werkzeugTEIL B

VISION UND RELIGION


Während ich mich auf dem Dschungelpfad der überlappenden Bedeutungsfelder von Kreativität, Innovation und Intuition hindurch schlug, hallte ständig das Wort Offenbarung zu mir herüber.

Wem nun das Thema Religion nicht gefallen sollte, der möge bitte den jahrhundertelangen Wandel seines Begriffsinhaltes mit berücksichtigen. Leider ist der Begriff Glaube heute ja schon fast gleichbedeutend mit ‚Einfalt’. Was gar nicht so schlimm wäre, wenn man auch dieses Wort richtig verstehen würde. Denn das in-sich-einfalten, sich seinem Inneren zuwenden, also die Involution besitzt eine kreative Komplexität, die eine unerschöpfliche Kraft hervorzubrin­gen vermag und sogar vor Stopzeichen des Denkens nicht halt macht – wie dem christlichen Kreuz z.B., mit dem zur Abschreckung darauf genageltem Mann –, sondern weiterfragt, weitergeht und weitermacht. Und dann aus innerer Überzeugung heraus den Kampf aufnimmt, um Revolutionen anzuzetteln oder Reformen durchzusetzen.

Was die diversen Religionen heute noch als Glaubenslehre verkünden, das wird wohl bald schon als Wissenslehre in Erscheinung treten und nicht mehr von den Kanzeln, sondern von den Lehrstühlen herab verkündet werden. Denn diese Lehren beinhalten auch konkretes, umsetzbares Wissen, das weit über die ethische und moralische Wertebildung – oder gar Nahrungs- und Kleidungsvorschriften hinaus geht. Man muß es nicht als Vision bezeichnen, wenn ich behaupte, daß dieses Wissen entschlüsselt werden kann. Aber tief in mir besteht die Gewißheit, daß es mit diesem entschlüsselten Wissen möglich sein wird, ein System zu schaffen, mit dem wir Exergie schöpfen können.

Mit diesem System werden wir die Atomkraft und die fossilen Energieträger ablösen – und mit diesen auch die gesamte derzeitige Feuerkultur samt ihrem zerstörerischen Hitzefetischismus. Wenn ich dabei Beispiele aus dem Koran zitiere, dann in erster Linie, weil ich dieses Buch im Original lesen kann und nicht auf mehr oder minder gut verstandene Übersetzungen angewiesen bin. Das Versprechen einer Erlösung (oder auch Problemlösung, in der Sprache der Systemtechnik) beschränkt sich aber keineswegs auf die islamische Religion, sondern geht auch aus den Weltenplänen der verschiedensten spirituellen Richtungen hervor, und kann in allen religiösen, esoterischen, alchimistischen und anderen lichtanbetenden Vereinigungen erfragt und verifiziert werden (63). Wobei ich betonen möchte, daß ich hier weder für den Islam noch für irgendeine andere Religion Propaganda treibe. In diesem Sinne sollten wir eine klare Unterscheidung zwischen der individuellen Religiosität und den organisierten Religionen machen.

Vielleicht kann die folgende Darstellung unsere gegen­wärtige Lage etwas erhellen:

Ein Teil unseres Problems besteht darin, daß wir stets eine äußere Kontrolle für Systeme schaffen wollen, die man eigentlich durch innere Kräfte im Gleichgewicht halten sollte. Wir geben uns zu wenig Mühe, die inneren Ordnungskräfte zu erkennen, von denen das eigentliche Überleben einer Art abhängt, und so geschieht es häufig, daß wir sie unterdrücken. Wir ignorieren damit jedoch unsere eigenen Feedback-Funktionen. Auf den Menschen angewandt, umfaßt der Begriff ‚Feedback’ komplizierte und zumeist unbewußte Prozesse, sowohl im Sinne des Individuums als auch des Kollektivs. Daß Einzelwesen durch solche unterbewußten Kräfte beeinflußt werden können, wissen wir seit langem. Daß aber auch auf sehr viel breiterer Basis ähnliche Vorgänge in den sozialen Verbänden existieren, ist weniger bekannt. Sie erscheinen im allgemeinen nur latent, in Bevölkerungskurven, in der Geschichtsentwicklung oder in Veränderungen, die sich über Jahrhunderte erstrecken. Wir neigen dazu, solche Prozesse religiösen Kräften zuzuschreiben und vermeiden es, sie analytisch zu betrachten. (64)

Doch der Mensch ist ‚unheilbar religiös’, wie der russische Philosoph Nikolai Alexandrowitsch Berdjajew einmal festgestellt hat, womit er sublim auch an die Sucht-suggerierende marxistische Betrachtungsweise erinnert‚ Religion sei ,Opium fürs Volk'. Ich könnte dies vielleicht verstehen, wenn damit beispielsweise das unbeirrbare Festhalten an längst entladenen Batterien gemeint ist, die als ‚religiöse Kultgegenstände’ verehrt werden. Solche über 2.000 Jahre alten Batterien wurden im Zweistromland tatsächlich wiederentdeckt – und landeten erst einmal für Jahrzehnte im Bagdader Museumskeller in der Kiste für unbekannte Kultobjekte (65). Doch darüber mehr im Teil C unter Energiespeichern.

Es gibt aber auch eine ‚freundlichere’ Formulierung für diese starke Verbindung zwischen Mensch und Religion, und sie stammt sogar von einem Bischof:

 „Ins Zentrum der personalen Struktur gehört Religiosität. Der Glaube macht den Menschen unaustauschbar; er ist seine Identität.“ (66)


So gebe ich gerne zu, auch selbst ‚unheilbar religiös’ zu sein – allerdings im spirituellen Sinne, und keinesfalls rituell. Und deshalb komme ich auch zu der Schlußfolgerung, daß die bislang eher rückständige praktische Betrachtung religiöser Aussagen für einen signifikanten Anteil des Problems verantwortlich ist, das wir hier behandeln. Doch dies ist wohl immer so, wenn mangelnde Bereitschaft und Unverständnis verhindern, daß von Zeit zu Zeit alle bisherigen Ansichten und Theorien auf den Kopf gestellt werden. Und sei es auch nur, um zu sehen, ob nicht doch mal wieder etwas Neues aus all den Turbanen, Mitras, Kippas, Zauberhüten und Zylindern herausgekullert kommt...

Was allerdings die organisierten Religionen mit ihren Geboten und Verboten anbelangt, da bleibe ich dabei, „ein religiöses System als Hilfsmittel für die innere Entwicklung zu betrachten, dessen man sich so lange be­dient, wie man es braucht, und das man in aller Freiheit wählen darf“ (67). Denn wenn man diesen Weg stringent weiterverfolgt, dann findet auch hier alsbald ein Stufenwechsel statt, bei dem sich anschließend noch die letzten bislang un- oder mißverstandenen religiösen Formeln als bisher übersehene esoterische Schlüssel offenbaren. (68)

Der esoterische Schlüssel, der sich mir auf meinem Wege offenbarte, war und ist die Sprache. Mein Glauben basiert daher auf einer Selbsterkenntnis in sensorieller Verbundenheit mit meiner Umwelt, und auf der arabischen Sprache als Werkzeug zur Dekodierung der religiösen Kryptologie. Diese Bewußtheit gegenüber dem Geschehen in unserer Umwelt, sowie das Glück, den richtigen Hinweis zum richtigen Zeitpunkt erhalten zu haben, bildeten die rationalen Grundlagen für den vorliegenden Versuch einer technischen Umsetzung religiös definierter Texte.

Mir ist klar, daß ich mich mit derartigen Aussagen aufs Glatteis begebe. Wenn ich zum Beispiel von der arabischen Sprache, dem ‚Trans­portmittel’ des Islam behaupte, daß es für mich so aussieht, als sei diese Sprache konstruiert worden – und nicht entstanden. Ich würde mich jetzt liebend gerne noch viel mehr mit dem ‚Mehrzweck-Werkzeug’ dieser arabischen Zunge befassen, wie sie im Koran auch bezeichnet wird, um wenigstens für meine Behauptungen die entsprechenden Belege anzuführen. Da dies jedoch niemandem etwas bringt, der des Arabischen nicht mächtig ist, werde ich mich damit wohl besser zurückhalten.

Dafür rücke ich nun wieder das Spannungsfeld von Religion und Technik in den Vordergrund. In der Damaszener Zeitung Tischrin erschien am 25.05.1978 in der Rubrik Politische Protokolle aus den Hauptstädten der Welt ein Bericht mit der Aussage, daß Wissenschaft und Technologie in europäischen Kreisen getrennt vom religiösen Element betrachtet werden, und daß es sogar eine bewaffnete Strömung unter den Trägern des Technologie-Banners gibt, die das Ziel hat, die Wissenschaft und ihre Wege von jedem religiösen Ausgangs- oder Ansatzpunkt vollständig zu isolieren.

Ich kann mir zwar nicht vorstellen, um welche ‚bewaffnete Strömung’ es sich dabei handeln soll, doch der Grundtendenz dieser Aussage kann ich nicht widersprechen. Der Skeptizismus feiert in unserer Zeit fröhliche Urständ – ohne sich im geringsten darum zu scheren, wie viele Ideen und Innovationen er mit seinem Verhalten schon aus dem Schoß der Gesellschaft abgetrieben hat. Dabei ist es im Grunde doch gar nicht so schwer, sich neuen Ideen gegenüber aufgeschlossen zu zeigen.

Samuel Johnson nannte einmal ein einfaches Rezept für klares Denken, das ebenso gut für den klaren Blick funktioniert: „Zuerst einmal verbanne jedes ‚Es geht nicht’ aus deinem Geist!“ (69)

Erst dann sollten wir uns mit neuen Vorschlägen, Thesen und Ideen beschäftigen. Denn nur so sind wir auch in der Lage, frühere Überzeugungen kritisch zu überprüfen und diese – falls erforderlich – abzulegen oder zu ersetzen.

Außerdem macht es einfach keinen Spaß, mit Leuten zu reden, die ständig alles erst mehrfach hinterfragen müssen, selbst Satzstrukturen skeptisch auseinander nehmen und nicht einmal das geringste Quäntchen an Gewißheit zulassen wollen. Diesen Menschen möchte ich nur sagen: „Meine Skepsis ist intakt – bitte behalte Du die Deine (für Dich).“ (70)

Gegenüber meiner Motivation hege ich dagegen keinerlei Skepsis, und ich hoffe auch sehr, daß es mir bislang gelungen ist, den mitschwingenden ethischen Faden in hübschen und ansprechenden Mustern zur Schau zu stellen.

Denn das Phantastische soll ja gleichzeitig mit dem Realistischen wahrgenommen werden. Ja, ich will zur ‚Einheit’ hinleiten und auf Allah verweisen, der sich dem deutschsprachigen Leser wohl am besten in der Schreibweise ALL...ahhhhh! übermitteln läßt. Das ganze All – ein einziges Staunen! (71)

Doch genauso werden die Menschen auch über die Manifestation der religiösen Inhalte staunen, wenn die Exegese beendet ist und das Werk angegangen wird. Behaupte ich mal.

Der Leser soll sich schließlich mit Freuden Gedanken darüber machen, ob es nicht wirklich stimmt, daß „alle Behauptungen in gewissem Sinn wahr sind, falsch in gewissem Sinn, bedeutungslos in gewissem Sinn, wahr und falsch in gewissem Sinn, wahr und bedeutungslos in gewissem Sinn, falsch und bedeutungslos in gewissem Sinn, und wahr und falsch und bedeutungslos in gewissem Sinn“ (72) – jedenfalls in gewissem Sinn, nicht wahr?

Sind Sie doch jetzt nicht etwa verunsichert?! Nun, vom gleichen Autorpaar gibt es auch noch eine vereinfachte Version:

„Nichts ist wahr, wenn es Dich nicht zum Lachen reizt.“ (73)


Darf man denn über Religion überhaupt lachen? Freuen darüber darf man sich jedenfalls – auch über die deutsche Übersetzung der Offenbarung des Johannes:

„Die gekommen sind aus der großen Trübsal wird nicht mehr hungern noch dürsten; es wird auch nicht auf sie fallen die Sonne oder irgendeine Hitze; denn das Lamm mitten auf dem Thron wird sie weiden und leiten zu den lebendigen Wasserbrunnen; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen.“

 

Auch wir befinden uns auf dem Weg zu dem erquickenden lebendigen Wasserbrunnen ... den ich in Teil D noch ausführlich erklären werde. Zuvor jedoch noch das abschließende Kapitel dieses Teils – das sich um die geplante Innovation dreht (wenn es mal wieder nicht von alleine weitergeht).


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