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Solarhäuser und solare Bauelemente (1980 - 1990)


Auch in Südamerika gibt es Solarhaus-Pioniere. Als Beispiel sei hier das La Plata Haus genannt, das im Jahr 1980 in der argentinischen Stadt La Plata nahe von Buenos Aires, gebaut wird. Die integrierten Solar-Design-Strategien dienen in erster Linie zur Minimierung des Energieverbrauchs in der Klimatechnik.

La Plata Haus

La Plata-Haus

Unter anderem kommen Solarkollektoren zur Warmwasserbereitung, ein selektives Lüftungssystem, ein belüftetes Dach und besondere Wärmedämmungen zum Einsatz. Besonders interessant ist die von Wasser durchflossene Südwand, die als Dämmung und Pufferspeicher zugleich arbeitet.

Ein weiteres Passiv-Solarhaus entsteht in dieser Zeit auch im argentinischen Mendoza.


Zu den Pionieren des Passiv-Solarhaus-Designs gehört auch der Konstrukteur Alan Marsh, der im Jahr 1981 am Lake Wilcox nördlich von Toronto ein für seine Zeit hochmoderne Haus baut. Um die gewünschten hohen Isolationswerte zu erreichen, ist die damals beste Praxis zu versuchen, eine perfekte Dampfsperre zu schaffen.

Das wohl Bemerkenswerteste am Hauses sind das Fehlen von Fenstern. Nur die Südseite mit Blick auf den See hat viel Glas, wobei die Fenster tief eingelassen sind, um von der Hochsommersonne abgeschirmt zu sein. Ein eigentlich geplantes Beschatten der Fenster im Erdgeschoß erwies sich als nicht erforderlich.

Im Winter dringt die Sonne dagegen tief ein und die Wärme wird vom Fliesenboden aufgenommen. Die Nordwand hat dagegen überhaupt keine Fenster.

Die Verwendung von Split Face Blocks, einer Modeerscheinung jener Zeit, macht die Fassade allerdings etwas gewöhnungsbedürftig. Im Jahr 2014 steht das Haus zum Verkauf.


Anfang der 1980er werden in den USA diverse weitere Sonnenhäuser gebaut, wie das 186 m2 große, zweistöckige Solar House am McKimmon Center der North Carolina State University in Raleigh (1981), das mit einer Trombe-Wand, Wärmespeichern, einer Grundwasser-Wärmepumpe, Tageslichtsystemen, Solarkollektoren und 4,5 kW PV-Paneelen ausgestattet ist.

Ebenfalls 1981 wird das Shrewsbury House von Norman B. Saunders in Shrewsbury, Massachusetts, bezogen; und 1983 das größere und technisch weiter ausgereifte Cliff House, das von Edward F. Szabo designt worden ist.


Das MIT stellt 1982 einen ‚Kristall-Pavillon’ vor, dessen Doppelglasscheiben mit dem Edelgas Argon gefüllt und teilweise mit einem Kupfer/Zinn-Film bedampft sind. Dem Fußboden werden wärmespeichernde Salze zugesetzt. Sogar ohne jede zusätzliche Heizung kann das Glashaus auf dem Campus stets 7°C über der Umgebungstemperatur gehalten werden, selbst bei verhangenem Himmel.

Lovins-Haus

Lovins-Haus


1982 gründet Amory Bloch Lovins zusammen mit seiner Frau Hunter in Snowmass, Colorado, das Rocky Mountain Institute. Bis 1984 baut er seine Privatresidenz in Old Snowmass in 2.164 m Höhe: Ein extrem gut wärmegedämmtes und zugleich passiv solares Haus, das häufig mit dem Institut verwechselt wird.

Das Gebäude wird schrittweise zu einem Vorzeigeobjekt für Energieeffizienz ausgebaut und kann selbst in den oftmals schneidend kalten Winternächten Colorados mit Temperaturen bis -40°C nur durch Solarenergie und die Körperwärme der Bewohner eine angenehme Raumtemperatur erzeugen, der Ofen wird nur selten benutzt.

Im Jahr 2011 gewinnt das Rocky Mountain Institute den Passivhaus Pioneer Award des Passivhaus Institut.


Den weltweit ersten, vollständig solarversorgten Bungalow errichtet die deutsche Firma Bluenergy AG Worldwide (damals unter der Namen bmc) 1982 in Fuerteventura auf den Kanaren. 1986 folgt ein ebenfalls solar-autarker Bungalow in Almunecar, Spanien. Die Energieversorgung erfolgt durch PV-Module, die Energiespeicherung per Akkustation, und die Wasserversorgung mit Grundwasser. Das Abwasser wird biologisch geklärt und für die unterirdische Bewässerung des Gartens wiederverwendet.

Eigentlich ist in Almunecar eine komplette solar-autarke Siedlung geplant, doch dazu kommt es nicht. Die Firma, die in der Zeit zwischen ihren ersten Projekten im Jahr 1978 und den letzten 2001 umgerechnet fast 12 Mio. € ,verbrät’, verschwindet später vollständig.


1983
veröffentlicht die Kölner Arbeitsgemeinschaft ‚Glas im Bau’ eine Informationsschrift über die schon mehrfach erwähnte Trombe-Wand. Der französische Ingenieur und Chemiker Felix Trombe (der Erbauer des Odeillo-Solarofens) macht sich die Wirkung zunutze, daß Glas sozusagen eine Lichtwärmefalle bildet – was bereits schon Senea und Pilinius vor ihm beschrieben hatten.

Doch Trombe erreicht mit seiner Wandverglasung zuvor nie erzielte Werte: Eine nach seiner Methode verglaste Südseite kann bei guter Restisolation bis zu 20°C höhere Temperaturen erbringen als die Außentemperatur. In Schweden wird daraufhin sogar ein ganzes Holz-Blockhaus unter Glas gesetzt. Ein Kiesbett unter dem Haus wirkt dabei als Wärmespeicher.


Im gleichen Jahr 1983 baut mein Freund Hans Riefenthaler aus Wien ein Solarhaus in Kärnten – das Haus Riefenthaler (oder Ferienhaus Windvogel).

Es steht mitten im Alpen-Adriaurlaubsgebiet auf einem 1 ha großen Grundstück mit Bergpanorama, Sonnenlage und Waldnähe. Dazu stehen kleiner Bach, ein selbst angelegter Badeteich und ein kleiner Swimmingpool zur Verfügung.

Das inzwischen zur Miete angebotete Haus besitzt drei Doppelzimmer, ein Zweibettzimmer sowie zwei  Bäder. Außerdem gibt es eine  offene Küche, genügend Autoabstellplätze und  große Terrassen mit schönen Ausblicken.

Giroux-Haus

Giroux-Haus


Von 1984 stammt das hoch wärmegedämmte Haus von Steve Giroux in Hinesburg, Vermont, das doppelte Wände und dreifach verglaste Fenster hat. Es ist zudem außergewöhnlich luftdicht. Weitere Details darüber lassen sich allerdings nicht mehr finden.


Das TriSolar genannte Sonnenhaus in Issum am Niederrhein ist eine 1984 realisierte Eigenentwicklung von Rolf-Diether Weiblen und seiner Frau Heidi, die bereits 1978 in den USA nach technisch fortschrittlichen und richtungsweisenden Lösungen zur Nutzung der Sonnenenergie in der Architektur gesucht hatten. Bis dahin waren von Weiblens Firma INSTALL-Heizungs- & Installations GmbH in Mühleim a.d. Ruhr mehr als 400 solargestützte Wärmepumpen-Heizungsanlagen sowie diverse solare Pilotprojekte geplant und ausgeführt worden.

Der Pionier, der schon 1974 mit der aktiven Nutzung der Sonnenenergie begonnen hatte, entwickelt nun das Sonnenhaus-System TriSolar, das auf den drei Säulen Lichtarchitektur, Minimierung des Energiebedarfs und Wirtschaftlichkeit basiert. Das Pilotprojekt in Issum stellt die erste praktische Umsetzung dar.

Zwischen 1985 und 1986 wird das TriSolar-Haus im Auftrag des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) durch das Fraunhofer Institut für Bauphysik (IBP) vermessen. Als offizieller Vertreter des Landes NRW beim Bundeswettbewerb Energiesparhäuser erreicht es unter 22 Solar- und 3 Referenzgebäuden die niedrigsten Verbrauchswerte und mit einer Energieeinsparung von 97 % gegenüber dem vergleichbaren bundesdeutschen Mittelwert das beste Gesamtergebnis. Das Ergebnis wird 1996 durch neueste Messungen der AG Solar, NRW, erneut bestätigt und – bedingt durch Austrocknung und verbesserte TriSolar-Technik – noch übertroffen.

Sparkasse-Rheinberg in Orsoy

Sparkasse-Rheinberg in Orsoy

Eine ab dem Herbst 1994 vom Solar-Institut Jülich (SIJ) im Auftrag der Landesregierung NRW in den Ländern Österreich, Schweiz, Deutschland, Dänemark und Schweden durchgeführte Recherche zur Solararchitektur, die in 2000 veröffentlicht wird, bestätigt den TriSolar-Projekten sogar „die mit Abstand geringsten Investitions- und Betriebskosten“, weshalb das Sonnenhaus-System auch beim Neubau des Solar-Campus Jülich des SIJ offiziell mit eingebunden wird.

Zwischen 1984  und 2010 werden alleine in NRW ca. 1.000 TriSolar-Projekte als Ein- und Mehrfamilienhäuser, Kindergärten, Gemeindezentren, Schulen und Gewerbeobjekte realisiert, wie z.B. das Institut für Öffentliche Verwaltung (IÖV) in Hilden, das 1989 in Betrieb geht, oder der oben abgebildete Neubau der Filiale der Sparkasse-Rheinberg in Orsoy aus dem Jahr 2000.


Ab 1985 entwickeln John Hollick und seine 1977 gegründete kanadische Firma Conserval Engineering Inc. aus Toronto in Zusammenarbeit mit dem National Renewable Energy Laboratory (NREL) des US-Energieministeriums in Golden, Colorado, das SolarWall-Design – ein spezielles Solar-Luft-Heizsystem zur Gewinnung von Solarwärme über die Fassade.

Der Solarfassaden-Kollektor besteht aus einem beschichteten Stahlprofilblech mit tausenden Perforationen auf seiner Oberfläche. Diese solaraktive Wand wirkt als einfacher und robuster Luftkollektor, der die erwärmte Luft sammelt. Wo das Sonnenlicht auf die Stahl-Oberfläche trifft, wird Energie absorbiert, die die Oberfläche aufheizt und eine thermische Grenzschicht bildet. Die erwärmte Luftschicht wird dann durch die perforierte Oberfläche auf die Rückseite des Fassaden-Kollektors gesaugt und in das Belüftungssystem des Gebäudes eingespeist.

Daß das SolarWall-System erfolgreich ist, belegen mehrere Installationen: 1986 installiert die Ford Motor Co. ein System in ihrer Produktionsstätte in Oakville, Ontario, und spart allein in dieser Fabrik etwa 17 % der bisherigen Heizkosten ein. Das Unternehmen installiert schließlich sechs weitere SolarWall-Systeme in anderen Einrichtungen und soll damit Berichten zufolge bis 2014 mehr als 10 Mio. $ eingespart haben.

Die Firma General Motors, die 1991 ein System in ihrem Werk in Oshawa, Ontario, installieren läßt, berichtet 1998 von Einsparungen in Höhe von etwa 10.200 $ pro Jahr. Ein weiterer Kollektor, der 1991 beim NREL selbst installiert wird, erbringt eine Verringerung der Energiekosten um 25,7 %. Im Jahr 1996 installiert die Firma Bombardier in Montreal das bislang weltweit größte Solar-Luft-Heizsystem mit einer Fläche von 9.200 m2.

Das System gewinnt zwischen 1994 und 1997 mehrere Preise, drunter den Best New Building Product of the Year Award der Toronto Construction Association. Später folgen noch weitere Auszeichnungen. 2006 gibt es bereits mehr als 1.000 SolarWall-Systeme und 25 Ländern, und laut der Solar Energy Industries Association sind 2015 über 460.000 m2 dieser Module in Betrieb.


Josef Jenni, seit 1976 einer der erfolgreichsten Sonnenenergie-Pioniere Europas, gelingt es in langjähriger Aufbauarbeit, das größte Schweizer Unternehmen für Sonnenenergienutzung aufzubauen. Bereits 1982 schaltet er Inserate, über die er Ganzjahres-Sonnenenergieanlagen zu verkaufen versucht.

1989 baut seine Firma Jenni Energietechnik AG mit dem Oberburger Sonnenhaus das erste völlig autarke Wohnhaus, dessen Heizung, Warmwasser- und Stromversorgung ausschließlich auf Sonnenenergie basiert, was bis dahin als unmöglich galt – zumindest in der Schweiz. Trotz größter Skepsis erweist sich die Erreichung des Ziels als viel einfacher als  erwartet und mitten im ersten Winter ist so viel Energie vorhanden, daß es im Januar 1990 sogar zum Aufheizen eines 25 m3 großen Außenschwimmbades reicht.

Das Haus mit einer Wohnfläche von 130 m2 (7 Zimmer auf 2 Etagen) besitzt 84 m2 Sonnenkollektoren für die Heizung und Warmwasseraufbereitung, sowie 43 m2 Solarzellen mit einer Nennleistung von 48 kWh zur Stromerzeugung. Als Saisonspeicher gibt es 118 m3 Wasser, die auf drei Einzelspeicher verteilt sind (92 / 13 / 13 m3). Obwohl niemand ein solches Haus kauft, trägt es zur massiven Steigerung der Bekanntheit der Firma über die Solarbranche hinaus bei.

Nulli Passivhaus

Nulli


Ebenfalls 1989 bauen Erhard Wiers-Keiser und der Verein Ökologische Zukunftswerkstatt Minimal- und Nullenergiehäuser e.V. ein Nullenergiehaus in Dörpe bei Hannover, das einfach Nulli genannt wird.

Mit rechnerisch geringeren Bedarfswerten als ein Passivhaus ergeben sich im Betrieb aber leider wesentlich höhere Verbrauchswerte. Probleme bereiten insbesondere die Luftdichtheit, die innen liegenden Dämmläden und die solare Speichertechnik.

Der 10 m3 große Solarjahresspeicher wird später zwar entfernt, um Platz für einen Flügel zu schaffen, das Haus wird aber nach wie vor als ‚Fast-Passivhaus’ genutzt.


Sehr interessant ist das Projekt IEA Solar Heating & Cooling Implementing Agreement - Task 13, das von der Internationalen Energieagentur (IEA) im Jahr 1989 angeschoben wird. Es handelt sich um ein Programm zur Entwicklung und Erprobung solarer Heiz- und Kühlsysteme, in dessen Rahmen gemeinsam mit internationalen Partnern mehrere Solar-Niedrigenergie-Häuser gebaut werden. Die Idee hinter Task 13 ist es, die Bau-Technologien zu ihren Grenzen zu treiben, um einen möglichst niedrigen Energieverbrauch zu erreichen.

Bei dem Projekt werden im Laufe der Folgejahre jeweils zwei Solarhäuser in den USA (Exemplary House, Grand Canyon und Yosemite), zwei in Kanada (Advanced House, Brampton und Green Home, Waterloo), zwei in Deutschland (Ultrahaus in Rottweil und Berlin-Spandau) sowie jeweils eines in Belgien (Pleiade Row House, Louvain-la-Neuve), in Dänemark (Kolding Row House), in Finnland (IEA 5 House, Pietarsaari), in Japan (WISH House 3, Iwaki), in Holland (Urban Villa, Amstelveen), in Norwegen (IEA Task 13 House, Hamar), in Schweden (Low Energy House, Röskär) sowie in der Schweiz (Duplex, Gelterkinden) gebaut. Das Programm ist im Netz ausführlich dokumentiert.

Solarfassade der Firma Schmid AG

Solarfassade der
Firma W. Schmid AG


1988
baut Walter Schmid, Chef der Schweizer Firma W. Schmid AG, das erste Bürogebäude mit integrierter Solarfassade – die entgegen allen Erwartungen auch nach 25 Betriebsjahren beinahe ihre volle elektrische Leistung erzielt. Die Einbusse der Effizienz beträgt lediglich 5 %.

1998 wird von Schmid übrigens das erste Mehrfamilienhaus in der Schweiz mit ,Minergie-Zertifikat’ erstellt, eines von der Wirtschaft, den Kantonen und dem Bund gemeinsam getragenen und geschützten Qualitätslabels.

Im Jahr 2012 eröffnet Schmid in Spreitenbach im Schweizer Kanton Aargau zudem die Umwelt Arena als Plattform für Nachhaltigkeit und Umwelttechnologie (s.u.). Über Schmids andere Firma Kompogas AG berichte ich unter Biogas (in Arbeit).


Im Oktober 1989 meldet Walter Loidl eine thermische Energieschindel an, deren Patent er im April 1991 erhält (DE-Nr. 3034719). Umgesetzt werden konnte die Innovation damals aber nicht. Später werden solche Schindeln auch mit Solarzellen ausgestattet, ich werde noch in einer eigenen Übersicht ausführlich auf derartigen Technologien eingehen (s.d.).


1990
wird ein energiesparendes Schichtfenster vorgestellt, das aus drei Glasscheiben mit zwischenliegender Füllung mit dem Edelgas Argon besteht, wobei sich in dem Fensterrahmen (von Außen nach Innen) zuerst ein einfaches Glas, dann ein silberbeschichtetes und anschließend ein getöntes Glas befinden. Diese Konstruktion gilt als Wärmefalle, da sie in hohem Maße Sonnenlicht absorbieren und in Wärme umwandeln kann.

Als Schutz vor Überheizung im Sommer kann das gesamte Fenster – wie eine Drehtür – um 180° geschwenkt werden, woraufhin die grünlich schimmernde, wärmespeichernde Glasschicht nach außen weist. Einige moderne Häuser in Schweden haben inzwischen sogar schon Fenster mit einer Vierfach-Verglasung.

Solche Dreischeiben-Isoliergläser werden 2019 – beim dritten Update dieses Teiles – beispielsweise unter dem Namen Climatop von der Firma Saint-Gobain Glassolutions angeboten. Die Isoliergläser bestehen aus drei Scheiben, zwei Abstandshaltern und damit zwei Scheibenzwischenräumen. Die rauminnere Glasscheibe sowie die wetterseitige Glasscheibe sind jeweils mit einer hauchdünnen, farbneutralen Wärmeschutzschicht versehen, während die beiden Scheibenzwischenräume mit dem Edelgas Argon gefüllt sind. Eine Zweischeiben-Variante wird Climaplus genannt.

Neben den Argongas-Füllungen wird in den USA auch mit Krypton experimentiert, das allerdings im Verhältnis ungemein teurer ist (2,5 DM/l im Vergleich zu 0,5 Pfennig/l).

Ende der 1980er Jahre werden auch die ersten silberbedampften Isolierfenster vorgestellt, die wie eine Strahlenschleuse wirken. Während das kurzwellige Sonnenlicht die 60 – 80 Atomlagen dicke Schicht ungehindert durchdringen kann, wird die langwellige Infrarotstrahlung aus dem Rauminneren weitgehend reflektiert. Im Gegensatz zu diesen sehr empfindlichen und teuren Scheiben hat der britische Glashersteller Pilkington eine Veredelungstechnik mit einer Zinkoxidschicht entwickelt, die bei 700°C direkt in das Glas eingebrannt wird und dadurch wesentlich kostengünstiger ist.

Die deutsche Firma Installa Energietechnik GmbH aus Issum wiederum entwickelt mit dem Toptherm-Fenster ein System aus vier durchsichtigen und einer metallbeschichteten Folie, bei dem die erwärmte Luft über ein integriertes Lüftungssystem in den Wohnraum geblasen wird. Das System verleiht dem bisherigen wärmetechnischen Schwachpunkt an Gebäuden, der Fensteröffnung, die Eigenschaften eines Solarkollektors, der ohne Umwandlungs- und Transportverluste (Pumpen, Rohrleitungen, Ventilatoren etc.) arbeitet, sowie Energieverluste durch Konvektion und Strahlung verringert.

Interessanterweise gibt es einen Gerichtsentscheid, dem zufolge die Toptherm-Fenster als Solaranlagen im Sinne des § 82 a Abs. 1 Nr. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung anzusehen sind, da die vermarktete Technologie ein integriertes System der passiven Solarenergiegewinnung in welchem Fenster- bzw. Fassadenelemente zusammengefaßt sind (OFD Frankfurt, Vfg. Vom 21.11.1989 – S 2198 A – 13 – St II 20).


Ebenfalls 1990 schließen sich in Nordrhein-Westfalen Wissenschaftler und Unternehmer zur Arbeitsgemeinschaft Solar zusammen, um die Solarenergie stärker in Architektur und Stadtplanung zu integrieren.

Unter anderem wird das Sonnenofen-Laborgebäude des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit einer Nutzfläche von 240 m2 als Niedrigenergiehaus konzipiert, um die Möglichkeiten und Grenzen zur Reduzierung des Energiebedarfs an Betriebsbauten zu untersuchen. Der Grund dafür ist, daß sich die Stoff- und Energieströme deutlich von denen, wie sie im Wohnbereich vorkommen, unterscheiden können und daher andere Ansatzpunkte zur Reduzierung der Energieumsätze erfordern.

Neben den bekannten passiven Maßnahmen bildet ein Luft-Erdwärmetauscher (L-EWT) das zentrale aktive Element zur Raumlufttemperierung. Die Wirkung des L-EWT auf die sommerliche Raumkühlung  ist wegen der hohen Zahl innerer Quellen (Personen, Computer, betriebstechnische Anlagen, thermische Prozesse) von besonderem Interesse.

Das Gebäude und der L-EWT werden im Projekt Energetische Diagnose von Gebäuden  im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Solar und im Auftrag des Forschungsministeriums NRW zusammen in einem Netzwerk von 13 weiteren Gebäuden in Nordrhein-Westfalen fünf Jahre lang intensiv vermessen. Die Ergebnisse dieses Projektes führen zu einem umfangreichen Planungsleitfaden, der alle Systemgrößen und Berechnungsverfahren (analytisch und numerisch) abdeckt und auf der DLR-Homepage zum Download bereit steht.

Transparentes Isolationsmaterial

Transparente Isolation


Inzwischen gibt es weltweit mehr und mehr Solarhäuser unterschiedlichster Bauart – und falls die angekündigten transparenten Isolations-Bausteine auf den Markt kommen, wird sich ihre Zahl sicherlich noch weiter erhöhen.

Diese lichtdurchlässigen Dämmstoffe (Transparent Insulation Materials, TIM) sind bereits 1988 vom Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) vorgestellt worden. Sie sind nicht nur in der Lage, die Wärme zu dämmen, sondern sie auf Wunsch auch ins Hausinnere zu transportieren.

Das Material besteht aus mehrschichtigen Folien mit luftgefüllten Waben, da stehende Luft ein exzellenter Wärmeisolator ist. TIMs lassen sich auch zur Abdeckung von Sonnenkollektoren nutzen, die dadurch Wirkungsgrade von Vakuumkollektoren erreichen, dabei aber erheblich billiger sind.

Die transparente Wärmedämmung (TWD) ist eines der herausragenden Themen Anfang der 1990er, später verschwindet diese Technik aber wieder aus den Schlagzeilen, möglicherweise aufgrund der hohen Kosten.

Bei einem der ersten Versuchseinsätze an einem sanierten Acht-Familien-Haus der kommunalen Freiburger Wohnungsbaugesellschaft aus den 1950er Jahren, dessen Gesamtkosten von 1,1 Mio. DM zu etwa 80 % vom BMFT gefördert werden, reduziert sich der Heizbedarf mittels dieser Methode um beachtliche 80 %.

Dabei werden an den südost- und südwestorientierten Fassaden 120 m2 Außenfläche erst mit Absorberfarbe dunkel angestrichen, anschließend das TWD-Material installiert und abschließend Glasscheiben als Wetterschutz davor gesetzt. Ergänzt wird der Versuch durch 10 cm dicke Dämmschichten an den Nordwest- und Nordostfassaden sowie effiziente Wärmeschutzsysteme an den Fenstern (Wärmeschutzrollos).

1991 starten Forscher des ISE zusammen mit Kollegen der IfE Leipzig GmbH ein BMFT-gefördertes Pilotprojekt, bei dem ein Leipziger Schulgebäude unter Einsatz der TWD-Technik saniert wird. Die fast 90 m lange Südfassade des vierstöckigen Gebäudes bekommt eine TWD-Fläche von mehr als 300 m2 sowie völlig neue Fenster. Außerdem werden in den Schulräumen mehr als 100 Meßstellen integriert, um über zwei Jahre lang das energetische Verhalten des ganzen Bauwerks zu prüfen. Zu diesem Zeitpunkt gibt es in den neuen Bundesländern etwa 1.500 Schulgebäude mit der exakt gleichen Bauausführung, die im Erfolgsfall genauso umgebaut werden könnten (was später jedoch nicht passiert).

 

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