte Gezeitenkraftwerk der Welt in Frankreich (240 MW) knapp überholen wird. Das Projekt beruht einem Plan der staatlichen südkoreanischen Wasserbehörde Korea Water Resources (KOWACO). Der Standort ist an der Westküste des Landes in der an das Gelbe Meer grenzenden Provinz Gyeonggi, in der Nähe der Städt Ansan und Siheung, etwa 40 km südwestlich von Seoul, wo ein Tidenhub von 5,57 m herrscht (andere Quellen: fast 8 m).

    Shiwa Tidal Plant Grafik

    Shiwa Tidal Plant (Grafik)

    Zwischen 1987 und 1994 wird hier ein 12,6 km langer Damm gebaut, der ursprünglich einem Landgewinnungsprojekt dient und die Küste vor dem offenen Meer schützt. Doch schon ein Jahr nach Vollendung des Damms zeigen sich bei dem entstandenen See gravierende Umweltprobleme, die man nun durch den ‚Gezeitenatem’ lösen will.

    Die Kraftwerksbaustelle liegt etwa in der Mitte des Dammes und 22 m unter dem Meeresspiegel. Hier entsteht das Turbinenhaus des Sihwa-Kraftwerks. Das durchführende Unternehmen Daewoo bestellt zehn Stück 25,4 MW Niederdruckturbinen von der österreichischen Firma Andritz Vatech-Hydro (in der einst Sulzer-Escher Wyss aufgegangen ist), die ab Anfang 2007 geliefert und in den bestehenden Damm integriert werden. Das auf 250 Mio. $ veranschlagte Projekt soll 2009 in Betrieb gehen und mit einem Jahresnutzungsgrad von 22 % jährlich 543 GWh Energie produzieren.

    Bei Ebbe öffnen sich allerdings acht Schleusen, durch die das Meerwasser wieder austritt. Auf eine Nutzung auch dieser Strömungsrichtung wird verzichtet, da sie die Regeneration des Wassers im See beeinträchtigen würde, dessen Qualität durch die Zirkulation von 60 Mrd. t Salzwasser jährlich verbessert werden soll. Der Startschuß für ein weiteres gewaltiges Projekt mit dem Namen Seaturtle Tidal Park fällt im Februar 2010 im Beisein des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler.

    Die erste 110 kW Pilotturbine für das neue Gezeitenströmungskraftwerk vor der Küste der südkoreanischen Provinz Jeollanam-do wird bei der Voith AG in Heidenheim entwickelt und gebaut. Der vormontierte Prototyp wird nun gemeinsam mit dem koreanischen Partner Renetec in Korea installiert um bis Ende 2010 der weiteren Erprobung der Technologie zu dienen. Anschließend beginnen die Ausbauarbeiten des Kraftwerks mit seiner Nennleistung von 150 MW, womit der Strombedarf von rund 100.000 Haushalten gedeckt werden soll.

    Ursprünglich hatte man sogar an ein 600 MW Kraftwerk gedacht, das ab 2017 oder 2018 mit 200 Einheiten von jeweils drei 1 MW Rotoren von Voith Siemens Hydro Tidal betrieben werden sollte. In Kooperation mit RENETEC war bereits 2002 eine erste Machbarkeitsstudie erstellt worden, technische Konzepte wurde 2005 zusammen mit Schlaich, Bergermann & Partner entwickelt. Projektstudien und Vorentwicklungen wurden auch am Institut für Strömungsmechanik und Hydraulische Strömungsmaschinen der Universität Stuttgart durchgeführt. Dieses Projekt wurde von der Provinz Wando, der RENETEC, dem koreanischen Stahlunternehmen POSCO und dem größten Stromversorger des Landes, der Korean Hydro and Nuclear Power, vorangetrieben, die gemeinsam auch als Betreiber der Anlage auftreten wollten. Im Oktober 2007 wurde mit der deutschen Regierung ein ‚Memorandum of Understanding’ unterzeichnet... womit das Projekt endgültig in der Schublade verwand.

    Seaturtle Konzept (Grafik)

    Seaturtle Konzept (Grafik)

    Der Name des Projekts ‚Seaturtle’ hat seinen Ursprung in den historischen Schildkrötenbooten, koreanisch ,Kobukson’, die erstmals in einer Schrift von 1413 zu Zeiten des Herrschers Taejong erwähnt werden. Sie waren vermutlich die ersten mit Eisen gepanzerten Schiffe der Welt und wurden Ende des 16. Jahrhunderts berühmt, als es dem koreanischen Admirals Lee mit ca. 50 Seaturtle-Schiffen gelingt, ca. 500 angreifende japanische Schiffe in die reißenden Gezeitenströmungen an der koreanischen Küste zu locken und kmplett zu vernichten.

    Der Name wird ausgewählt, weil im Zuge der ersten Studien schwimmende Turbineneinheiten untersucht werden, welche ebenso wie der Admiral die großen Strömungen zu ihrem Vorteil nutzen sollen. Obwohl später von den schwimmenden Einheiten Abstand genommen und statt dessen eine Brückenkonstruktion als Haltestruktur gewählt wird, da der jetzige Standort des Projektes in einem taifungefährdetem Gebiet liegt, behält man den Projektnamen bei.

    Im März 2008 unterzeichnet die britische Firma Lunar Energy (s.o.) eine Absichtserklärung mit der südkoreanischen Midland Power Company, bei der es um die Realisierung eines großen Gezeitenenergieprojekts mit dem zungenbrecherischen Namen Wando Hoenggan Water Way Tidal Stream Power Plant Development vor der Südküste des Landes geht.

    Bei dem 775 Mio. $ Projekt sollen 300 Unterwasserturbinen von 11,5 m Durchmesser die schnellfließenden Gezeitenströme nutzen und ab 2015 bis zu 200.000 Haushalte mit Strom versorgen.

    Die koreanischen Behörden wollen Anfang 2009 mit Tests an einer 1 MW Pilotturbine beginnen und die ökologischen Auswirkungen der auf dem Meeresboden fundierten Anlage zu studieren. Gebaut wird der Entwurf der Lunar Energy von den Partnerunternehmen Hyundai Heavy Industries und Rotech Engineering.

    Im Mai 2009 meldet das Unternehmen die erfolgreiche Installierung des Prototyps seiner Rotech Tidal Turbine (RTT), die bereits ihren Strom an das Netz abgibt.

    USA


    Ein frühes US-Patent (Nr. 4.098.081) stammt von 1978. Der Erfinder Harvey R. Woodman aus Napavine, Washington, schlägt ein miteinander verbundenes System aus Luftkammern vor, in denen die Luft durch den Tidenhub komprimiert wird und anschließend über Luftdruck-Turbinen Strom erzeugt werden soll. Von einer Umsetzung ist allerdings nichts bekannt.

    Woodmann Patent

    Woodmann Patent

    Eine Patentrecherche zeigt eine Vielzahl weiterer Ideen und Vorschläge, die jedoch allesamt bislang weder verifiziert noch umgesetzt worden sind. Einige Erfindungen werden jedoch weiterentwickelt:

    Die Firma Abacus Controls Inc. aus Somerville, New Jersey, meldet sich 2002 mit dem Konzept eines Unterwasser-Drachens zu Wort. Der Underwater Electric Kite wird für den 1,8 m/s schnellen Golfstrom vor der Küste Floridas entwickelt. Ein 120 kW Prototyp mit einer Spannweite von 12 m und zwei ca. 3 m durchmessenden Rotoren, der auch für die Nutzung von Gezeitenströmung geeignet ist, soll gebaut und in der Chesapeake Bay getestet werden. Angedacht sind Farmen in 12 m Wassertiefe mit 60 Einheiten von jeweils 90 kW Leistung. Die Baukosten einer 10MW Farm werden auf 3,56 Mio. $ geschätzt. Später hört man jedoch nichts mehr von dieser Firma – während die Technologie weiter verfolgt wird (s.u.).

    2004 wird in den USA die Ocean Renewable Power Co. LLC (ORPC) gegründet, die mit Unterstützung der US Navy das Konzept einer Art Gezeiten-Durchflußturbine mit helixförmigen, horizontalachsigen Rotoren umsetzen möchte, die quer liegenden Gorlov-Turbinen ähneln. Bereits im gleichen Jahr wird in der Bay of Fundy eine erste 30 kW Version getestet.

    2005 ist das Unternehmen mit Sitz in Miami auf Suche nach Finanziers. Zwei Jahre später wird als Firmensitz Fall River, Massachusetts, angegeben – während man den Test der modular aufgebauten Ocean Current Generation (OCGen) genannten Technologie für Ende 2007 vorbereitet.

    Das System besteht aus zwei Cross-Flow-Turbinen, die einen Permanentmagnet-Generator auf einer gemeinsamen Welle antreiben. Bei einer richtungsunabhängigen Strömung von 6 Knoten soll die Leistung bis zu 250 kW betragen.

    Die Federal Energy Regulatory Commission (FERC) genehmigt dem Unternehmen drei Standorte für Wellenenergieanlagen, mit denen man sich hier ebenfalls beschäftigt (die Western Passage und die CobsCook Bay in Maine, sowie der Cook Inlet in Alaska), wie auch sechs weitere für Gezeiten-induzierte Meeresströmungen (Fort Lauderdale, Key Largo, Miami, St. Lucie, Tavernier und West Palm Beach).

    2008 wird ORPC das erste Unternehmen, das in der Bay of Fundy ohne die Verwendung von Dämmen Gezeiten-Strom erzeugt. Allerdings zerbricht der Rotor schon bald nach seiner Installation.

    TidFen auf Energy Tide 2

    TidFen auf Energy Tide 2

    Im August 2010 wird gemeldet, daß die Beta-Modellanlage vor der Küste von Maine (Cobscook Bay, Eastport) zufriedenstellend arbeitet und ihren Strom von 60 kW zuverlässig ins öffentliche Netz schickt. Die Turbinen-Generator-Einheit ist unter dem Forschungs- und Erprobungsschiff Energy Tide 2 von ORPC angebracht. Wissenschaftlich wird das Projekt von der University of Maine begleitet. Förderung erhält das Unternehmen von dem Maine Technology Institute und dem U.S. Department of Energy.

    Die Daten der Erprobung des Beta-Modells sollen in den Entwurf einer inzwischen als TidGen bezeichneten Anlage in kommerzieller Größe einfließen, die Ende 2011 in Cobscook Bay, westlich von Eastport, installiert und im Laufe der Zeit auf eine Leistung von 5 MW erweitert werden soll. Weitere Projekte werden in Alaska und Florida verfolgt.

    Ocean Renewable verhandelt zu diesem Zeitpunkt mit der FERC um die Genehmigung für eine 1 MW Anlage aus vier 250 kW Modulen, die schon bis Ende 2010 installiert werden soll. Ein weiteres Projekt ist die Errichtung einer Anlage im Fluß Sheepscot in Maine. 2011/2012 will ORPC technisch soweit sein, daß man eine 10 MW Anlage installieren kann.

    Das von Philippe Vauthier bereits 1981 gegründete US-Unternehmen UEK Corp. in Annapolis, Maryland, dessen patentierte Underwater Electric Kite Doppelturbine bereits im der Übersicht der verschiedenen Turbinenmodelle präsentiert wurde, plant für 2005 die Absenkung von 25 Turbinen in der Mündung des Indian River in Delaware, um aus den dort herrschenden Tiden insgesamt 10 MW Strom zu erzeugen. Nach vielen Jahren und diversen Prototypen war eine Versuchsanlage im East River vor New York installiert worden. Im Gegensatz zu den Drachen den schwedischen Firma Minesto (s.o.) hat die UEK-Turbine allerdings nichts, was ihren Namen gerechtfertigen würde.

    Verträge hat die Firma bereits für eine Doppelturbinen-Anlagen in Sambia, die dort in einem Fluß den Strom für eine Chitokoloki Missionarsschule und ein Krankenhaus erzeugen sollen, sowie für ein ähnliches Projekt im Fluß Caqueta in Kolumbien, wo zwei Gemeinden mit Energie versorgt werden sollen.

    Im März 2006 gehört der Underwater Electric Kite zu den drei ausgewählten Anlagen, die in der schottischen Bucht von Fundy einem umfassenden Praxistest unterzogen werden sollen. 2007 geht die Anlage in Sambia in Betrieb. Aktuellere Informationen liegen mir bislang nicht vor.

    UEK-Turbine

    UEK-Turbine

    Die Oceana Energy Company aus Washington, DC, beginnt schon 2005 und vermehrt 2006 mit der Beantragung von Standort-Genehmigungen für Gezeitenkraftwerke. Hierfür gründet die von hochkarätigen Anwälten geleitete Firma sieben Tochterfirmen in verschiedenen Bundesstaaten. Als erstes beantragt die Golden Gate Energy Company das San Francisco Bay Tidal Energy Project, später folgt die Alaska Tidal Energy Company mit dem Icy Passage Tidal Energy Project nahe Gustavus, dem Wrangell Narrows Tidal Energy Project nahe der Halbinsel Lindenberg bzw. der Insel Woewodski, sowie dem Central Cook Inlet Tidal Energy Project. Und so geht es seitenweise weiter – in Maine (Kennebec, Penobscot), Massachusetts (Cape and Islands), New Hampshire (Portsmouth Area), New York (Astoria) u.s.w.

    Verdant Power (s.u.) und andere Gezeitenenergie-Firmen werfen Oceana vor, die Genehmigungen nicht selber anwenden sondern in einigen Jahren mit Gewinn an Konkurrenten verkaufen zu wollen. Tatsächlich erhalten einige der Tochterfirmen 2007 und 2008 Genehmigungen für diverse Standorte in Alaska und Oregon, sowie die Erlaubnis der FERC zur Durchführung von Machbarkeitsstudien in New Hampshire (Piscataqua River), Maine (Kennebec River), Massachusetts und New York. Für das Gezeitenenergie-Projekt in der San Francisco Bay wird eine Zusammenarbeit mit der Pacific Gas and Electric Co., der Stadt und dem Bezirk San Francisco  vereinbart.

    Das Unternehmen wirbt zwar mit einer Kooperation mit der U.S. Navy, um am Naval Surface Warfare Center seine Tidal Defense and Energy System (TIDES) Technologie zu entwickeln und zu testen, Belege gibt es dafür aber nicht, ebensowenig wie irgendwelche technischen Angaben.

    In South Salem entwickeln Rudi Visket und sein Nachbar Darren Hendren Mitte 2006 eine neue Methode, um mit konventioneller Technologie die Gezeitenenergie zu nutzen: Sie schlagen den Bau von Kanälen über Land vor, die in einem Speicherbecken enden, in welches das Tidenwasser hinein- bzw. wieder herausfließt. In gewissen Abständen sind entlang dieser Kanäle traditionelle Wasserräder installiert, die sich mit der jeweiligen Strömungsrichtung drehen und Strom erzeugen können.

    Im September 2006 wird offiziell vorgeschlagen, mit Turbinen unterhalb oder in der Nähe der Golden Gate Bridge Strom für rund 40.000 Haushalte in San Francisco zu erzeugen. Die Gezeitenströmung ist hier so stark, daß das Electric Power Research Institute mit 38 MW Energie rechnet. Eingesetzt werden sollen bei diesem Projekt die Strömungsturbinen von Verdant Power (s.u. Meeresströmungen). Im März 2008 behauptet das Ingenieurbüro URS in einer neuen Studie jedoch, daß hier tatsächlich nur 1 – 2 MW produziert werden könnten – und dies bei Investitionskosten von zig Millionen und hohen jährlichen Unterhaltskosten.

    Im September 2009, nach viereinhalb Jahren der Vorbereitung, befindet sich das San Francisco Gezeitenenergie-Projekt in der Endphase des Genehmigungsverfahrens, da Bürgermeister Gavin Newsom, trotz der Bedenken bezüglich der Kosten, ein strammer Verfechter des Projekts ist. Die Anlage soll 10 bis 30 MW produzieren, wobei inzwischen von einem Ausbaupotential bis zu 100 MW ausgegangen wird. Außerdem prüfen die Beamten in San Francisco über 50 verschiedene Arten von Wellenkraftwerken um herauszufinden, welche Technologie am vielversprechendsten ist.

    Ein weiteres Projekt läuft unter dem Namen New York’s Roosevelt Island Tidal Energy (RITE) Project. Hier sollen an der Mündung des East River bis zu 10 MW Energie gewonnen werden. Der wichtigste Projektpartner, die New York State Energy Research & Development Authority (NYSERDA), hat bereits 2 Mio. $ in die Vorarbeiten investiert.

    Verdant (Grafik)

    Verdant (Grafik)

    Die 2000 gegründete Verdant Power aus New York beschäftigt sich ursprünglich mit der Nutzung von Flußströmungen (s.d.). Im Rahmen des RITE Projekts will das Unternehmen im East River nun ein Netz von sechs Gezeitenturbinen installieren, die auch an das Stromnetz angeschlossen werden sollen. Die Verdant-Turbinen haben eine horizontale Achse und drei Rotorblätter.

    Nach den Prototyp-Tests 20022006 erfolgt bis 2008 eine zweijährige praktische Demonstration, bei der Verdant erfolgreich die sechs Turbinen mit ihren 5 m durchmessenden Rotoren zwischen den Stadtteilen Manhattan und Queens in rund 9 m Tiefe betreibt und während einer Laufzeit von 9.000 Stunden 70 MWh an zwei Endabnehmer liefert. Anfang 2010 werden die Turbinen wieder aus dem Wasser des East River geholt und demontiert, um die Auswirkungen des Einsatzes zu analysieren.

    Vorbehaltlich der entsprechenden Genehmigungen sollen sich bis 2012 der Bau und die Installation des Free Flow Kinetic Hydropower System (KHPS) mit einer Leistung von 1 MW anschließen. Dabei würden 30 Turbinen zum Einsatz kommen. Langfristig wird an einen Ausbau auf 2 – 4 MW gedacht.

    Bis 2012 soll die inzwischen weiterentwickelte 5. Generation des Free Flow System auch im Rahmen des Cornwall Ontario River Energy (CORE) Projekts im St. Lawrence River installiert werden. Dieses Projekt wird von Ontario bereits mit 2,2 Mio. $ gefördert, nach dem Rückzugs eines der Investoren im Sommer 2009 vorerst jedoch zurückgestellt.

    Der Kommandant der US-Navy, Region Nordwest (CNRNW), schlägt vor, mittels eines einjährigen Demonstrationsbetriebs einer Verdant-Anlage im Puget Sound, Washington State, zusätzliche relevante betriebliche und umweltrelevante Daten über die Nutzung der Gezeitenenergie zu sammeln. Der Strom soll in einem nahegelegenen Marinestandort genutzt werden. Als optimale Installationsgebiete erweisen sich bei den Voruntersuchungen Marrowstone South und Marrowstone North (s.u.).

    Das DOE fördert Verdant mit rund 0,6 Mio. $ über einen Zeitraum von zwei Jahren, um größere und leistungsstärkere Turbinenblätter zu entwickeln und die Fertigungsprozesse zu rationalisieren. Die Firma begann mit Blättern aus Glasfaser und Stahl, und später aus Aluminium und Magnesium. Diese mußten im September 2008 bei dem East River Projekt wegen starker Beschädigung jedoch ausgetauscht werden, was allerdings in weniger als einem Tag gelingt. Die jüngsten Prototypen sind nun aus einer Aluminiumlegierung hergestellt.

    Im Gegensatz zu der bisherigen, alleinstehenden Turbinenkonstruktion besteht das neue Design Anfang 2010 aus drei Turbinen, die auf einem dreieckigen Rahmen positioniert sind, der nicht extra verankert werden muß. Eine 1 MW Farm würde dementsprechend aus 10 Dreiecksrahmen mit insgesamt 30 Turbinen bestehen, die jeweils 35 kW Leistung haben.

    Verdant Design 2010 (Grafik)

    Verdant Design 2010
    (Grafik)

    Im Mai 2010 unterzeichnen Verdant Power und die China Energy Conservation Environment Protection Group (CECEP), Chinas führendes Unternehmen für erneuerbare Energien, eine Absichtserklärung zur Entwicklung von Gezeitenenergie-Projekten in China.

    Von Burton Hamner wird derweil die Firma Tidal Energy Systems Inc. (TES) gegründet. Das in Seattle, Bundesstaat Washington, ansässige Unternehmen hat damit den gleichen Präsidenten wie die Puget Sound Tidal Power LLC (später Hydrovolts Inc., s.u. Laufwasserkraftwerke), die bereits mit der Energiefirma Tacoma Power für 300.000 $ einen Vertrag für die Machbarkeitsstudie einer Gezeitenenergieanlage im Puget Sound geschlossen hat. Das Unternehmen arbeitet mit einer von GCK Technologies entwickelten Gorlov-Turbine und beginnt im Mai 2007 mit kleineren Versuchen vor der Küste von Seattle, tritt später direkt jedoch nicht mehr in Erscheinung.

    2007 erscheint dagegen kurzzeitig eine Firma namens Kinetic Energy Systems Corp. aus Ocala, Florida, die sich u.a. mit einer verkleideten Senkrechtscher-Turbine beschäftigt. Außer einer Grafik ist darüber jedoch nichts zu finden.

    Ein weiterer, sogenannter Bowsprit Generator mit Horizontalachse soll bei einem Rotordurchmesser von 10 m und einer Strömungsgeschwindigkeit von 2 m/s etwa 600 kW leisten und einen Wirkungsgrad von 45 % besitzen. Die Firma scheint inzwischen allerdings von der Bildfläche verschwunden zu sein. Möglicherweise ist sie aber auch mit der nachfolgenden Firma identisch, zumindest verwenden beide die gleichen Grafiken.

    2007 starten die Aktivitäten der Florida Keys Hydropower Research Corp. in Key West. Ziel ist die Erforschung, Entwicklung, der Bau und Betrieb von Gezeitenstromturbinen, die im Bahia Honda Kanal sauberen Strom erzeugen sollen. Die Arbeiten werden von dem Nonprofit-Unternehmen Florida Keys Hydro Power durchgeführt.

    Florida Keys Hydropower (Grafik)

    Florida Keys Hydropower
    (Grafik)

    Die 4,3 m lange und etwa 700 kg schwere 100 kW Anlage soll zwei 4-Blatt Rotoren aus einem Kohlefaser-Verbundwerkstoff mit einen Durchmesser von jeweils 3 m bekommen, die auf einer Achse montiert sind, und in rund 9 m Wassertiefe installiert werden. Kostenpunkt: 100.000 $. Das erste Experiment wird südlich der Seven Mile Brücke geplant, wo eine Gezeitenturbine 60 Tage lang getestet werden soll, um eine Machbarkeitsstudie zu erstellen.

    Schon Ende 2008 oder Anfang 2009 sollen mehrere Turbinen verfügbar sein um zu sehen, wie sie als Gruppe vernetzt und gesteuert werden können. Ein Jahr später, so hofft man, wird es vor Ort bereits mehrere hundert Gezeitenturbinen geben. Die bislang letzten Informationen über dieses Projekt stammen vom August 2008, als das Kleinmodell einer Turbinenumhüllung gezeigt wird, welche die Meeresfauna schützen soll.

    Im Juli 2008 veröffentlicht die Presse Details über zwei neue Gezeitenprojekte im Nordosten der USA. Die Edgartown-Nantucket Anlage soll 50 Turbinen umfassen, wobei der Strom für rund 1.500 Haushalte über ein ca. 4,5 km langes Seekabel geliefert wird, während das Cape und Island Tidal Energy Project zwischen Martha’s Vineyard und dem Festland von Cape Cod aus 150 Generatoren bestehen soll, die jeweils zwischen 1 und 3 MW Strom produzieren. Es wird von der Massachusetts Tidal Energy Co. vorangetrieben.

    Die Veröffentlichung wird durch eine Grafik verziert, auf der eine neuartige, leider jedoch nicht näher definierte Turbinenkonstruktion zu sehen ist. Diese sei für den Muskegat Kanal zwischen Chappaquiddick und Nantucket gedacht.

    Muskegat-Projekt (Grafik)

    Muskegat-Projekt (Grafik)

    Nachdem die University of Massachusetts in Dartmouth Ende März 2008 eine Finanzhilfe der FERC in Höhe von 0,25 Mio. $ bekommen hatte, beginnen die Forscher im Juni mit Versuchen und Analysen der Gezeitenströmungen am geplanten Standort Muskegat. Der erste Pilotgenerator soll hier in zwei Jahren ins Wasser gebracht werden.

    Die Firma Natural Currents Energy Services LLC aus Highland, New York, hatte schon im Vorjahr einen Genehmigungsantrag für den Standort eingereicht und gilt als eigentlicher Initiator. Möglicherweise beschleunigt der Wettbewerb ja die Umsetzung des Projekts.

    Die seit 2000 aktive Natural Currents erhält Anfang 2010 ihre erste Genehmigung für New Jersey, wo bei der Will’s Hole Marina von Point Pleasant Beach zwei sogenannte Red Hawk Cross-Flow Gezeitenturbinen mit je 20 kW zum Einsatz werden sollen. Im März 2010 werden die (technisch nicht spezifizierten) Rotoren aus Moskau verschifft und im Mai im Auftrag des Bundesstaates installiert. 90 % der Kosten von gut 0,4 Mio. $ werden von dem I BOAT New Jersey Grant Program übernommen.

    Im Mai 2010 stellt Natural Currents den Antrag für das Highlands New Jersey Tidal Energy Project am Fluß Shrewsbury in Monmouth County, New Jersey, wo 20 Stück 150 kW Turbinen installiert werden sollen. Das Unternehmen hat insgesamt bereits 10 Standortgenehmigungen der FERC (u.a. für Alaska, Massachusetts, New York und Washington), mit einem Gesamtpotential von 1 GW.

    Pressemeldungen zufolge geht im August 2010 am Rande des New Yorker Hafens im Wasser des Shrewsbury River die erste Versuchs-Gezeitenturbine von Natural Currents in Betrieb. In diesen Berichten sieht man erstmals auch das Foto eines relativ kleinen Geräts mit mehreren Blättern, das in 5 m Tiefe aufgebaut wird. Es soll nun 18 Monate observiert werden, danach will man mit dem Bau einer Produktionsanlage beginnen.

    Das Unternehmen ist auch in ein Projekt auf den Marshall-Inseln im Pazifischen Ozean involviert, wo die Kombination von Gezeiten- und Windkraftanlagen Strom zur Regeneration von Korallenriffen liefern soll. Die patentierte Biorock-Technologie, die dort eingesetzt werden soll, ist ein Verfahren zur Abscheidung gelöster Mineralien aus dem Meerwasser um eine Art Stahlbeton herzustellen, wobei man Gestelle aus Baustahl und Metallgewebe mit der gewünschten Form in der See versenkt und schwachen Gleichstrom hindurchfließen läßt. Das Resultat ist ein weißer Kalkstein, der dem Material natürlicher Korallen ähnelt.

    Goreau-Gorlov Rotormodell

    Goreau-Konzept
    mit Gorlov Rotormodell

    Für die Idee, Gezeitenstrom zur Korallenriff-Restaurierung einzusetzen, hatte übrigens schon im August 2006 Dr. Thomas J. Goreau und sein Team einen Preis bei der IDEAS Competition des MIT in Cambridge gewonnen. Goreau, der in seinen Projekten gerne langsamdrehende Gorlov-Turbinen einsetzt, ist ein enger Freund von Wolf Hilbertz, welcher das Biorock-Verfahren in den 1970er-Jahren entwickelt hatte.

    Im Januar 2009 verlautet, daß sich nun auch die U.S. Navy an der Jagd nach Gezeiten-Energie beteiligen wird. Bereits 2010 soll eine erste Gezeiten-Turbine vor der Insel Marrowstone in der Admiralty Mündung ins Wasser gebracht werden, nahe dem Standort der ähnlichen Versuche des Snohomish County Public Utility District (SnoPUD), über die ich weiter oben schon berichtet habe (s. Großbritannien). Die Marine plant ein 2 Mio. $ teures, einjähriges Pilotprojekt, nach dessen Ablauf die Turbinen im Herbst 2011 wieder entfernt, untersucht und anschließend verkauft werden sollen. Die insgesamt zwei bis drei Turbinen – und bis zu sechs, wenn mehr Mittel zugesagt werden – würden die Beleuchtung für einen Parkplatz oder ein bis zwei Gebäude des Marine-Munitionsdepot auf Indian Island südlich von Port Townsend übernehmen.

    Das PUD-eigene Projekt wird in der Admiralty Mündung, etwa eine Meile vor Admiralty Head und einige Meilen nördlich von Marrowstone Island umgesetzt. Das PUD und die Marine tauschen sich über ihre Projekte aus. Da beide planen, ihre Turbinen nahe beieinander und etwa zur gleichen Zeit zu installieren, könnte ein Teil der Logistik gemeinsam bewältigt werden.

    Das PUD, das in den vergangenen Jahren über 1 Mio. $ in Forschung und Entwicklung gesteckt hat – zur Hälfte vom DOE finanziert –, untersucht derzeit verschiedene Arten von Turbinen. Anschließend sollen in einem Pilotprojekt drei Turbinen 1 MW Strom erzeugen. Eine langfristig geplante Farm mit Hunderten von Turbinen könnte in Zukunft die sichere Versorgung von 70.000 Haushalten übernehmen.

    Ingenieure des NASA Jet Propulsion Laboratory informieren 2009 erstmals über eine neue Art von hydrokinetischem Unterwasser-Energiesystem, das dafür konzipiert ist mittels der Wasserströmung – über Turbinenschaufeln, Getriebe und Hochdruckpumpen – einen sekundären Hochdruck-Flüssigkeits-Strom zu erzeugen. Dieser wird durch Leitungen zu einem Sammelrohr und dann zum Ufer geführt, damit die direkte Stromerzeugung an Land geschieht und nicht den korrodierenden Wirkungen auf offener See ausgesetzt ist.

    Das Hydrokinetic Energy Transfer System ist ein Spin-off aus einem Forschungsprojekt, das nach einer neuen Methode suchte um Robot-Unterwasserfahrzeuge zu betreiben, ohne daß deren Batterien ständig aufgeladen oder ausgetauscht werden müssen. Man kommt dabei übrigens auf die Ausnutzung der höhenabhängig stark unterschiedlichen Wassertemperaturen (s.u. Temperaturgradient).

    Das Patent auf diese innovative Energietechnologie, die als Gezeiten-, Strömungs- oder Flußkraftwerk eingesetzt werden kann, hält das Caltech, welches das JPL im Auftrag der NASA leitet.

    Einer der spannendsten Beiträge des Next Generation Design Wettbewerb des Metropolis Magazine im Juli 2009 es das Projekt Docking Stations der Designfirma GRO Architects PLLC aus New York. Dabei soll ein System von modularen Schwimmdocks vor und an den Piers die Gezeitenströmung der New Yorker Flüsse nutzen, um Strom für die (dann auf LEDs beruhende) Straßenbeleuchtung zu erzeugen. Während die Flächen über Wasser den Lebensraum für die Menschen der Stadt erweitert, sind darunter jeweils drei klassische Darrieus-Senkrechtachser mit geraden Blättern angebracht, die in der Strömung rotieren und pro Schwimmdock bis zu 24 kW leisten.

    Docking Stations (Grafik)

    Docking Stations (Grafik)

    Im Oktober 2009 legt Brian Novello von GRO mit seinen Projekt FH2 Flood Harvesting Housing nach und veröffentlicht Entwürfe, in denen er die modularen Docking Stations von New York City zu Energie-sammlnden, schwimmenden Häusern erweitert. Statt offener Flächen und versteckter Unterwasser-Turbinen gibt es nun teilweise geschlossene Gänge im Inneren von spiraligen Turbinen, sowie ein eher technisches Design für die zentrale Verbindungsstelle der Module, die gleichzeitig als Grünflächen für Bäume dient.

    Nach zweijähriger Entwicklungszeit und rund 0,5 Mio. $ Kosten präsentiert die Firma Smart Product Innovations aus Pitman, New Jersey, Mitte 2009 eine recht eigenwillige Strömungsturbine namens ECO-Auger, die sehr tierfreundlich sein soll. Die sich verjüngende Spirale ermöglicht es Fischen und anderen Meereslebewesen sie zu durchqueren ohne sich zu verletzen, da es absolut keine scharfen Kanten gibt. Auch Schwemmgut soll die konische Turbine problemlos passieren, die sich mit einer Geschwindigkeit unter 100 U/m dreht. Die Drehung wird über ein Planetengetriebe auf eine Hochdruck-Hydraulikpumpe übertragen, deren gesteuerter Kreislauf wiederum den elektrischen Generator antreibt, der sich außerhalb des Wassers befindet. Durch einen Speicher zum hydraulischen Druckausgleich kann das System, unabhängig von der Stärke von Ebbe und Flut, eine konstante Energieabgabe garantieren.

    ECO-Auger

    ECO-Auger

    Die Anlage, von der schon einige Prototypen hergestellt und getestet worden sind, soll auch unter Brücken zwischen den Bögen unter Schwimmpontons installiert werden, was ihre einfache Anbringung und Wartung ermöglicht. Ende September 2009 gewinnt die neuartige Technologie den ersten Preis des ConocoPhillips Energy Prize, einer gemeinsamen Initiative von ConocoPhillips und der Penn State University, und im Juni 2010 zählt sie das Popular Science Magazine zu den Erfindungen des Jahres.

    Die Halcyon Marine Hydroelectric Corp. von Ramez Atiya mit Büros in Salt Lake City, Utah, und Washington, D.C., eine weitere Firma für Gezeiten-Wasserkraftanlagen, ist Presseberichten von Mitte 2010 zufolge bereit, die Kosten von 62 Mio. $ für den Aufbau einer Forschungs- und Demonstrationsanlage mit 18 MW Leistung am Half Moon’s Cove in Cobscook Bay, Maine, vorzufinanzieren. Eigentümerin würde allerdings die Stadt Eastport bleiben, die über die erwartete Lebenszeit der Anlage von 120 Jahren auch 85 % der erwarteten Einnahmen kassieren soll. Ein weiteres Projekt würde in Großbritannien verfolgt werden.

    Das Unternehmen soll ein Tidal Wing genanntes System zur Stromerzeugung aus Ebbe und Flut entwickelt haben, das nur ein Zehntel soviel kosten soll wie die sonst üblichen Anlagen. Technische Details darüber werden allerdings nicht veröffentlicht. Atiya selbst besitzt seit 2005 das Patent für eine eher konventionelle Gezeitenenergieanlage, die mit künstlichen Lagunen arbeitet. Für das vorliegende Projekt werden eine Länge von 400 m und die Installation von vier Generatoren vorgeschlagen. Ich glaube allerdings nicht, daß es sich hierbei um ein seriöses Konzept handelt und kann auch keinerlei Innovation erkennen. Eine Internetpräsenz scheint das Unternehmen auch nicht zu besitzen.

    Die Firma Bourne Energy aus Malibu bei Los Angeles, die ich schon im Kapitel über Laufwasserkraftwerke vorgestellt habe, bekommt schon ab 2006 viel Presse für ihre verschiedenen Modelle RiverStar, CurrentStar, OceanStar und eben TidalStar. Besonderer Vorteil der schwimmenden Energieanlagen ist, daß sie keinerlei Fundierung auf dem Fluß- oder Seebett benötigen. Außerdem sollen sich die Rotoren vergleichsweise langsam drehen und daher keine Gefährdung für die Meeresfauna darstellen. Anfang 2007 ist das Unternehmen auf der Suche nach Wagniskapital, und im Herbst 2009 soll mit einer limitierten Produktion der Grundversion RiverStar-50 begonnen werden.

    Im März 2010 unterzeichnet Bourne einen Letter of Intent mit der Firma China Yingkou XianRenDao Chemical Energy Zone (Yingkou), bei dem es um die Installation ist eine Serie von Gezeiten-Turbinen mit insgesamt 100 MW geht. Die geschätzten Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf 200 Mio. $, wobei die erste Serie von Turbinen bereits im Laufe des Jahres 2010 betriebsbereit sein soll. Bislang ist aus hübschen Grafiken jedoch noch nicht viel von technischen Umsetzungen zu sehen...

    Die Firma Free Flow Energy Inc. aus Lee, New Hampshire, engagiert sich ab 2007 auch im Bereich der Gezeitenenergie. Im März 2009 legen Aiman Alawa und seine Kollegen einen sehr umfangreichen Bericht über die Einsatzmöglichkeiten von Meeres-Energiesystemen vor, der für den Minerals Management Service des U.S. Innenministeriums zusammengestellt wurde. Sie sammeln darin eine riesige Zahl an Wellen-, Strömungs- und Gezeitenenergie-Patenten aus der Zeit zwischen 1844 und 2008. Für fast alle der in meiner vorliegenden Arbeit aufgelisteten Technologien lassen sich hier Vorläufer finden, außerdem werden hier ausführlich diverse Verankerungstechniken u.a.m. dargestellt. Leider ist der Bericht inzwischen nicht mehr Online verfügbar.

    Northwest PowerPipe

    Northwest PowerPipe

    Im Oktober 2009 beschließt Free Flow eine Entwicklungsvereinbarung Firma Lucid Energy Technologies LLC in Goshen, Indiana, welche die Genehmigung beinhaltet, bei schlüsselfertigen hydrokinetischen Free Flow Systemen die spiralförmige Gorlov Helical Turbine (GHT) zu verwenden, die bereits Mitte der 1990er Jahre von Prof. Alexander M. Gorlov an der Northeastern University erfunden und erstmals 1996 im Cape Cod Kanal von der Firma Helical Turbine aus Cambridge, Massachusetts, getestet worden ist. Der russischstämmige Gorlov, der früher auch bei der Errichtung des Assuan-Staudamms beteiligt war, erhält 2001 den ASME Thomas A. Edison Patent Award für seine Innovation. Mehr dazu im nächsten Kapitel.

    Die seit 2001 aktive Lucid Energy wiederum kooperiert ab 2010 mit der seit 1966 bestehenden Northwest Pipe Co. aus Vancouver, Washington, um die zum Patent angemeldete und Northwest PowerPipe genannte Technologie weiterzuentwickeln sowie erste Prototypen dieses Systems herzustellen, so z.B. im Februar im Gage-Kanal im kalifornischen Riverside. Weitere Untersuchungen laufen in Dallas, Texas, und in Chelan County, Washington.

    Mitte 2008 übernimmt die Vigor Clean Tech aus Ontario 50 % der Lucid Energy.

    2009 beschäftigt sich Lucid Energy auch mit der Umsetzung der Gorlov-Turbine als 5 KW Windkraft-Prototyp (s.d.). Bis Ende des Jahres will man 18 Stück davon im Testbetrieb haben um anschließend mit der Großproduktion zu beginnen.

    Im Juni 2010 beginnen die Tests am Utah Water Research Laboratory. Auf den dort veröffentlichten Fotos kann man gut erkennen, daß es sich bei dem System um einen kugelförmigen Gorlov-Rotor mit Blättern aus extrudiertem Aluminium handelt, der sich innerhalb des ‚Kraftrohres’ befindet. Die Anlage soll auch zur Energieerzeugung innerhalb normaler Wasser- und Abwasser-Pipelines genutzt werden.

    Das Unternehmen erhält 2009/2010 Fördergelder in Höhe von 1 Mio. $ vom U.S. Department of Energy, außerdem werden im Erfolgsfall weitere rund 2,5 Mio. $ an staatlichen Investitionszuschüssen zugesagt, die 2012 fällig werden.

    Grenzen der Nutzung


    Bei den bislang gebauten Gezeiten-Kraftwerken zeigte sich, daß die ersten Verschleißerschein­ungen schon nach 15 Jahren und nicht, wie zuvor vorausberechnet, erst nach 30 Jahren auftraten – obwohl seewasserbeständiges Material genutzt worden ist. Außerdem ist der Wartungsaufwand durch Versanden und Verschlicken der Anlagen äußerst hoch, und die Einflüsse auf Muschelbänke und Fischbestände können sehr destruktiv sein, da z.T. riesige Absperrungen notwendig sind, die das biologische Gleichgewicht im Meer empfindlich stören.

    Algenbewuchs (EnCana)

    Algenbewuchs
    (EnCana)

    Vier Mal täglich gibt es bei Gezeitenkraftwerken einen sogenannten ‚Null-Leistungs-Punkt’ ohne Stromabgabemöglichkeit, der sich außerdem täglich um rund 50 Minuten verschiebt, so daß er manchmal genau mit der Spitzenlastzeit zusammenfällt.

    Die Investitionskosten für den Dammbau, den meist erforderlichen Stausee und die komplizierten Schleusensysteme sind relativ hoch, die Dauer dieser Investition aufgrund der schwierigen Bauausführung ebenfalls. Zur Energietransformation können außerdem nur wirkungsschwache Niederdruckturbinen genutzt werden, deren Wirkungsgrade zwischen 25 % und 65 % schwanken.

    Bei dem EnCana Clean Current Tidal Power Demonstration Project des Pearson College im kanadischen Race Rocks, Victoria, wird 2007 der starke Algebewuchs mit Nereocystis und anderen Arten innerhalb von nur 6 Monaten ausführlich dokumentiert.


    Doch auch ohne den Tidenhub der Gezeiten existieren Strömungen in den Meeren, die der Energiegewinnung dienen können. Zu diesen kommen wir als nächstes - wobei es allerdings auch einige Überschneidungen zwischen den beiden Einsatzbereichen gibt.


    Weiter...