werkzeugTEIL B

DAS SYSTEM


Die Betrachtung des Systems erfolgt in drei Schritten: Als erstes geht es um den Systembegriff an sich, dann um die Systemtechnik als Methodologie, und schließlich um die Systemforschung als Disziplin.

Systembegriff


Definition: Ein System ist eine Gesamtheit geordneter Elemente. Diese Elemente haben Eigenschaften und sind miteinander durch Relationen verknüpft. Die formale Abbildung dieser Verknüpfungen wird als Struktur des Systems bezeichnet. (6)

Die folgende Abbildung erklärt die Struktur dieser Arbeit aus kybernetischer Sicht (7). Planung, Arbeitsweise und Dokumentation bilden einen geschlossenen Zyklus, dessen ,Motor' die Kommunikation ist. Die sogenannte  Systemtechnik  ist formal gesehen der Oberbegriff für alle praktischen und systemwissenschaftlich fundierten Methoden und Verfahren, die zur Konzipierung, Analyse und Realisation von komplexen Systemen notwendig sind. (8)

Bisher wurden bei der Problemlösung nur in geringem Umfang systemtechnische Methoden angewandt. Noch heute geschieht es mehr zufällig und hängt dabei stark von der Methodenkenntnis des jeweiligen Problembearbeiters ab. Mein persönlicher Werdegang führte mich an den ,Brennpunkt Systemtechnik' des Instituts für Luft- und Raumfahrt der Technischen Universität Berlin, wo ab Beginn der 1970er Jahre regelmäßige Seminare für Führungskräfte aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung über die Methoden der Systemtechnik stattfanden.

Durch meine Tätigkeit als freier studentisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter gewann ich einen tiefen Einblick in die Systemtechnik. Erfahrungen mit der Anwendbarkeit und Funktionstüchtigkeit jener Methoden erlaubte mir meine anschließende Arbeit bei KONPLAN, der ,Kontaktstelle Planung im öffentlichen Dienst', ebenfalls an der TU- Berlin (9). Hier hörte ich erstmals die Formel: "Ein Problem ist immer jemandes Problem."

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, dem Leser Informationen in einer Reihenfolge zu vermitteln, die es ihm ermöglichen soll, neue Bezüge und Wechselwirkungen als signifikant zu betrachten. Und hier sehe ich möglicherweise mein Problem.

Da es nämlich illusorisch ist, davon auszugehen, daß diese gewünschte Informationsfolge genau so ,ankommt' wie ich sie zu vermitteln versuche (ich kann und will Sie ja nicht hypnotisieren), bleibt mir nur der Versuch einer Optimierung des Informationstransfers - indem ich zusätzliche Informationen übermittle. Falls es dadurch zu einer Redundanz kommt... nun, das wäre dann eben Ihr Problem, verehrter Leser...

Ich werde mich jedoch bemühen, die Sache weiterhin interessant zu gestalten. Und deshalb sind in der folgenden Tabelle diverse Kommunikationsformen aufgeführt, von denen einige innerhalb dieser Arbeit genutzt werden. Außerdem werden die jeweiligen Möglichkeiten und Grenzen genannt. (10)

Darstellungsweise

Möglichkeiten

Grenzen

VERBAL

Anschaulich. Auch Laien verständlich. Erspart die weitere Interpretation von Beziehungen und Ergebnissen. Ist der Realität am leichtesten anzupassen. Tendenz zu voluminöser Darstellung.

Letztgültige Exaktheit des Ausdruckes (in den meisten Sprachen) nicht möglich. Der Erfolg ist von Ausdrucksvermögen und sprachlicher Disziplin abhängig.

AKUSTISCH (allg.)

Feinste Akzentuierung und Differenzierung der verbalen/akustischen Darstellung. Sensorielle Ebene erweiterbar.

Erfordert starkes Einfühlungsvermögen und intensive Aufmerksamkeit.

GRAPHISCH

Weitgehende Exaktheit und Anschaulichkeit.

Nachteile wie tabellarische Darstellungen (s.u.). Dimensional beschränkt.

PHOTOGRAPHISCH

Realitätsnahe Anschaulichkeit. Makro- und Mikrofotographie sowie Pseudo-3D Aufnahmen möglich.

Ersetzt die materielle Anschaulichkeit nicht vollkommen. Beschränkt auf eine sensorielle Ebene (Augen).

FILM/VIDEO

Weitgehende Deckung mit dem Realobjekt erreichbar.

Entfremdungselemente. Zumeist beschränkt auf zwei sensorielle Ebenen (Augen, Ohren).

HOLOGRAPHIE

Maximale Deckung mit realem Objekt sowie extreme Größendimensionen möglich.

Bisher noch geringe Anwendbarkeit. Grenzen noch nicht bekannt.

TABELLARISCH

Gesteigerte Übersichtlichkeit.

Benötigt verbale Interpretation. Ist Laien selbst damit häufig unverständlich. Abstrakt.

MATHEMATISCH

Sprachprobleme ausgeklammert (nur bei Denkansatz und Interpretation). Exaktheit. Beliebige Zahl von Variablen.

Geringe Anschaulichkeit. Reine Fachsprache. Umsetzung in Realisierungsprozeß oftmals erschwert.

SENSORSYSTEM (Sinnesorgane, allg.)

Fühlen, Riechen, Schmecken, .... Möglichkeiten exakt nicht erfaßbar.

Grenzen allgemeingültig nicht exakt festlegbar.

GENETISCH

Maximale Information auf minimalem Raum. Biologische Möglichkeiten nicht abzuschätzen.

Rein interne Kommunikation (?). Manipulationsrisiko. Umfassendes Wissen erforderlich.

MOLEKULAR, ATOMAR, SUBATOMAR

???

 

???


Systemtechnik


Immer mehr Beschäftigte hat die NASA, immer stärker müssen Zulieferfirmen ihre Lieferfristen denen anderer Firmen anpassen, immer größer wird der Organisationsaufwand für das Projekt, einen Menschen zum Mond - und wieder zurück zur Erde zu schaffen. Das Projekt Apollo!

Die Planer suchen, finden, und füllen einen ganzen Werkzeugschrank mit Planungshilfen, Problemlösungsmethoden und Organisationsstrukturvorschlägen. Einige Jahre später beginnt sich die Systemtechnik in der Industrie anzusiedeln. Auch die Forschung in Spezialgebieten nähert sich dem Instrumentarium. Ein Anwender nach dem anderen bedient sich der vorhandenen Entscheidungs- und Planungshilfen.

Aber  warum gerade die Systemtechnik? Die Antwort darauf ist leicht: Weil sie Analysen und Synthesen bestehender und prognostizierbarer Systeme erleichtert, dazu aus mehrdimensionaler Sicht und unter Berücksichtigung ständig wechselnder sowie neu hinzukommender Ausgangskriterien! Ich denke, das sind schlagkräftige Argumente, oder?

Die Methoden der Systemtechnik sind im Grunde drei Bereichen zuzuordnen: der Problemdefinition - den Bewertungsmodellen - und den Prognosetechniken.

In der vorliegenden Arbeit wurden systemtechnische Methoden bei der Informationsbeschaffung, bei der Literaturauswahl, bei der Problemdefinition und beim Zielfindungsprozeß angewandt. Sie wurden weiterhin beim formalen Aufbau, bei der Bewertung alternierender Energietransformationssysteme und bei den verschiedenen Prognosen eingesetzt.

Systemforschung


Die Systemforschung ist eine problemorientierte Interdisziplinarforschung. Ihre wissenschaftlichen Ziele und Aufgaben sind in erster Linie

  • die Entwicklung einer allgemeinen Methodologie zur systematischen Untersuchung von Systemen
  • das Auffinden allgemeiner Systemstrukturen von materiellen und immateriellen Systemen
  • das Erkennen von Funktionaltypen materieller Systeme durch logische und mathematisch-numerische Analysen
  • die Vorhersage systemrelevanter Einflußgrößen für die langfristige Planung zukünftiger Systeme
  • die Ermittlung notwendiger Anforderungen an solche Systeme, sowie der aus diesen im Hinblick auf die Voraussagen resultierenden Zielsetzungen.

Das allgemeine Ziel solcher Untersuchungen ist es, unter bestimmten vorgegebenen Rahmenbedingungen das optimale System für einen bestimmten Zweck zu ermitteln. Dazu müssen alternative Systemkonzepte entworfen und systematisch analysiert werden, um aufgrund technischer, ökonomischer, sozialer und auch politischer Kriterien das bestmögliche System auszuwählen oder zusammenzusetzen - und es dann letztendlich auch zu realisieren.

Im Gegensatz zur Mathematik, wo die Form und die Art der Beziehungen zwischen den Variablen von primärer Bedeutung ist, steht in der Systemtechnik die relative Größe und das zeitgerechte Auftreten von Variablen im Vordergrund (11). Die Koeffizienten oder Verstärkungsparameter, die den Zahlenwert einer Variablen bestimmen, hängen dabei häufig auch von Materialeigenschaften, Schwellenwerten und Wechselwirkungen ab.

Der Einbezug dieses Blickwinkels führt mich zu der folgenden Aussage:

Im Gegensatz zu allen anderen Produktionsmethoden von elektrischem Strom ist die potentielle Energie des Wassers, welche mittels Turbinen und Generatoren zur Zeit hauptsächlich bei Wasserfällen, Stauseen, Gezeitenkraftwerken oder Pumpspeicherwerken zur Erzeugung von Strom ausgenutzt wird, sauber, problemlos, billig, sicher und selbsterneuernd.

Diese Primärenergieform ist deshalb so wirtschaftlich, weil sie brennstofflos ist, weil das Betriebsmittel des Transformationsprozesses nicht verbraucht wird, und weil dadurch eine starke negative wirtschaftspolitische Einflußgröße ausgeschaltet wird.

Die Technik kann den Kreislauf des Wassers teils hemmen, teils beschleunigen. Ihre Anwendung bewegt sich in den zwei Hauptrichtungen des Wasserschutzes und der Wassernutzung (12). Auch wenn es unser integrierendes Ziel ist, den Wasserkreislauf im technischen Sinne zu beschleunigen, so sollte dem Wasserschutz bei der Bewertung alternierender Systeme doch stets höchste Präferenz eingeräumt werden.

Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, daß gerade jene Energietransformationssysteme, die nicht auf dem Wasserkreislauf direkt aufbauen, also Kohle-, Öl-, Gas- und auch Kernkraftwerke, daß gerade diese Systeme den Wasserkreislauf besonders stark mit extremen Mengen an ,Abwärme' belasten.

Wenn wir den Wasserkreislauf nun in irgendeiner Weise beschleunigen wollen (wobei dies keinesfalls etwas mit der Bewegungsgeschwindigkeit von Wasserläufen zu tun hat!), dann liegt das daran, daß die Möglichkeiten einer weiteren Ausnutzung der potentiellen Energie des Wassers derzeit ausgesprochen beschränkt sind, sofern wir die zusätzliche Belastung der Umwelt durch Stauseen, Pumpspeicherwerke u.ä.m. vermeiden möchten; wobei diese Technologie in ihrer Gesamtheit auch eher der kreislaufhemmenden Seite zugeordnet werden muß. Der Grund dafür ist, daß die bisher zur Anwendung gelangten Techniken immer und ausschließlich auf den natürlichen Wasserkreislauf angewiesen sind.

Ob es funktionellere Systeme gibt oder geben kann - und wie diese vermutlich auszusehen haben: dies zu erkunden ist das Ziel der vorliegenden Arbeit.

Deshalb sollten wir uns jetzt mit der Zielbildung an sich beschäftigen.


Weiter...