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METHAN UND SYNTHETISCHE KRAFTSTOFFE


Pflanzen wandeln bei geringen Investitionskosten Sonnenenergie direkt in Biomasse mit brennbarer Zellulose, mit Ölen, Zucker und Stärke um. Statt die Pflanzen sofort zu verbrennen, läßt sich die gespeicherte Energie auch über verschiedene Zwischenprozesse separieren und indirekt nutzen. Aus diesem Grund wurde diese Form der Verwertung auch nicht dem Oberbegriff ‚Sonnenenergie’ untergeordnet, obwohl die Photosynthese anerkanntermaßen die verbreitetste ‚Solartechnik’ ist.

‚Nachwachsende Rohstoffe’ und die Entwicklung und Produktion synthetischer Treib- bzw. Kraftstoffe bilden inzwischen einen wichtigen Punkt nationaler und internationaler Energieprogramme. Aus diesem Grund werde ich hier darüber ausführlich berichten, unterteilt in Methan (Biogas), Biotreibstoffe (Rapsöl, Biodiesel) sowie die Alkohol-Treibstoffe Ethanol (Äthanol) und Methanol (Methylalkohol).

Die als ‚sanft’ bezeichnete und methanproduzierende bakterielle Gärung wird als erste aufgeführt, da sie im Grunde eine Kleintechnologie darstellt und das resultierende Methan bereits überall auf der Welt als alternativer Brenn- und Treibstoff eingesetzt wird. Hier behandele ich auch kurz das Thema Methanhydrat, da dieses immer wieder als Energiealternative in die Diskussion geworfen wird (obwohl es zu den fossilen Energieträgern gezählt wird).

Synthetisches, z.B. aus Kohle gewonnenes Benzin, Methan oder Flüssiggas werde ich nicht behandeln, da sie Sekundärenergieträger fossiler Art sind. Ebenso verhält es sich mit aus Erdgas gewonnenem Helium, das auch zum Betrieb von Gasturbinen zur Elektrizitätserzeugung eingesetzt wird. Ammoniak und Hydrazin – beide giftig und mit sehr schlechtem Emissionsverhalten – können ebenfalls nicht zu den alternativen Energieträgern gezählt werden. Geschlossene Ammonik-Kreisläufe mit sehr interessantem thermischen Verhalten werden uns allerdings mehrfach im Kapitel über die Wärmeenergie begegnen.

Beginnen werde ich mit der bakteriellen Energiegewinnung, die eine der wichtigsten Grundlagen der hier behandelten Energieträger ist.

Anmerkung: Stand der Recherche ist Anfang 2007 - und inzwischen liegen mir schon Berge an neuen Informationen vor, die ich alleine aber nicht (mehr) bewältigen kann. Ein entsprechendes Update kann daher erst vorgelegt werden, wenn sich Kooautoren an dieser Arbeit beteiligen.

Bakterielle Energiegewinnung


Die bakterielle Fähigkeit zum Protonentransport bei der Photosynthese wird im Rahmen dieser Arbeit unter dem Oberbegriff ‚Sonnenenergie’ betrachtet. Die bakterielle Wasserspaltung wird dagegen im Anschluß an die Alkohole unter dem Oberbegriff ‚Wasserstoff’ behandelt, da das gewünschte Ergebnis dieser Spaltung ja der Energieträger Wasserstoff ist.

Zur bakteriellen Energiegewinnung gehören viele unterschiedliche Stämme mit ebenso viel unterschiedlichen Resultaten. Die wichtigste Form ist wohl die Biogasgewinnung (s.d.). Allerdings gibt es auch andere – natürliche und ‚künstliche’ – Stämme, die in Zukunft möglicherweise größere Bedeutung erlangen könnten. Einige davon möchte ich hier nennen:

Im Umkreis vulkanischer Quellen in 2.000 – 3.000 m Tiefe werden Bakterien gefunden, welche die Erdwärme nutzen um CO2 und SH2 in organische Kohlenstoffverbindungen zu überführen, die sie als Energiequelle benötigen.  

Ende 1992 geben Forscher der australischen Flinders-Universität in Adelaide bekannt, daß sie ein Bakterium entdeckt haben, das Kohle auch ohne Luftzufuhr in Methan umwandeln kann. Bislang waren nur Bakterien bekannt, welche die Kohle bei Luftzufuhr zerlegen. Mit dem neuen Stamm könnte auch Abraummaterial verwertet werden, das bisher nicht verwendet werden konnte und ein beträchtliches Umweltproblem dargestellt hat. 

Bacillus stearothermophilus

Bacillus stearothermophilus

Und weil die natürlichen Gärungsprozesse für die industrielle Großanwendung optimiert werden sollen, manipulieren bereits 1994 Forscher des Imperial College in London gentechnisch an dem Bacillus stearothermophilus herum, womit sie Stroh oder Maiskolben mit einer um 30 % höheren Ausbeute  fermentieren können. Die Bakterie verdaut nämlich auch hemicellulose Zuckerarten, die fast ein Drittel des Gewichts einer Pflanze ausmachen, und setzt diese zu Ethanol um (s.d.). Da diese Gärung bei 70°C abläuft, ließe sich der Alkohol bei leichtem Unterdruck auch fortlaufend destillieren – ein weiterer Vorteil.

1996 entschlüsselt man an der Universität Regensburg die Genomsequenz des Archaeums Methanococcus um herauszufinden, wie sich die Methanenzyme für die Energiegewinnung nutzen lassen. Den Organismus hatte man in Öllagerstätten Alaskas in 3.500 m Tiefe gefunden. Dieses Bakterium vermehrt sich bei 94°C.

Anfang 2000 wird bekannt, daß Wissenschaftler der Oregon State University eine Batterie entwickelt haben, die durch den Stoffwechsel von Mikroorganismen, die am Meeresboden vorkommen, Strom erzeugt. Dabei wird der elektrische Ladungsunterschied genutzt, der durch unterschiedliche Elektronenkonzentrationen im Sediment entsteht. Tote organische Materie sinkt zum Meeresgrund und dient dort Mikroorganismen als Nahrung. Im Wasser an der Sedimentoberfläche ist Sauerstoff vorhanden, der von den dort lebenden Organismen zur Nahrungsverwertung genutzt wird. Dabei werden Elektronen aus der Nahrung auf den Sauerstoff übertragen. Wenige Zentimeter tief im Meeresboden ist dagegen kein Sauerstoff vorhanden, weshalb die dort lebenden (anderen) Organismen ihre Energie aus Schwefel- und Stickstoffverbindungen beziehen – Elektronen werden dort folglich nicht von Sauerstoff gebunden.  Zwischen der Sedimentoberfläche und dem Sedimentinneren besteht also ein Konzentrationsunterschied von Elektronen, welcher der Ladungsdifferenz einer Batterie entspricht. Es gelingt, einen schwachen elektrischen Strom zu erzeugen, der eine Diode zum Leuchten brachte, indem eine Elektrode im Sediment mit einer Elektrode im Wasser verknüpft wurde. Nach Ansicht der Forscher könnte eine derartige Bio-Batterie kleine Forschungsgeräte am Meeresboden mit Strom versorgen.

Wissenschaftler der Universität Konstanz entdecken in einem venezianischen Kanal ein bislang unbekanntes Bakterium, das eine exotische Energiequelle anzapft. Die Organismen beziehen ihre Energie aus einer chemischen Reaktion, bei der Elektronen zwischen der Phosphorverbindung Phosphit und einer Schwefelverbindung ausgetauscht werden. Als im Jahr 2000 erstmals darüber berichtet wird, war noch nicht bekannt, wieso die Mikroben diese Reaktion als Energiequelle nutzen, denn Phosphit ist an der Luft nicht stabil und in den sauerstoffreichen Sedimenten nur in geringen Mengen vorhanden. Man vermutet, daß dieser Stoffwechsel ein ‚Relikt aus der Frühzeit der Erde’ sei, da es in der Erdatmosphäre bis vor rund 2,5 Milliarden Jahren kaum Sauerstoff gegeben haben soll.

Ebenfalls 2000 gibt die Universität Südkalifornien bekannt, daß dort ein sich autonom mit Energie versorgender Roboter entwickelt wird, der mit Hilfe von Escherichia-Coli-Bakterien Zucker in elektrische Energie umwandeln kann. Der ‚Chew-Chew’ genannte Roboter wird in der Entwicklungsphase mit purem Zucker gefüttert – als Unterwasser-Version soll er aber später auch in der Lage sein, sich von Fischen zu ernähren.

Im September 2003 gelingt es Prof. Derek Lovley an der University of Massachusetts ein biotechnologisches Verfahren zu entwickeln, das mit Hilfe des Bakteriums Rhodoferax ferrireducens Zucker direkt in Elektrizität umzuwandeln, und das kontinuierlich über einen längeren Zeitraum hinweg.

Im Juni 2005 berichten die Forscher der University of Massachusetts von ihrer Entdeckung ‚mikrobieller Nanoröhrchen’, die von dem Organismus Geobacter produziert werden. Diese elektrisch leitenden Röhrchen sind 3 – 5 Nanometer breit (ein Haar ist etwa 20.000 mal dicker) und können mehrere tausend Nanometer lang werden. Sie besitzen eine hohe Festigkeit und funktionieren im Verbund wie ein Elektrogenerator. Geobacter wird untersucht, weil er ein hohes Potential zur chemischen und radioaktiven Entgiftung von Grundwasser und zur Biogasherstellung besitzt. Die als ‚pili’ bezeichneten Nanostrukturen scheinen die Elektronen zu transportieren – womit die bisherigen Erklärungsmodelle einer radikalen Revision zu unterziehen sind. Im Gegensatz zur teuren und komplizierten Herstellung von Nanoröhrchen aus Metallen, Silizium oder Kohlenstoff ist es sehr einfach, den Mikroorganismus milliardenfach zu züchten und die Nanoröhrchen ‚abzuernten’ – durch Genmanipulation vielleicht sogar mit anderen Spezifikationen.

Bislang nahmen die Geochemiker an, daß Bakterien lediglich den einfachsten Kohlenwasserstoff Methan erzeugen können. Forscher der Universität Bremen entdecken 2006 jedoch in Proben aus bis zu 400 m Tiefe aus dem Meeresboden im tropischen Pazifik vor der Küste Perus auch die bisher nicht als bakterielles Produkt bekannten Gase Ethan und Propan. Die Forscher vermuten, daß die bislang unbekannten Mikroben das Ethan aus Acetat, dem Salz der Essigsäure, und Wasserstoff zusammensetzen.

Als nächstes werde ich die wohl bekannteste, technisch umgesetzte Form der bakteriellen Energiegewinnung darstellen - das Biogas oder Methan, wie dieser Stoff wissenschaftlich bezeichnet wird.

Methan (Biogas)  


Schon Plinius (23 – 79 n. Chr.) berichtete von Irrlichtern und Sumpfgas. Van Helmont unterschied um 1630 zwischen 15 Gasarten und stellte ein brennbares Gas aus Fäulnis fest, welches auch im Darmgas enthalten ist. Graf Alessandro Giuseppe Antonio Anastasio Volta (1745 – 1827) untersuchte das Sumpfgas und veröffentlichte 1776 die erste eudiometrische Analyse von Methan, dessen Formel dann 1804 von dem englischen Chemiker John Dalton (1766 – 1844) aufgestellt wurde. Sir Humphrey Davy (1778 – 1829) begründete 1808 die ‚Dunggasforschung’, und ihm gelang es aus strohigem Rinderdung in einer Retorte – unter Luftabschluß – Methan aufzufangen. 1884 präsentierte Luis Pasteur in Paris die Ergebnisse seines Schülers Gavon, der sich mit der Gasgewinnung aus Dung bei 35°C beschäftigt hatte, und wies auf die Bedeutung dieses Gases für Heizung und Beleuchtung hin.   In der Zeitung Le Figaro erschien am 5. März 1884 der humoristisch gemeinte Vorschlag, Paris mit Gas aus Pferdedung (der damaligen ‚Umweltverschmutzung’) zu erleuchten. Dies wurde zwar nicht umgesetzt, aber schon 1896 sammelte ein Mr. Cameron Faulgas aus einer Kläranlage und ließ damit die Straßenlaternen in Exter leuchten. Die erste reguläre Biogasanlage wurde allerdings schon 1859 in Indien erprobt.  

Zur Nutzung heimischer Energiequellen hat man in der Bundesrepublik Deutschland über einen Zeitraum von 30 Jahren im vergangenen Jahrhundert (von Mitte der 1930er bis Mitte der 1960er Jahre) auf zahlreichen großen Kläranlagen Klärgas zu Treibgas für Automobile mit Ottomotoren gewonnen. Produktionshöhepunkte waren der 2. Weltkrieg sowie kurz nach der Währungsreform 1950. Unter den damaligen Bedingungen gelangte die Verwertung des Klärgases zu einer beachtlichen Wirtschaftlichkeit. 1951 z.B. lieferten 48 Klärwerke in Deutschland insgesamt über 16 Mio. m3; Faulgas, von dem mehr als die Hälfte von 17 Tankstellen an Kraftfahrzeuge und als Treibmethan verteilt wurde.   Anfang der 90er Jahre kritisierten Umweltschützer, daß etwa 15 % der globalen Methan-Emissionen auf das Konto von Rindern gehe – jede Kuh emittiert mit ihren Rülpsern pro Tag etwa 400 l Methan. US-Senatoren erwogen deshalb im Rahmen der Novellierung des Luftreinhaltegesetzes 1990 sogar eine ‚Methansteuer’ auf die Rindviecher... (nach dem Stand von 1993 entweichen andererseits jährlich 35 Mio. t alleine nur durch den Kohlebergbau).    

Das Methan – Bestandteil des Erdgas – fällt auch bei der Kom­postierung von Dung, Fäkalien und anderem pflanzlichen Material durch Methanbakterien als Nebenprodukt an. Unter dem Namen Biogas (oder Bihugas) ist es in der Mischung von 40 – 70 % Methan (CH4), 25 – 50 % CO2, bis zu 3 % Schwefelwasserstoff und bis zu 1 % Wasserstoff als Alternativener­gieträger in die Diskussion eingebracht worden. In China, Taiwan, Indien und Korea wird inzwischen schon früh ein bemerkenswerter Anteil der ländlichen Energiegewinnung durch dezentral erzeugtes Biogas erzielt.  

Die niedrigste Prozeßtemperatur beträgt 30°C bis 33°C, darunter laufen die Gärungsprozesse nur sehr langsam ab. Ein Kubikmeter Gas hat einen Wärmeinhalt von 5.000 – 5.500 Kilokalorien, von einem Rind lassen sich täglich etwa 1 – 1,5 m3 Biogas gewinnen. Der in dem kompostierenden Material vorhandene Kohlenstoff bleibt etwa zur Hälfte als Energieträger im Methan erhalten, zur anderen Hälfte ist er über die stattfindende Oxidation die hauptsächliche Energiequelle für die Vergasung. Der Prozeß hygienisiert durch die anaerobe Faulung (d. h. unter Luftabschluß) gleichzeitig das Kompostierungsmaterial und fördert die Abtötung von Schadorganismen und Unkrautsamen, so daß die verbleibenden Stickstoffrückstände im Faulschlamm einen wertvollen Dünger bilden.   Die großtechnische Anwendung der Methode ist durch die gezielte Ausnutzung von Biomassen-Kulturflächen möglich, wobei das Vergären der Produkte in großen Faulbehältern erfolgt. Auch besteht die Möglichkeit besondere Aquakulturen anzulegen (Algen, Wasserhyazinthen...), welche dann als Kompostierungsmaterial verwendet werden. Der Rückstand an mineralischen Nährstoffen kann der jeweiligen Kulturfläche als Dünger wieder zurückgeführt werden.   Es ist ebenfalls möglich Industrieabfälle zu nutzen, z.B. aus der Papierherstellung, der Alkoholproduktion, der organischen Chemie (Öle-Produktion), der Klebemittelindustrie und der Kläranlagen, wie auch Abfälle von Schlachtereien u.ä.   Reines Methan erhält man, wenn das Biogas durch eine wässrige Suspension von gelöschtem Kalk geleitet wird.   Als Treibstoff ist Methan für den Einsatz in Otto-Motoren gut geeignet. Dieselmotoren erfordern dagegen eine zusätzliche Dieselöl-Einspritzung von etwa 20 %.   Eine dezentralisierte Anwendung des Biogas in kleinerem technischen Ausmaße (z.B. Digster) kann in vielen Ländern der 3. Welt sehr gut zur Energieversorgung, besonders zum Kochen, Heizen und Beleuchten dienen.  

Schlußendlich ist noch zu erwähnen, daß reines Methan auch im Rahmen der Untertage-Kohlevergasung gewonnen werden kann, wobei die Reaktion von Kohlenstoff mit Wasserstoff durch in den Flöz eingepumpten Wasserstoff stattfindet. Eine weitere Methode ist die Gewinnung aus Kalk, die Anfang der 1990er Jahre von japanischen Forschern entwickelt wurde. Dabei wird der Kalk unter Zugabe von Nickel bzw. Magnesiumhydroxid als Katalysator auf 400°C erhitzt, worauf Methan frei wird. Aus Kalk bestehende Gebirgsstöcke stellen die größten Lagerstätten von gebundenem Kohlenstoff dar. Derartige Programme sind zwar nicht ‚alternativ’, sollten aber trotzdem nicht unerwähnt bleiben.    

Informationen zu Untersuchungen und Umsetzungen von (Bio-)Methan-Anlagen fand ich insbesondere aus folgenden Ländern.


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