Genetische Erkenntnistheorie:
„In der biologischen Organisation finden alle biologischen Phänomene, einschließlich Intelligenz und Evolution, ihre letzte Erklärung.“
Jean Piaget (57)
Als der primitive Mensch vom bloßen Sammeln der Erzeugnisse
der jungfräulichen Natur, und von der Jagd auf Wild überging
zum Anbau bestimmter Gewächse und zur Zucht von Tieren, begann
er sich in gewissem Sinne über die Natur zu stellen. Nicht
daß er ihr Beherrscher wurde – das ist er auch heute
noch nicht – aber er begann seinen umgestaltenden Eingriff in
die Natur. Da wurden Wälder gerodet oder niedergebrannt, mehr
und mehr geschlossene Siedlungen entstanden, Gewässer wurden
reguliert und Wege gebaut.
Früher haben die Menschen an Quellen gelebt um daraus zu trinken. Als es jedoch immer mehr und mehr Menschen wurden, mußten sie sich weiter ausbreiten. Dies zwang sie unter anderem dazu, für ihr Trinkwasser Behälter zu machen um zu überleben. Hier zeigt sich auch der erste, noch zarte Beginn des menschlichen Eingriffs in den Wasserhaushalt der Erde.
Mit der weiterfolgenden Entwicklung bekommt die Muskulatur des Menschen die Funktion einer ‚Startautomatik’. Mit seinem Verstand aber lernt er sogar die Energie der Niagarafälle zu begreifen und zu nutzen. Man kann die Muskeln kaum mit den Niagarafällen vergleichen, aber über die einzigartige Fähigkeit des Menschen, die Vernunft, hat er die Möglichkeit allgemeine Prinzipien zu entdecken, erfolgsversprechende Methoden zu erfinden und diese sinngemäß so anzuwenden, so daß ihm nun die Energie der Niagarafälle zur Verfügung steht. Verschiedene andere Beispiele - eine Nummer kleiner - finden sich in Teil C unter Muskelkraft.
In der obenstehenden Abbildung ist der Mensch in seiner Verbindung zur Biosphäre dargestellt (58). Auch wenn es in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit schon des öfteren zu einseitigen, kurzsichtigen oder gar sinnlosen bzw. schädlichen Handlungen gekommen ist, so gibt es trotzdem kein ‚Zurück’. Geschichtlich kann es nur ein ‚Anders’ geben, etwa im Sinne einer Spirale, bei der frühere Richtungen auf einer anderen (höheren) Ebene wieder vorkommen. Leider hat es sich jedoch gezeigt, je höher die Kultur – oder besser die Zivilisation – desto mehr neigt der Mensch auch zu unnatürlichen oder widernatürlichen Handlungen. Hier herrschen wohl drei Grundfehler:
„Beim Wachstum wird Quantität mit Qualität, Attribut mit Wesen verwechselt,
Fortschritt von einem Punkt hinweg wird gleichgesetzt mit Fortschritt auf ein Ziel hin, und
die Welt wird als Material gesehen (wie der Mensch als ‚Menschenmaterial’), nicht aber als eine Aufgabe, sich in Gemeinschaft mit ihr zu immer höherer Komplexität und Vergeistigung zu entwickeln.“ (59)
Und so hat es noch keine Macht auf Erden geschafft, länger als ein paar dürftige Jahrtausende zu bestehen – im allerbesten Fall. Trotz Philosophie, Religion und Ethik. Wäre der bessere Weg dann etwa die Dinge, und nicht die Menschen zu ändern? Falls ja, dann hieße dies auch, daß sich die Institutionen im Sinne einer permanenten Evolution zu ‚offenen’ und lebendigen Systems umgestalten müssen, wobei die starre ‚Einbahn-Hierarchie’ einer flexiblen Funktionshierarchie weichen muß, wie wir sie aus der Welt der organischen Systeme kennen. Dies betrifft selbstverständlich sowohl die politischen als auch die wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Institutionen.
Ich denke, wir haben auch gar keine andere Wahl, denn der Mensch ist den ökologischen Gesetzmäßigkeiten dergestalt unterworfen, daß sich diese, sollte er nicht von selbst über eine vernünftige Planung zu einem Ausgleich mit sich und der Umwelt kommen, aufgrund biologisch-ökologischer Regulationsmechanismen unbarmherzig gegen ihn richten würde. (60)
Die ganze Angelegenheit wird in diesem unseren Zeitalter auch immer aktueller, denn mit der Weiterentwicklung des Feuers bekam der Mensch eine Kraft in die Hand, die unglaubliche Zerstörungen bewirken kann.
Das Feuer wirkte sich schon bei der Brandrodung verheerend aus (die bis heute immer noch praktiziert wird – aller Vernunft zum Trotz), doch Äonen später hat sich die von ihm ausgehende Gefahr für Mensch und Umwelt so verstärkt, daß neben den ökologischen Auswirkungen und den Energiekrisen selbst auch noch mit Kriegen um die Verfügbarkeit der Ressourcen gerechnet werden muß.
Aber es ist nicht nur das Feuer allein. Infolge zunehmender Industrialisierung und dem Anwachsen der Bevölkerung wird die natürliche Umwelt immer schmutziger. Daß Reaktionen darauf lange Zeit ausblieben lag zum größten Teil wohl daran, daß sich die direkten Kapitalinteressen der Industrie nicht mit den Interessen der Umweltschützer deckten. Erst in allerjüngster Zeit setzt sich das Bewußtsein durch: „Die Erde ist rund – und wir alle sitzen im selben Raumschiff.“
Trotzdem verbraucht der Mensch in steigendem Maße ungeheure Mengen an Wasser – zum Großteil in der Landwirtschaft und in der Industrie – und noch viel zu oft ohne daran zu denken, daß der globale Wasserumlauf konstant bleibt, jedenfalls solange man sich alleine auf die Natur verläßt, die diese Wassermengen immer wieder neu zur Verfügung stellt. Aus diesem Grund betrachte ich es als hilfreich, sich den Wasserbedarf unserer heutigen industriellen Kreisläufe anzuschauen – vielleicht motiviert es ja dazu, sich auch hier über Alternativen Gedanken zu machen.
Die folgende Tabelle nennt die Näherungswerte der Mengen und Verschmutzungsarten verschiedener Industrieabwässer (61). Die Tabellenwerte lassen deutlich erkennen wie abwasserintensiv bestimmte Industriezweige sind. Weit an der Spitze liegt die Papierfabrikation, die bis zu 1.000 m3 Wasser je Tonne produzierten Papiers benötigt.
Der Schmutzanteil im industriellen Abwasser hängt nicht unbedingt mit dem quantitativen Abwasseranfall zusammen – so werden beim Gerben von einer Tonne Häuten u.U. genauso viel Schmutzstoffe ins Abwasser geleitet wie die von 4.000 Menschen! Außerdem gibt es sehr große Unterschiede zwischen Abwasser mit organischen Verunreinigungen (auch wenn diese meist stärker stinken) und Abwasser mit anorganischen Resten. Letztere können auch quantitativ wesentlich schädlicher sein: Eine ganze Tonne Frischwasser kann schon mit einem einzigen Tropfen Mineralöl ungenießbar gemacht werden.
Maßeinheit |
Wassermenge pro Maßeinheit |
Einwohner-gleichwert (EGW) pro Maßeinheit |
|
CHEMISCHE INDUSTRIE Säure, Alkali- und Chlorfabriken Kaliindustrie und Salinen Farbenfabriken Seifen- und Waschmittelfabriken Gummi-Industrie Kunststoff-Fabrikationsbetriebe Porzellan- und Glasindustrie |
1 t Chlor 1 t Carnallit 1 Beschäftigter 1 t Seife 1 t Fertigfabrikate 1 t Kunststoff 1 t Glas / Porzellan |
50 m3 1 m3 110 1/Tag 15 m3 100 m3 500 m3 3 – 38 m3 |
- - 20 – 31 1000 - - |
EISEN- UND STAHLINDUSTRIE Eisenbergbau Hüttenwerke Eisen- und Temperguß Walzwerke und Ziehereien |
1 m3 gewaschenes Erz 1 t Rohstahl 1 t Guß 1 t Endprodukt |
16 m3 65 – 220 m3 3 – 8 m3 8 – 50 m3 |
560 - 12 – 30 8 – 50 |
METALLVERARBEITENDE INDUSTRIE Stahlbau Maschinenbau Eisen-, Stahl- Blechverarbeitung |
1 Beschäftigter 1 Beschäftigter 1 Beschäftigter |
40 – 200 1/Tag 40 1/Tag 50 1/Tag |
1 1 1 – 10 |
KOHLENINDUSTRIE Kohlenbergbau |
1 t Kohle |
2 – 10 m3 |
5 – 50 |
HOLZ-, ZELLSTOFF- UND PAPIERINDUSTRIE Sperrholz- und Preßspanverfahren Sulfitzellstoff-Fabrik Papierfabrik Druckerei und Papierverarbeitung |
1 fm Sperrholz 1 t Zellstoff 1 t Papier 1 Beschäftigter |
4 m3 200 – 400 m3 125 – 1000 m3 120 1/Tag |
1 3000 – 4000 100 – 300 1 |
TEXTIL- UND BEKLEIDUNGSINDUSTRIE Gerberei Wollwäscherei Bleicherei Färberei |
1 t Häute 1 t Wolle 1 t Ware 1 t Ware |
40 – 60 m3 20 – 70 m3 50 – 100 m3 20-50 m3 |
1000 – 4000 2000 – 3000 250 – 350 2000 – 3500 |
NAHRUNGS- UND GENUSS- MITTELINDUSTRIE Molkerei mit Käserei Molkerei ohne Käserei Schlachthöfe und Metzgereien Zuckerfabriken Brauereien und Mälzereien Süßmostkeltereien Gemüse- und Obstkonservenfabriken Sauerkrautfabriken Hefefabriken Kartoffelflockenfabriken |
1000 l Milch 1000 l Milch 1 Ochse = 2,5 Schweine 1 t Rüben 1000 l Bier 1 t Obst 1 t Rohprodukt 1 t Rohprodukt 1000 l Alkohol 1 hl Melasse 1 t Kartoffeln |
10 m3 4 – 6 m3 0,3 – 0,4 m3 0,5 – 1 m3 5 – 20 m3 5 – 15 m3 4 – 14 m3 10 m3 32 m3 |
50 – 150 20 – 30 70 – 100 120 – 400 25 500 180 – 500 500 700 600 500 |
TIERKÖRPER-BESEITUNGSANSTALTEN Abdeckereien |
1 t Durchsatz |
0,5 m3 |
8 – 9 |
Durch das Einwirken des Menschen auf die Natur, durch den Bau großer Stauseen und durch das massive Reduzieren globaler Grünflächen, wie zum Beispiel das Abholzen des Amazonasgebietes, wird die globale Wasserumlaufrate weiter gesenkt. Für mehr als ein Drittel der Landgebiete der Erde die früher blühende Gärten waren, ist Wasser schon heute der wichtigste begrenzende Faktor für menschliche Aktivität.
Für die Zukunft hat die Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen das Problem der globalen Wasserversorgung als das größte auf uns zukommende Problem überhaupt deklariert.
Die Lösung, das Trinkwasser aus dem Meer zu gewinnen – eine heute in mehreren Ländern bereits großtechnisch praktizierte Methode – hat den Nachteil eines immens hohen Verbrauchs an Energie, und falls der dazu genutzte Energieträger umweltbelastend ist, entsteht ein sich multiplizierender ‚Teufelskreis’ von Destillieren, Verschmutzen, Destillieren und wiederum Verschmutzen. Zwar bildet die Entsalzung von Meerwasser in großem Ausmaß eine reale Alternative – aber nur unter der Bedingung, daß dabei neuartige und nicht umweltbelastende Technologien zum Einsatz kommen.
Aufgrund der Wichtigkeit dieses Themas sammle ich bereits seit mehreren Jahrzehnten alle relevanten Informationen darüber – wobei ein besonderes Schwergewicht auf neuen technologischen Entwicklungen liegt, die ihre Energie aus der Sonne, der Geothermie oder dem Wind beziehen. Dabei handelt es sich teilweise um alte, zwischenzeitlich in Vergessenheit geratene Techniken – ebenso wie um ultramoderne Entwicklungen, die auch den Unterbereich der Wasserbereitstellung aus der Luftfeuchtigkeit umfassen, was im angelsächsischen Sprachraum als ,Water from thin air’ bezeichnet wird.
Da dieser Gesamtbereich äußerst umfassend ist, werde ich ihm ein eigenes Unterkapitel in Teil C widmen, daß dem Thema Wasser zugeordnet wird (in Arbeit).
Zuerst möchte ich jedoch ein wenig über den Zuwachs sprechen: über Nahrung
und Wachstum.