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Die Almería-Anlage


Die europäische Versuchsanlage Plataforma Solar de Almería (PSA) mit Gesamtleistung von anfänglich 1 MW wird ab 1978 gemeinsam von der ERDA und der Internationalen Energie Agentur (IEA) geplant und ab 1980 in südspanischen Taberna in der ‚andalusischen Wüste’, etwa 35 km von der Hafenstadt Almería entfernt realisiert.

Geleitet wird die Anlage zuerst von der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt DFVLR (später DLR), nach einige Jahren Probebetrieb wird sie ab 1985 gemeinsam von einem spanischen Träger und der DLR betrieben.

Das Besondere dieser Anlage ist, daß hier mehrere der zuvor genannten Arten der Hochtemperatur-Sonnenenergienutzung nebeneinander umgesetzt werden, jeweils als separate 500 kW-Anlagen. Dies macht es leichter, wirklich vergleichbare Meßergebnisse zu erhalten.

Der Baubeginn ist im Januar 1980, die Bauzeit wird mit zwei Jahren veranschlagt. Für die Anlage ist der Entwurf der deutschen Firma INTERATOM ausgewählt worden, und das Finanzierungsvolumen beträgt knapp 80 Mio. DM. Unter der Federführung der deutschen DFVLR beteiligten sich neun Mitgliedsländer der IEA an den Kosten:

Bundesrepublik Deutschland
31,5 Mio. DM
USA
14,5 Mio. DM
Spanien
12,5 Mio. DM
Italien
5,0 Mio. DM
Belgien
4,5 Mio. DM
Schweiz
4,0 Mio. DM
Österreich
3,0 Mio. DM
Schweden
2,5 Mio. DM
Griechenland
2,0 Mio. DM

Unter den beteiligten Industriepartnern sind in erster Linie Siemens, MAN, Dornier und Flachglas zu nennen.

Die Almería-Region wurde deshalb ausgewählt, weil sie mit ihren über 3.000 Sonnenstunden pro Jahr doppelt so viel hat, wie die meisten nordeuropäischen Länder. Bei einem erfolgreichen Versuchsverlauf plant die IEA den Bau einer zehnmal so großen Anlage in den USA. Für die Almería-Anlage rechnet man mit einer Lebensdauer von 10 Jahren. Dabei soll insbesondere untersucht werden, welches der Hochtemperatursysteme längerfristig das erfolgreichere ist.

Die erste Einzelanlage ist eine 500 kW Sonnenfarm mit drei Feldern aus ein- oder zweiachsig nachgeführten Rinnenkollektoren, die mit Öl als Temperaturträger arbeiten, das sich in den Rohren der drei Hohlspiegel­systeme auf 250°C – 295°C aufheizt und einen Dampfgenerator betreibt.

Die zweite Komponente ist ein 500 kW Sonnenturm mit 90 etwa 40 m2 großen computergesteuerten Spiegeln. Diese werfen ihre Strahlen auf einen Receiver mit flüssigen Natrium, der an der Spitze eines 80 m hohen Turmes befindet, wodurch das Natrium auf etwa 530°C erhitzt wird. Das Natrium-Volumen von 70 m3 gewährleistet, daß das Kraftwerk nach Sonnenuntergang noch zwei Stunden lang seine volle Leistung von 500 kW abgeben kann. Etwa 70 % der Heliostaten stammen von den US-Firmen Acurex und Martin Marietta, die übrigen sind bei MAN gefertigt.

Solarturmkraftwerk CESA I

CESA I

Die dritte Komponente ist der zweite Sonnenturm Central Termosolar de Almería (CESA-1), der 1983 von Spanien alleine errichtet und vom Ministerium für Industrie und Energie finanziert wird. Die Anlage besteht aus 300 Spiegeln mit jeweils 39,6 m2 Fläche in 16 Reihen, und einem Wasser/Dampf-Receiver, der 520°C bei 100 bar erreicht. Sie leistet 1 MW und besitzt ebenfalls einen Wärmespeicher. Im Rahmen des Deutsch-Spanischen GAST Technologie-Programms wird CESA-1 dann bis 1987 untersucht.

Im DFVLR-Jahresbericht von 1984 wird angegeben, daß es ein großes technisches Problem mit dem Verschmutzungsgrad der Spiegel gibt, deren Reflexionsgrad täglich zwischen 0,25 % und 0,30 % sinkt. Außerdem zeigt sich, daß ein Betrieb bei einer Einstrahlung unterhalb von 300 W/m2 nicht mehr sinnvoll ist. Die Solarturm-Anlage erreicht einen Wirkungsgrad von 8 % , der sich durch einen Salz-Wärmespeicher mit besonderen – bislang allerdings noch nicht entwickelten – Wärmetauschern allerdings bis auf 18 % steigern lassen soll. Bei den Rinnenkollektoren wird angegeben, daß sich dort eine Sonnennachführung nicht lohnt, selbst an einem klaren Tag konnte der Wirkungsgrad nicht über 5,4 % angehoben werden (man hatte mit 9 % – 10 % gerechnet). Durch schlechtes Wetter gibt es Betriebsunterbrechungen bis zu 10 Tagen hintereinander.

1986 wird bei Wartungsarbeiten ein Natriumbrand ausgelöst, der die Maschinen und die Versorgungshalle zerstört. Der Sachschaden wird auf rund 10 Mio. DM beziffert, doch besonders schmerzlich wird der Verlust der Computeranlage bewertet. Da man jedoch ohnehin zu diesem Zeitpunkt einen Umbau des Natrium- zu einen Salz-Kreislauf plant, wird die Versicherungssumme gleich entsprechend eingesetzt. Der Natrium-Brand von Almería soll übrigens direkte Auswirkungen auf die Bauverzögerung des Schnellen Brüters in Kalkar gehabt haben, bei dem ebenfalls ein Natrium-Kreislauf geplant war.

Solardish DISTAL 1

DISTAL I

1991 wird auf dem Testgelände von Almería ein Solarofen für den Höchsttemperaturbereich in Betrieb genommen. Der Ofen besitzt vier rund 54 m2 große ebene und sonnennachgeführte Spiegel, die ihr Licht gemeinsam auf einen sekundären Parabolspiegel richten. Dieser konzentriert die Sonnenstrahlung auf einen Fokus in der Mitte des Solarofen-Gebäudes, wo Temperaturen bis 3.000°C erreicht werden. Man testet dort u.a. hochtemperaturbeständige Keramiken.

Ab 1992 werden drei DISTAL I dish-Systeme mit einem Durchmesser von jeweils 7,5 m untersucht, die mit SOLO V160 Stirlingmotoren eine thermische Leistung von 40 kW erreichen. Bei diesen Konzentratoren wird zum Verformen der Reflektorfolien ebenfalls die oben beschriebene Vakuumtechnik eingesetzt. Der Reflektionsgrad beträgt 94 % und der Konzentrationsfaktor kann 12.000 erreichen. 1996 und 1997 werden drei Nachfolgemodelle DISTAL II in Betrieb genommen. Sie haben einen Durchmesser von 8,5 und erreichen 50 kW, der Konzentrationsfaktor beträgt 16.000.

1996 besteht das inzwischen weiter ausgebaute Versuchsfeld – neben den Laboren und einer Meteorologischen Station – aus folgenden Installationen:

    1. Zwei Solartürme mit 2,7 MW und 7 MW
    2. Solarfarm mit 1,2-MW mit angeschlossenem Wärmespeicher und
      Wasserentsalzungs-Anlage
    3. DISS Testschleife mit 1,3 MW loop
    4. HTF Testschleife für Ölkreisläufe
    5. DISTAL System aus 6 dish/Stirling-Konzentratoren
    6. Solarofen mit 60 kW
    7. Versuchsanlage zur solaren Entgiftung mit mehreren Rinnenkollektoren
      und drei Photoreaktoren
    8. SOLFIN-Anlage (Solar Fine Chemicals Synthesis)

Mitte 1998 beginnt man in Deutschland damit, die Forschungsgelder für die Hochtemperatur-Solarthermie bis 2000 auf Null herunterzufahren. Schließlich seien die Systeme nach Investitionen von mehr als 400 Mio. DM marktreif – und die Markteinführung müsse nun konsequenterweise die Industrie besorgen. Deutschland kündigt daher den Kooperationsvertrag mit Spanien, wodurch die Plataforma die Hälfte ihrer Basisfinanzierung verliert. Wohlgemerkt: Zur Debatte steht eine Einsparung von kaum mehr als 2,5 Mio. DM jährlich, nicht einmal 1 % des damaligen Etats für erneuerbare Energien. Weil Geld demnach nicht alleine den Ausschlag gegen Almería gegeben haben kann, spekuliert man über andere Motive. Die Spanier sind gezwungen (und entschlossen), alleine oder mit neuen Partner weiterzumachen.

1999 wird in Almería eine neue Versuchsanlage gebaut, die ebenfalls nach dem DISS-Verfahren arbeitet (Direct Solar Steam), bei dem Ölpumpe und Wärmetauscher überflüssig sind. Die noch immer aktive DLR führt Probeläufe mit einem neuen Heißluft-Receiver durch, der 800°C erreicht, was einem Wirkungsgrad von 60 % entspricht. Für Großanlagen mit höheren Betriebstemperaturen um 1.300°C sollen mehrere Reciever in Modulbauweise miteinander gekoppelt werden. Hierfür arbeitet man daran, das feine Drahtgeflecht innerhalb des Receivers, an dem die Luft erwärmt wird, gegen hitzbeständigere Keramikbauteile auszutauschen. Die DLR-Receiver-Module erreichen eine Leistung von 350 kW.

Daß Solarkraftwerke auch noch anders genutzt werden können beweist das GRAAL-Projekt (Gamma-Ray Astronomy at Almería). Die derzeitig effektivste Methode zum Nachweis von Gammastrahlung mit Energien von 30 GeV bis zu einigen TeV ist die Messung der schwache ‚Cherenkov’-Lichtblitze, die beim Eindringen des hochenergetischen Photons in die Atmosphäre in einem ‚Luftschauer’ ausgesandt werden.

GRAAL nutzt ab August 1999 hierfür einen Teil (2.500 m²) der enormen Spiegelfläche des ‚CESA-1’ Heliostaten-Feldes, das von der spanischen CIEMAT an der ‚Plataforma Solar de Almería’ (PSA) betrieben wird. Die Spiegel konzentrieren das Licht auf sogenannte ‚Winston Cones’, die sich in einer von GRAAL entwickelten Plattform in einem Zentralturm nördlich des Spiegelfeldes befinden. Ein wichtiges Argument für diesen Versuchsaufbau war die große Kostenersparnis durch die Nutzung eines bereits vorhandenen Spiegelfeldes bei Nacht, wenn es nicht solar genutzt werden kann. Dies erfordert auch einen nicht zu aufwendigen Detektoraufbau im Zentralturm und erlaubt seit dem Sommer 2000 sogar einen ferngesteuerten Betrieb.

Außerdem wird Ende der 1990er Jahre der EuroTrough-Kollektor getestet, der im Rahmen einer Zusammenarbeit der Industriepartner Abengoa, Flabeg Solar, der DLR und dem Ingenieurbüro Schlaich, Bergermann & Partner entwickelt wurde.

EuroDish Stirling

EuroDish Stirling

Ab 2000 werden zwei der DISTAL dishs durch zwei EuroDish-Prototypen ersetzt, die als Konzentratoren der dritten Generation gelten und sich über das WWW kontrollieren und sogar steuern lassen.

Die Hauptaktivitäten in Almería konzentrieren sich inzwischen auf fünf Hauptbereiche:


Über die weiteren Entwicklungen in Almería berichte ich in den verschiedenen Kapiteln zu den unterschiedlichen solaren Hochtemperatur-Systemen (siehe Parabolrinnen, Dish-Systeme, Solarturm-Anlagen und Solaröfen). Informationen über die aktuellen Speichermethoden für solare Wärme finden sich im Kapitel Thermische Energiespeicherung.


Sehr interessant ist das als nächstes vorgestellte Mittelmeer-Projekt, bei dem die Anrainer gemeinsam in industriellem Maßstab Solarkraftwerke errichten wollen - sowie die Masdar-Initiative in dem Golf-Emirat Abu Dhabi, bei der erstmals eine CO2-freie Stadt komplett neu auf dem Reißbrett entworfen wird.


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