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Der Ausdruck Wärmerückgewinnung findet heute hauptsächlich
in der Industrie Anwendung. Im Rahmen der Energie-Verbrauchsordnung
(EnVo) wurde seitens des BMFT schon früh ernsthaft vorgeschlagen, eine
Abwärmestrafe für jene Industrieunternehmen
einzuführen, die ihrer Abluft
oder ihrem Abwasser nicht die sonst an die Umwelt abgegebene und somit
verlorengehende Wärme entziehen, was mittels
Wärmeaustauschern ja leicht zu bewerkstelligen ist.
Der Umfang der potentiellen Wärmerückgewinnung läßt sich wohl erst dann richtig erfassen, wenn man weiß, daß im Ruhrgebiet 1975 durchgeführte Messungen ergeben haben, daß der damalige Anteil der technischen Prozeßwärme bereits rund ein Drittel der gesamten Sonneneinstrahlung dieses Gebiets ausmachte.
Das unter Wärmepumpen erwähnte Prinzip der Wärmerückgewinnung aus Kuhmilch ist zwar nicht gerade großindustriell zu nennen, es kann aber sehr gut der Veranschaulichung dienen, denn inzwischen werden praktisch alle neuen Milchkuhanlagen mit einem Wärme-Rückgewinnungssytem ausgerüstet. Von den 35°C Eutertemperatur muß die Milch auf eine Transporttemperatur von 5°C abgekühlt werden – dabei heizen 2 l Milch 1,5 l Wasser auf 60°C auf. Das Wasser kann dann zu Heizzwecken usw. benutzt werden. In ähnlicher Weise funktionieren auch die vom BMFT geförderten Wärmerückgewinnungsanlagen für Gewächshäuser, welche mit Wärmepumpen, Wärmeaustauschern und -speichern ausgerüstet sind.
Zu erwähnen sind auch Pläne, die eine Nutzung von Industrieabwärme unterschiedlichster Herkunft zur Einspeisung in Fernwärmeschienen zum Inhalt haben. Besonders Kompressoren könnten hierfür sehr gut genutzt werden, denn diese stellen bis zu 94 % ihrer Energie als Abwärme zur Verfügung.
In kleinerem Maßstab experimentiert die AEG-Telefunken Mitte der 1980er Jahre mit der Abwärmerückgewinnung von Haushaltskühlschränken – ein 150 W Gerät würde etwa 3 kW/h Wärmeenergie zur Verfügung stellen.
Ein Abwärme-Projekt, das der besonderen Erwähnung bedarf, ist der Agrotherm-Versuch des Braunkohlekraftwerks in Neurath, nahe Köln. Auf einem 7 Hektar großen Feld wird dort im Oktober 1975 ein 70 km langes Kunststoffrohrnetz in 75 cm Tiefe und jeweils 100 cm Abstand verlegt, der Rohrdurchmesser beträgt 5 cm. Während sich das 30°C warme Wasser im Boden in einem geschlossenen Kreislaufsystem abkühlt untersucht man, ob die Erwärmung von landwirtschaftlich genutzten Bodenflächen tatsächlich verbesserte Erträge erzielt oder nicht.
Wie sich herausstellt, erreichte der Boden eine konstant um 8°C höhere Temperatur als die unbeheizte Vergleichsfläche - und der Mehrertrag betrug 69 %. An diesem Projekt beteiligen sich mehrere Firmen, die Federführung obliegt der August Thyssen Hütte AG, und das BMFT fördert das Ganze mit 11,5 Mio. DM. Neben dem genannten Mehrertrag werden bei diesem Versuch auch rund 27.000 Kubikmeter Wasser gespart, die sonst ein Naßkühlturm umweltbelastend verdampft hätte. Als negativ erweisen sich ein verstärkter Abbau von Humus sowie ein höherer Schädlingsbefall auf dem erwärmten Boden.
Mit etwa 2 Mio. t SKE weist die Glasindustrie den höchsten Energieeinsatz innerhalb der Verbrauchsgüterindustrie auf. Mit Hilfe des BMFT entwickelt die Zippe Industrieanlagen in Wertheim daher Ende der 1980er Jahre ein System zur Abwärmenutzung von Glasschmelzwannen, wobei die Fördersumme 785.000 DM beträgt. In dem Wärmetauscher werden Schmelzgut und Rauchgase in voneinander getrennten Schächten im Gegenstrom geleitet, wobei sich das aufbereitete Altglas auf 320°C vorwärmt, während die Abgastemperatur von 650°C auf 380°C absinkt.
Als weitere Beispiele für ganz besondere Quellen der Abwärmenutzung möchte ich die zwei folgenden nennen:
- das Bruchsaler Justus-Knecht-Gymnasium, das mit der Abwärme der Schüler beheizt wird, sowie
- das Krematorium Berlin-Wedding, das seine Abwärme ebenfalls zu Heizzwecken nutzt.
Interessanterweise werden in späteren Jahren auf anderswo ähnliche
Projekte umgesetzt, auf die ich noch zu sprechen komme. So erhält
die Firma Ruppmann
Verbrennungsanlagen GmbH aus Stuttgart im Jahr 2003 den
Auftrag, im Krematorium Dresden drei neue Einäscherungslinien
mit katalytischer Rauchgasreinigungstechnik zu installieren, womit
auch eine energetische Nutzung der Abwärme aus der Rauchgaskühlung
verbunden ist. Die gewonnene Wärme soll zur Unterstützung der Gebäudeheizung
genutzt werden. Im Februar 2005 geht die Anlage
in Betrieb.
Neben der Industrie ist inzwischen auch der kommunale Bereich von zunehmendem Interesse. Im Rahmen einer Studie des Bremer Energie-Konsens GmbH, die Anfang 2004 veröffentlicht wird, zeigt sich, daß die Abwasser-Wärme der öffentlichen Kanalisation für das Heizen von Gebäuden und die Bereitung von warmen Wasser wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll ist. Die Studie untersucht die Situation in Bremerhaven, wo täglich rund 17,5 Mio. Liter Abwässer mit einer Durchschnittstemperatur von 14°C anfallen. Das Verfahren wird besonders interessant, wenn kostengünstige Systeme einzelnen Haushalten erlauben, die Wärme des eigenen Abwasser zurückzugewinnen – ganz gleich, ob diese aus der Waschmaschine oder von einem warmen Sommerregen stammt. Die Reduktion der Wärme des Abwassers hat zudem den Vorteil, daß sich die darin befindlichen Keime weniger gut vermehren können.
Das Umweltministerium in Nordrhein-Westfalen trägt die Hälfte der Baukosten von 550.000 € für ein Pilotprojekt in Leverkusen, bei dem 40 Wärmetauscher in der Sohle eines Abwasserkanals etwa 4/5 der benötigten Heizwärme für eine benachbartes, 12.500 m2 großes Gesundheitszentrum liefern. Solche Systeme werden häufig der oberflächennahen Geothermie zugeordnet (s.d.).
Auch das Abwasser im 2.300 Kilometer langen Wiener Kanalnetz weist im Jahresschnitt eine Temperatur von 16°C auf, und selbst im Winter wird der Wert von 12°C nicht unterschritten. Doch nur dort, wo eine Mindestmenge von rund 90 Liter/Sekunde Abwasser fließen, macht die Energiegewinnung auch wirtschaftlichen Sinn. Die Österreich-weit erste Pilotanlage zur Energiegewinnung aus dem öffentlichen Kanalnetz wird im Sommer 2006 in Blumental in Betrieb genommen und soll bis Frühjahr 2008 optimiert werden. Sie versorgt das Hauptquartier von 160 Mitarbeitern und einer Nutzfläche von 4.900 m2 der neu errichteten Betriebsaußenstelle Süd der Stadt Wien. Unter der Außenstelle wird ein 30 m langer Wärmetauscher in den dort verlaufenden Kanal eingebaut, und eine Wärmepumpe nützt den Temperaturunterschied zwischen Abwasser und Außenluft. Im Winter wird dem fließenden Abwasser Wärme zur Beheizung des Gebäudes und zur Warmwasseraufbereitung entzogen, während im Sommer der umgekehrte Effekt zur Kühlung des Gebäudes genutzt wird. Die Anlage liefert rund 190 kWh Heizleistung und 150 kWh Kühlleistung.
Äußerst naheliegend klingt die Erfindung von Philip Lee aus Singapur, die im Oktober 2007 in der Presse kursiert: Er nutzt die heiße Abluft von Klimaanlagen um Brauchwasser zu erwärmen – und dabei auch noch die Umwelt zu entlasten.
Eine clevere Idee bildet auch die Power-Pipe Technologie der in Waterloo, Ontario, beheimateten Firma RenewABILITY Energy Inc., bei der es sich um Bänder schmaler und flacher Kupferrohre handelt, die schräg parallel um ein zentrales Abflußrohr gewickelt werden, um dessen Abwärme aufzunehmen. Die erreichbaren Einsparungen sollen zwischen 5 % und 10 % betragen. Angeboten werden die Power-Pipes in drei Modellen – als 36“, 48“ bzw. 60“ lange Rohre, deren Preise von 600 bis 1.000 Kanadische $ reichen, einschließlich der Installationskosten. Ein typisches 60“-Rohr kann die Kaltwassertemperatur von 10°C auf 24°C anheben.
Die staatliche schwedische Immobilienverwaltung Jernhuset gibt Anfang 2008 bekannt, daß sie mit der Körperwärme der etwa 250.000 Menschen, die täglich den Stockholmer Hauptbahnhof passieren, künftig ein Bürogebäude beheizen will. Statt die Wärme nach draußen zu leiten, soll diese über das Belüftungssystem nutzbar gemacht werden und die Heizkosten eines Bürogebäudes, das bis 2010 in Bahnhofsnähe fertig gestellt werden soll, um bis zu 20 % verringern. Das von Klas Johnasson 2006 erstmal vorgestellte Konzept sieht vor, die aufgewärmte Luft der Bahnhofshallen durch Ventilatoren zu großen unterirdischen Wassertanks zu leiten, um diese aufzuwärmen. Das warme Wasser fließt dann ins Heizsystem des 100 m entfernte Gebäudes.
Tatsächlich wird im Juni 2010 das Vorzeigeprojekt Kungsbrohuset eröffnet, ein 13-stöckiges und 27.000 m2 großes Bürogebäude unmittelbar am Stockholmer Hauptbahnhof. Es zeigt sich bereits im ersten Jahr, daß sich etwa ein Fünftel der Heizkosten einsparen lassen, und dies mit einer Investition, die nur 40.000 € an Mehrkosten verursacht hat.
Kommerzielle Abwärme-Generatoren, die aus industrieller Restwärme Strom machen, bietet ab Mitte 2008 die Firma ElectraTherm Inc. aus Reno, Nevada, an, deren Technologie auf einem patentierten Twin Screw Expander beruht. Die Prüfung des 50 kW Modells der ElectraTherm Green Machine an der Southern Methodist University (SMU) in Dallas, Texas, übertrifft die Erwartungen des 2005 gegründeten Unternehmens, da sie eine Ausgangsleistung von über 50 kW erreicht.
Die Firma Cyclone Power Technologies Inc. aus Pompano Beach, Florida, arbeitet ab 2008 wiederum an einer patentierte Cyclone WHE (Waste Heat Engine) an, eine regenerative Rankine Cycle Wärmekraft-Maschine, die mechanische Energie durch Erwärmen und Abkühlen von Wasser in einem geschlossenen Kreislauf mit Kolben-basierten Motorsystem erzeugt. Sie ist auch als Schoell Cycle Motor bekannt. Es ist eine selbst startende Maschine, die bei niedrigem Druck und in niedrigem Temperaturbereich mit Wärme aus praktisch jeder Quelle arbeitet.
Bis das Unternehmen seine ersten Produkte verschiffen kann, dauert es aber noch etwas. Erst im März 2010 liefert Cyclone Power eine Beta-Einheit an Robotic Technology, als Teil eines von der DARPA geförderten Projektes – und Mitte des Jahres eine gleichartige Anlage an seinen ersten Kunden, die Firma Bent Glass Design Inc. in Hatboro, Pennsylvania.
Mitte 2008 stellt das Bundesumweltministerium 5 Mio. € aus dem Umweltinnovationsprogramm für ein Pilotprojekt der Stadtwerke Karlsruhe zur Verfügung, die in Zusammenarbeit mit der ortsansässigen Mineralölraffinerie Oberrhein (MiRO) planen, die im Raffinerieprozeß entstehende Abwärme mit Hilfe neuartiger Plattenwärmetauscher zur Fernwärmeversorgung der Stadt zu nutzen. Bisher wurde die Fernwärme mit fossilen Brennstoffen wie Steinkohle und Erdgas größtenteils in Kraft-Wärme Kopplung erzeugt, wobei Niedertemperatur-Abwärme entsteht, die bislang nicht nutzbar war. Die Abwärme aus der Raffinerie entspricht dabei einer Wärmemenge, die 20.000 Haushalte benötigen.
Das Start-up-Unternehmen ORCan Industries entwickelt auf Basis des Organic Rankine Cycle (ORC) Prozesses eine Art Mini-Dampfkraftwerk, das an LKWs und Bussen angebracht wird und aus deren Abwärme Energie gewinnt, wobei es die Ingenieure des Unternehmens geschafft haben, den Prozeß schon bei 100°C anstatt bei bisher 300°C in Gang zu setzen. Durch das Modul sollen bis zu 10 % Sprit eingespart werden können. In der Kategorie ‚Marathon’ des Münchener Businessplan Wettbewerbs 2008 erreichte das Team ORCan Industries den ersten Platz. Ende des Jahres wird das System erstmals von einem Busunternehmer im Allgäu getestet, wo sechs Schulbusse mit den mobilen Kraftwerken ausgestattet werden.
Die meisten bestehenden Wärme-Harvesting-Technologien sind erst bei Temperaturen oberhalb von 150°C effizient, weshalb die die Firma Ener-G-Rotors aus Schenectady (später: Rotterdam), New York, Technologien entwickelt, die speziell Wärme zwischen 65°C und 150°C nutzen können.
Das Unternehmen ersetzt die Turbine in einem typischen elektrischen Generator durch einen sogenannten Gerotor (auch: trochoidal gear engine, TGE), der nahezu reibungsfreie funktionieren soll und im Grunde aus zwei konzentrischen Rotoren besteht, deren innerer an einer Achse befestigt ist, während der äußere eine Art darum liegenden Kragen bildet. Das Unternehmen erwartet, mit der relativ einfachen Verdrängungsvorrichtung 10 % bis 15 % der Niedertemperatur-Abwärme in Strom umwandeln zu können. Im Jahr 2009 gewinnt die patentierte Technologie den ‚Most Promising Technology Award’ des Cleantech Forum XXI.
Ende 2008 meldet die Presse, daß nun auch in der schwedischen Stadt Halmstad die Wärme eines Krematoriums recycelt werden soll.
Im März 2009 kommt ein neuer, patentierter Wärmetauscher namens EcoDrain auf den Markt, der mit dem Abwasser einer heißen Dusche das ankommende kalte Wasser vorwärmt und damit den Wärmebedarf um 25 % bis 70 % senkt. Das relativ einfache Produkt der 2005 gegründeten gleichnamigen Firma EcoDrain aus Montreal, Quebec, verfügt über eine Wärmetauscher-Einheit mit innerer Antihaftbeschichtung, um das Absetzen von Seife, Haaren oder anderem Abfall zu verhindern. Es erfordert auch nur minimalen Wartungsaufwand, da es keine beweglichen Teile enthält. 2011 wird ein EcoDrain-Wärmetauscher in dem Solar Decathalon Beitrag der Ohio State University installiert, die in jenem Jahr aber nicht zu den Gewinner gehört (mehr darüber im Kapitel zur solaren Architektur).
Auch ein Pilotprojekt der Südbayerischen Portland-Zementwerk Gebr. Wiesböck & Co. GmbH im bayerischen Rohrdorf wird von Bundesumweltministerium mit rund 5,5 Mio. € gefördert. Laut Meldungen vom Mai 2009 soll das Unternehmen mit Hilfe eines neuartigen Kraftwerkes künftig aus den bei der Zementherstellung entstehenden heißen Rauchgasen Strom erzeugen.
Im Juli 2010 gibt es ausführlichere Informationen über das Projekt: Mit der Errichtung des neuen Abhitzekraftwerks mit Wärmerückgewinnungsanlage in der Nähe von Rosenheim ist ein Konsortium aus der Siemens-Division Industry Solutions und der Kawasaki Plant Systems Ltd. beauftragt worden. Nach Fertigstellung im April 2012 soll das 6,8 MW Kraftwerk ein Drittel des Strombedarfs des Zementwerks decken.
Im August 2009 verlautet eine Meldung aus Fürth, wo das Rathaus bald mit Wärme aus Abwasser beheizt werden soll – und damit zum „ersten europäischen Rathaus mit Wärmegewinnung aus Dreckwasser wird“, wie sich Oberbürgermeister Thomas Jung ausdrückt. An dem Projekt wird seit 2007 gearbeitet. Der Abwasserkanal unter der Kaiserstraße transportiert sommers wie winters pro Sekunde etwa 150 l Abwasser mit einer Durchschnittstemperatur von 15°C. Mit einer Wärmepumpe soll die Temperatur auf 50°C angehoben werden, was ausreicht, um den Verwaltungssitz zu heizen. Nur bei extremer Kälte müßte dazu auch die alte Gasheizung anspringen. Die Kosten des Projekts betragen 400.000 €, von denen die Kommune nur 12,5 % selbst bezahlen muß, den Rest trägt der Bund.
Für ein ähnliches Pilotprojekt der Emschergenossenschaft und der Stadtwerke Bochum GmbH stellt das Bundesumweltministerium rund 240.000 € zur Verfügung. Hier soll künftig allerdings nicht ein Rathaus, sondern das Schwimmbad Nordwestbad Bochum mit Wärme aus Abwasser beheizt werden. Da in Bochum ein neuer Mischwasserkanal gebaut wird, soll die Wärme des Abwassers nun mit Hilfe eines 120 m langen Wärmetauschers, der in den neuen Kanal eingebaut wird, zurückgewonnen und genutzt werden. Die Abwassertemperatur liegt selbst in den Wintermonaten noch bei rund 12°C und wird die notwendige Vorlauftemperatur von 50°C bis 55°C mit Hilfe einer Wärmepumpe erreichen, wobei der Strom für den Antrieb der Wärmepumpe sowie Wärme für die Trinkwassererhitzung durch ein BHKW erzeugt wird.
Als Beispiel für ein Projekt, bei dem die Abwärme von Datenzentren als Energiequelle zur Beheizung von Wohnhäusern genutzt wird, ist der im Oktober 2009 veröffentliche Ansatz des international tätigen Technik- und Managementberatungskonzern WSP Group, der sich für die Umsetzung mit dem britischen Rechenzentrums-Betreiber Telehouse Europe zusammen tut. Das Datenzentrum Telehouse West in London, dessen Fertigstellung für 2010 geplant ist, soll für das umliegende Wohnviertel rund 9 MW an Wärmeenergie produzieren.
Aus Helsinki kommt im Dezember 2009 die Nachricht, daß hier Anfang 2010 das ‚grünste Rechenzentrum auf dem Planeten’ in Betrieb gehen soll, welches sich in einer Höhle unterhalb der Uspenski-Kathedrale befindet, und dessen überschüssige Wärmeenergie genutzt werden soll, um 500 Häuser in der Stadt zu beheizen. Die Wärme wird dabei in das nah vorbeiführende Fernwärmenetz eingespeist.
Ein ähnliches Projekt war schon im Mai aus den USA gemeldet worden, wo an der University of Notre Dame in Indiana die Abwärme der Server ihrer Hochleistungs-Computer-Abteilung genutzt wird, um das historische Gewächshaus der Stadt South Bend zu beheizen. Dabei wird recht unkonventionell vorgegangen: Die Universität packt ihre Server in einen Standard-Transportcontainer, der neben dem Gewächshaus aufgestellt wird, welcher Kakteen und anderen Wüstenpflanzen beherbergt, wobei die erwärmte Luft durch einen Trichter in den Wintergarten geleitet wird. Ein win-win-Situation, denn die Universität reduziert ihre Kühlkosten von jährlich 100.000 $ - während die Stadt etwa 70.000 $ an Heizkosten für das Gewächshaus einspart.
Im Juni 2012 hört man von einer weiteren Umsetzung aus Deutschland, wo der IBM-Rechner SuperMUC, Europas mächtigster Supercomputer, ein innovatives Kühlkonzept verpaßt bekommt, das Wasser anstelle von Luft verwendet, um die Zehntausenden von Mikroprozessoren bei optimale Arbeitstemperatur zu halten. Die erwarteten Energieeinsparungen betragen bis zu 40 %. Das neue System, das die Komponenten 4.000 mal effizienter kühlen soll, wird während der Wintermonate allerdings auch den Campus des Leibniz-Rechenzentrums in München beheizen.
Im Oktober 2009 kommt wieder einmal das Thema Krematorium in die Presse – diesmal aufgrund einer entsprechenden Umsetzung in Taiwan. Hier wird Elektrizität, die bei der Verbrennung von Leichen entsteht, für den Betrieb der Klimaanlage genutzt. Das Büro für Begräbnisdienste in Taipeh investiert umgerechnet 163.000 € aus Fördermitteln der taiwanesischen Hauptstadt in die neue Anlage, welche die Hitze, die bei Einäscherungen frei wird, in Elektrizität umwandelt, mit der die Klimaanlage und die Kaffeemaschinen in der Ruhezone des Krematoriums betrieben werden. Außerdem spart die neue Technik umgerechnet 315 € an monatlichen Stromkosten. In Zukunft soll den gewonnenen Strom auch für die Lichtanlage verwendet werden.
Um die Themenvielfalt nicht zu weit zu streuen, füge ich hier – unabhängig von der chronologischen Auflistung – die weiteren Projekte an, die sich mit der Wärmerückgewinnung aus Krematorien beschäftigen.
Im November 2009 verlautet, daß auch Verwaltung der britischen Grafschaft East Sussex möchte die Verbrennungshitze eines Krematoriums nutzen, wobei man hier noch denkt, damit die europaweit erste derartige Anlage zu konzipieren. Die neuen Generatoren sollen im Sommer 2010 installiert werden. Bislang kostet das Gas zur Verbrennung der Leichen etwa 25.000 £ pro Jahr, ohne daß dessen Wärme weiter genutzt werden konnte.
Anfang 2011 zieht die britische Stadt Redditch in Worcestershire nach, welche nun auch überschüssige Energie aus einem Krematorium nutzen will, um damit ein öffentliches Schwimmbad zu heizen. Die Entscheidung des Stadtrats im Februar fällt positiv aus, obwohl die Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst (Unison) den Vorschlag als „krank und eine Beleidigung der Anwohner“ bezeichnet hatte. Die potentielle Ersparnis bei den Heizkosten für das Schwimmbad soll etwa 14.500 £ pro Jahr betragen (~ 16.500 €).
Ende des Jahres hört man eine ähnliche Meldung auch aus Durham, wo zwei der Brenner mit Turbinen zur Stromerzeugung aufgerüstet werden sollen. Hier plant man, die überschüssige Energie an das nationale Stromnetz zu verkaufen.
Im Laufe des Jahres 2012 soll auch die neue Unternehmenszentrale der Bestattung Wien direkt beim Zentralfriedhof bezogen werden können. Für die hier geplante Heizung soll ebenfalls die Abwärme des Krematoriums genutzt werden – zumindest zusätzlich, da sich die Verwaltung aufgrund von Protesten genötigt sieht zu betonen, daß das neue Krematorium in jedem Fall über eine normale Gasheizung verfügen wird. Allerdings gäbe es Überlegungen, die Restenergie, die nach dem Aufheizen des Krematoriums übrig bleibt, auch zur Beheizung des Gebäudes zu verwenden. Einen Anschluß an die Fernwärme werde es auf keinen Fall geben, und auch von einer Beheizung mittels Leichen könne keine Rede sein.
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