Eine
außerordentlich praktikable Innovation wird durch ihre Anwendung – zuerst nur
langsam, dann aber um so schneller und sicherer – zu einem Stufenwechsel
führen. Wir werden diesen Begriff später auch in anderen Absätzen wiederfinden,
denn er bildet einen der wichtigsten neuen Begriffe der Wissenschaft.
Das allseits gut bekannte ‚Aha-Erlebnis’ ist nichts anderes als ein informeller Stufenwechsel, ein Sprung auf eine neue Organisationsstufe des Wissens, auf eine Stufe des Begreifens nach der vorausgegangenen Stufe des bloßen Betrachtens. Bei der intensiven Beschäftigung mit verschiedenen Themen erstaunt immer wieder die Erfahrung der Existenz und der Art und Weise der Zusammenhänge von zuvor scheinbar völlig zusammenhanglosen Dingen.
Die folgende Aussage beschreibt einen derartigen Stufenwechsel:
„Eine höhere Ebene wird erreicht, die Ströme der einzelnen Disziplinen scheinen in geringerem Abstand voneinander zu fließen, als entsprängen sie einer einzigen Quelle.“ (43)
Auch früher war
es schon so. Wichtiger als alle Kostbarkeiten, die der Welthandel
damals von fernen Völkern zu fernen Völkern brachte, war
die schwerelose Fracht der Karawanen: die Fracht der Ideen (44).
In unserer modernen Zeit haben insbesondere die neuen Kommunikationssysteme
zu einem Stufenwechsel beigetragen, und zwar zu einem ‚zeitlichen’.
Statt dem Ritus von Räucherwaren und Beschwörungen zu
frönen, wie sie bei Geisteranrufungen eine wichtige Rolle
spielten, drehen wir heute in magischer Reihenfolge an einer Wählscheibe
bzw. drücken auf einige
Tasten – und über ein wunderbares Übertragungssystem
aus Metallen, Halbleitern und Isolatoren tauschen wir mit Lichtgeschwindigkeit
unsere Ideen mit anderen Menschen aus. Dies kann wahrhaftig als
eine Art Nahtstelle zwischen den materiellen und den immateriellen
Systemen der Gegenwart betrachtet werden, denn die schwerelose
Fracht der Information wird praktisch in Echtzeit um den ganzen
Planeten herumgeführt.
Was nun den höchst notwendigen Stufenwechsel auf der Ebene der Energiewandler betrifft, so wird dieser zur Zeit noch durch wirtschaftliche, politische und persönliche Interessen und Barrieren verhindert. Doch die ‚latente Energie’ für seine Verwirklichung ist durch die neuen Möglichkeiten des weltweiten Informationsaustausches gegeben – daher wird der Stufenwechsel früher oder später auch stattfinden. Auch diese vorliegende Arbeit wurde zu diesem Zwecke verfaßt!
Ich möchte für das allgemeine Verständnis des Stufenwechsels hier noch zwei Beispiele aus der Biologie anführen, da diese sehr anschaulich und einprägsam sind.
So ist neben dem Zellkern und allen anderen Inhalten einer lebenden Zelle auch die Zellmembran ein Teil des ‚Systems Zelle’. Die Elemente dieser Membran haben jedoch schon mehrere Stufenwechsel hinter sich, bevor sie ihre aktuelle Funktion ausfüllen. In der nebenstehenden Abbildung ist der schrittweise Aufbau einer Zellmembran aus Peptidketten dargestellt. (45)
Hier sehen wir eindrucksvoll, wie ein Stufenwechsel auf eine höhere Funktionsebene ausschließlich durch eine informationsgesteuerte Neuorganisation erfolgen kann.
Ein weiteres Beispiel bildet der Schleimpilz, auch wenn das jetzt vielleicht nicht sehr appetitlich klingt. Wenn nämlich viele Acresin-Amöben zusammenkommen, ändern sie überraschenderweise ihr Verhalten: Statt sich wie bisher – also bei geringer Populationsdichte – unabhängig voneinander zu teilen und zu vermehren, übernehmen sie nun ganz unterschiedliche Aufgaben und bilden einen eigenständigen, neuen Organismus, den Schleimpilz, der aber dennoch voll und ganz aus Amöben besteht. (46)
In der nebenstehenden Abbildung ist die Entwicklung eines derartigen Schleimpilzes dargestellt. Die Aggregation erfolgt ab dem Moment, an dem die ersten Hunger leidenden Amöben einen Signalstoff aussenden. Sobald dann genügend ‚Einzelwesen’ beieinander sind, vollzieht sich der dramatische Stufenwechsel zu einem Organismus, der aus über 100.000 Zellen besteht und zuerst wie eine sandkorngroße Nacktschnecke aussieht, um sich dann zu einer Mini-Pusteblume zu verwandeln. Der Pilz, dessen Form mich ein wenig an den Berliner Fernsehturm erinnert, hat nun einem Stil und einem Kopf, in dem sich Tausende von Amöben zu zählebigen Sporen verwandelt haben, die sich gerne von Regentropfen wegspülen, oder von Regenwürmern und Vögeln fressen lassen.
Hier hängen plötzlich alle Einzelnen aneinander, alles wirkt zusammen. Und das Ganze bleibt lebensfähig, weil es zu einem System höherer Ordnung geworden ist (47). Doch damit nicht genug: Bei Tests am Bio-Mimetic Control Research Center im japanischen Nagoya stellte sich inzwischen heraus, daß es dem amöbenähnlichen Schleimpilz Physarum polycephalum sogar gelingt, den kürzesten Weg durch ein Labyrinth zu finden (der Organismus bewegt sich kriechend durch Ausstülpungen seiner Außenhaut vorwärts). Achtung: Die beiden Arten werden oft miteinander verwechselt.
Die Forscher, die sich seit den 1950ern damit beschäftigen (John Bonner in Princetown ist einer der ersten unter ihnen, sein Buch The Social Amoebae erschien im November 2009), bescheinigten dem Pilz daher eine ‚primitive Intelligenz’ – und im Jahr 1998 kümmerten sich bereits 400 Forscher um diese kleinen Lebewesen. (48) Ausführliche Artikel darüber erscheinen allerdings erst gut 10 Jahre später, nachdem sich herausgestellt hat, daß es gar keine spezialisierten Zellen gibt, die das Ganze steuern, wie zuerst angenommen wurde.
An dieser Stelle sei eine aktuelle Ergänzung eingearbeitet, die auf einem Bericht von Februar 2010 beruht. Zum einen, weil hier ein beeindruckendes Foto der Veränderungen jenes Dictyostelium discoideum veröffentlicht wird, die der Amöbenkeks durchmacht, wenn er sich als altruistisches ,soziales Wesen’ auf die Suche nach Nahrung begibt, und zum anderen, weil bei Detailaufnahmen die spiralförmige Anordnung der chemischen Signale offenbar wurde, wie sie auf der Abbildung klar zu sehen ist. (48a)
Ich möchte Intelligenz nicht mystifizieren. Die Seele dagegen schon – ganz nach Goethe:
„Das schönste Glück des denkenden Menschen ist, das Erforschliche erforscht zu haben und das Unerforschliche ruhig zu verehren.“
Die Intelligenz jedoch ist erforschbar – und wird
auch erforscht, seit langer Zeit schon, noch immer, und wohl auch
in Zukunft. Doch ein wahrhaftiger Blick auf unseren Planeten in seinem
derzeitigen Zustand würde wohl kaum auf die Existenz intelligenten
Lebens schließen lassen... na
ja, vielleicht eine Frühform davon, höchstens. Doch wenn
bei Amöben durch einen relativ einfachen Stufenwechsel schon
rudimentäre
Intelligenz entsteht (d.h. wohl, daß eine höhere Verarbeitungsleistung
des Bioprozessors erreicht wurde) ... was würde dann ein Stufenwechsel
erst auf höheren Ebenen der Intelligenz bedeuten? Es gibt also
tatsächlich noch eine
Chance für den Homo Sapiens, wirklich intelligent zu
werden - und zwar als Gesamtheit der Spezies. Und das ist doch endlich
mal eine gute Nachricht, oder?!
Bevor uns nun aber überbordende Begeisterung erfaßt, sollte noch ein Bericht über mexikanische Höhlenfische erwähnt werden, in welchem der Begriff der ‚regressiven Evolution’ auftaucht. Hierbei handelt es sich nämlich um einen rückwärts gewandten Stufenwechsel. Ein anderer Name dafür ist Degeneration – die im Fall der Fische durch Anpassung an eine verschlechterte Umwelt erfolgte. Aus dem Leben in lichtlosen Höhlen entwickelte sich eine vererbliche Blindheit mit Augapfelresten (49). Wir sollten also auf der Hut sein und uns lieber nicht zu längeren Aufenthalten in lichtlosen Höhlen überreden lassen – womit im übertragenen Sinne auch Dunkelhöhlen geistiger Art, wie die Finsternis des Zweifels und die Schwärze des ‚nicht-wissen-wollens’ gemeint sind!
Vielleicht haben diejenigen, die sich neuem Wissen verschließen, ja sogar eine Berechtigung für ihr Verhalten – den das neue Wissen würde sie definitiv verändern. Man nennt dieses Verhalten auch ‚Curriculare Negation’, ein Verharren wider besseren Wissens. Es ist ein gesellschaftlich relevantes Phänomen, daß der status quo aus Angst vor Veränderung oftmals mit Zähnen und Klauen verteidigt wird. Und neues Wissen gilt als ganz besonders gefährlich, denn „alles auf dieser Welt kann man rückgängig machen, bloß nicht das Wissen“ (Alberto Moravia).
Aber kein Sträuben wird helfen – die Stufenwechsel sind naturgegeben. Natürlich lassen sie sich hinauszögern, und auf unserer Welt scheint sich genau dies auch gerade abzuspielen - zu verhindern sind sie jedoch nicht. Die Menschheit – so Buckminster ‚Bucky’ Fuller – hat zu wählen zwischen Vergessen und Utopia. Beide Alternativen, die Regression wie auch die Progression, sind nichts anderes als Stufenwechsel, die uns aus unserer Gegenwart hinwegführen. Wobei ich selbst Utopia stark bevorzuge!
Doch wie können dieser Prozeß und sein Resultat überhaupt – oder wenigstens früh genug – erkannt werden, wo es doch so aussieht, als sei schon der letzte Stufenwechsel gar nicht bemerkt worden? Und den gab es ganz sicher – zumindest auf demographischer Ebene und vor nicht allzu langer Zeit. Aber bewußt geworden ist er uns doch nicht so richtig. Immerhin schalten und walten und planen wir noch immer so, als ob nicht schon bald 10 Milliarden Menschen auf der Erde leben, sondern immer noch nur wenige Millionen!
Es gibt vielleicht Indikatoren, die uns beim Erkennen dieser Zusammenhänge helfen können. Jedenfalls, solange sich das Ganze nur in den Köpfen abspielt. Zur Verdeutlichung möchte ich zwei Fakten des jüngsten (elektromedialen) Stufenwechsels mit unterschiedlicher Polarität anführen – also die positiven bzw. negativen Aspekte – und daraus anschließend eine summarische Schlußfolgerung ableiten:
NEGATIV
Innerhalb von 24 Stunden könnte der Planet vernichtet, bzw. für Lebewesen höherer Ordnung unbewohnbar gemacht werden. Dies bedeutet eine wesentliche Zeitverkürzung gegenüber der derzeitigen (langsamen) Umweltzerstörung.
POSITIV
Innerhalb weniger Stunden könnten sich alle Staatsoberhäupter der Welt mittels TV-Direktübertragung und globalem Satellitennetz zu einer planetaren Friedenskonferenz zusammenschalten. Dies bedeutet eine wesentliche Zeitverkürzung gegenüber den derzeitigen (langsamen) Friedensbemühungen.
SUMME
Beide potentiellen Aspekte existieren in ihrer Grundstruktur zwar schon seit einiger Zeit, haben durch den letzten Stufenwechsel der weltweiten Einführung elektronischer Systeme und Medien jedoch eine extreme Intensitätssteigerung erfahren.
Ist es also ein Indikator für
einen Stufenwechsel, wenn Informationen so gut wie gleichzeitig das
Bewußtsein
eines jeden Menschen erreichen? Oder gibt es auch qualitative Indikatoren?
Harold Morowitz schrieb einmal, „the flow of energy through
a system acts to organize that system” (50) – was nichts
anders heißt, als daß ein höherer Energiedurchsatz
auch höhere Organisationsstrukturen mit sich bringt – in
der Biologie genauso wie in der Wirtschaft.
Die Probleme unserer heutigen Welt erfordern ziemlich sicher einen Stufenwechsel bislang nicht bekannten Ausmaßes. Und bei genauer Betrachtung erkennen wir auch schnell, daß es die Qualität der menschlichen Zivilisation ist, die sich mit jedem Stufenwechsel geändert hat und weiterhin ändern wird. Und wir erkennen, daß dabei jeweils völlig andere Dimensionen des Denkens und Handelns verlangt und ermöglicht werden. Was mich zu der Frage führt, ob es gelingen kann, einen derartigen Stufenwandel selbst zu inszenieren, um die ‚Klippen’ der Gegenwart wie Weltkrieg, Hunger, Umweltzerstörung usw. glücklich zu umschiffen und Utopia zu erreichen?
Die allgemeinen wie auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen vielfach belegten Erfahrungen mit der Veränderung von Organisationen oder der Veränderung des Verhältnisses von Gruppen zueinander bestätigen die These, daß ein spezifisch geschulter Externer Berater, ein sogenannter ‚Change Agent’, für das Gelingen des Veränderungsprozesses unerläßlich ist (51). Doch vielleicht müssen es bei einem Stufenwechsel ja auch mehrere Berater sein, die synergetisch zusammenwirken!? Buckminster Fuller empfahl schon 1976 auf dem World Symposium on Humanity in Vancouver, das synergetische Prinzip der Natur als Lösungsvorschlag für Utopia zu werten:
„Synergie ist das Verhalten von ganzen Systemen, das nicht vorhersehbar durch das Verhalten von einigen der Teile ist, die nur separat betrachtet werden.
Da ist nichts im Mond per se, das besagt, daß er das Wasser von der Erde wegzieht. Völlig klar, das Universum arbeitet so. Wenn wir (aber) deswegen Menschen zu Spezialisten machen, werden sie nicht in der Lage sein, mehr zu verstehen. Nur der Mann, der zentrale Intelligenz erreicht, empfängt den synergetischen Effekt, den Effekt des ganzen aufeinander Einwirkens. Generalisierte Prinzipien sind ewiglich angeboren. Der Geist, im Gegensatz zum Gehirn, handelt in Ewigkeit.“ (52)
Aus diesem Grund überlegte ich mir auch schon die ganze Zeit, wie eine
entsprechende Stellenausschreibung wohl aussehen könnte:
SUCHEN ‚Externen Berater’ zentraler Intelligenz zur Durchführung eines erfolgreichen Stufenwechsels durch eine qualitative Strukturveränderung des Energiesektors auf dem Planeten TERRA.
Bitte senden Sie Ihre Unterlagen an...
Und so nähern wir uns über die Begriffe der Kreativität,
der Innovation und des Stufenwechsels mit zügigen Schritten
der Intuition und Inspiration. Aus der Geschichte hallt es Offenbarung zu
uns herüber. Ist der ‚Externe Berater’ vielleicht
ein Prophet? Diese waren und sind ja ziemlich bekannt für die
von ihnen verursachten (sozialethischen) Stufenwechsel. Der Lösungsvorschlag
des externen Beraters muß ja auf alle Fälle
eine außerordentliche Substitutionslösung beinhalten,
schließlich ist die
gewünschte Exergie zentral an
Bedeutung. Und vielleicht ist das Licht,
das in allen Heiligen Büchern und von so vielen Propheten beschrieben
wurde, eine ‚innere Form’ des elektrischen Lichts?
Oder, wie sich Micky Reman einmal fragte: „woher kommt eigentlich
das Licht in unserem Kopf, wenn wir von Sonneschein oder Neonreklame
träumen?“
Im Koran jedenfalls wird die visionäre Darstellung einer mit elektrischem Strom betriebenen Glühlampe fast schon unanständig deutlich beschrieben. Es handelt sich dabei um die Sure al-Nur (Das Licht), die 24. Sure des Koran. Nach der Verszählung der Kairoer Ausgabe übersetze ich hier den Text ab Vers 35:
„Gott ist das Licht der Himmel und der Erde. Das Beispiel seines Lichts ist wie eine Nische, in der sich eine Lampe befindet; die Lampe ist in einem Glase, (und) das Glas (sieht aus) wie ein strahlender (o. flimmernder) Planet; (und die Lampe) wird angezündet (o. versorgt) von einem gesegneten Ölbaum, der weder östlich noch westlich ist, (und) dessen Öl fast von alleine leuchtet, auch ohne daß es von einem Feuer berührt wird; Licht über Licht...“
Wir kommen dem Lösungsvorschlag jedenfalls immer näher.