Achmed KhammasTEIL E

MEIN WEG

 

Bewußtsein wird als vom Organismus aufgenommene Energie definiert; Intelligenz als vom Organismus übertragene Energie.

Messianische Wesen, Gurus und ähnliche Genpool-Navigatoren werden beurteilt nach der Genauigkeit der Evolutions-Landkarten, die sie übermitteln.

Timothy Leary

EIN ANFANG


Ich beginne die Arbeit an diesem Teil im April 1981 bei kaum ausreichendem Kerzenlicht. Ausgerechnet jetzt, wo ich hochmotiviert und voller Überzeugung über eine naturgemäße Elektrizitätsgewinnung berichten möchte, ausgerechnet in diesem Moment hat der draußen tobende Sturm die Kabel der Stromleitungen zerfetzt. Doch die alte ,Erika' Schreibmaschine des elterlichen Ingenieurbüros funktioniert mechanisch, sodaß mich die Stromunterbrechung nicht aufhalten kann. Schließlich habe ich eine Geschichte zu erzählen - und das werde ich auch tun, denn "eine nicht erzählte Geschichte ist eine Art Verbrechen." (Gene Wolfe).

Damaskus, zu Beginn des 15. Jahrhunderts islamischer Zeitrechnung - und Anfang der 80er Dekade christlicher Zählart.

Iich will in diesem Teil einen Eindruck davon vermitteln, was hinter dem Synergetischen Modell steckt, wer und vor allem auch warum. Und da dieses warum das wohl Wichtigste an der ganzen Geschichte ist, möchte ich mit seiner Beantwortung beginnen - in den prägnanten und absolut zutreffenden Worten Georg Zauners, eines weitsichtigen Essayisten der Science-Fiction-Literatur:

„Wahrscheinlich gibt es bei dem entscheidenden Wettlauf zwischen allmählich knapper werdenden Ressourcen und dem Erreichen eines abgesicherten Energiezeitalters einen kritischen Punkt, der nur dann überwunden werden kann, wenn der Sprung rechtzeitig erfolgt. Kommt er dagegen zu spät, und sind die Vorräte an primitiver Energie zu schnell verbraucht, dann ist der Zutritt zum ,Club der Energie-Reichen' ein für allemal verfehlt, denn nur der Besitz an fast unbegrenzter, billiger und zudem unschädlicher Energie ist die Voraussetzung für eine Super-Zivilisation.“


Und alle Zeichen deuten darauf hin, daß dieser kritische Zeitpunkt genau JETZT ist.


Ich möchte gleich zu Beginn gestehen, daß ich das Synergetische Modell nicht mittels eines systemtechnischen Problemlösungsprozesses gefunden habe (wie er in Teil B beschrieben wurde) - obgleich auf einer vor vielen Jahren von mir erstellten Ziel-Liste u.a. auch die direkte und ,kühle' Umwandlung von Materie in Energie stand. Diesem Anfang der 70er etwas unsachlich formulierten Ziel war ich in der Zwischenzeit allerdings keinen Schritt nähergekommen. Mit der Schulwissenschaft äußerst unzufrieden, suchte ich nach etwas Absolutem, nach einer Möglichkeit, sich an ein ,Energienetz unendlicher Leistung' anzuschließen, wie es ein Freund treffend formulierte. Doch lange Zeit fand ich nur in den ,inneren Energien' meiner Selbst etwas Absolutes, nämlich Geduld. Dies hört sich jetzt weitaus dramatischer an als es in Wirklichkeit war, denn in jenen Jahren gab es schließlich genug anderes, um die Wartezeit lustvoll zu überbrücken... nach dem Motto: Sex, Drugs and Rock'n'Roll.

Achmed als Hippie
Achmed (1973)


Während dieser Zeit war ich an der TU Berlin als freier wissenschaftlicher Mitarbeiter in verschiedenen Projekt- und Forschungsgruppen tätig. Nebenbei importierte ich syrisches Kunsthandwerk und vertrieb Berlins erste Stadtzeitung Hobo. Goldene Hippiezeiten. Gleichzeitig blieb mir eine Neophobie (= Zukunftsangst) völlig fremd - trotz meiner umfangreichen Beschäftigung mit literarischen und wissenschaftlichen Szenarien künftiger und zumeist katastrophal endender Entwicklungen. Viel eher ließe sich aufgrund lang­jähriger, intensiver Science-Fiction-Lektüre eine gewisse Neomanie feststellen, der ich letztlich wohl auch die hier beschriebenen Veränderungen in meinem Leben zu verdanken habe...

Im Frühsommer 1975 kam ein unerwarteter Gast. Als mein Besucher aus Damaskus nervös vor der verschlossenen Tür auf und ab ging, befand ich mich gerade bei meiner damaligen Freundin Anke in Hamburg. Obwohl der syrische Freund kein einziges fremdsprachiges Wort beherrschte, erahnte meine hilfsbereite Nachbarin Anne den Sachverhalt und vermochte mich auch zu benachrichtigen, worauf ich umgehend nach Berlin zurückeilte.

Dann standen wir uns gegenüber, und nun bewahrheitete sich auch für mich der Satz: "Nicht ich suche das Beste, sondern das Beste sucht mich" - obwohl ich davon damals noch gar nichts ahnte. Mein Gast war Said Al-Khooja, ein Kamerad aus den streng vertraulichen Kifferrunden von Damaskus. Nur, was könnte der Grund für diesen überraschenden Besuch sein? Saids finanzielle Lage war eher bescheiden - und außerdem hatte er eine Frau, drei Kinder sowie seine verhärmt alt gewordenen Eltern zu ernähren...

Während der folgenden zwei Wochen erzählte mir Said mehrfach etwas über einen Messias, den er in der Nähe von Damaskus kennengelernt hätte. Ich beruhigte Said behutsam mit freundlich-milden Worten, gutem Tee und einem Joint, und kümmerte mich als aufgeklärter und modern denkender Mensch nicht weiter um diese Wahnidee - wie ich nachträglich zu meiner Schande gestehen muß. Denn mein Verhalten ging weit über einen gesunden Skeptizismus hinaus, war eher überheblich, ablehnend und voreingenommen.

Am liebsten hätte ich den Spinner hochkant hinausgeworfen, doch Said blieb trotz meiner Abneigung gegen seine messianischen Aufrufe recht umgänglich, und außerdem besänftigte mich die große Menge besten libanesischen Haschischs, die Said gleich beim Auspacken aus seinem Koffer gezogen hatte. Vier Kilo wurden auf der Szene vertrieben, und ein halbes Kilo wanderte in die eigenen Lungenflügel. Und natürlich in die unserer vielen Freunde, deren Quantität während dieser Wochen auffallend zunahm. Jedenfalls war nun klar, wie Said den Flug (rück)finanzieren würde. Er bekam sein Geld mit einer satten Gewinnspanne, und bald danach brachte ich ihn zum Flughafen.

Doch in diesem Sommer 1975 kam Said ein weiteres Mal, nur wenige Wochen später - und abermals mit Rotem Libanesen im Gepäck! Außerdem erzählte er mir sogleich wieder über den Messias, ziemlich aufgeregt und bestimmt. Dieser Mann würde ernsthaft behaupten, der Erlöser zu sein - wiedererschienen im Heiligen Land, um die Mängel dieser Welt zu beheben und unser havariertes und halbverrottetes Raumschiff Erde zu reparieren und zu retten!

"Ach, solche Behauptungen haben schon so viele aufgestellt!" antwortete ich (wenn auch meines Wissens nicht gerade in Syrien, das zweifelsohne einen Teil des Heiligen Landes bildet, dachte ich insgeheim). Mir tat der Kerl jedenfalls leid, denn die Erweckung zum Propheten verleiht ja wohl das schwerste und bitterste Amt, zu dem ein Mensch überhaupt berufen werden kann.

"Aber dieser Messias hat eine Maschine!" beschied mich Said und lehnte sich erwartungsvoll zurück.

Nun war ich doch einigermaßen verblüfft und fragte neugierig nach weiteren Einzelheiten. Apokalypse bedeutet Enthüllung, sollte sich hier eine alles aufrollende Endzeit-Maschine enthüllen? Durch einen Messias? Immerhin hatte der berühmte Biologie Lyall Watson einmal geschrieben: "Wir betrachten Wunder heutzutage als etwas so selbstverständliches, daß es schwer sein könnte, einen neuen Messias zu erkennen." Also Vorsicht!

Ich fragte Said, woher dieser Messias seine Maschine denn hätte, was diese überhaupt machen würde, ob er sie mir beschreiben oder aufzeichnen könnte. Doch damit hatte ich kein Glück. Nicht einmal ansatzweise konnte ich seinen Ausführungen folgen. Er konnte mir weder klar machen, wozu jene Wundermaschine überhaupt da ist, noch das Prinzip, demzufolge sie funktionieren sollte. Ich verstand nur, daß Wasser mit im Spiel sei, welches dabei hinauffließen würde. Was natürlich ziemlich befremdlich klang.

Erst sehr viel später verstand ich Saids Begeisterung als puren Aszentionismus - die Orientierung auf den Himmel hin. Im gesellschaftlichen Kontext manifestiert durch den maschinenbringenden Messias, und im technischen Kontext durch die Maschine selbst. Dieser ...ismus hatte sich bisher meist nur durch Vorlieben für Astronomie, Klettern oder Fliegen, durch die psychische Ausrichtung auf Helligkeit hin, durch Aufwärtsdeuten und Aufwärtsstreben äußern können. Aber es gibt auch einen denkwürdigen Satz von H. G. Wells: "Schon vor langer Zeit ahnte ich etwas von einer Maschine...!"

Ich selbst werde mich hier keinesfalls einem Eklektizismus befleißigen, jener unschöpferischen Arbeitsweise, bei der nur die Ideen anderer zu einem neuen System zusammengetragen werden, sondern ich sammle und vereinige die Erinnerungen anderer, um sie zu einer einzigen und kohärenten Geschichte zu verknüpfen.

Alle Gemeinschaften, Religionen, Völker und Stämme warten auf ein Wesen, welches dazu auserkoren ist, den ,genauen Sinn  jeder Handlung anzugeben', wie die Beschreibung des von den Kelten erwarteten Wesens GALAAD lautet. Könnte jener Letzterwartete den Aszensionismus ganz zeitgemäß in eine pragmatische und technisch-praktikable Manifestation de-transzendieren? Mit diesen Gedanken hing ich natürlich schon fest an der Angel dieser ,Meme', auch wenn ich es selber noch gar nicht begriffen hatte.

Said kehrte bald darauf nach Syrien zurück und ließ mich mit einem Berg von Fragen zurück. Sehr neugierig geworden, wollte ich nun unbedingt wissen, was es mit dieser Messiasmaschine oder diesem Maschinenmessias auf sich habe. Ende Juli 1975 flog ich daher nach Damaskus. Zum einen um einige Wochen bei meinen Eltern zu verbringen, die dort ein Ingenieurbüro führten - und zum anderen, um jenen mysteriösen Gottesboten kennenzulernen, von dem Said so beeindruckt war.

Schon wenige Tage nach meiner Ankunft besuchten Said und ich den Mann in seinem Wohnort al-Zabadani, einem etwa 40 km von Damaskus entfernten kleinen Dorf. Mit seiner schönen Umgebung und der hohen Lage ist es für die Damaszener ein beliebter Sommer- und Winterkurort zugleich. Die Hundstage begannen gerade und das Wetter war vorzüglich. In einem Cafe in der Ortsmitte trafen wir dann abu Muhammad (Vater des Mohammed) - Said hatte ihn bereits zuvor über unseren geplanten Besuch unterrichtet.

Darweesh al-Khooss (1975)  alt und jung
Darweesh al-Khooss (1975)

Und so lernte ich Darweesh al-Khooss kennen, den sie dort al-Masih nennen. Ein hagerer Bergbewohner mit ruhigen Augen, Jahrgang 1926. Vater von sieben, zum Teil schon verheirateten Kindern. Oft arbeitslos, fast Analphabet. Manchmal hatte er Arbeit, ansonsten betrieb er gemeinsam mit seiner Familie eine fachgerechte manuelle Tütenfabrik: Nebeneinandersitzend werden wie am Fließband gebrauchte mehrlagige Zementsäcke auseinandergeschnitten und gesäubert, neu gefaltet und frisch verklebt. Die Second-hand-Tüten werden anschließend für einige syrische Pfund an die Obst- und Gemüsehändler im Ort verkauft. Doch auch dieses Gewerbe ist durch die immer billiger werdenden Plastiktüten bedroht, erklärte mir der Mann, der sich selbst als Messias bezeichnet.

Trotz allem genießen wir die schöne Sommerstimmung im Zabadani-Tal. Die vielen Quellen und das satte, breit ausgefächerte Grün des Hochplateaus sind der Grund für die angenehme Atmosphäre dieser Gegend, in welcher sich schon etliche arabische Staatsoberhäupter mehr oder minder große Luxusvillen haben bauen lassen. Das Tal selbst ist Teil einer langgezogenen, schmalen Hochebene, die beidseitig von den kahlen Gipfeln der Antilibanon-Berge umfaßt wird. In Damaskus ist man in rund 30 Minuten, in Beirut in einer Stunde - oder länger, wenn die Grenzbeamten gerade schlechte Laune haben. Ansonsten sind al-Zabadani und die umliegenden Dörfer - wie überall auf der Welt, wo die Herrschenden Staatsgrenzen gezogen haben - als Schmugglernester bekannt, berüchtigt und beliebt. Wir fahren in ein Restaurant, das einen wunderbaren Blick über das Tal bietet.

Das Gespräch beim Essen dreht sich um die unterschiedlichsten Dinge, höflicher, freundlicher Smalltalk, doch irgendwann gibt Said das Startzeichen, und auf seinen Vorschlag hin erklärt mir abu Muhammad seine Maschine (deren ausführliche technische Funktionsbeschreibung Inhalt von Teil D ist).

Wie einfach und klar waren seine Worte, wie einsichtig die Erklärung: "Ein senkrecht stehender Zylinder, befestigt auf einer schweren Schwungscheibe, die auf einem Kugellager gelagert ist; das Wasser fließt durch die Hohlachse unten in den Zylinder hinein, dann wird das ganze in Drehung versetzt..." Sein kleines Modell habe ich erst später gesehen, aber schon die Beschreibung berührte etwas in mir: it turnes me on - mit dem auch weiterhin gültigen Effekt: And I can't get it out of my head (Electric Light Orchestra). Ein ununterbrochener Hochfluß, dessen fortgesetzter Fall elektrische Energie erzeugt, wie einfach und klar!

Damals fragte ich mich erregt und bestürzt zugleich, ob das tausendjährige paradiesische Reich auf Erden (durch Christi Wiederkunft) seine Verwirklichung auch über eine verfahrenstechnische, eine maschinelle Welten-Heilung erreichen könne? Doch kein Vernunftgrund sprach dagegen. Warum sollte dieser Chiliasmus nicht auf kugelgelagerten, rotierenden Irminsäulen basieren? Immerhin wurden diese Säulen jahrhunderte-, wenn nicht gar schon jahrtausendelang als Weltenbaum, Weltsäulen oder Weltenachsen betrachtet (Axis-Mundi) - und um eine Achse herum kann man auch etwas drehen! In der Vorstellung der Altvorderen lag in der Gabel am oberen Ende der Irminsul die Weltenachse der Himmelshohlkugel, während die Gabel selbst bis zum nördlichsten Pol des Himmels reichte, der sichtbaren Umschwungmitte der nördlichen Hemisphäre, dem Polarstern. "Das in der Umschwungmitte der täglichen Kreisungen des Weltalls gelegene Feld, wie es sich aus der Bewegung des Polarsterns ergibt, galt als Sitz der allwaltenden Götter und wurde Idafeld, das ist Wirbelfeld genannt, wobei der Name Ida mit dem gleichlautenden Frauennamen nichts zu tun hat." (F. Seitz, Betonung von mir).

Der Gedanke, daß etwa Kernkraftwerke das zukünftige Paradies mit Elektrizität versorgen sollen, erscheint mir viel irrationaler und unangenehmer als diese mechanisch-messianische Alternative. Bei einem tune-in in Vorausschauen oder Extrapolationen assoziieren meine Neuronen die Kernspalttechnik eher mit ,Hölle' als mit ,Himmel' - und eher mit dem Hier und Heute als mit einem erwünschten und erhofften friedlich(er)en Morgen. Daß abu Mohammeds Maschine im Gegensatz zu jener sensiblen, komplizierten und gefährlichen Technologie fast schon primitiv erscheint, sollte kein Problem bedeuten, man erinnere sich an den Satz von Albert Einstein, dem zufolge eine Erfindung erst dann als genial einzustufen sei, wenn sie so einfach ist, daß es nicht noch einfacher geht...!

An jenem sonnigen Nachmittag in al-Zabadani machte ich mir darüber jedoch keine weiteren Gedanken. Ich zog mich statt dessen in mein geistiges Schneckenhaus zurück, um nachzudenken, nachdem ich bei Said und dem Messias diesbezüglich um Verständnis gebeten hatte. Eine Entscheidung mußte getroffen werden, und dies sofort. Ich nahm mein Bier und setzte mich alleine in die entfernteste Ecke des offenen Terrassen-Restaurants. Die ethische Tradition des Johann Kepler lautete: "Nur der Wahrheit, nur der Zukunft und dem ganzen Menschengeschlecht zu dienen" - und hier hatte ich nun die Chance im Sinne dieser Tradition zu handeln! Doch konnte das Gerät denn überhaupt funktionieren?!

Ich konzentrierte mich auf die Beschreibung und stellte mir einen großen und schweren Zylinder vor.  Vielleicht 10 Minuten später tauchen mit dem hoch und höher wirbelnden Wasser meiner Phantasie die ersten exakt auszudrückenden Fragen auf. Also wieder zurück zum Tisch, an dem die beiden saßen und inzwischen Tee tranken. Ich stelle meine Fragen und abu Mohammed antwortet mir in seiner ruhigen, bedächtigen Art. Und er empfiehlt mir eindringlich, "bei der Muttermaschine schwere, sehr schwere Schwungscheiben einsetzen, mit großen Durchmessern arbeiten... und langsam drehen, so langsam wie nur möglich." Dann, mit einem verschmitzten Lächeln, fügt er hinzu: "Und vergiß bloß nicht, Bremsen einzubauen!"

Said und der Messias krümmen sich vor Lachen - ich habe in diesem Augenblick bestimmt mehr als nur verdutzt aus der Wäsche geschaut.

Doch ganz langsam, mit jedem Schluck des heißen Tees aus dem kleinen Gläschen, klärt sich der innere Blick. Der technische Aufbau schwebt mir vor - zum Greifen nahe. Doch das Verblüffendste ist: Als ob er sich schon immer da befunden hätte. Der Messias nickt eifrig: "Aber ja, denn es ist doch nur eine Erinnerung!" ...wie es schon im Koran steht, geht mir dabei durch den Kopf.

Die eine Erinnerung weckt die nächste, und neue Fragen tun sich auf. Ist die Maschine das Ei der Midgardschlange? Spielzeug der 6.000 Kinder des Okeanos? Versteckt sich darin etwa Mimi, der altnordische Wassergeist - oder gar Silen, der wasserspendende Fruchtbarkeitsgott, meist in Gesellschaft des leicht torkelnden Dionysos beobachtet? Und betete man hier in Syrien nicht einstmals Kybele an, Göttin der Fruchtbarkeit und Große Mutter genannt? Was ist mit dem besonderen Buchstaben aus der Buche Ibbur, der das erzene Weib bedeutet - mit ihrem erderbebend mächtig schlagenden Puls - von Meyrink in seinem Golem beschrieben? Mir wirbelt der Kopf. Wird nicht auch über Moses berichtet, er hätte einen Stab gehabt, mit dem er das Meer in eine senkrechte Wasserwand verwandelt hätte?

Die Antwort kommt schnell:

Ja - Moses und Noah, Saleh und Adam, auch Jesus, Sohn der Maria, und natürlich Muhammad - das sind alles verschiedene Namen verschiedener Zeiten für die gleiche Wesenheit. Ich repräsentiere diese Existenz im Hier und Jetzt. Meine Lösung für das Energie- und Umweltproblem ist eine Erlösung. Sie wird das Feuer auf dieser Welt löschen. Alle Feuer, angefangen von den benzinbetriebenen Autos bis hin zu den Feuern der Kriege. Bei der Maschinen-Erlösung wird das Grundproblem direkt angegangen - unsere Abhängigkeit von der rauchenden, blakenden und rußenden Flamme. Wir können das Höllenfeuer nun endlich verlassen!


Wie lange reden wir schon vom Wassermann-Zeitalter? Hier saß er mir gegenüber: der Wassermann mit seinem Wassereimer! Niemand hatte sich je vorgestellt, daß sich die kosmologische Ausdrucksweise einmal derart materiell-profan materialisieren würde. Wassermann: der Wasserausgießer, aber auch: der Ausgießer des Geistes!

Daß es höchste Zeit für die beiden war, hatten mir meine Studien und Untersuchungen schon allzu deutlich gezeigt. Fast alle ökologischen Systeme des Planeten sind gefährdet - wenn nicht sogar bedroht (siehe Teil A). Und da ich mich selbst als Glied dieses allumfassenden Natursystems betrachte, empfinde ich auch eine Verantwortung gegenüber diesem (auch meinem) großen Körper. Doch deswegen gleich die ganze Technologie abschaffen? Nein, das macht auch keinen Spaß! Und lang anhaltende, wiederholte Stromunterbrechungen sind mir aus Damaskus - wie schon eingangs beschrieben - nur allzu gut bekannt. Gegenüber einer Politik des absoluten Stromboykotts kann ich wirklich keine positiven Gefühle hegen. Ein Maschinenstürmer war ich also nicht, konnte ich vielleicht ein Stürmer FÜR die Maschine werden? Ich erinnerte mich an den Roman Fiasko von Stanislaw Lem - und der Titel schreckte nicht mehr, denn dort wurde ja auch eine Wasserstiege erwähnt, und es stand geschrieben: "deus est in machina." Was mich schon immer sehr fasziniert hatte.

Doch zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nie etwas von einem derartigen ,kosmischen Feuerwehrmann' gehört, welcher hier unten all die Flächenbrände der Unvernunft löschen und endlich ,klar Schiff' machen wollte - und sich dabei einer so harmlosen Maschine bediente, daß sie von abu Mohammads Freunden im Dorf die Jungfrau genannt wird. Sie verherrlichen die Maschine in ihren Spontandichtungen (Sajal), was sich dann so anhört:

Oh Syrien! Der Barmherzige
beschenkte mit der Jungfrau dich,
und wirbelnd strömten hoch hinauf,
die ruhig gewes'nen Meere.

Bau' Maria! - so lautet sie,
des Ostens neuste Botschaft,
und weist den Menschen ihren Weg
zu Wahrheit und zu Ehre.


Wobei sich ,Sohn der Maria' in doppelter Hinsicht auf den Messias bezieht, da die Maschine selbst auch Maria (oder Miriam) genannt wird, Göttin der Meere, Tochter von Poseidon, Prinzessin der Wogen und Königin des Ozeans. Man sollte statt gesalbt daher wohl besser mit allen Wassern gewaschen sagen - um den Maschinenmessias stärker mit seiner H2O-Verkündung zu identifizieren!

Alleine nur die Spur des Namens Maria und dessen sakrale bzw. spirituelle Bezugspunkte haben die Breite einer Autobahn. Aus der Überfülle von Daten möchte ich hier nur einige Beispiele nennen - aus dem voluminösen Werk The Woman's Encyclopedia of Myths and Secrets von Barbara Walker und im Original:

MARI [= Fruitful Mother] - Basic name of the Goddess known to the Chaldeans as Marratu, to the Jews as Marah, to the Persians as Mariham, to the Christians as Mary: as well as Marjan, Miriam, Mariamne, Myrrhine, Myrtea, Myrrha, Maria, and Marina. Her blue robe and pearl necklace were classic symbols of the sea, edged with pearly foam. (...)

Semites worshipped an androgynous combination of Goddess and God called Mari-El (Mary-God), corresponding to the Egyptian Meri-Ra which combined the feminine principle of water with the masculine principle of the sun. [Sometimes the deity was named simply Mer, an Egyptian word for both "waters" and "mother-love."] The Syrian version of Mari or Mero was worshipped in combination with her serpent-consort Yamm, derived from Yama, the Hindu Lord of Death. Yamm alternated with Baal, "the Lord", as the Goddess's favourite and a sovereign over heaven and the abyss. (...) 

Tantric Buddhists still speak of the "Slayer of the Death King", Yama-Mari, who was identified with the Dalai Lama. Jews and early Christians used the same combination of names, Mari-Yamm or Mariam, for the mother of Jesus. The spirit of the archaic Mari entered into Babylonian diviners known as the mare baruti, sea-mothers, who operated in the bit mummu or womb-chamber, where statues of the gods were said to be "born" (made animate). (...)

She was also the Great Fish who gave birth to the gods, later the Mermaid, Mare-mynd, mareminde, marraminde, maraeman, or mereminne. In short, she was always Mother Sea. Her Latin name was Maria, "the Seas". St. Peter Chrysologus called her Christian incarnation, the virgin Mary, "the gathering together of the waters." Northern Europe knew the same Godess as Maerin, wedded to Thor at her shrine in Trondheim. To the Saxons she was Wudu-Maer: literally, a Wood-Mary, or Goddess of the Grove. To the Celts she was Maid Marian, beloved by Robin, the witches' Horned God. Their greenwood cult caused church authorities considerable trouble in the 14th century. Mari was the same Merian or Merjan worshipped in Persia as Queen of the Peris (Fairies). Iran had its mother goddess Mariana from very ancient times. She might be traced to the land of Akkad, created by a Goddess called the Lady Marri, Mother of the World.

Der Dalai Lama schaut sich Photo des Messias an
Der Dalai Lama
schaut das Messias-Photo an


Wasser
und Mutter tauchen als Symbole also häufig genug auf - während Sonne eindeutig das Licht symbolisiert und keineswegs nur auf den Himmelskörper selbst verweist. Yamm bedeutet im Arabischen u.a. auch ,kleiner, sich schlängelnder Flußlauf', und Baal wird sogar heute noch (insgeheim) als Regengott verehrt - sein Hauptsitz scheint sich auf dem Berg Hermon, hoch über den Golanhöhen im Südwesten Syriens zu befinden, doch darüber ein anderes mal mehr.

Bei seinem Besuch in Berlin, kurz nach dem Mauerfall, informierte ich den Dalai-Lama persönlich über das Erscheinen des syrischen Energiemessias (auf dem Bild schaut er sich gerade das Foto von abu Mohammad an). Und daran, daß die Maschine wirklich ein Großer Fisch ist, zweifele ich schon lange nicht mehr, ebensowenig wie an ihrer Rolle als hundertarmige und tausendäugige Mutter der Welt.

Aber lassen wir an dieser Stelle doch Hildegard von Bingen zu Worte kommen, denn auch diese Powerfrau des Hochmittelalters hat etwas zu erzählen:

Nach Vollendung der fünf Weltenzahlen stieg er hinab, als die Welt ihrem Untergang zueilte. Und was geschah?

Er erschloß das Mark des Gesetzes und verwandelte dadurch das Wasser des Gesetzes in den Wein des Evangeliums und machte Ströme von Kräften fließen. (...)

Und siehe, nun erschienen die Füße der Jungfrau blendend weiß und gaben einen Glanz, der strahlender leuchtet als der Glanz der Sonne.


Wasser, Ströme, Kräfte und fließen - und dann Licht, strahlender als die Sonne. Welche wundersam gesehenen Bilder werden da beschrieben, mit klingenden Worten aus anderen Zeiten?

Ernst Schnabel meinte in seinem Buch Der sechste Gesang: "Das große Mühlrad, das Zukunft aus dem Dunkeln schaufelt und uns mit Geheimnissen des Zweifels überschüttet, das ist göttlich, das allein." Nun, hier dreht es sich - das große Mühlrad - menschengemacht und mit wesentlichen Verbesserungen. Endlich ein wahres Lebensrad in unserer rädervollen Welt.

Natürlich hatte ich anfangs noch Zweifel - doch Probleme der Lagerung, Wirkungen der Reibung oder gar theoretisch begrenzte Wirkungsgrade... all das wird von der ersten oben aus dem Hohlzylinder herausgeschleuderten Wasserwelle weggespült. In mir funktioniert die Idee. Jene von allen Menschen schon so lange herbeigesehnte Fülle wird mir nun klar. Sie ist machbar! Und ich empfinde ein höchst angenehmes Gefühl des Durchblickens, wenn ich mir die rotierende Röhre, die tatsächlich langsam mahlende Mühle Gottes vorstelle (später beobachte ich an den kleinen Modellen Umdrehungszahlen im zweistelligen Bereich, und das ist tatsächlich recht langsam für eine Maschine).

Doch was sollte ich nun mit dieser Sache anfangen? Würde man mich beim Bekanntwerden meiner Überzeugung nicht umgehend mit Erich von Däniken in einen Topf werfen, oder mich gar mit den Autoren des Buches Die Manna-Maschine, G. Sassoon und R. Dale, vergleichen, die behaupteten, in den althebräischen Texten des Sohar die Spur einer Manna-produzierenden Maschine gefunden zu haben, welche Moses anscheinend von fremden Raumfahrern erhalten hatte?

Auch andere Autoren behaupten seit Jahren, daß die alten Überlieferungen fast alle nur Sammlungen von Symbolen sind, die der Dechiffrierung harren. Und sie werden dafür ausgelacht. Welche Reaktionen hätte ich also zu erwarten, würde ich beispielsweise den altiranischen Lichtgott Ormuzd oder den mit ähnlichen Attributen beschriebenen germanischen Lichtgott Baldr als Symbolgestalten des früher jedermann bekannten Mannes vom (göttlichen) Elektrizitätswerk bezeichnen? Doch dann erinnerte ich mich an das, was Jesus vor knapp 2.000 Jahren gesagt hat: "Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben." (Joh. 8, 12). Dieses Licht ist meiner Überzeugung nach jenes, das wir als stromerzeugt kennen, aber niemals das eines rauchenden, knisternden Flammenscheins!

Doch damit nicht genug: Was den meisten Menschen (und zumeist wohl aus der Bibel) als Sintflut bekannt ist, wird in manch anderer alten Schrift ganz entgegengesetzt erzählt. Da ist vom ,Aufbrechen der Brunnen der großen Tiefe' die Rede, von einer ,Sintflut vom Meer her', und die gallischen Sagen berichten darüber sogar in Zusammenhang mit einem endlos überlaufenden ,Zauberbrunnen'. Was wiederum an die vielen Märchen und Sagen mit überquellenden Zaubertöpfen erinnert - und natürlich auch an spiralförmige Füllhörner! Ist das wirklich alles nur Phantasie und Spinnerei - oder handelt es sich tatsächlich um eine Vielfalt abgewandelter Erinnerungen mit identischem Kern?

Aus dem Fernen Osten kommt die Überlieferung der Räder oder Kreise, welche Chakras (oder Chakren) genannt werden, und derer es im menschlichen Körper sieben geben soll. Einerseits mit den Akupunktur-Meridianen und andererseits mit den beiden Nervensystemen im Menschen in Verbindung gebracht, bilden sie allerdings noch immer ein Rätsel für die moderne Schulwissenschaft, besonders, was ihre Handhabung als eigene Kräfte und innere Werkzeuge angeht. Das sogenannte Nabel-Chakra wird mit dem Lebenselement Wasser in Verbindung gebracht, sein Symbol ist wiederum der Kreis! Der hochwirbelnde Wasserfluß im runden Auge des Zylinders. Das maschinelle Chakra des planetaren Energiekörpers. Ist das die Botschaft des abu Mohammad?

Wie schön paßt hierhin die Aussage des schlitzohrigen ,Magiers' Aleister Crowley aus seinem 1917 geschriebenen und 1929 in London erstmals veröffentlichten Buch Moonchild:

Ich möchte diesen Auszug abschließen, indem ich sage, daß die Idee in der einen oder anderen Form fast universell ist; schon immer gab es den Wunsch nach einem Messias oder Superman und die methodischen Versuche, den Menschen künstlich oder zumindest abnormal zu erzeugen. Griechische und römische Legenden sind voll von Geschichten, in denen dieses Mysterium nur dünn verschleiert ist; sie scheinen hauptsächlich aus Kleinasien und Syrien zu entstammen.


Crowley schrieb in seinem liber al vel legis (Das Buch des Gesetzes) auch etwas von einer ,Stele der Offenbarung', erinnerte ich mich. Im Verlauf des Frage- und Antwortspieles mit dem Messias gehen mir viele Dinge auf. Wie durch einen sanft zur Seite gezogenen Vorhang erhasche ich einen kurzen Blick ins Paradies. Trotzdem beginne ich ohne Rücksicht auf das schöne Wetter und die angenehme Tischatmosphäre nach dem Haken an der Sache zu suchen. Mein eher abendländisch geschulter Verstand - beide Elternteile sind Ingenieure, was auch prägend ist - kann die Offenbarung nicht so einfach akzeptieren.

Doch schließlich wird mir immer klarer, daß die Maschine selbst der Haken ist, mit dem sich der Messias seine Mannschaft angelt! Wer sie verinnerlicht, kann sie nie mehr vergessen. Und wer ihr glaubt, dem liefert sie unerschöpfliche Energie. "Messias. Ich sprach das Wort zu mir selbst, genoß seinen Klang. Messias." (Rudy Rucker).


Und so war es damals:

Ich wende mich an den Messias: "Ich glaube dir. DU bist es! Was also kann ich für Dich tun?", vielleicht will er ja meine Seele in Zahlung nehmen, denke ich mir.

Doch zu meiner Überraschung stellt er mir eine Gegenfrage: "Was willst Du dafür, Achmed?"

Es schießt spontan aus mir heraus: "Deutschland!" - als Kalifat? Wohl eher als Vertriebsgebiet!

"Den Westen oder den Osten?", er schaut mich gespannt an.

Nun antworte ich mit einem Koranvers: "Kein östliches und kein westliches..."

"Gut. So sei es! Kannst Du schreiben?"

"Ja, Arabisch und Deutsch, etwas Englisch und ein wenig Französisch."

"Okh-okh-okh" - tief heraus klingt das Zeichen seiner Zufriedenheit mit diesem Fisch an seiner Angel.

"Dann schreibe!" - er befiehlt es...

...im Juli des Jahres 1975 n.Chr., dem Jahr 1 meiner neuen Zeitrechnung.


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