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Solarhäuser und solare Bauelemente

Schwerpunkt Solarfenster (3)


Das Jahr 2012 beginnt mit einer Meldung im Januar über den Prototyp eines Smart Window der Firma Samsung, der erstmals auf der CES 2012 vorgestellt wird. Das Unternehmen hatte im Vorjahr bereits eine flexible, transparente OLED-Technologie gezeigt, die vermutlich die Grundlage der neuen Entwicklung bildet – bei der sich Touchscreens überall da anbringen lassen, wo bisher nur durchsichtige Fenster für die Aussicht nach draußen sorgen.

Smart Window von Samsung

Smart Window von Samsung

Der gezeigte Prototyp nutzt als Stromquelle das Sonnenlicht und ist mit verschiedenen App-Prototypen ausgestattet. Dabei kann von draußen nicht gesehen werden, was man sich drinnen auf seinem Fenster gerade ansieht. Diesese Form von Smart Windows kann nicht nur an Häusern, sondern auch in Autos, auf Tischen in Restaurants, an Schaufenster usw. angebracht werden.

Im Grunde ist geplant, mit dem Smart Window schon in den nächsten Monaten in Massenproduktion zu gehen – was sich dann aber wohl stark verzögert, denn noch Mitte 2016 ist nicht klar, wann der transparente 46 Zoll Touchscreen auf den Markt kommt und wie viel er dann kosten wird.


Im Februar 2012 folgt ein Bericht, dem zufolge Forscher der Stanford University um Prof. Mark Brongersma ein neues Verfahren zur Herstellung von Geweben aus Nanodrähten entwickelt haben, was u.a. zu kostengünstigen Solarfensterbeschichtungen führen könnte. Diese Nanodrähte sind eindimensionale Streifen aus Halbleitermaterialien mit nur etwa einem Tausendstel der Breite eines menschlichen Haares. Um sie miteinander zu verschweißen, müssen sie allerdings einer hohen Hitze ausgesetzt werden, die sie dabei beschädigen kann.

In dem in der Zeitschrift Nature Materials veröffentlichten Beitrag zeigt das Team eine vielversprechende neue Nanodraht-Schweißtechnik, bei der die Drähte mit einem einfachen Lichtstoß verschmolzen werden. Dies geschieht mittels Plasmonen, also Dichtewellen von Elektronen, die entstehen, wenn Licht unter bestimmten Umständen auf die Oberfläche eines Metalls trifft.

Das Licht erzeugt die Plasmonenwellen an dem Ort, an dem sich zwei Nanodrähte treffen, was einen ‚Hot Spot‘ schafft, der aber nur existiert, wenn sich die Nanodrähte berühren, aber nicht mehr, nachdem sie verschmolzen sind. Bei dem selbstbegrenzendenVerfahren bleiben der Rest der Drähte und das darunterliegende Material unbeeinflußt, was es den Ingenieuren ermöglicht, das Material mit mehr Präzision, Kontrolle, Geschwindigkeit und Energieeffizienz zu erwärmen.

Um das Potential der Entdeckung zu demonstrieren, tragen die Forscher ihr Nanodrahtgewebe auf ein Stück Saranfolie auf und trocknen es. Nach der Beleuchtung bleibt eine ultradünne Schicht aus geschweißten Nanodrähten übrig, die nahezu transparent ist. Auch nachdem das Netz wie ein Stück Papier zusammengeknüllt und wieder entfaltet wird, behält das Material seine elektrischen Eigenschaften bei.

Obwohl die Forschung wird vom Center for Advanced Molecular Photovoltaics (CAMP) der Stanford University unterstützt und von der King Abdullah University of Science and Technology (KAUST) finanziert wird, ist später nichts mehr darüber zu hören.

Smart Window der Stanford University

Smart Window
der Stanford University

Erst im August 2017 verlautet seitens der Stanford University, daß ein Team um Prof. Michael McGehee nun ein experimentelles ‚intelligentes Fenster‘ entwickelt habe, bei dem die Nachteile und Mängel anderer Smart Windows behoben sind. Die neue Version besteht aus zwei Glasplatten mit einer dazwischen geklemmten transparenten Folie aus elektrisch leitfähigem, mit Platin-Nanopartikeln modifiziertem Indiumzinnoxid.

Im neutralen Zustand bleibt das Fenster relativ klar und läßt etwa 80 % des einfallenden Lichts durch. Wird jedoch ein elektrischer Strom angelegt, tritt aus den Kanten eine Lösung aus, die Ionen von Kupfer und einem anderen Metall enthält, verteilt sich über das Zinnoxid und blockiert das Licht, so daß nur noch weniger als 5 % durchkommen.

Im Gegensatz zu den bestehenden Smart Windows, die teilweise über 20 Minuten zum Dimmen benötigen, eine blaue Färbung haben und bei wiederholtem Gebrauch weniger undurchsichtig werden, wechselt das zum Patent angemeldete neue Fenster innerhalb von nur 30 Sekunden zwischen klaren und undurchsichtigen Zuständen, ist farbneutral und hält über 5.000 Schaltungen ohne Verschlechterung der Lichtdurchlässigkeit stand.

Bisher sind die Prototypen nur etwa 25 cm2 groß, obwohl das Team bereits an der Skalierung der Technologie arbeitet – und hofft, daß das fertige Produkt nur etwa halb so viel kosten wird, wie andere intelligente Fenster.


Einer im März 2012 veröffentlichten Studie der International Window Film Association (IWFA) ist zu entnehmen, daß eine umfassende Analyse der Fensterfolien ergab, daß sie für Kalifornier die kostengünstigste Wahl zur Energieeinsparung bei der Nachrüstung von Häusern und Gebäuden sind, da die Amortisationszeit für Fensterfolien auf weniger als zwei Jahre veranschlagt wurde.

Die IWFA ist ein 1991 gegründeter und in Martinsville, Virginia, beheimateter Branchenverband von Fensterfolien-Herstellern und -Händlern, der sich an Verbraucher und Fachleute richtet, die mehr über die vielen Vorteile von Fensterfolien erfahren möchten.

Die vom Energie-Beratungsunternehmen ConSol aus Sacramento durchgeführte Analyse verglich die Installation von Fensterfolien an bestehenden Gebäuden mit anderen Energiespartechniken wie der Modernisierung von HLK-Anlagen, der Luftabdichtung und der Hinzufügung von Deckendämmungen. Demnach müßten bei über 70 % der Gebäude und Wohnungen in Kalifornien, die vor 1980 gebaut wurden, die Fensterfolie bei jeden Sanierungsprojekt ganz oben auf der Liste stehen.

Im Februar 2016 erweitert die IWFA übrigens ihre globale Präsenz durch die Integration der im Jahr 2000 gegründeten, in Brüssel ansässigen European Window Film Association (EWFA), die aus sechs Herstellern besteht, die alle auch Mitglieder der IWFA sind: 3M, Eastman Chemical Co., Hanita Coatings, Johnson Window Films, Madico Window Films und Solar Gard. Zudem soll der EWFA bald auch die in China ansässige KDX Window Film beitreten.


Ebenfalls im März 2012 veröffentlichen die Fachblogs Berichte über eine fensterbasierte Gewinnung von Sonnenenergie, an der Mark Bissett im Rahmen seiner Promotion an der Flinders University in Adelaide seit vier Jahren arbeitet und die auf einer sehr dünnen Schicht aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen beruht, die auf Glas aufgesprüht werden kann.

Eine Prototyp-Solarzelle als Funktionsnachweis besteht aus zwei Platten aus elektrisch leitfähigem Glas mit einer dazwischen angeordneten Schicht aus funktionalisierten, einwandigen Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Da die Nanoröhrchenschicht nur zwischen 100 – 200 nm dick ist und die beiden Glasscheiben nur 60 µm voneinander entfernt sind, bleibt die Zelle weitgehend transparent.

Bislang erreichen selbst die besten Zellen im Labor eine Effizienz von nur knapp 1 %, weshalb noch viel Arbeit erforderlich ist um die Effizienz soweit zu verbessern, daß sie auf einem industriellen Niveau wettbewerbsfähig werden. Wenn alles nach Plan läuft, könnte die neue Technologie innerhalb der nächsten zehn Jahre auf den Markt kommen.

Während Bissett anschließend an der Kyushu University in Japan unterrichtet, wird die Arbeit an der Flinders University von einer Forschungsgruppe um Prof. Joe Shapter weiterverfolgt. Diese Gruppe veröffentlicht im Februar 2015 einen im Netz einsehbaren Bericht unter dem Titel ‚Nanocarbons for mesoscopic perovskite solar cells‘, in dem sie den aktuellen Stand ihrer Forschung beschreibt – wobei von stromerzeugenden Fenstern aber nichts mehr zu hören ist.

Im November 2017 wird dagegen aus dem National Renewable Energy Laboratory (NREL) gemeldet, daß hier mit Förderung durch das DOE seit fast einem Jahr an Fenstern gearbeitet wird, deren Technologie exakt den obigen Spezifikationen entspricht: einwandige Kohlenstoff-Nanoröhrchen und Perowskit, die auf die Wärme des Sonnenlichts reagieren, indem sie das Fenster in seinen getönten Zustand versetzen. Diesmal sind es Wissenschaftler um Nathan Neale, Lance Wheeler und Robert Tenent, die sich damit beschäftigen.

Die Zustandsveränderung des bleihaltiges Perowskit-Solarfensters, das bei einer Temperatur von 60°C von transparent auf opak umschaltet, ist auf einen Komplex mit einer organischen Verbindung namens Methylamin zurückzuführen, der vom Perowskit bei kühleren Temperaturen in der Mitte der Solarzelle gebildet wird. Im erwärmten Zustand verdampft das Methylamin und löst sich vom Perowskit, wodurch sich dieser verdunkelt und das Sonnenlicht absorbiert. Wenn die Wärme abgeführt wird, wandert der Methylamindampf in den Perowskit zurück und macht ihn wieder transparent.

Die aktuellen Daten nennen eine Transparenz von 68 % im klaren Zustand, während das verdunkelte Fenster nur noch 3 % des Sonnenspektrums hindurch läßt. Der Wirkungsgrad der Solartechnik beträgt 11,3 %, die Farbwechselzeit etwa drei Minuten. Zu den größten Nachteilen zählt, daß der Wirkungsgrad schon nach gut 20 Zyklen sinkt, wahrscheinlich weil das Methylamin den Perowskit nicht vollständig in seine ursprüngliche kristalline Anordnung zurückführt.

Das Team konzentriert sich nun darauf, die Langzeitstabilität zu verbessern, indem ein anderes Perowskit-Rezept verfolgt wird, das ohne die chemische Reaktion des Methylamins schalten kann. Der Weg zur Kommerzialisierung der Technologie war bereits im Vorjahr im Rahmen eines zweimonatigen Programms namens ,Energy I-Corps’ erforscht worden, bei dem Wheeler und Tenent ihre Technologie der Einfachheit halber SwitchGlaze nannten.

Funktion des Perowskit-Solarfensters

Funktion des
Perowskit-Solarfensters

Im Januar 2018 wird berichtet, daß der NREL-Chemiker Peidong Yang, der auch Professor am Lawrence Berkeley National Laboratory der University of California in Berkeley ist, gemeinsam mit Jia Lin und einem Dutzend weiterer Wissenschaftler ein thermochromes Perowskit-Solarfenster auf der Basis von Halogenidperowskit-Materialien geschaffen haben, das zwischen einem durchsichtigen und einem eingefärbten, photovoltaisch aktiven Zustand hin- und hergeschaltet werden kann, ohne daß es Methylamin enthält.

Zur Herstellung des Prototypen wird eine rund 200 nm dünne Schicht eines speziellen Perowskits auf einem durchsichtigen Glasträger deponiert. Bei Raumtemperatur läßt das Solarfenster mehr als 80 % des sichtbaren Lichts hindurch. Wird es allerdings Temperaturen von über 100°C und Sonneneinstrahlung ausgesetzt, färbt es sich orangerot – und verwandelt sich gleichzeitig in eine Solarzelle mit einem Wirkungsgrad von gut 7 %.

Verantwortlich für diesen Wandel ist ein Phasenwechsel der Perowskitschicht: Im durchsichtigen Zustand sind die Kristalle in einer kubischen Struktur angeordnet und weitestgehend durchsichtig. Bei einer Temperatur von 105°C bildet sich jedoch eine weniger transparente Kristallstruktur aus, die für etwa zwei Drittel des sichtbaren Lichts undurchlässig und zugleich photovoltaisch aktiv ist. Auf Raumtemperatur abgekühlt und etwas Feuchtigkeit ausgesetzt, läßt sich dieser Phasenwechsel wieder umkehren, und das Solarfenster wird abermals durchsichtig.

Die Versuche zeigen, daß dieser Wechsel schon beim Prototypen einige Dutzend Male ohne große Verluste des Wirkungsgrads möglich ist. Vor einer kommerziellen Umsetzung muß jedoch die bisher relativ hohe Phasenwechseltemperatur gesenkt werden. Auch die für das reversible Schalten notwendige Feuchtigkeit könnte die Stabilität der Perowskit-Schichten auf Dauer beeinträchtigen.

Da sich die Zusammensetzung von Materialien aus Perowskit allerdings stark variieren läßt, soll nun in weiteren Studien eine Materialmischung ohne diese Nachteile gefunden und auch der Wirkungsgrad gesteigert werden. An einer Variante, die zwischen 50°C und 60°C schaltet, wird bereits gearbeitet. Die Forscher werden zudem nach alternativen Wegen suchen, den reversiblen Übergangseffekt auszulösen, beispielsweise durch Anlegen einer Spannung oder durch das Engineering der Feuchtigkeitsquelle.

Es dauert genau ein Jahr, bis Wheeler im Januar 2019 verkündet, daß man ganz von vorne beginnen würde. Der bisherige Weg, ein schaltbares energieerzeugendes Fenster herzustellen, sei der einfachste gewesen, doch nun soll der beste Weg gefunden werden – und nicht der einfachste oder bequemste. Insbesondere muß das Gerät problemlos 50.000 Mal schalten können, und nicht nur 20 – 30 mal, wie es derzeit im Labor der Fall ist.

Das Building Technologies Office des DOE wird Wheeler und seinem Team, dem David Moore, Emily Warren, Rob Guglielmetti und Prof. Colin Wolden neu beigetreten sind, drei Jahre lang Mittel zur Verfügung stellen, um grundlegende wissenschaftliche Fragen zu beantworten und die Technologie der SwitchGlaze-Fenster zu perfektionieren. Im Idealfall könne die Industrie die Sache dann übernehmen und auf den Markt bringen.


Auch an der Molecular Foundry des renommierten und schon mehrfach erwähnten Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL) wird mit Unterstützung des DOE an Smart Windows gearbeitet, wie im März 2012 verlautet. Hier wird eine Beschichtung entwickelt, die aus einer dünnen Lage von Indiumzinnoxid-Nanokristallen besteht, die in eine glasartige Matrix aus Nioboxid eingebettet ist. Diese kann sichtbares Licht übertragen und nahes Infrarotlicht blockieren. Der transparente Halbleiter Indiumzinnoxid wird im übrigen oft bei Plasma-, e-Ink- und berührungsempfindlichen Bildschirmen verwendet.

Von der Beschichtung wird an einem kalten Tag das sichtbare und das nahinfrarote Licht durchgelassen, so daß sich das Gebäude schneller erwärmt. Wird es außen aber heiß, bleibt die Übertragung von sichtbarem Licht durch das Anlegen von ein paar Volt bestehen, während bis zu 35 % der wärmeerzeugenden Nahinfrarotstrahlung blockiert werden. Wird die Spannung weiter verstärkt, blockieren die Kristalle weiterhin die Wärme, während sich das Nioboxid verdunkelt und auch das Licht abschirmt.

Die Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof. Delia J. Milliron von der University of Texas at Austin (UT Austin) arbeitet bereits seit einigen Jahren daran, die Smart Window-Technologien zu entwickeln, die die Kosten senken und die energiesparenden Materialien in die Reichweite der Verbraucher zu bringen. Im Oktober 2011 hatte das Team einen Bericht unter dem Titel ‚Tunable Infrared Absorption and Visible Transparency of Colloidal Aluminum-Doped Zinc Oxide Nanocrystals‘ veröffentlicht.

Anfang Dezember 2012 werden die Arbeiten an den ‚Low Cost Solution Processed Universal Smart Window Coatings‘ mit einem ARPA-E-Zuschuß in Höhe von 3 Mio. $ belohnt, um eine weitere Verbesserung der Leistung und eine Senkung der Produktionskosten elektrochromer Fensterbeschichtungen zu ermöglichen, die reversibel zwischen drei Zuständen umschalten können: transparent, wärmeabweisend und wärme- und lichtblockierend.

Smart Window des LBNL

Smart Window des LBNL

Die Forscher um Milliron und das Berkeley Lab gründen 2012 mit ihrer Spin-off-Firma Heliotrope Technologies Inc. ein eigenes Unternehmen mit Sitz in Oakland (später: Alameda), um an der kommerziellen Entwicklung energieeffizienter elektrochromer Fensterbeschichtungen zu arbeiten, die Verarbeitung der Nanokristallschichten zu perfektionieren und die Funktionalität des Materials zu verbessern.

Bereits im November wird die Heliotrope Technologies – deren Name auf eine eine rosa-purpurne Blume zurückgeht – zum Gewinner der NOVA Innovation Competition 2012 erklärt, einem Energieeffizienz-Wettbewerb, was mit einem Barpreis von 50.000 $ verbunden ist. Im Folgejahr wird die Innovation zudem mit dem R&D 100 Award 2013 ausgezeichnet.

Die beschriebene Funktionalität ist eine Weiterentwicklung der bisherigen Arbeiten, die von den Heliotrope-Gründern in Zusammenarbeit mit den LBNL-Wissenschaftlern Stephen Selkowitz und Arman Shehabi durchgeführt worden waren. Dieses Team hatte entdeckt, daß Nanokristallschichten die Transmission von Nahinfrarotstrahlung (NIR) selektiv modulieren können, ohne die sichtbare Transparenz zu beeinträchtigen. Dieser optische Effekt beruht auf den Veränderungen der plasmonischen Eigenschaften der Nanokristalle durch den Einsatz eines kleinen elektrischen Impulses.

Die Wissenschaftler fanden dabei eine synergistische Interaktion in dem winzigen Bereich, in dem die glasartige Matrix auf Nanokristalle trifft, welche die Wirksamkeit des elektrochromen Effekts erhöht, so daß sich dünnere Beschichtungen verwenden lassen, ohne die Leistung zu beeinträchtigen. In der Abbildung bilden die Nanokristalle aus Indiumzinnoxid (hier blau dargestellt), die in eine glasartige Matrix aus Nioboxid eingebettet sind (grün), ein Verbundmaterial, das mit einem kleinen Stromstoß zwischen NIR-übertragenden und NIR-blockierenden Zuständen wechseln kann.

Nanokristalle Grafik

Nanokristalle
(Grafik)

Im August 2013 befinden sich die Heliotrope-Forscher in der Anfangsphase der Kommerzialisierung ihrer Technologie, die mehr als 50 % der Wärme und 70 % des sichtbaren Lichts stoppen kann und dabei auch nach 2.000 Ein- und Ausschaltzyklen stabil bleibt. Es werden aber noch Wege gesucht, die Kosten zu senken. Eine Möglichkeit könnte darin bestehen, das teure Indiumzinnoxid durch billigere Kristalle auf Zinkbasis zu ersetzen, die sich bereits im Labor bewährt haben.

Das Unternehmen ist inzwischen weit über die bisherige Forschung hinausgegangen, um die Technologie praktisch und marktreif zu machen. So verwendet diese jetzt z.B. einen Festkörperelektrolyten und soll bereits relativ kostengünstig hergestellt werden können. Die Umschaltung zwischen den Modi braucht etwa 1 W und einige Minuten, was mit der Geschwindigkeit vergleichbar ist, mit der aktuelle elektrochrome Glasprodukte ihre Helligkeit ändern.

Das Ziel von Heliotrope ist es, das Smart Glass zum halben Preis des aktuellen elektrochromen Glases oder weniger anzubieten, d.h. für etwa 100 $ pro Quadratfuß, um dadurch im Vergleich zu herkömmlichen Fenstern wettbewerbsfähig zu werden. Die Firma will nun Muster ihres Produkts für ihre Produktionspartner herstellen, die bis Ende des Jahres getestet werden sollen. Unter der Voraussetzung, daß das Unternehmen gefördert wird, möchte es 2014 mit seinen Partnern Pilotprojekte starten und bis 2017 in den kommerziellen Markt eintreten.

Die Heliotrope besitzt auf das Smart Glass zwar kein Patent, da dieses vom LBNL gehalten und nicht-exklusiv an Heliotrope lizenziert wird, doch die Forscher, welche die neue dreiphasige Glastechnologie entdeckt haben, arbeiten alle mit Heliotrope zusammen, was der Firma einen immensen Wettbewerbsvorteil verschafft, auch wenn sich Mitbewerber die gleichen Patente lizenzieren lassen.

Außerdem schaffen es die ‚smarten Nanokristalle‘ im August sogar auf die Titelseite des US-Magazins nature. Die Heliotrope hat bis zu diesem Zeitpunkt 2 Mio. $ Startkapital von anonymen individuellen Geldgebern und institutionellen Unternehmen eingeworben und plant, im ersten Quartal 2014 eine erste Risikofinanzierunsrunde einzuleiten. Tatsächlich ist danach aber lange nichts mehr zu hören.

Im August 2016 wird allerdings berichtet, daß Milliron und ihr UT Austin-Team in Zusammenarbeit mit der European Synchrotron Radiation Facility, dem französischen CNRS und der spanischen Ikerbasque ein neues Fenstermaterial entwickelt haben, das einen effizienten Niedertemperatur-Fertigungsprozeß verwendet, der das Einbetten von Nioboxid in eine Kunststoffschicht einfacher und kostengünstiger macht. Die bisherige Methode der Einbettung in Glas, die hohe Temperaturen erforderte, war dagegen sehr ineffizient und hatte das Ergebnis spröde und unflexibel gemacht.

Zusätzlich zu seiner Fähigkeit, als Beschichtung auf gekrümmte Glasoberflächen aufgebracht zu werden, verdunkelt sich der neue Polymerfilm schneller und verbraucht weniger Energie, da die Atome hier statt in einem amorphen Zustand in einer linearen Struktur angeordnet sind, die es den Ionen ermöglicht, freier zu passieren.

Neben der unmittelbaren Anwendung bietet der Polymerfilm neue Erkenntnisse darüber, wie solche Materialien entstehen und sich verhalten, womit es eines Tages möglich sein könnte, daraus z.B. effizientere Superkondensatoren herzustellen. In der Zwischenzeit soll das Niedertemperaturmaterial weiterentwickelt werden, um seine Leistung im Vergleich zu den Hochtemperaturversionen zu verbessern.

Die Heliotrope meldet sich erst im September 2018 zurück, als sie ihre nun NanoEC genannte Smart Glass Technologie gemeinsam mit der Partnerfirma Oran Safety Glass (OSG) auf der InnoTrans 2018 in Berlin erstmals öffentlich vorstellt. Die beiden Unternehmen arbeiten bereits seit einigen Jahren zusammen.

Im Oktober folgt eine Präsentation auf der Glasstec 2018 in Düsseldorf, diesmal gemeinsam mit der Glaston Corp., mit der seit Ende 2015 eine Kooperation besteht. Die beiden Firmen haben zusammen eine dynamische Verglasungslösung für die Einführung im Massenmarkt zu einem wettbewerbsfähigen Preis entwickelt. Zudem spielt Glaston eine entscheidende Rolle bei der Planung und Inbetriebnahme der Prototyp-Produktionslinie von Heliotrope in Alameda, wo die Montage von beschichtetem NanoEC-Glas zu Smart Pane Units (SPUs) erfolgt.

Da das Projekt planmäßig voranschreitet, bereiten Glaston und Heliotrope den kommerziellen Start der ersten Pilotlinie in der ersten Jahreshälfte 2019 vor, um die Produkte für den Wohn- und Gewerbebau dann in Europa auf den Markt zu bringen. Im Februar 2019 unterzeichnen die Heliotrope und die italienische Firma MornagoGlass Srl (Mornago) einen Vertrag über die Herstellung von Isolierglaseinheiten, in denen die dimmbare NanoEC Smart Glass-Technologie integriert ist. Der tatsächliche Marktgang sollte also nur noch eine Frage der Zeit sein.

HeliaFilm

HeliaFilm

Auch die Einweihung der ersten Fertigungslinie des 2006 gegründeten Dresdner Startups Heliatek GmbH erfolgt im März 2012. Die transparente und farbige Solarfolie des Firma ist dünner als ein Millimeter, ultraleicht und biegsam. Der HeliaFilm besteht aus einer Schicht organischer Moleküle, die bei sehr niedrigen Temperaturen auf eine flexible PET-Folie abgeschieden werden, ohne daß dabei gefährliche oder knappe Rohstoffe benötigt werden.

Die Produktion erfolgt auf der ersten Rolle-zu-Rolle Produktionsanlage und ist äußerst kostengünstig, so daß die energetische Amortisationszeit lediglich drei Monate beträgt. Dabei ist der Wirkungsgrad der Folie äußerst hoch: Mit einer Zelleneffizienz von 13,2 % für opake, d.h. nicht transparente, organische Solarzellen hält die Heliatek derzeit den Weltrekord. Bei einer Transparenz von 50 % beträgt der Wirkungsgrad immer noch 6 %.

Über die allgemeine Entwicklung der Firma bis 2012 habe ich bereits im Kapitelteil über Organische Solarzellen berichtet, weshalb es hier nicht wiederholt werden muß (s.d.).

Im Juni 2012 gibt die Heliatek bekannt, daß ihre transparenten Solarfolien auch zwischen die Glasscheiben von Isolierglasfenstern integriert werden können. Diese Solarfenster würden dann wie getöntes Glas aussehen, da die Dampfabscheidetechnologie für die Solarfolien eine homogene ohne störende Muster oder Unregelmäßigkeiten ermöglicht. Der gegenwärtige Transparenzgrad von bis zu 40 % soll zum Start der nächsten Produktionslinie im Jahr 2014 auf 50 % erhöht werden.

Die ersten Muster-Folien aus der gegenwärtigen Fertigungslinie in Dresden werden ab Mitte 2012 mit künftigen Kunden der Glas- und Baustoffbranche zusammen für Pilotprojekte und im Prototypenbau verwendet. Um die Solarfolien auch auf Betonwänden zu integrieren, war bereits im Februar mit der deutschen RECKLI GmbH, einem weltweit führenden Hersteller von elastischen Formen für Betonfassaden, eine Entwicklungsvereinbarung geschlossen worden. Gemeinsam soll eine Fassade in Spanien mit den Solarfolien verkleidet werden.

Laut Meldungen vom Februar 2013 hat Heliatek allerdings ein wichtiges Ziel verfehlt, da die ersten Solarprodukte für mobile Anwendungen eigentlich schon im Herbst 2012 auf den Markt kommen sollten.

Fassade der Firma Heliatek

Fassade der Firma Heliatek

Die ersten Serienprodukte werden Ende 2013 ausgeliefert, während das Unternehmen dabei ist, über eine 3. Finanzierungsrunde die 60 Mio. € zu beschaffen, die für die geplante zweite Produktionslinie mit einem Ausstoß von 75 MW im Jahr benötigt werden.

Im September 2014 schließt die Heliatek eine Finanzierungsrunde C mit 18 Mio. € ab – und gibt im Oktober  die Inbetriebnahme ihrer bislang größten gebäudeintegrierten OPV-Anlage mit HeliaFilme-Folien bekannt – an einer nach Osten ausgerichteten Fassade der Dresdner Zentrale, um den überlegenen Erntefaktor unter weniger als idealen Einbaubedingungen zu demonstrieren. Die Folien wurden hierzu von dem Geschäftspartner AGC Glass Europe in Glas laminiert.

Im Dezember folgt die erste Solarfolien-Lieferung nach China, wo sie auf dem Gelände von Reckli China in PuDong, Shanghai, in Betonfassadenelemente integriert und an einer nach Osten, Westen und Süden ausgerichteten Fassade installiert werden.

Ein neuer Anwendungsbereich in der gebäudeintegrierten organischen Photovoltaik wird im  Januar 2015 erschlossen, als der HeliaFilm gemeinsam mit der PARANET-Deutschland GmbH auf der Außenhülle einer Traglufthalle mit PVC Membran in Berlin installiert wird. Bei dem Pilotprojekt wird die Folie in 2 × 2 m großen Quadraten auf einer Gesamtfläche von ca. 50 qm angebracht und soll mit einer Leistung von 1,4 kW ca. 5 % des jährlichen Energiebedarfs decken. Langfristiges Ziel der Zusammenarbeit ist es, Traglufthallen ohne Netzanschluß aufstellen zu können.

In der Folgezeit werden diverse weitere Projekte umgesetzt, darunter der belgische Pavillon auf der Weltausstellung Expo 2015 in Mailand unter dem Motto ‚Den Planeten ernähren, Energie für das Leben‘. Das Dach des im Mai eröffneten Pavillons, dessen Herzstück eine große geodätische Struktur aus Glas ist, wird mit HeliaFilm-Glaselementen bedeckt, die von der AGC laminiert sind, und die das Gebäude gleichzeitig verschatten und mit Strom versorgen.

Ebenfalls im Jahr 2015 wird am Hauptsitz der RECKLI GmbH in Herne, Deutschland, Europas erste solaraktive Betonwand eingeweiht. Die von RECKLI selbst entworfene Fassade ist auf die HeliaFilm-Solarfolien abgestimmt und stellt einen neuen Ansatz der gebäudeintegrierten PV-Technik dar.

RECKLI-Betonsolarwand

RECKLI-Betonsolarwand

Das Ergebnis des gemeinsamen Entwicklungsprojekts von RECKLI und Heliatek, das auf eine Fläche von 3,50 x 16,80 m aus drei Reihen Betonmodulen mit vertikal montierter integrierter Solarfolie besteht, hat eine installierte Leistung von 1 kW und soll rund 500 kWh Strom pro Jahr liefern, die von RECKLI direkt genutzt werden.

Im Juli 2016 berichtet die Presse, daß nun auch das ägyptische Metallunternehmen Kandil Steel seine Produkte mit den HeliaFilm-Solarfolien ausrüstet und künftig stählerne Fassadenelemente anbieten wird, die mit den organischen Solarzellenfilmen beklebt sind. Nachdem das Unternehmen die ersten 20 m2 erhält, installiert es die Hälfte davon an der Lagerhalle am Hauptsitz in Kairo um zu testen, wie sich die Folie unter der intensiven ägyptischen Sonne verhält. Im September kann die Heliatek eine weitere Finanzierungsrunde mit 80 Mio. € abschließen.

Von fensterintegrierten Solarfolien ist allerdings nur noch im Juni 2017 einmal die Rede, als diese – zusätzlich zur Plazierung auf den Zement-Fassadenelementen an der Südseite – in AGC-Fenstern am Eingang des Gebäudes der ENGIE Laborelec in Linkebeek eingesetzt werden. Das belgische Energie-Forschungszentrum hält seit 2016 einen 6,6 %-igen Anteil an der Heliatek, und bei dem Projekt soll in erster Linie die Gebäudeintegration der Technologie unter realen Betriebsbedingungen getestet werden.

Die Firma akquiriert im Oktober 2017 weitere 15 Mio. € bei neuen und bestehenden Investoren, um dem Plan einer neuen Rolle-zu-Rolle Produktionsanlage am Standort Dresden näher zu kommen, deren jährliche Produktionskapazität, wenn vollständig hochgefahren, 1 Mio m2 Solarfilm betragen soll. Die offizielle Eröffnungsfeier der Linie findet schließlich im August 2019 statt, und die kommerzielle Herstellung der HeliaFilm-Folien darauf soll nun Mitte 2020 beginnen.


Im Juli 2012 schließt Jan Willem Wiegman an der TU Delft seinem Master in Angewandter Physik mit einer Forschung über stromerzeugende Fenster ab, bei denen der Strom mit lumineszierenden Solarkonzentratoren erzeugt wird. Bei diesen Fenstern wird eine dünne Schicht (z.B. eine Folie oder Beschichtung) aus Leuchtmaterial auf die Fenster aufgetragen, die das Sonnenlicht absorbiert und es dann auf schmale Streifen von Solarzellen am Umfang des Fensters leitet (s.o. bei Richard Lunt).

Dabei berechnet Wiegman den Zusammenhang zwischen der Farbe des verwendeten Materials und der maximalen Leistung, die erzeugt werden kann. Obwohl die Sache später nicht weiter verfolgt wird, kann sich der Jungforscher immerhin über einen von drei UfD-Cofely Energy Awards und 2.500 € freuen.


Berichten vom August 2012 zufolge haben nun auch Forscher der University of California, Los Angeles (UCLA) um Prof. Yang Yang eine transparente Hochleistungs-Solarzelle entwickelt, die in Zukunft in Fensterscheiben Strom erzeugen soll. Die Polymer-Solarzelle (PSC) absorbiert vor allem Infrarotlicht, kein sichtbares Licht. Dadurch wird sie fast 70 % transparent für das menschliche Auge.

Die aus Plastik-ähnlichem Material bestehenden PSCs sind von geringem Gewicht, biegsam  und können in großer Stückzahl zu geringen Kosten produziert werden. Aktuelle Prototypen erreichen bei einer Transparenz von 66 % einen Wirkungsgrad von 4 %.

Bei einer vertiefenden Recherche erwies sich jedoch, daß die von Yang entwickelten Zellen schon im Jahr 2005 eine vom NREL bestätigte Effizient von 4,4 % erreicht hatten und ab dem Folgejahr bereits von der kalifornischen Firma Solarmer Energy Inc. hergestellt wurden. Weshalb die obige Meldung zu diesem Zeitpunkt in den Fachblogs auftaucht, ist daher nicht nachvollziehbar. Mehr darüber findet sich im Kapitelteil der verschiedenen PV-Technologien unter unter Polymer-Solarzellen (s.d.).


Im September 2012 erhält ein europäisches Konsortium unter bayerischer Leitung rund 3,4 Mio. € Fördermittel der EU, um während einer Projektlaufzeit von 36 Monaten das ‚Fenster der Zukunft‘ zu entwickeln. Das Projekt HarWin (‚Harvesting solar energy with multifunctional glass-polymer windows‘) hat sich zum Ziel gesetzt, Leichtbaufenster aus neuartigen Polymer-Glas-Verbundmaterialien zu entwickeln, die den Energieverbrauch von Gebäuden durch eine ‚intelligente‘ Nutzung von Tageslicht drastisch senken.

Die Projektpartner – fünf Forschungsinstitutionen und sechs Industrieunternehmen aus Deutschland, Finnland, Belgien, Polen, Großbritannien und der Schweiz – werden von Prof. Monika Willert-Porada an der Universität Bayreuth koordiniert.

Die Grundlage für HarWin legte ein Bayerischer Forschungsverbund, der ab Dezember 2009 von der Bayerischen Forschungsstiftung mit 2,2 Mio. € gefördert wurde: Im Rahmen von FORGLAS (Bayerischer Forschungsverbund Multifunktionale Werkstoffe aus Glas für energieeffiziente Gebäudetechnologien) hatte Willert-Porada zusammen mit 16 Projektpartnern einen Teil der Materialien entwickelt, die nun bei HarWin zum Einsatz kommen sollen.

Konkretes Ziel ist es, mit Hilfe von neuen glasbasierten Zusätzen die Wärmeleitung von laminierten und beschichteten Glasscheiben zu senken und gleichzeitig eine Schalldämmung zu ermöglichen. Das neue Verbundglas nutzt hierzu Glaspartikel, die Licht, je nach Bedarf, absorbieren oder reflektieren. Zudem sollen Materialien verwendet werden, die sich zur Wärmespeicherung und -abgabe eignen, womit teure Mehrfachverglasungen überflüssig werden sollen. Die Partner streben eine direkte industrielle Umsetzung der Ergebnisse an. Ich konnte bislang aber nicht darüber finden.


Im Mai 2013 wird auf der Automotive Engineering Exposition 2013 in Yokohama der Prototyp einer neuartigen stromfreien, passiven Glasscheibe ausgestellt, die an jedem Fenster befestigt werden kann und die Menge an Sonnenlicht verringert, die im Sommer durchgelassen wird, wird in diesem Juni berichtet.

Die von Forschern des japanischen National Institute of Advanced Industrial Science and Technology (AIST) und der Firma Sumitomo Chemical Co. Ltd. entwickelte Scheibe besteht aus zwei transparenten Platten, die miteinander verbunden sind und die unterschiedlichen Winkel nutzen, aus denen das Sommer- bzw. Winterlicht auf das Fenster treffen.

Da die Sommersonne hoch am Himmel steht, trifft ihr Licht das Fenster in einem größeren Winkel und wird automatisch reflektiert. Das Wintersonnenlicht, das in einem Winkel von weniger als 30° auf das Fenster trifft, kann hingegen direkt und störungsfrei hindurchgehen.

Die Scheiben sind noch in der Entwicklung, sollen aber im Laufe der nächsten Jahre von Sumitomo auf den Markt gebracht werden. Was anscheinend nicht hinhaut, denn später ist nie wieder etwas darüber zu hören.


Interessante Nachrichten gibt es im Juni 2013, als in den Fachblogs über die sogenannte SONTE Folie berichtet wird, die sich auf Fenster aufbringen und mit einem im Lieferumfang enthaltenen WLAN-Modul verbinden läßt, um dann mittels eines Smartphones mit nur einem Fingertip auf die dazugehörige App von 70 % durchsichtig auf milchig/undurchsichtig umgeschaltet zu werden. Dabei werden bis zu 99 % des UV-Lichts absorbiert und über 80 % des Infrarot reflektiert.

SONTE Folie

SONTE Folie

Der Umschaltvorgang der nur 0,4 mm dicken Folie benötigt nur eine Sekunde, wobei im ausgeschalteten, undurchsichtigen Modus keine, und im eingeschalteten, transparenten Modus eine Leistung von weniger als 5 W/m2 erforderlich ist. Allerdings wird kein einziges Wort über die Technik gesagt, der die Folie zugrunde liegt. Der Stromverbrauch verweist jedenfalls auf eine elektrochromatische Technologie hin.

Der Spaß hat seinen Preis: Für ein nur 50 x 50 cm großes Stück der WLAN-Folie werden 65 $ fällig, ein 4 m2 großes Stück für eine größere Fensterfront schlägt mit 748 $ zu Buche. Um mit der Produktion beginnen zu können, suchen die Entwickler über Kickstarter nach Unterstützern – was augenscheinlich erfolgreich verläuft, denn bis Juli 2013 beteiligen sich 459 Personen mit insgesamt 237.291 $, obwohl der Zielbetrag bei nur 200.000 $ lag.

Die in El Cerrito, Kalifornien, beheimatete Firma SONTE wird von Bernard Kwan gegründet, der im Laufe des Jahres 2014 Niederlassungen in Australien, Hong Kong und Europa aufbaut und – ohne Nachweise dafür zu erbringen – behauptet, bereits „über 50 zufriedene Kunden betreut und den SONTE-Film an über 100 Standorten auf der ganzen Welt installiert zu haben.“

Nach einer letzten internen Meldung im Januar 2015 an die Kickstarter-Unterstützer ist von der ganzen Angelegenheit jedoch nichts mehr zu hören, und einzig die SONTE USA ist 2018 noch im Netz präsent, ohne daß sich jedoch nachprüfbare Umsetzungen finden lassen.


Ebenfalls im Juni 2013 wird ein beheizbares Glas namens ESG Thermic vorgestellt, mit der sich Fenster von der Hauptwärmeverlustquelle im Haus in eine Heizquelle umwandeln lassen. In den Kommentaren wird es als „das am wenigsten nachhaltige Bauprodukt bezeichnet, das je erfunden wurde“ – schließlich soll es bis zu 500 W/m2 verbrauchen. Es soll hier nur kurz zur Abrundung des Themas erwähnt werden.

Die britische Glasverarbeitungsfrma ESG verwandelt hierzu die Innenscheibe einer Doppelverglasung in ein transparentes Heizelement, das eine effektive Strahlungswärme liefert, während die Außenscheibe eine reflektierende Beschichtung bekommt und dadurch Energie sparen soll. Mit seinen unsichtbaren und platzsparenden Funktion macht das Glas unansehnliche Heizkörper überflüssig, wie das Unternehmen argumentiert.

Einigen Erfolg hat die Technologie bei Museen, die zum Schutz ihrer Kunst und Artefakte ein hochfeuchtes Raumklima aufrechterhalten müssen, wobei diese Feuchtigkeit auf kaltem Glas in Form von Beschlag oder Reif kondensiert. Die beheizten Gläser bieten die Möglichkeit, die Temperatur von Glas in Fenstern und Oberlichtern zu regeln, so daß die Feuchtigkeit in der Luft bleibt und nicht auf dem Glas landet.

Ein ähnliches Produkt namens Thermique, das allerdings nur 25 W/m2 benötigte, war übrigens schon einmal im April 2008 in den Blogs erschienen. Es wird ab 2002 und auch weiterhin von der in Chicago beheimateten Firma Thermique Technologies LLC hergestellt – seit Mitte 2006 eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Engineered Glass Products (EGP, vor 2004: Marsco Manufacturing) –, als kondensationsfreie Scheiben für den Einsatz in Architekturfenstereinheiten sowie für transparente, beheizbare Verkaufsvitrinen, Handtuchhalter und Toaster.

Zur Erinnerung: Das erste beheizbare Glas wurde 1931 von der Protes Glass Co. entwickelt und für Autos angeboten, war jedoch kein Erfolg. Erstmals eingesetzt wird das elektrisch beheiztes Glas dann im Zweiten Weltkrieg, um zu verhindern, daß die Windschutzscheiben von Flugzeugen bei kaltem Wetter und in großen Höhen überfrieren und die Sicht beeinträchtigen. In der Luftfahrt wird es zu diesem Zweck noch immer verwendet. Seit etwa Mitte der 1980er wird es auch in der Architektur eingesetzt, um Kondensation zu vermeiden.


Ein weiteres elektrisch beheizbares Glas, welches in Gebäuden für Behaglichkeit sorgt und Zug und Kältegefühl eliminiert, heißt EGLAS und stammt von dem Großglshersteller Saint-Gobain. Das Spezialglas kann als Isolierglas oder als Verbund-Sicherheitsglas produziert werden, es kann den Schnee schmelzen, Wasserkondensation entfernen oder als Hauptheizquelle dienen.

Das Funktionsprinzip basiert auf der Anwendung zweier Faktoren: elektrischem Strom und einer leitenden Beschichtung, welche eine der Glasoberflächen bedeckt.


Im Juli 2013 berichten die Blogs, daß die ukrainische Elektrotechnik-Studentin Anastasiia Iefanova als Teil ihres Master-Abschlusses bei Prof. Mahdi Farrokh Baroughian an der South Dakota State University eine einfache Methode entwickelt hat, mit der Fensterscheiben Energie erzeugen könnten. Durch ihr Diplom-Studium an der National Aerospace University in der Ukraine hatte Iefanova bereits Erfahrung mit Solarzellen für den Weltraum.

Nachdem sie verschiedene Techniken ausprobiert hatte, entwickelt die Forscherin ein kostengünstiges Verfahren, um eine Schicht aus Platin-Nanopartikeln auf FTO-(fluorine-doped tin oxide)-Glas zu sprühen. Der dünne Überzugs aus halbdurchsichtigen Solarzellen läßt einen Teil des Sonnenlichts durch, während ein anderer in Energie umgewandelt wird. Als Grundlage dient die sogenannte Grätzel-Zelle, die nicht auf Silizium, sondern auf Farbstoffen basiert.

Das Ergebnis ist ein leicht getöntes Glas. Der dünne Film ist teilweise lichtdurchlässig aber ebenso wie herkömmliche Schichten in der Lage, eine elektronische Ladung zu transportieren. Durch das dünnere Auftragen reduzieren sich zudem die Materialkosten um mehr als 90 %, obwohl die Effizienz erstaunlicherweise mit teureren, nichttransparenten Solarzellen vergleichbar ist.

Im Juli des darauffolgenden Jahres erscheint ihr Artikel ‚Transparent platinum counter electrode for efficient semi-transparent dye-sensitized solar cells‘, in dem eine Effizienz von 6,17 % genannt wird, doch dann wird es auch um dieses Projekt vollständig ruhig.


Ebenfalls im Juli 2013 ist zu erfahren, daß Forscher um Prof. Benjamin Hatton an der Harvard University in Cambridge, Massachusetts, die ersten Fensterscheiben entwickelt werden, die sich in brütender Hitze nicht erwärmen und die Hitze ins Haus lassen, sondern sich selbständig kühlen.

Hatton-Mikrokanäle

Hatton-Mikrokanäle

Das System der selbstkühlenden Fenster funktioniert durch ein Kreislaufsystem, das dem von Lebewesen ähnelt. So verfügen Menschen und Tiere über ein System von feinsten Blutgefäßen unterhalb der Hautoberfläche, die sich ausdehnen, wenn es dem Körper heiß wird. Das hat zur Folge, daß mehr Blut durch die Äderchen fließen und damit mehr Wärme an die Umgebung abgegeben werden kann.

Genau so enthält das Fenster-Kühlsystem äußerst dünne Kanäle, die in einer dünnen Folie aus klarem Silikonkautschuk gleich unterhalb der Außenfläche der Fensterscheiben liegen. Die Kanäle kreuzen sich, um ein gitterartiges Muster zu erzeugen. Während sie leer sichtbar sind, werden sie transparent, wenn sie Wasser enthalten, wie auf der Abbildung zu sehen ist.

Durch diese Kanäle wird Wasser mit einer niedrigen Temperatur gepumpt, wenn die Scheibe heiß wird, läuft durch die erhitzten Kanäle und transportiert die Wärmeenergie ab. Die Forscher sind überzeugt, daß das gleiche System auch bei der Kühlung von Solarpaneelen funktioniert und damit deren Wirkungsgrad stark verbessern könnte. Wobei noch die Frage offenbleibt, wie mit der Abwärme umgegangen werden soll.

Das System, das die Wissenschaft der Mikrofluidik mit bioadaptiver Technologie verbindet, verwendet ein von Matthew Hancock entwickeltes mathematisches Modell, welches die Effizienz des Systems für Standard-Fenster vorhersagt. Laut diesem Modell soll schon die kleine Menge von 0,25 l Wasser ausreichen, eine große Fensterscheibe (temporär) um 8°C abzukühlen. Die Forscher stehen nun vor der Aufgabe, das mathematische Modell mit architektonischen Energie-Modellen zu verknüpfen, um die potentielle Energieeinsparung für ein ganzes Gebäude bestimmen zu können.

Das Projekt entstand im übrigen aus dem Hansjörg Wyss Institute for Biologically Inspired Engineering in Harvard, wo die Forscher winzige Wasserkanäle zur Kühlung kleiner Medizin- und Forschungsgeräte nutzen. Ein Team unter der Leitung des Gründungsdirektors Don Ingber hatte einen Weg gefunden, die Kanäle zu vergrößern, um das Material ideal für den Einsatz bei Fenstern zu machen. Bislang läßt sich jedoch nichts darüber finden, und auch Hatton, der inzwischen Professor für Materialwissenschaften und Ingenieurwesen an der University of Toronto ist, scheint das Thema nicht weiter verfolgt zu haben.


Interessanterweise startet im September 2013 ein auf vier Jahre angelegtes europäisches Forschungsprojekt namens Fluidglas (‚Solar Thermal Glass Facades with Adjustable Transparency‘), bei dem das Konzept einer multifunktionalen, adaptiven solarthermischen Glasfassade geschaffen werden soll, die auf die Bedürfnisse der Nutzer der Gebäude reagiert, indem sie im Winter heizt und im Sommer kühlt und vor der Sonne schützt.

Das von der EU mit knapp 3,9 Mio. € geförderte Vorhaben, dessen Gesamtkosten auf rund 5,1 Mio. € beziffert werden, wird von Volker Ritter an der Universität Liechtenstein koordiniert. Auf deutscher Seite sind die TU München und die Universität Stuttgart dabei. Industriepartner sind u.a. die GlassX AG (s.u.), die MGT – Mayer Glastechnik GmbH und die Liechtensteiner Hoval AG.

Nachdem bis 2014 erste Versuche und Simulationen durchgeführt worden sind, wird bis 2015 ein erster Prototyp mit den Maßen 1,0 x 1,6 m gebaut und getestet. Im Laufe des Jahres 2016 erfolgt der Bau und Test eines zweiten Prototypen von 1,6 x 3,0 m Größe, die Herstellung eines Rahmens mit integrierten Rohren und Anschlüssen, sowie die Entwicklung des Separators/Dispensers und der optimierten Regelungsstrategie.

Wie bereits im Juli 2015 zu erfahren ist, haben die Forscher derweil ein Fenster mit drei Scheiben entwickelt, in deren Zwischenräumen Wasser zirkuliert. Im Winter wird die Flüssigkeit zwischen der inneren und mittleren Scheibe von der Heizung des Gebäudes erwärmt. Das Fenster strahlt dann großflächig Wärme ab, ähnlich wie eine Fußbodenheizung. Im Sommer fließt hingegen kaltes Wasser durch den Spalt, das die innere Scheibe kühlt. Dabei nimmt es Wärme aus dem Raum auf und leitet sie über Wärmetauscher in einen Speicher. Die Technologie erinnert damit ein wenig an die mit Wasser gefüllten Fenster von Frederick McKee aus dem Jahr 2000 (s.o.).

Selbstkühlendes Messedisplay

Selbstkühlendes
Messedisplay

Der Clou bei Fluidglas liegt aber zwischen der äußeren und mittleren Scheibe. Sobald an warmen Tagen Sonne auf das Fenster trifft, färbt sich das Wasser darin blitzschnell ein, was mittels winziger Metallpartikel geschieht, die die Wärmestrahlung reflektieren. Je stärker die Sonne scheint, desto mehr Partikel werden zugegeben. Ist dann wieder Klarsicht gewünscht, filtert ein Magnet die Partikel heraus – und der Vorgang kann bei bedarf erneut beginnen. Gesteuert wird das System mit Hilfe eines Algorithmus, der Faktoren wie Sonneneinstrahlung, Raumnutzung, Uhrzeit oder Wetterprognosen berücksichtigt.

Im Labor soll das Fluidglass-Konzept schon gut funktioniert, weshalb als nächste umfassende Praxistests anstehen. Bis dahin wird auf einigen Messen, wie auf der Glasstec 2016 in Düsseldorf oder der ISH 2017 in Frankfurt am Main, ein klobiges Vitrinenelement gezeigt, welches das das Konzept der schnellen flüssigen Einfärbung und Entfärbung demonstriert.

Der letzte Fluidglass-Workshop wird für den Juli 2017 geplant und findet in Nikosia, Zypern, statt; im August endet das Projekt offiziell. Aus den Projektergebnissen ist zu erfahren, daß zwei Kollektoren für Laborversuche entwickelt wurden, einer mit einer Flüssigkeitsschicht, ein zweiter mit zwei Flüssigkeitsschichten, die an einen Hydraulikkreislauf angeschlossen und  mehreren thermischen und mechanischen Tests unterzogen wurden.

Bis das System auf den Markt kommt, wird laut Ritter noch einige Zeit vergehen, der davon ausgeht, daß dies nicht vor 2018 der Fall sein wird. Tatsächlich ist aber auch beim Update dieses Kapitelteils Ende 2019 noch nichts davon zu sehen.


Es gibt zudem Entwicklungen bei Fenstern, die nicht direkt energetische Bezüge haben, hier aber trotzdem erwähnt werden sollen. So berichten die Forscher Seong-Hyun Lee vom Korea Institute of Machinery and Materials (KIMM) und Sang-Hoon Kim von der South Korea Mokpo National Maritime University (MNMU) im Juli 2013, daß sie mittels ‚akustischer Metamaterialien‘ ein Fenster entwickelt haben, daß den Lärm dämpft und gleichzeitig luftdurchlässig bleibt.

Die Air transparent soundproof window genannte Scheibe besteht aus zwei transparenten Acrylgläsern, die im Abstand von 40 mm montiert sind. Das entstehende Volumen dient als Resonanzkörper und sorgt dafür, daß Lärm von außen blockiert wird. Dies geschieht durch Rohre mit einem Durchmesser von 50 mm, die in die Scheibe eingelassen sind. Frische Luft kann durch sie problemlos einströmen, Schallwellen ‚verlaufen‘ sich hingegen in den Röhrenkonstruktionen.

Erste Tests ergeben, daß die Spezialscheibe für eine Dämpfung von 20 – 35 Dezibel sorgt. Dieser Schallabsorptionsgrad ist etwa fünf dB besser als bei einem herkömmlichen Doppelscheibenfenster aus Kunststoff, was den Lärm einer lauten Straße zu einem leisen Murmeln macht.

Durch Anpassen der Röhrendurchmesser lassen sich zudem bestimmte Frequenzen gezielt ausblenden. So könnte beispielsweise am Meer das Geräusch einer lauten Maschine ausgeblendet, das beruhigende Rauschen der Wellen hingegen durchgelassen werden. Da das Fenstermodul auch unter Wasser funktioniert, kann es ebenso Meeresbewohner vor dem Lärm durch Maschinen schützten.

Die Schallschutzfenster haben so einfache Grundlagen und Strukturen, daß es nicht lange dauern wird, bis sie auf den Markt kommen, hoffen die Forscher. Außer verschiedenen Wiederholungen der Meldung, die bis 2017 reichen, ist davon bislang aber nichts zu sehen.


Mit der im Oktober 2013 präsentierten neuen Folie Helios 80 nimmt die 1997 gegründete Solutia Inc. mit Sitz in St. Louis, Missouri, ein Tochterunternehmen der Eastman Chemical Co., eine Fensterfolie in ihr Angebot, die einen starken Hitzeschutz bietet, ohne daß die Sicht behindert wird oder die Optik des Gebäudes leidet.

Die Lichtdurchlässigkeit der Folie ist mit 77 % besonders hoch und ihre Reflexion ist nicht höher als bei normalen Fensterglas. Der hohe Grad an UV- und Infrarot-Blockierung schützt dgegen die Einrichtung und beugt das Ausbleichen durch Sonnenbestrahlung vor.

Die Fensterfolien zur Außenverlegung der Marke LLumar, die exklusiv in den USA hergestellt werden, sind aufgrund ihrer hervorragenden Qualität und Funktionalität bereits seit vielen Jahren führend auf diesem Gebiet. Der Firma zufolge können damit in Privathaushalten bis zu 40 % der Klimatisierungskosten gespart werden, in Gewerbeimmobilien sollen sich die Energiekosten jährlich um bis zu 15 % senken lassen.


Ebenfalls im Oktober 2013 stellen Yanfeng Gao und seine Kollegen von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS) neuartige, mit Vanadiumoxid (VO2) beschichtete Glasscheiben vor, welche als Reaktion auf die Umgebungstemperatur die solare Infrarotstrahlung regulieren und einen Teil des Lichts an Solarzellen streuen. Ihr Bericht ‚VO2 thermochromic smart window for energy savings and generation‘ ist im Netz einsehbar.

Smart Window der CAS Grafik

Smart Window der CAS
(Grafik)

Vanadiumoxid ist deshalb ein attraktiver Werkstoff für die Herstellung intelligenter Fenster, weil es reversible, temperaturabhängige Phasenübergänge durchläuft. Unterhalb einer kritischen Temperatur von 68°C ist das Material isolierend und transparent für Infrarotlicht, aber oberhalb davon dieser Temperatur wird es metallisch und reflektierend für Infrarotlicht.

Die üblichen energiesparenden Fenster, wie elektrochrome, thermochrome und gasochrome, funktionieren typischerweise durch äußere Impulse, die entweder ein elektrisches Feld, einen Hitzestimulus oder ein Gas beinhalten. In diesen Fällen ist es nicht möglich, die optische Leistung zu verändern, bei der die Solarenergie intelligent durchgelassen oder blockiert wird, um auf Umweltveränderungen zu reagieren und gleichzeitig Strom zu erzeugen.

Wann die Entwicklung dazu beitragen wird, die Energiekosten für Heizung, Beleuchtung und Kühlung von Gebäuden zu senken, können die Forscher noch nicht sagen. Im Juli 2018 erscheint zwar ein weiterer ausführlicher Bericht mit dem Titel ‚Thermochromic VO2 for Energy-Efficient Smart Windows‘, der ebenfalls im Netz zu finden ist, doch von einer praktischen Umsetzung ist bislang nichts zu sehen.

Für weitergehend Interessierte empfehle ich die im Netz einsehbare Dissertation von Marc Konstantin Dietrich an der Justus-Liebig-Universität Gießen aus dem Jahr ‎2015 mit dem Titel ‚Thermochromes VO2 für die Anwendung als Fensterglasbeschichtung‘.


Prof. Feng Lin vom Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL) berichtet wiederum in einer im April 2014 veröffentlichen Studie über die Untersuchungen seines Teams zum Verhalten des farbwechselnden Materials in Smart Windows, die sich verdunkeln, um das Sonnenlicht als Reaktion auf elektrischen Strom herauszufiltern, und die ähnlich wie Batterien funktionieren.

Intelligente Fenster bestehen bekanntermaßen aus mehreren Glasschichten, die ultradünne Schichten oder nanokristalline Beschichtungen von Materialien, wie beispielsweise Nickeloxid, miteinander verbinden. Wenn ein kleines elektrisches Feld angelegt wird, wandert die Ladung durch das Glas zu dem ultradünnen Material, das als Elektrode dient, und das Fenster schaltet von klar zu dunkel. Frühere Studien ergaben, daß die Wechselwirkung dieser speziellen dünnen Materialien mit dem umgebenden Glas strukturelle Veränderungen verursacht, die den Fluß der elektrischen Ladung durch das Glas erleichtern – eine Eigenschaft, die auch für Batterien von Vorteil ist.

Die Forscher installieren daraufhin ultradünne Schichten aus Nickeloxid als Anode in einer Lithium-Ionen-Batterie und verwenden die Synchrotronstrahlungs-Lichtquelle des Stanford Linear Accelerator Center (SSRL) und Geräte in anderen Labors, um die sich ändernden chemischen und dreidimensionalen Eigenschaften des farbwechselnden Materials in einer funktionierenden Batterie zu untersuchen. Dabei können sie erstmals genau sehen, was passiert, wenn die Lithiumionen der Batterie mit der Nickeloxidschicht in Kontakt kommen.

Die resultierende Reaktion breitet sich an mehreren Stellen aus. Es beginnt wie ein Samen, dann gibt es mehrere verschiedene Varianten für die Reaktion, und schließlich bildet sich ein metallisches Gerüst. Darüber hinaus beobachteten die Forscher, wie die Oberfläche des Nickeloxidmaterials beim Auf- und Entladen der Batterie quasi ‚atmet‘. Die Schicht wächst und baut sich an der Oberfläche auf, um dann wieder fast vollständig zu verschwinden.

Inwieweit die Forschungen einen Einfluß auf die weitere Entwicklung von Smart Windows haben, kann noch nicht gesagt werden.


Eine weitere Fenster-Sonderform wird im Juli 2014 vom Atlantic Cape Community College im Cape May County in New Jersey vorgestellt. Um das Problem der vielen Millionen Vögel anzugehen, die jedes Jahr bei Fensterkollisionen sterben, implementieren die Wissenschaftler eine einfache, aber innovative Lösung, die neben der Verringerung der Zahl toter Vögel auch noch die Energiekosten reduziert.

Der Grund, warum Vögel gegen Fenster fliegen, ist, daß sie darin ihr eigenes Spiegelbild sehen und daraufhin den ‚Eindringling‘ angreifen, um ihr Territorium zu schützen. Diese Form der sogenannten territorialen Aggression kann verhindert werden, indem die Fensterreflexionen vollständig eliminiert wird. Die Schätzungen der Opfer variieren zwischen mindestens 18 (Daniel Klem, 1990) und bis zu 115 Millionen Vögeln (Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten, 2017), die jährlich durch Glasfenster umkommen, wobei in letzterer Zahl nicht nur Wohnhäuser, sondern auch Hochhäuser und Wartehäuschen enthalten sind.

Die vogelfreundliche Fensterfolie namens CollidEscape, die in jedem bestehenden Gebäude implementiert werden kann, haftet auf der Glasaußenfläche des Fensters, das im allgemeinen sowohl hochreflektierend als auch wärmeleitend ist. Das mit der Folie kaschierte Glas erscheint für die Vogelaugen jedoch als undurchsichtig, während Tausende von kleinen Perforationen in der Folie reichlich Licht in den Innenraum dringen lassen, so daß es von innen fast transparent erscheint.

Außerdem isoliert die Folie das Glas so weit, daß sich dieses nicht erwärmt, was wiederum die Wärmeentwicklung um 50 – 60 % reduziert – und damit den Klimatisierungsbedarf, was der Hauptgrund dafür ist, die Folie an dieser Stelle zu erwähnen.

Dem Stand von 2019 zufolge bietet die Firma CollidEscape.org die CollidEscape - Guaranteed Produkte inzwischen als klare, weiße, gefärbte und bebilderte Folien an: Ein 1,5 x 1,5 m großes Stück beispielsweise kostet aktuell zwischen 83 $ (weiß) und 133 $ (gefärbt oder bebildert).

 

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